Der silberne und der goldene Stern von Dharo

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Aerys
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Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Aerys »

Aerys blickte von seinen Gemächern aus über die Dächer der Stadt, die in der Morgensonne silbergolden schimmerten. Eine solche Stadt hatte er bisher nie gesehen. Die Bauweise der Häuser, ihre Anordnung, es wirkte geordnet, sauber, aber dennoch anmutig und lebendig. Aerys mochte insbesonders die Form der Dächer. Den sanften Schwung, den sie an ihrem unteren Ende hatten. Gestern, als sie spät in der Nacht angekommen waren, hatte er im silbernen Mondschein nicht viel gesehen, doch schon da waren sie ihm aufgefallen. Nun im Morgenlicht konnte er sie genauer betrachten und von seinem Gästequartier im Hofpalast hatte er einen atemberaubenden Ausblick.

Auch wenn er das Gefühl hatte, die Sonne sei noch nicht richtig aufgegangen. Oder als hätte sich eine Schleierwolke davor geschoben. Doch das lag nicht am Wetter, sondern an Kaeleer Grundsätzlich. Hier im Schattenreich war alles etwas dunkler und wilder, als in Terreille. Nichts, woran Aerys sich langfristig gewöhnen würde können. Er brauchte das klare Licht von Terreille. Es war jedoch faszinierend ein anderes Land mit seinen fremdartigen Künsten kennen zu lernen. Auf die Kultur und die Menschen war er weniger neugierig. Im Grunde würde es das Selbe sein, wie überall. Nur hinter einem anderen Gewand versteckt. Leider gehörte das dazu, wenn man komfortabel reisen wollte. Insbesondere, wenn er im Auftrag seiner Familie reisen musste.

Diese Reise machte er in erster Linie im Auftrag seiner Familie. Es gab jedoch weitaus schlimmere, respektive unangenehmere Aufträge, die er für sie hatte erledigen müssen. Beziehungen in einem fremden Territorium aufzubauen, gehörte zu den interessanteren Aufgaben. Er nahm lieber einen solchen Auftrag an, als anderes und dafür würden sie ihn wieder eine Weile in Ruhe lassen. Das war die Abmachung, die er mit seiner Familie gemacht hatte. Was natürlich nicht hiess, dass er sich nicht erst etwas gegen den Auftrag gewehrt und ihn etwa zwei Jahre lang aufgeschoben hatte. Einerseits aus Prinzip, andererseits um sich für die Reise vorzubereiten. Er hatte alles, was es insbesondere über die Politik und das aktuelle Geschehen in Dharo in Erfahrung bringen wollen. Was gar nicht so leicht war. Bei diesen kurzlebigen Völkern passierte in einem Jahr unheimlich viel. Da war es leichter gewesen, die fremde Sprache zu lernen. Die hatte sich wenigstens nicht andauernd verändert. Dies hatte er allen aufgebürdet, die ihn begleiten sollten. Von den Kunstwerken bis hin zu den Wachen. Ihm war es wichtig, dass sie jederzeit verstanden, was sich um sie herum abspielte. Alles andere erschien ihm als viel zu gefährlich. Zumindest an einem hayllischen Hof konnte das lebensgefährlich werden.

Darion trat geschmeidig zu ihm auf den Balkon. Eine dezente Nachricht, dass es nun soweit war. Die Königin und ihr Hof würden ihn empfangen. Aerys riss sich von dem Ausblick los und ging nach drinnen, um dem unterwürfigen Diener zum Thronsaal zu folgen. Direkt hinter ihm folgten ihm Darion und Bariol. Sie trugen die kostbarsten Geschenke für die Königin. Hinter ihnen gingen Naeran, sein jüngstes Kunstwerk auf seinem ersten, offiziellen Ausflug, und Iphis, dem es mit jeweils mit Leichtigkeit gelang, eine neue Sprache zu bilden. Die zwei jungen Krieger sollten vorallem hübsch anzusehen sein, bei ihrem Aufzug, weswegen sie nur ein kleines Geschenk in ihren Händen trugen, damit sie es adrett vor sich halten konnte. Alazier, der einzige Blutige in der Gruppe, trug kein Geschenk. Aerys wollte es keinem Diener zumuten, auf auf den Kriegerprinzen zugehen zu müssen, um ihm das Geschenk abzunehmen. Das hatte schon einmal zu einem Drama geführt. Einfach, weil Alazier mit seiner ebenholzfarbenen Haut und seinen schwarzen, mächtigen Schwingen ein wunderschöner, aber für manche auch ein angsteinflössender Anblick war. Nur dumme Menschen hatten keinen vorsichtigen Respekt vor Kriegerprinzen.
Den Abschluss ihrer Prozession machten zwei Ehrenwachen. Die restlichen liess er in seinen Gemächern zurück. Das mochte nach wenig aussehen, doch Aerys hatte auf diese Reise Kunstwerke mitgenommen, die kämpfen oder zumindest sich selbst verteidigen konnten. Von aussen mochte es also Aussehen, als wäre Aerys in der Begleitung von wenigen Wachen und adligen Bediensteten. Seinen Kunstwerken hatte er eine entsprechende Garderobe schneidern lassen. Ihre Gewandung warf ausserhalb der Villa meist zu viele Fragen auf. Besonders, wenn er an Orte reiste, wo man ihn und seine Kunst nicht kannte. Das wollte er bei dieser Reise vermeiden. Schliesslich war er vorallem im Auftrag seiner Familie unterwegs.

Wobei er sich hatte sagen lassen, dass es am dharoischen Territoriumshof zwei besondere Schätze gab, die seinen Kunstwerken nicht unähnlich waren. Der silberne und der goldene Stern von Dharo wurden sie genannt. Zwei langlebige Sklaven von legendärer Schönheit, die von Generation zu Generation weitervererbt wurden und um die sogar schon Kriege geführt worden waren. Als wären sie die Throninsignien höchstselbst. In dem Moment, als Aerys von ihnen gehört hatte, hatte es in ihm zu vibrieren begonnen. Er würde diese beiden Kostbarkeiten unbedingt sehen müssen. Und wenn sie tatsächlich so schön waren, dann würde er eine Gelegenheit suchen, sie malen zu können.

Sie waren tatsächlich so schön, wie Aerys beim Eintreten in den Thronsaal sofort erkannte. Noch viel schöner, als angenommen. Dabei gab es so viel Schönheit und Anmut in diesem Thronsaal zu bewundern. Angefangen von der eleganten Architektur, bis hin zu den edlen Gewändern. Doch all das wirkte schon wieder langweilig und protzig im Vergleich zu den beiden ausgestellten Sklaven. Aerys wusste augenblicklich, dass er sie haben musste. Dass die Dunkelheit ihn zu diesen beiden Sternen geführt hatte. Einen Atemzug später spürte er in Darions und Alaziers Ausstrahlung, dass sie wussten, dass ihr Meister diese Sterne für sich erobern wollte.
Königin Kimura war selbst schuld, wenn sie so mit ihnen angeben musste. Wenn sie die Beiden so reizvoll an ihren Thron kettete und sie ausstellte. Der Krieger, ganz offensichtlich der silberne Stern, kniete in makelloser, eisiger Anmut links neben dem Thron. Eine dicke, silberne Kette führte von dem Sitz unter seine Kleidung, wo sein Fussgelenk sein musste. Der goldene Stern, ein Prinz, kniete auf der rechten Seite des Throns in etwas unbändigerer Anmut. Zu ihm fürte eine dicke, goldene Kette, die an einem markierenden, besitzergreifenden Ring um seinen Hals befestigt war. Seine Wangen waren leicht gerötet. Man hätte meinen können, es läge an der Scham so verführerisch und demütigend ausgestellt zu werden. Doch als Künstler erkannte Aerys den Zorn hinter dieser zarten Röte. Es minderte sein Begehren nach den beiden Sternen keineswegs. Sie waren umwerfend und obwohl einer von ihnen wie ein Glacier und der andere wie ein Dharoer aussah, schienen sie doch miteinander verwandt zu sein.

Leider durfte sich Aerys nicht länger als ein Herzschlag lang in die Betrachtung der zwei Sterne hingeben. Königin Kimura sollte bei diesem Empfang der Mittelpunkt sein. Nicht umsonst hatte sie ihren Thron auf einer treppenförmigen Pyramide aufstellen lassen, die höher war als Aerys selbst, so dass alle zu ihr aufschauen mussten. Treppen waren hier sehr beliebt, wie Aerys schon festgestellt hatte. Zum Palast führte eine breite, lange Prozessionstreppe. Nichts, was man in der Hayllischen Mittagssonne bewältigen wollen würde. Hier in Kaeleer wäre es wohl nicht so schlimm. Die Sonne hier war weniger intensiv.
Königin Suka Kimura sass in prachtvollen Gewändern thronend über ihnen allen. Wobei ihre Gewänder schon fast etwas protzig wirkten in der sonst so gemessenen Eleganz ihres Palastes. Ihr war anzusehen, dass sie schon etwas älter war. Falten spannten sich über ihr ebenmässiges, gebräuntes Gesicht und ihr Haar war bereits durchwegs silbern. Bei Kurzlebigen zeigten sich solche Alterszeichen viel früher. Aerys war froh zu wissen, wie alt sie war und in was für ein Verhältnis er das setzen musste. Er hätte es nicht einschätzen können. Was er jedoch sehr genau einschätzen konnte, war das Wesen hinter diesem stechenden Blick. Königin Kimura war herrschsüchtig. Brutal darin, ihren Willen zu bekommen und begierig, zu geniessen, was sie geniessen wollte. Aerys reichte ein Blick, um das zu erkennen. Davon abgesehen war Königin Kimur eine schöne, elegante Frau. Charmant verneigte er sich anmutig vor ihr, als er die Stelle im Thronsaal erreicht hatte, von der er wusste, dass man sich laut dharoischen Regeln dort verneigte. Nun, eigentlich auf die Knie sank. Doch er war Gast aus einem anderen Reich. Er durfte auch etwas von den Höflichkeitsregeln aus seinem Territorium mitbringen. Schliesslich konnte er als Ferngereister wohl kaum all die Regeln am dharoischen Hof kennen. Königin Kimura sagte auch nichts dagegen und der höfische Tanz konnte beginnen.
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Lexes
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Lexes »

Lexes hielt seinen Blick auf den Boden gesenkt, betrachtete die verschlungene Holzmaserung auf der er knien musste. Er erinnerte sich an eine Zeit, als hier noch Tatami-Matten gelegen hatten und nur ein kleines erhöhtes Podest für die Königin und ihr Blutdreieck. Aber seit ein paar Jahrzehnten hatte sich diese unsägliche Pyramide durchgesetzt und Königin Kimura mochte es besonders gerne für Audienzen. Gerade jetzt, wo es einen fremdländischen Besucher zu beeindrucken galt. Ein Hayllier. Natürlich war Lexes vertraut mit der Weltkarte von Terreille und er wusste wo Hayll lag, aber Dharo hatte nicht oft Kontakt mit so fernen Reichen. Es war etwas besonderes. Die Königin hatte sie speziell darauf vorbereitet und Yukarin und er hatten vom Dolmetscher einige Phrasen auf hayllisch gelernt. Es war ganz entfernt mit dhemlanisch verwandt, was sie natürlich gut beherrschten. Dennoch war die hayllische Sprache ungewohnt, wie eine fremde Melodie, ganz anders als dharoisch.
Die Sätze, die sie hatten lernen müssen, beschränkten sich auf schlichte Begrüßungen und demütigende Phrasen, die bereits andeuten ließen wie die Königin gedachte sie später einzusetzen. Egal wie exotisch der adelige Besucher sein mochte, am Ende war es immer das gleiche.
Königin Kimura erhoffte sich von dem Besuch ein für sie vorteilhaftes Handelabkommen mit den hayllischen Adelsfamilien. Zwar gab es viele Waren aus Terreille auch in Klein-Terreille, ihrem Nachbarland, doch ihre Nachbarn ließen sich dies sehr teuer bezahlen. Kimura wollte diese Vermittlungspersonen umgehen von denen sie sowieso nicht viel hielt.
Vor allem aber wollte sie wohl Gold, um ihre Soldaten zu bezahlen und einige Unruhen in Dharo zu unterdrücken. Es gab eine Provinzkönigin, Xia Tsukame, die zu mächtig werden drohte. Lexes erinnerte sich gut an die Familie Tsukame. Einst hatten sie Xia Tsukames Ur-Ugroßvater gehört, der damalige Gefährte der Territoriumskönigin. In ihrer Dummheit hatte die Territoriumskönigin Oku Kimura ihrem Gefährten als Liebesbeweis die zwei Sterne geschenkt. Im Glauben, dass sie ja weiterhin technisch ihrem Hof angehörten. Dieser Glaube hatte sich rasch als Trugschluss herausgestellt und zu einigen unstabilen Zeiten im Land geführt.

Yukarin und Lexes waren nun schon länger wieder im Besitz der Kimuras, doch das bedeutete nicht, dass nicht die Tsukames ihren Anspruch auf die Sterne Dharos weiterhin geltend machen wollten. Und damit auch ihren Anspruch auf das Reich.
Es spielte am Ende keine Rolle wo sie landeten. Es war immer zu Füßen andren. Es war immer zu ihrem Nachteil. Als sie noch jünger gewesen waren, hatten sie sich durchaus von diesem Ehrgefühl leiten lassen die Sterne Dharos zu sein, Yukarin tat es teilweise immer noch, aber Lexes konnte diesen ewigen Reigen an Besitzern kaum noch ertragen. Sie konnten unterschiedlich sein und doch ewig gleich. Auch Königin Kimura würde irgendwann vergehen, vielleicht würde sie im hohen Alter sterben, doch wahrscheinlicher war, dass sie irgendwann blutig abgesetzt wurde. Und je unsicherer sich die Herrscher auf ihrem Thron fühlten, desto brutaler und gnadenloser wurden die Sterne behandelt.
Lexes lebte in konstanter Anspannung, besonders um Yukarins Schutz. Sie waren schon öfter entführt worden, meistens zusammen, doch das eine Mal, wo sie getrennt gewesen waren, beide an unterschiedlichen Enden des Reiches hatte Lexes kaum ertragen.
Der Prinz gestattete sich trotzdem keinen Blick zu seinem Cousin auf der anderen Seite des Thrones. Je mehr er an Yukarin hing desto stärker konnte man es gegen ihn verwenden. Es war oft genug passiert. So oft dass sie kaum noch wussten ob sie einander hassen oder lieben sollten. Beides war schmerzhaft, beides endete in Verlust.

Der Ring um seinen Hals wog schwer, die Kette heute besonders dick und schwer, wohl um keinerlei Zweifel aufkommen zu lassen, dass sie Königin Kimura gehörten. Yukarin durfte seine Kette nur am Fußgelenk tragen, doch Lexes war erwischt worden wie er mit einem Stallburschen ein paar Worte gewechselt hatte. Er hatte mehr getan als nur das, aber bei den Worten war er erwischt worden.
Die Königin sah nicht gerne, wenn sich die edlen Sterne mit den einfachsten Bediensteten abgaben. Normalerweise hätte Lexes ihr Recht gegeben, doch manchmal war er so angespannt, eine baldige Strafe oder einen Umschwung in ihren Launen erwartend, dass er bevorzugte dem zuvorzukommen. Er wurde lieber für ein richtiges Vergehen bestraft als dass man einen fadenscheinigen Grund erfand.
Dennoch war es demütigend, dass er den großen Halsreif tragen musste. Er hasste diese Zuschaustellung. Lexes blieb äußerlich anmutig sitzen so wie es ihm beigebracht worden war, doch innerlich brodelte er.
Dann schoben vier Diener die großen Schiebetüren auf und ließen den Hayllier und sein Gefolge ein. Träge hob Lexes den Kopf. Der Hayllier war langlebig so wie Yukarin und er und als solcher war er zumindest von geringem Interesse. Es war weiterhin seltsam jemanden in Hosen zu sehen, wo in Dharo überall der Kimono oder zweiteilige Stücke mit einem langen Hakama, einem faltigen Rock, getragen wurde.
Darüber trug der Mann einen kostbar golden bestickten Wams, so wie es in Hayll wahrscheinlich gerade Mode war, und darüber eine Art Mantel mit sehr vielen Knöpfen und weiteren dieser interessanten Stickereien. Lexes hatte so etwas noch nie zuvor gesehen. Es wirkte sehr schneidig und irgendwie verwegen. Prinz Verden, wie der exotische Besucher hieß, war größer als viele der eher kleineren Dharoer Männer. Durchtrainiert und mit schwarzen Haaren. Weit kürzer als was hier üblich war. Yukarin und er hatten beide ihre langen Haare hochgesteckt, so wie alle Männer am Hofe.

Der Adelige kam näher und Lexes fing einen Blick von ihm auf. Er sah eindeutig zu ihnen hinüber. Und er hatte goldene Augen so wie sie. Einen durchdringenden Blick den Lexes nicht ganz deuten konnte. Das allein weckte bereits sein Interesse.
Das Gefolge des Mannes war mindestens ebenso interessant wie er selbst. Lexes hatte schon ein paar Eyrier gesehen, da Askavi auch an Dharo angrenzte, doch noch nie hatte er einen dunkelhäutigen Eyrier gesehen. Ein Kriegerprinz noch dazu, die dunkle Haut spannte sich über beeindruckende Muskeln. Davor kamen noch vier andere Männer, alle trugen Geschenke für die Königin, alle Männer waren ausnehmend schön.
Der Adelige ging vorweg, blieb dann im gebührenden Abstand vor dem pyramidenförmigen Podest stehen und verneigte sich. Eigentlich hätte er sich auf die Knie begeben müssen, doch Königin Kimura schien es zu verzeihen. Vielleicht auch weil die vier schönen Männer vortraten, sich unterwürfig hinknieten und die Geschenke vor der Pyramide platzierte.
Königin Kimura nickte huldvoll ehe sie den fremden Adeligen begrüßte. Der Dolmetscher war natürlich auch anwesend, doch zur Überraschung aller sprach der Fremde dharoisch. Es war noch nicht ganz flüssig, aber für einen Außenstehenden passabel genug und der Hof war beeindruckt, dass sich der Mann ihre Sprache angeeignet hatte. Zu den Seiten der Halle saßen viele aus dem ersten Kreis auf kostbar bestickten Kissen, die Beine im Schneidersitz.
Das höfische Geplänkel setzte sich fort. Es war wie bei der Eröffnung eines Duells, ein erstes Herantasten.
"Ich danke euch für euer Kommen, Prinz Verden. Ihr habt eine lange Reise hinter euch. Aber wir geben euch einen Vorgeschmack auf das was unser Reich zu bieten hat." Königin Kimura winkte mit einem Fächer und mehrere Diener, ebenfalls mit Geschenken, traten vor und platzierten diverse Kostbarkeiten vor den Hayllier. Insbesondere die begehrten Seidenstoffe, die sicherlich Gegenstand eines Handelsabkommens sein würden, aber auch edle Tongefäße, geschnitzte Figuren aus Zedernholz, Tee, Sake und seltene Gewürze des Reiches und zum Schluss ein meistergefertigtes Katana. Das Schwert wurde auf einem Ständer vor dem Hayllier platziert.
"Heute abend werden wir euch ein Festmahl geben und euch weitere Kostbarkeiten zeigen", versprach die Königin. Lexes wusste was dies beinhaltete. Yukarin und er hatten bereits für ihre Darbietungen trainiert, um den Fremden zu beeindrucken. Dabei sah er nicht so aus, als würde er sich von vielem beeindrucken lassen.
"Bis dahin werden wir euch eine Führung durch den Palast geben und euch ermöglichen eine Produktionsstätte in Anmar zu sehen."
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Aerys
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Aerys »

Es begann damit, dass die Geschenke ausgetauscht wurden. Das ging nicht immer bei allen Kulturen gut, doch bei den Dharoern war es sogar ein wichtiger Bestandteil, wie Aerys sich hatte sagen lassen. Weswegen er seinen ihn begleitenden Kunstwerken hatte beibringen lassen, wie sie angemessen vor Königin Kimura zu knien hatten, damit sie zufrieden war. Allgemein schien es hier Sitte zu sein, am Boden zu knien oder sonstwie zu sitzen. Auf weichen, kostbaren Kissen. Selbst die herausgeputzten Sterne die eindeutig Sklaven und Besitz waren, knieten auf edlen Kissen. Wobei Aerys hier der Verdacht kam, dass dies nur war, um sie schön in Szene zu setzen. Der eine in gold, der andere in silber. Dass der ganze Hofstaat auf dem Boden sitzen musste, kam ihm jedoch reichlich unpraktisch vor. Besonders bei diesen wallenden Gewänder, bei denen es am Ausschnitt so aussah, als würden sie teilweise unzählige Lagen von diesen Seidenmäntel tragen.

Aerys musste allerdings zugeben, dass die Dharoer sich darin zu bewegen wussten. Auch wenn er erstmal nur die Diener sah, die sich darin bewegten. Wahrscheinlich höherrangige Diener, da sie die Geschenke an die Verdens vorbrachten. Auch sie trugen mehrere Lagen dieser Seidenmäntel. Jedoch längst nicht so viele wie das Blutdreieck, geschweige denn die Königin. Womöglich waren diese Lagen ein Statussymbol. Verstohlen blickte er kurz wieder zu den Sternen. Als Besitz der Königin, waren sie auch mit vielen Seidenlagen ausgestattet. Wären die Ringe nicht gewesen, hätte man sie als hochrangige Adelige halten können. Aerys kannte es von Hayll. Die Sterne waren kunstvoll dekorierte Besitz. Besitz, von dem er sorgen würde, dass er ihn sein eigen nennen konnte.
Ersteinmal bekam er jedoch eine ganze Reihe von anderer, beeindruckender Sachen geschenkt. Alles ordentlich und kunstvoll angerichtet. Selbst die Art, wie die Diener die Geschenke vor ihm drapierten glich einem einstudierten Tanz. Keine Bewegung war zuviel und trotz der verschiedenen Formen und Farben, wirkte alles harmonisch und ordentlich nebeneinander. Aerys war überaus angetan von dieser Ästhetik.

Später, bei der Führung durch den Palast, nachdem die Höflichkeiten im Thronsaal erfolgreich ausgetauscht worden waren, merkte Aerys, dass diese elegante Ästhetik tief mit der dharoischen Kultur verwurzelt war. Mal etwas ruhiger und schlichter, wenn es um einfachere Bereiche ging und deutlich protziger, wenn es sich um Königin Kimuras Geschmack handelte. Doch jedes Bauwerk, jede Sitzgelegenheit, jedes Regal und jedes Bild war mit Aufmerksamkeit und Hingabe gefertigt worden. Wie als wolle jeder Dharoer in allem was er tat absolute, ästhetische Perfektion erreichen. Selbst die Produktionsstätte, die er auf Wunsch der Königin anschauen sollte, wirkte harmonisch und elegant und das obwohl es sich um eine Töpferei handelte.
Aerys mochte den Stil der Gebäude. Diese Sorgfalt, mit der alles hergerichtet war. Es war etwas ganz anderes, als der hayllische Prunk. Ruhiger und natürlicher. Aerys konnte es kaum erwarten, die Palastgärten genauer erkunden zu können. Sie waren teilweise an ihnen entlanggeschlendert und Aerys hatte bereits einige, faszinierende Pflanzen ausmachen können. Es würde herrlich sein, bei einem schönen Tag tiefer in den Garten zu gelangen. Ohne die ganzen Höflinge um ihn herum.

So interessant und faszinierend die Führung auch war, so war er doch überaus erleichtert, als sie endlich wieder in seinen Gemächern waren. Dann konnte er nämlich das tun, was er seit dem Moment tun wollte, indem er die Sterne von Dharo wahrgenommen hatte. Kaum hatten seine Wachen ihm gesandt, dass die Gemächer gesichert waren und Alazier ihm ein Zeichen gegeben hatte, dass sie abgeschirmt waren, knallte er Darion hart bäuchlings gegen die Wand neben der Tür. In hemmungsloser Begierde rupfte er ihm die Hose runter. Sein wunderschönes Kunstwerk keuchte erregt auf und schrie gelöst, als Aerys ihn ruckartig eroberte. Wild vor Begierde beackerte Aerys ihn rücksichtslos. Liess ihn spüren, dass er ihm gehörte. Darion sollte es so richtig spüren, wie er ihm gehörte. Wie er ihn vor den Augen seiner anderen Kunstwerken einfach nehmen konnte, wann und wie immer ihm danach war.
Und Darion spürte es. Er schrie und stöhnte ergeben vor Lust und Schmerz und noch mehr Lust. Mehr als willig liess er sich auf den Boden drängen. Kniend, während der Kopf auf den Boden gedrückt wurde, weil Aerys sich mit einer Hand darauf abstützte. Er spürte, wie Darion unter der wilden Leidenschaft gar nicht anders konnte, als intensiv zu erschaudern und heftig zu kommen. Aerys wurde dabei aufs heisseste massiert. So wie es sein sollte. Weiterhin ohne auf sein Kunstwerk Rücksicht zu nehmen, stiess er weiter heftig und ruckartig in ihn. Ihn alles beherrschend, bis er sich mit dunklem Stöhnen seinen eigenen Höhepunkt hingeben konnte.
Schwer atmend hielt er Darion in seiner unangenehmen Haltung weiter eisern fest. Träge bewegte er sich noch etwas in ihm, während letzte Schübe an Samen aus ihm heraus spritzten. Erst als sein Atem sich allmächlich wieder beruhigte, liess er von seinem geschändeten Kunstwerk ab. Liess es atemlos, bereits wieder hart erregt und abgefüllt auf dem Boden gedrückt, den Hintern aufgerekt präsentiert zurück. Er selbst fühlte sich nun wieder viel gelöster. Bereit sich von Naeran und Iphis unter die Dusche begleiten und für den Abend vorbereiten zu lassen. Alazier konnte sich derweil um Darion kümmern. Was er auch tat, sobald Aerys den Raum verlassen hatte. Den Geräuschen nach, schien es weitere, harte Stösse zu beinhalten.
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Lexes
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Lexes »

Die Zeremonie des Kennenlernes und Austauschen von Geschenken dauerte noch eine ganze Weile ehe es abgeschlossen war. Genügend Zeit für Lexes den hayllischen Adeligen und sein Gefolge zu betrachten. Seltsamerweise war keine einzige Frau dabei gewesen. Lexes fragte sich, ob der Prinz Männer bevorzugte. Zumindest schien er sich mit ihnen lieber zu umgeben.
Die Königin freute dies ebenfalls wie sie Yukarin und ihm preisgab, nachdem ihr Haushofmeister den Fremden im Palast herumführen sollte, natürlich begleitet von einer ganzen Reihe dharoischer Adeliger und Wachen. Prinz Verden würde längst nicht alles zu Gesicht bekommen und auch bei der Töpferwerkstatt würde man ihm nur ausgewählte Dinge zeigen.
"Seht zu, dass ihr ihn heute Abend beeindruckt. Ich weiß wie er euch angesehen hat", sagte die Königin, während sie über Yukarins Schultern strich. Lexes blickte sie ausdruckslos an, aber seine Haltung verhärtete sich sofort. Altbekannte Anspannungen erfassten ihn sobald er nur sah wie jemand Yukarin berührte. Weil diese Berührungen so oft nicht gut geendet waren. Er wartete bloß darauf, dass etwas passierte und hasste es mit jeder Faser, konnte seine Anspannung aber auch nicht lösen. Er war verdammt zu leiden sobald jemand Yukarin berührte. Manchmal hasste er deswegen seinen Cousin, dass er dies zuließ oder gar genoss, obwohl Yukarin ebenso wenig Kontrolle hatte. Manchmal verfielen sie beide dem Hochmut zu glauben sie könnten den Hof kontrollieren, manchmal war es ihnen auch gelungen ehe alles wieder in sich zusammengebrochen war. Menschen verrieten einen früher oder später.
Lexes dachte kurz an Yuki, den kleinen schneeweißen Hasen, gut verborgen im großen Palastgarten. Hastig verbarg er seine Gedanken wieder, aus Sorge man würde es ihm ansehen.
"Hast du mich verstanden, goldener Stern?", fragte seine Herrin schneidend. Lexes nickte. Es war ihm zuwider auch nur mit ihr zu reden.
"Nach euren Vorführungen dürft ihr neben ihm sitzen und ihn bedienen." Die Königin erhob sich von ihrem Thron und ließ sich von ihren zwei weiß geschminkten Zofen hinabhelfen.
Ein weiterer Diener kam und löste die Ketten der zwei Sterne vom Thron, so dass sie sich erheben konnten. Hinter den Dienern kam Tozawa Kimura, der Onkel der Königin zu ihnen.
"Trainiert eure Darbietungen bis heute abend. Alles muss perfekt sein", schärfte er ihnen ein und bedachte sie verachtungsvoll aus seinen kleinen, dunklen Augen. Beide Sterne hatten bereits auf die ein oder andere Art unter ihm gelitten. Lexes' Anspannung verhärtete sich so sehr, dass es in ihm stach und brannte. Tozawa Kimura konnte unberechenbar sein, einer der schlimmsten Sorte. Und doch alles unter dem Deckmantel der Ehre.

Aber heute waren sie sicher. Er würde sie nicht schlagen und Spuren hinterlassen, er würde sie auch nicht beanspruchen, so dass sie unbefleckt für den exotischen Besucher waren.
"Ja, Herr." Ihm musste Lexes antworten, oder einer von ihnen würde es büßen. Auf jeden Fall würden sie es büßen, wenn sich nur ein Fehler in ihre Aufführung schlich.
Begleitet von mehreren Palastwachen verließen sie die Audienzhalle und konnten sich in die große Festhalle begeben. Große Schiebetüren führten direkt zum kunstvollen Innenhof und wie so oft bei gutem Wetter waren die Türen weit offen. Lexes genoss die Sonnenstrahlen des Tages, während Yukarin bereits zu den großen Fächern an einer Halterung griff, um den Tanz zu üben.
Heute war ein volles Programm gefragt. Zunächst eine Demonstration ihrer Schwertkünste, gefolgt von einem spielerischen Judo Wettkampf ehe sie anschließend einen anmutigen Fächertanz aufführen würden. All dies erforderte drei unterschiedliche Gewänder, Schminke und Frisuren. Sie würden sich zwischen den Essensgängen umziehen können und dann die Gäste während des Essens erfreuen. Es gab momentan lange Pausen zwischen den Gängen, was von Vorteil war. Anderseits konnten solche zeremoniellen Essen deshalb gut Stunden dauern. Sie würden bis in die Nacht hier sein.
Lexes genoss durchaus den Tanz und auch den Kampf, sich ganz einer Sache zu widmen und sie so perfekt wie möglich auszuführen lag ihm, doch er konnte nie den Eindruck vertreiben, dass es Appetithäppchen waren. Die anregende Vorspeise ehe sie die eigentliche Darbietung im Bett vollbrachten. Sie waren nur bessere Kurtisanen.
Nur dass Kurtisanen keine Halsreifen tragen mussten. Es war demütigend gewesen dies ausgerechnet vor dem Fremden tun zu müssen.
Lexes blieb an dem Übergang zwischen Halle und Innenhof stehen, blickte nach draußen. Er wollte Yuki streicheln, oder vielleicht den Stallburschen, aber beides war sehr riskant. Das Schicksal des Stallburschen kümmerte ihn dabei weniger.
Am anderen Ende der Halle bereiteten Diener alles für das Fest vor, blickten ab und zu zu ihnen hinüber. Ohne Zweifel würden sie alles berichten was sie hier sahen. An die Königin, an das Blutdreieck, an andere Hofmitglieder, an Rivalen. Es gab immer Intrigen.
Lexes schnappte auch einen Blick seines Cousins auf.
"Was?", fragte Lexes. "Ich trainiere gleich." Sie hatten noch Stunden bis zum Abend.
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Yukarin
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Yukarin »

Die schwere, silberne Schelle um sein Fussgelenk brannte sich in sein Fleisch. Nun, nicht wirklich. Bei so einem Auftritt würde Königin Kimura dies nicht zulassen. Die Schelle brannte nur in Yukarins Geist und demütigte ihn zutiefst. Ihm war natürlich klar, dass sie so oder so an den Thron gefesselt worden wären. Das gehörte mit dazu, dass Königin Kimura mit ihnen angeben und klarstellen konnte, dass sie ihr Besitz waren. Doch es hätten auch ganz andere Fesseln sein können. Zarte, edle Ketten, die mehr für die Symbolik da waren, als dass sie sie tatsächlich hättten halten können. Ketten, die zeigten, dass sie kultivierter Besitz waren. Sklaven, denen man vertrauen konnte. Und nicht die wilden Hunde, als die sie nun bei dem Besuch des hayllischen Adeligen dargestellt wurden.

Yukarin brannte innerlich vor Scham. Selbst wenn er kein Halsband tragen musste, wie Lexes, so fiel dessen Betragen wieder einmal auf ihn zurück. Bei allem Eis, das Yukarin um sein Herz legte, dagegen dass Lexes ihn enttäuschte, dagegen konnte er sich nicht wappnen. Und wie immer ging der Schmerz bei ihm tiefers, als wenn er sich doch einmal von einem anderen Menschen enttäuschen liess. Warum hatte es ausgerechnet heute sein müssen? Was für würde der hayllische Adelige nur von ihnen denken? Dass sie nur dumme Wilde waren, die man zwar in hübsche Kleidung stecken konnte, aber trotzdem fesseln musste? Dass man sie nur rau benutzen konnte, aber nicht kultiviert mit ihnen sprechen? Yukarin sah all seine Hoffnungen in Scherben daliegen. Im war klar, dass Königin Kimura sie anbieten würde, damit der Adelige sie benutzen konnte. Das würden sie ertragen müssen. Doch davor und danach hätte vielleicht die Gelegenheit bestanden, dass der Prinz mit ihnen sprach. Sie für anregende Gesprächspartner hielt. Ihnen von Hayll erzählte. Vom Territorium, der Kultur, der Kunst, der Autoren. Egal was. Hauptsache sie konnten neues erfahren. Ein wenig ausbrechen aus diesem beengten, kleinen dharoischen Hof. Doch wer würde sich schon mit einem angeketteten Hund über solche Dinge unterhalten? Da ging es noch nicht einmal darum, ob man sich dazu herabliess. Schlicht auf so eine Idee kam doch niemand.

Trotzdem konnte Yukarin es nicht sein lassen, noch zu versuchen zu retten, was zu retten war. Während der Begrüssungszeremonie gab er sich Mühe seine Haltung so perfekt wie möglich zu bewahren, den Blick demütig gesenkt. Da sie auf dieser präsentierenden Pyramide knieten, konnte die Gäste wenigstens ein bisschen sehen, als vier ausnehmend schöne Männer der Königin demutsvoll Geschenke vor die Pyramide legten. Es mussten Diener sein. Vermutlich hochrangige, wenn nicht sogar Adelige. Gekleidet waren sie in exotische, aber eindeutig kostbare Gewänder. Ihre Schönheit war jedoch das, was alles überstrahlte. Yukarin konnte sich denken, dass Königin Kimura sich auch gern mit solchen Höflingen umgeben hätte. Doch Adel verschaffte einem nicht unbedingt gutes Aussehen.
Je länger die Begrüssungszeremonie dauerte, desto deutlicher konnte Yukarin spüren, wie die Aufmerksamkeit von Prinz Verden, auf ihm lag. Obwohl er höflich und charmant mit der Königin und ihrem Hof plauderte und das auch noch auf dharoisch, was durchaus beeindruckend war. Trotzdem gelang es dem Adeligen Yukarin sich brennen fühlen zu lassen, weil er seinen Blick nicht hob, um zu ihm zu schauen. Das Gefühl wurde so heftig, dass Yukarin irgendwann gar nicht mehr anders konnte, als einen kurzen Blick zu riskieren. Er hob die Lider nur rasch, um zu sehen, wie die ganze Delegation aussah. Doch dieser eine, kleine Moment reichte, dass sich sein Blick mit dem des hayllischen Adligen traf.
Prinz Verden. Auch er, ein wunderschöner Mann und sein Blick war unglaublich intensiv. Für einen Herzschlag lang, hatte Yukarin das Gefühl vollkommen aus Glas zu bestehen. Er spürte diesen intensiven Blick, aus den klugen, goldenen Augen tief in sich drinn. Rasch senkte Yukarin den Blick wieder und blieb zutiefst verwirrt zurück. Was war denn das für ein Blick gewesen? Gleich darauf scholt sich der Krieger innerlich heftig, dass er sich zu diesem Blick hatte hinreissen lassen. Es war zwar nicht verboten gewesen, aber ganz bestimmt nicht zuträglich. Als hätte es nicht schon gereicht, dass Lexes ihn enttäuscht hatte, nun musste er sich auch noch selbst enttäuschen. Yukarin hasste es.

Den Rest der Begrüssungszeremonie war er sorgsam darauf bedacht, seine eisige Mauer um sich herum wieder hoch zu ziehen und jeden noch so kleinen Riss und Kratzer zu verschliessen. So merkte er die Berührung der Königin an seiner Schulter kaum, als die Zeremonie endlich vorbei. Er hörte nur weit entfernt ihre Anweisung und senkte anmutig sein Haupt, um zu zeigen, dass er verstanden hatte. Er musste nicht immer so bockig wie Lexes sein, der auch jetzt schon wieder die Königin gegen sich aufbrachte. Ohne das Gesicht zu verziehen liess er sich losketten und glitt anmutig die Treppe hinunter. Auch Lord Kimura bekam eine höfliche Verneigung, als er sie streng mahnte, ihre Darbietung perfekt zu präsentieren. Heute hatte er keine Angst vor ihm. Es würde perfekt werden. Yukarin würde nichts anderes zulassen. Er würde auch nicht zulassen, dass Lexes es verdarb.

Entsprechend blickte er seinen Cousin auch streng auffordernd an, nachdem sie in die Festhallte gegangen waren, so wie ihre Darbietung weiter üben sollten. Doch statt sich ebenfalls einen der Fächer zu nehmen, stand Lexes nur an der Schwelle zum Innenhof und schien darüber nachzudenken, dem Üben zu entfliehen. Entsprechend ertappt reagierte er auch, als er seinen Blick wahrnahm und wehrte patzig ab, dass er gleich trainieren würde. Yukarin liess sich davon nicht irritieren. Gelassen nahm er einen zweiten Fächer von der Halterung und schritt damit zu seinem Cousin, um ihn ihm in einer eleganten Geste zu geben. Von aussen gesehen war es ein anmutiger Freundschaftsdienst. Doch Yukarin hatte nur nah genug an ihn herankommen wollen, damit die Diener nicht mithören konnten.
"Hast du uns heute nicht schon genug beschämt?" zischte er ihm eisig zu, ehe er sich abwandte, um tiefer in den Raum zu gehen. Dabei öffnete er den Fächer und begann mit langsamen Aufwärmbewegungen.
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Lexes
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Lexes »

Yukarin reagierte nicht gleich, ging zu der Halterung, nahm einen zweiten Fächer und hielt ihn Lexes dann in einer anmutigen Geste entgegen. Gerade fand es Lexes einfach nur anstrengend. Er wusste genau, dass seinen Cousin etwas beschäftigte und ihn anzuschweigen war selten hilfreich. Aber früher oder später würde ihn Yukarin schon wissen lassen wie Lexes ihn dieses Mal enttäuscht hatte.
Er musste nicht lange warten. Sobald Lexes den Fächer entgegennahm, zischte Yukarin ihm kühl zu, ob er sie heute nicht schon genug beschämt hätte. Bevor Lexes reagieren konnte, hatte sich sein Cousin bereits entfernt und begann seine Übungen in einem anderen Teil der Halle. Lexes sah ihn mit dunklen Augen nach. Beschämt..
Der einzige, der sich schämte, war Yukarin. Er gab viel zu viel auf sein sogenanntes Ehrgefühl, ließ sich viel zu oft von ihren Besitzern einspinnen und kaufte ihnen ab, dass ihre Positionen etwas besonderes waren, ihre Funktion ehrbar. Manchmal glaubte Lexes, dass Yukarin zufrieden damit wäre, wären sie tatsächlich leblose Objekte, die man auf ein Podest stellte und bewunderte.
Lexes sah kurz auf den Fächer in seiner Hand. Es war nicht so, dass er den Fächertanz nicht genoss, aber die ewigen Aufführungen für irgendwelche Gönner, schmälerten den Genuss. Zudem wartete auch noch Tozawa mit einer Strafe, sollten sie den Hof vor dem fremden Besucher blamieren. Es musste alles perfekt laufen und selbst wenn es tat, manchmal spielte es keine Rolle. Ihre Besitzer würden trotzdem einen Grund finden, wenn sie einen finden wollten. Seine schmale Hand krampfte sich um den Fächer. Manchmal war die Anspannung so groß, dass er das Gefühl hatte, er könnte keinen weiteren Atemzug tun.
Ständig bewundert zu werden war anstrengend.
Lexes schritt hinüber zu seinem Cousin. Schließlich sollten sie am Ende auch gemeinsam tanzen.
"Ich schäme mich nicht", erwiderte er und begann ebenfalls seine Bewegungen einzustudieren. "Wenn du es tust, ist das dein Problem", tat er Yukarins Sorge kalt ab. Er würde sich nicht dafür entschuldigen, dass er sich dem Stallburschen genähert hatte. Lexes erinnerte sich nicht an seinen Namen, er war auch belanglos, bald würde er ohnehin sterben. Der Stallbursche schien gewillt sich nehmen zu lassen. Es reizte Lexes viel zu sehr, um es nicht weiter versuchen zu wollen, doch er wusste auch, dass die Strafe um ein vielfaches größer werden würde, wenn er beim Sex mit einem so niederen Diener erwischt werden würde.

Lexes vertrieb die Gedanken an den Stallburschen und vollführte eine kunstvolle Armbewegung mit dem Fächer, ließ ihn dabei elegant aufklappen. Sie hatten das schon tausend Mal geübt. Es waren vertraute Übungen.
"Oder willst du den Fremden beeindrucken?", fragte Lexes mit kühlem Lächeln.
"Ja, ich wollte ihn beeindrucken", antwortete Yukarin ernst und eisig. "In der Hoffnung, dass er uns nicht einfach nur benutzt, sondern uns auch Wissen zukommen lässt. Dass er uns von Hayll erzählt. Aber wann hast du das letzte Mal einem angeketteten Hund von den Geschehnissen in Dharo erzählt, Lexes?"
Der Prinz musste sich bemühen nicht die Augen zu verdrehen. Yukarins Vorwürfe waren mal wieder lächerlich.
"Deswegen bist du wütend? Die Königin hat mich nicht unbedingt wählen lassen wie ich angekettet werden möchte." Er strich mit dem Fuß anmutig zur Seite, um Yukarin leicht zu umrunden, den Fächer in einem Halbkreis schwingend.
"Was soll er uns von Hayll erzählen? Wir werden es ohnehin nie zu Gesicht bekommen." Yukarin wollte immer so viel wissen. Natürlich waren sie beide sehr gebildet. Die Jahrhunderte in Dharo hatten sie dazu gemacht. Auch Lexes las gerne, aber er bevorzugte lieber Romane. Sich Wissen über Geschichte, Kunst und dergleichen anzueignen, machte ihn schnell wütend. Denn wie hätten sie dieses Wissen auch nur irgendwie anwenden können?
Natürlich konnten sie damit ihren Gesprächspartnern allerlei anregende Themen bieten, aber was brachte es?
Yukarin tat sich nur selbst weh, wenn er dauernd mehr über die Geschehnisse und Reiche außerhalb Dharos in Erfahrung bringen wollte. Lexes wusste, dass es für seinen Cousin auch eine Art Flucht war, doch es gab keine Flucht für sie.
Sie hatten es versucht. Lange war es her. Inzwischen hatten sie sich mit ihrem Schicksal abgefunden und Lexes bezweifelte, dass er seinen Cousin noch einmal zur Flucht hätte überreden können. Sich feige wegzustehlen und irgendwo heimlich als einfacher Bürger zu leben? Das hätte seine Ehre nicht verkraftet. Und Lexes wusste nicht, ob er es über sich bringen konnte in ständiger Anspannung zu leben, wann man sie wieder entdecken und zurückbringen würde.
Lexes ging über in die nächste Figur des Tanzes, wo sie sich beide was lauernd umkreisten. Die Fächer schnappten auf und zu.
"Hast du nicht seine Gefolgschaft gesehen? Ich denke, es ist klar wo seine Interessen liegen." Bei hübschen Männern. "Die Königin wird Gold von ihm wollen. Wir können ihr nur helfen, dass es mehr wird." Und wären sie richtige Kurtisanen gewesen, hätten sie einen Teil des Goldes für sich behalten können. Aber nicht die Sterne Dharos.
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Yukarin
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Yukarin »

In seiner Enttäuschung war er sehr hart zu Lexes gewesen. Trotzdem wirkte es und sein Cousin begann ebenfalls für ihren Auftritt heute Abend zu trainieren. Und sei es auch nur, um zu ihm zu kommen und ihn anzulügen. Yukarin wusste genau, dass es Lexes gedemütigt hatte, den schweren Halsring tragen zu müssen. Und er wusste auch genau, dass es seine Schuld war, dass es dazu gekommen war. Allerdings hatte er recht, dass es Yukarins eigene Schuld war, dass er sich schämte. Die Miene des Kriegers verhärtete sich noch weiter. Er war dumm, dass er immer wieder zuliess, dass Lexes ihn enttäuschte. Es gab genügend andere Leute, die das taten. Da musste Yukarin das nicht bei dem einzigen anderen Langlebigen in seienr Nähe zulassen.

"Ja, ich wollte ihn beeindrucken", antwortete Yukarin ernst und eisig. Nicht bereit, sich von Lexes provozierenden Worten verletzen zu lassen. "In der Hoffnung, dass er uns nicht einfach nur benutzt, sondern uns auch Wissen zukommen lässt. Dass er uns von Hayll erzählt. Aber wann hast du das letzte Mal einem angeketteten Hund von den Geschehnissen in Dharo erzählt, Lexes?" Offen legte er seinem Cousin dar, was er ihm mit seiner Dummheit weggenommen hatte. Wenn er schon Worte wählte, um ihn zu verletzen, dann sollte er auch gefälligst sehen, was er angerichtet hatte.
Yukarin wollte wieder Distanz zu Lexes aufbauen, nachdem sie etwas akurat miteinander getanzt hatten. Doch Lexes liess ihn nicht, umrundete ihn anmutig und zwang ihn dadurch, an Ort und Stelle zu tanzen, während er eine fadenscheinige Begründung vorbrachte, weswegen nicht alles seine Schuld sein sollte. Yukarin schnaubte leise und tanzte nun auf seinen Cousin zu, um ihn mit seiner Nähe zu bedrängen.
"Hättest du dich nicht auf einen Stallburschen eingelassen, wäre sie nicht so ungehalten mit dir", entgegnete Yukarin scharf. Er wusste genau, dass Lexes sie absichtlich provoziert hatte, ihn zu bestrafen. Sein Cousin brauchte das manchmal, um seine Anspannung loszuwerden. Natürlich hatte er nicht wählen können, wie er bestraft wurde, doch er hätte definitiv den Zeitpunkt anders wählen können. Aber Lexes wollte das nicht auf sich sitzen lassen und spielte es herab, dass er Yukarins Träumereien zerstört hatte. Schliesslich würden sie ohnehin Hayll nie zu Gesicht zu bekommen.
"Verstehe", erwiderte Yukarin knapp. "Dann bauchst du es eigentlich auch gar nicht, Yuki regelmässig zu Gesicht zu bekommen." Denn der kleine Hase war Lexes Flut aus ihrem verzweifelten, schmerzerfüllten Alltag. Es war schäbig von Lexes, dass er sich diese Fluchten erlaubte, während er ihm seine eigenen nicht gönnte. Weiterhin wütend und enttäuscht, ging er tanzend wieder auf Abstand und liess sich diesmal nicht den Weg abschneiden. Was dazu führte, dass sie sich leicht lauernd umkreisten. Yukarin war dieser Teil des Tanzes lieber. Später, so erwartete Königin Kimura, sollte der Tanz sinnlicher werden und in einer verführerischen Einladung enden. Nicht umsonst liessen die Kimonos für diese Aufführung viel von ihrem Nacken frei.

Lexes' Gedanken schienen in eine ganz ähnliche Richtung zu gehen, denn er lenkte ihr Gespräch auf die Gefolgschaft von Prinz Verden und seinen anscheinend offensichtlichen Vorlieben. Wohl sehr zur Freude von Königin Kimura, die sie schicken würde, um ihm den Kopf zu verdrehen. Eine altbewährte Taktik. Ein Dharoer hätte sich davon vielleicht nicht mehr so beeindrucken lassen, da die Spielchen der Königin bekannt war. Doch jemand von so weit her konnte das nicht wissen.
"Sie hätte uns so oder so ausgeschickt ihr zu helfen ihr Gold zu mehren", erwiderte Yukarin unbeeindruckt. "Egal ob ihn seine Gefährtin begleitet oder unglaublich schöne Männer." Sie waren wirklich sehr schön gewesen. Selbst der dunkle, unheimliche, eyrische Kriegerprinz. Wären Frauen in der Delegation gewesen, hätten sie sich vielleicht denen hingeben müssen. Nun bestand die Hoffnung, dass sie es nur bei dem Prinzen und nicht gleich bei der ganzen Gefolgschaft tun mussten.
"Es wird eine Abwechslung sein", erklärte Yukarin, warum er den Plänen der Königin nicht abgeneigt war. Denn benutzt würden sie so oder so werden. Nun würde es für eine Weile auf andere Weise geschehen. Wobei er hoffte, dass es nicht zu unangenehm werden würde. Prinz Verden sah so schön aus. Das verwechselte man gerne mit Anstand und Sanftheit. Yukarin war sich der Gefahr bewusst, dass es besonders schlimm werden konnte. So oder so würde es nicht für immer sein. Prinz Verden würde wieder gehen. Doch bis dahin war etwas Zeit vergangen. Zeit die sie weniger mit den Kimuras verbringen musste. Bei Suka Kimura und ihrem Onkel konnte er es allmählich kaum erwarten, dass sie endlich alt genug waren, um zu sterben. Selbst wenn die nächste Königin nicht anständiger war, so wäre es doch etwas anderes und so widerwärtige Menschen, wie es Tozawa Kimura war, gab es nicht viele. Die Möglichkeit bestand also, dass es mal wieder etwas erträglicher wurde. Es musste.
"Oder bevorzugst du in nächster Zeit intensiven Unterricht in Anstand und Ehre bei Lord Kimura zu bekommen?" fragte er höflich. Doch der Schrecken, der der Onkel der Königin ihnen beiden schon mehrfach angetan hatte, liess das Eis aus seiner Stimme verschwinden. Er konnte Lexes Anspannung nur zu gut verstehen. Zurzeit herrschte besonders viel Druck. Die Lage in Dharo war angespannt und sie bekamen das deutlich zu spüren. Zu Könign Kimuras Sorgen hinzu kamen ihre eigenen. Wenn es einen Überfall, gar einen Krieg gab, wenn sie wieder entführt werden würden, dabei gar getrennt, das würden sie nicht verkraften. Schmerz flackerte kurz in Yukarins Augen auf, als er sich vorstellte, wie es sein würde, wenn er Lexes durch die Kriegswirren wieder verlieren würde. Allein der Gedanke daran war unerträglich.
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Lexes
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Lexes »

Yukarin warf ihm im scharfen Tonfall vor, dass die Königin wegen dem Stallburschen so ungehalten mit Lexes gewesen wäre.
"Ich habe nur ein paar Worte mit ihm gewechselt", verteidigte sich Lexes. Er hatte mehr getan, doch dabei hatte man sie nicht erwischt. Er war vorsichtig gewesen. So oder so sollte es Yukarin nicht kümmern. Sie bekamen öfter Besuch von hochrangigen Gästen, der Hayllier - wenn er auch exotisch war - bildete da keine Ausnahme.
Doch für Yukarin anscheinend schon. Dabei gab er sich nur Träumereien hin. Als Lexes es ihm aufzeigte, schlug sein Cousin auf ähnliche grausame Art zurück.
"Dann bauchst du es eigentlich auch gar nicht, Yuki regelmässig zu Gesicht zu bekommen."
Lexes fuhr herum, etwas schneller als erforderlich für diesen Tanzschritt. Er bedachte Yukarin mit einem vernichtenden Blick. Er sollte es nicht wagen Yuki damit zu vergleichen. Allein die Erwähnung des Namens ließ in Lexes Angst hochsteigen, dass jemand anderer Yuki entdecken und ihm wegnehmen könnte. Rasch hob er den aufgeklappten Fächer, verbarg sein besorgtes Gesicht kurz dahinter und wandte sich zu einer weiteren Drehung.
Er glaubte nicht, dass Yukarin ihn verraten würde, so wie er ihn auch bei dem Stallburschen nicht verraten hatte. Zwar konnten sie dem anderen etwas neiden oder später enttäuscht über die Aktionen des anderen sein, aber sie würden sich nicht gegenseitig ausliefern. Jedenfalls nicht mehr. Sie beide brauchten diese Sicherheit und sei sie noch so gering.
Sie übten eine Weile den Tanz, umkreisten sich dabei jedoch eher wie zwei Angreifer. Lexes fand es absurd so viele Stücke auf den Fremden zu halten und diesen beeindrucken zu wollen. Yukarin ließ sich davon viel zu sehr einnehmen. Es würde ihn auch nur wieder enttäuschen. Das einzige was sie bei dem Fremden sollten, war ihn zu verführen.

Sein Cousin bemerkte, dass die Königin sie sowieso zu dem Mann geschickt hätte, um ihr zu helfen. Es war dabei egal, ob er eine Gefährtin hatte oder von 'unglaublich' schönen Männern begleitet wurde. Lexes hob eine Augenbraue bei dieser Wortwahl.
"Gefallen sie dir?", fragte er. Wobei Lexes zugeben musste, dass sie in der Tat sehr schön waren. Erstaunlich war auch, dass es nicht alles Hayllier waren. Der hayllische Adelige schien sich auch mit Mischlingen zu umgeben.
Yukarin beharrte, dass der Besuch eine Abwechslung sein würde. Damit mochte er recht haben, doch es war - wie alles in Dharo - nur flüchtig.
"Oder bevorzugst du in nächster Zeit intensiven Unterricht in Anstand und Ehre bei Lord Kimura zu bekommen?", fragte Yukarin.
Lexes hätte diese unsinnige Frage überhaupt nicht mit einer Antwort belohnen sollen. Natürlich wollten sie das nicht.
"Der fremde Besuch kann nur besser sein...", gab er zu. Hoffentlich. Lexes wollte sich gerade nicht jemanden vorstellen, der schlimmer als der Onkel der Königin sein würde, doch sie waren oft eines bessren belehrt worden. Im besten Falle ließ sich der Adelige ohne Probleme verwöhnen und beeindrucken ohne selbst zu brutal zu sein.
"Besser nicht zu viel zu erwarten", warnte er seinen Cousin vor. Der Hayllier würde irgendwann wieder verschwinden. Entweder wäre dies ein Segen oder ein bitterer Abschied.
Sie übten noch eine Weile den komplexen Tanz mit den Fächern, die Schritte und anmutigen Bewegungen schon lange einstudiert.
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Aerys
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Aerys »

Geduldig liess er sich von Naeran gewissenhaft die letzten Fusseln von seinem samtenen Frack wegbürsten. In Dharo war es wenigstens kühl genug, um diesen Stoff zu tragen. In Hayll war es meistens zu heiss dazu. Was die Mode jedoch herzlich wenig kümmerte. Deswegen mochte Aerys so gesellschaftliche Anlässe meistens nicht. Doch hier war alles noch so neu und fremdartig. Er genoss es, alles zu erkunden und er war sehr neugierig, auf die Speisen, die gereicht werden würden. Wenn auch nicht so neugierig, wie Bariol es war. Sein Koch strahlte noch immer von innen heraus, vor lauter Glück, bei der Reise dabei sein zu dürfen, wo er neue Zutaten und Gerichte studieren konnte.
Aerys vermutete, dass es auch hier in Dharo als unschicklich galt, seine Sklaven mit an ein Bankett zu nehmen. Doch da sie alle wie Adlige gekleidet waren und sich entsprechend zu benehmen wussten, sah Aerys nicht ein, warum er sie nicht als niederer Adel ausgeben sollte, damit sie bei dem Essen dabei sein konnten. Zumindest beim ersten Abendessen. Und so wie er Menschen kannten, würden die Dharoer froh sein, mehrere Ansprechspartner zu haben, die sie mit neugierigen Fragen über Hayll belagern konnten. Aerys selbst würde bestimmt seine ganze Aufmerksamkeit der Königin schenken müssen. Allerdings hatte diese versprochen, ihm weitere Kostbarkeiten zu zeigen. Aerys hoffte sehr, dass es sich dabei wieder um die beiden Sterne handelte. Während des Empfangs hatte er sie viel zu wenig anschauen können und er hoffte, dass wenn sie während des Banketts ausgestellt wurden, er sich mehr Zeit nehmen konnte, sie zu bewundern. Ihm war natürlich klar, dass sie nur präsentiert wurden, um ihn abzulenken. Doch das hiess ja noch lange nicht, dass er es nicht geniessen durfte.

Im Festsaal zeigte sich noch einmal deutlich, dass man in Dharo nicht viel von Stühlen hielt. Auch hier waren wieder diese Sitzkissen ausgelegt worden. Diesmal vor zwei sich gegenüberliegenden, langen Tafeln, die jedoch ganz niedrig waren. Eben so, dass man direkt auf dem Boden sitzen konnte. Aerys fragte sich, wie es dazu kommen konnte, dass ein ganzes Volk eine derartige Abneigung gegen Stühle entwickelte. Wobei er einzelne Stühle im Palast durchaus gesehen hatte. Doch die waren mehr für hinter einem Schreibtisch geeignet und nicht an einer Tafel.
Wie auch immer, schlussendlich wirkte auch hier alles sehr harmonisch und elegant. Aerys gefiel besonders die zimmerhohen Fenster, von denen er direkt in einen Innenhof rausschauen konnte. Zusammen mit Darion als sein offensichtlich höchstrangiger Diener, wurde Aerys zu dem niedrigen Tisch geführt, der quer zu den beiden langen Tafeln erhöht auf einem flachen Podest stand. Zusammen mit Darion bekam er einen Ehrenplatz neben der Königin zugeteilt. Wobei ihm auffiel, dass zwischen den Sitzkissen seltsam viel Platz gelassen wurde. Vielleicht durfte er der Königin nicht zu nahe kommen, oder so ein ähnlicher Brauch. Seine anderen Begleiter wurden an den anderen Tafeln verteilt. Aerys sorgte sich deswegen nicht. Sie wussten sich zu benehmen. Dunkelheit, schliesslich hatten sie zwe Jahre lang geübt, mit diesen unsäglichen Stäbchen zu essen. Ganz umsonst, wie es aussah. Anscheinend hatte man für ihn eine Gabel und ein Messer für ihn aufgetrieben. Silber mit perlmuttverzierten Griffen. Aerys konnte sich denken, dass es einer Beleidigung gleichkam, wenn er sie nicht nutzte.

Nebst all den Unterschieden, gab es auch Ähnlichkeiten zu Hayll. So stellte man sich hinter seinen Platz und wartete, bis die Königin sich zuerst gesetzt hatte, bevor man sich ebenfalls auf diese Kissen niederlies. Aerys wusste jetzt schon, dass er sich heute Abend noch die Beine von Alazier massieren lassen würde. Und auch pompöse, salbungsvolle Reden gab es hier, die verhinderten, dass man sofort mit dem Spass beginnen konnte. Danach wurden aber endlich Häppchen gereicht und der Abend konnte beginnen. Irgendwo in einem Nebenzimmer versteckt, spielten Musiker auf uns sorgten für sanfte, musikalische Unterhaltung.
Zumindest so lang, bis die Sterne von Dharo erneut präsentiert wurden. Diesmal trugen sie martialischere Kleidung. Jedoch noch immer sehr elegante und wahrscheinlich nicht zum Kampf geeignet. Der Prinz vorwiegend in Gold, der Krieger vorwiegend in Silber. In atemberaubender Geschwindigkeit liessen sie diese anmutigen Schwerter wirbeln, von denen er auch eines geschenkt bekommen hatte. Es sah beindruckend aus, wie die zwei kunstvoll, einem Tanz gleich Bambusstäbe in kleine Stückchen schnitten, als würden sie Papier schneiden. Aerys fragte sich, ob die Beiden auch richtig kämpfen konnten, oder ob sie nur Artisten waren. Er selbst hoffte auf ersteres. Es würde sie ungleich interessanter machen, sie zu seinen Kunstwerken zu formen. Ausserdem könnten sie ihm beibringen, wie er mit seinem exotischen, geschenkten Schwert umgehen konnte.
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Lexes
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Lexes »

Yukarin gab zu, dass ihm die Begleiter des Adeligen auch gefallen hatten, das wenige was er von ihnen gesehen hatte. Es war schwer gewesen überhaupt abzuschätzen welchen Status das Gefolge des Haylliers einnahmen. Sie hatten auf den ersten Blick wie andere Adelige ausgesehen, doch Lexes wusste selbst am besten, dass dies täuschen konnte. Schließlich waren Yukarin und er auch in feinste Gewänder gekleidet.
Sie konzentrierten sich beide wieder auf den Tanz. Sein Cousin versprühte nicht mehr so viel Eisigkeit, wovon auch ihre Aufführung profitierte. Aber früher oder später würde er wieder irgendetwas finden, was er Lexes zum Vorwurf machen konnte.
Sie übten noch bis in den Abend hinein, neben dem Tanz noch ihre Schwertkünste, die sie über die Jahre tödlich verfeinert hatten, obgleich es für gewöhnlich bei Schauspielen blieb. Was nicht bedeutete, dass ihre Klingen nicht schon beide Blut geschmeckt hatten. Nicht alle Besitzer waren schlecht gewesen. Sie hatten einen besonders gütigen Herrscher vor dem Thronsturz beschützt und selbst beinahe dafür mit dem Leben bezahlt. Am Ende war es doch vergeblich gewesen. Die Zeit war ihr größter Gegner und die hatten sie nicht aufhalten können. Akechi Harukore, ein gütiger weiser Kriegerprinz, hatte nach dem Tod seiner Königin an ihrer statt weiterregiert. Er hatte es gut getan, es war friedlich gewesen, eine Zeit des Wohlstands. Wenigstens eine Weile ehe die Krieger begonnen hatten.
Es hatte nie lange währen können. Yukarin und Lexes hatten wieder und wieder versucht ihn vor jeder herrschsüchtigen Königin zu beschützen. Am Ende war er mit 80 gestorben. Danach hatte Lexes sich geschworen sein Herz an keinen ihrer Besitzer mehr zu hängen. In gewisser Hinsicht war das Leben unter Akechi grausamer gewesen als bei allen anderen. Königin Kimura würde er dagegen keine Träne nachweinen.
Lexes vertrieb die Gedanken daran, versuchte sich ganz auf die Übungen zu konzentrieren. Es hatte etwas reines sich allein der Tätigkeit hinzugeben, dem Moment. Nur selten gelang es ihm so gut wie Yukarin. Ständig wurden Lexes' Gedanken zurück zu all den schmerzhaften Erwartungen gezogen wie ihr Leben dieses Mal wieder aus dem Takt gebracht werden würde.

Der Abend kam trotzdem viel zu schnell. Sie halfen sich gegenseitig beim Anlegen der Kleidung. Yukarins wie so oft silbern, seine golden. Lexes gefiel das Gold gut genug, doch manchmal hatte er das Gefühl, als würde etwas fehlen. Sie betraten die Festhalle, wo nun dutzende des Hofes an zwei langen Tischen an der Seite saßen. Ganz am Ende auf einem flachen Podest war der Tisch der Königin und natürlich saß der adelige Fremde auch dort. Zusammen mit einem seiner schönen Begleiter. Diese gebräunte Haut war faszinierend.
Lexes trat mit Yukarin in den Platz zwischen den länglichen Tischen, die sich gegenüber befanden. So würde sie jeder gut sehen können, während die Gäste auf den nächsten Gang des reichhaltigen Menüs warteten. Es war eine neue Unart, die aus Klein Terreille kam. Was war so falsch daran gewesen all die Leckereien in hunderten Schälchen auf der Festtafel zu verteilen?
Lexes und Yukarin würden erst sehr viel später etwas zu Essen erhalten, obwohl sie eine kleine Stärkung zu Mittag eingenommen hatten.
Die Diener hatten die niedrigen Podeste mit den dicken Bambusstäben aufgebaut und die beiden Sterne machten sich ans Werk, das Holz in fließenden Bewegungen zu zerteilen. Dabei dem Takt der Musik folgend. Es brauchte Jahre bis man die richtige Haltung hatte, um solch dicken Bambus mit geradem Schnitt abzuteilen, doch Lexes bezweifelte, dass dem Gast aus Hayll dies bewusst war.
Zumindest einige vom Hof nickten bewundernd. Lexes genoss die Bewunderung durchaus.
Nach den ersten Vorführungen folgte ein kurzes Schauduell mit den Schwertern, wo sie sich kraftvoll und geschmeidig bewegen konnten. Dabei konnten sie sich meist nur vor oder zurückbewegen, kontrollierte kurze Bewegungen mit den Katanas. Schließlich durften sie den Tischen und Dienern nicht zunahe kommen.
Zwei Damen des Hofes tuschelten währenddessen. Lexes nahm ihre Blicke aus den Augenwinkeln immer mal wieder wahr. Lin und Akai. Die beiden Yashiro Schwestern. Yukarin hatte sie in Geschichte und Kalligraphie unterrichtet, als sie noch kleine Mädchen gewesen waren. Mittlerweile waren sie fast dreißig und immer noch glühende Verehrerinnen von ihm.
Lexes lächelte seinen Cousin an, ein kurzes nur für Yukarin wahrnehmbares Nicken zu den Schwestern hin. Er wusste nicht, ob Yukarin die Verehrung der Schwestern ausgenutzt hatte. Vermutlich nicht, für ihn waren sie wohl immer noch kleine Mädchen.
Ihre Klingen berührten sich klirrend, kling kling. Lexes liebte das Geräusch. Ausfallschritt, Bewegung nach vorne, Klingenkontakt, zurückweichen, es war einem Tanz nicht unähnlich.
Mit einem dramatischen Finale schlossen sie das Duell, verneigten sich dann tief vor der Königin ehe sie die Halle verließen. Lexes wich den Dienern aus, die neue Getränke brachten. Sehr viel Sake.
Sobald sie in dem Nebenraum waren begann Lexes sich auszuziehen. Es waren so viele gewickelte Stofflagen. Manchmal wünschte er sich, er hätte irgendetwas woraus er einfacher schlüpfen konnte. Die Basis Juwelenkunst benutzte er nicht, das wenige wollte er sich aufheben. Königin Kimura hatte ihnen nie ihre Juwelen ausgehändigt, sondern sie mit ihren anderen Relikten ausgestellt. Eine besondere Demütigung.
Lexes hatte sich endlich ausgezogen, begann sich den gewickelten schwarzen Kimono für die Judodemonstration anzuziehen. Yukarins war weiß. Lexes hatte das noch nie an seinem Cousin gemocht. Seine silbernen Haare waren einzigartig genug und sollten nicht mit den gleichen Farben konkurrieren, doch sie wurden kaum gefragt.
Lexes trat zu seinem Cousin und rückte ihm vorne den Kimono zurecht.
"Kein Interesse an deinen Verehrerinnen?", fragte er. "Nur Augen für unseren Gast?" Er lächelte fein.

Yukarin bedachte ihn nur mit einem tadelnden Blick, half ihm ebenfalls bei der Kleidung.
"Die Ladies Yashiro sind auch noch da, wenn der Gast wieder gegangen ist", sagte er dann nur. Sie waren gerade fertig mit den Vorbereitungen und einem kurzen Getränk, als sie bald wieder in die Festhalle gerufen wurden und die nächste Vorführung begann. Verschiedene Abfolgen, die sie in geschmeidigen Bewegungen demonstrierten. Ab und zu konnten sie dabei zu dem Hayllier blicken. Er schien sich mit der Königin zu unterhalten, doch dabei war sein Blick auf Yukarin und Lexes gerichtet. Die ganze Zeit. Das war schon etwas ungewöhnlich, denn um sie herum waren lauter Gäste, die sich unterhielten oder noch die Reste des letzten Ganges zu sich nahmen. Die Sterne waren nur Unterhaltung. Selten brachte ihnen jemand den Respekt entgegen alles genau anzuschauen.
Vielleicht wollte sich der Gast aber auch nicht blamieren.
Das Festmahl ging weiter und ein weiterer Kleidungswechsel folgte, nachdem sie sich an zwei Wasserschalen gewaschen hatten. Lexes trocknete sich gewissenhaft ab ehe Yukarin und er sich gegenseitig halfen das etwas aufwendigere Gewand anzulegen. Danach benötigten sie noch die Zeit, um sich zu schminken, vor allem die Augen wurden betont. Mit den kunstvollen Fächern ging es zur letzten Vorführung. Der Fächertanz.
Inzwischen war es draußen längst dunkel und die Lampions waren angezündet worden. Musiker spielten auf, während Yukarin und Lexes tanzten. Ein verführerischer Reigen, ab und zu konfrontativ, dann wieder geheimnisvoll. Sie hatten die Abfolge selbst entwerfen dürfen und besonders viel Aufmerksamkeit hineingelegt, dass es eine Geschichte erzählte, die man sich vorstellen konnte.
Nicht dass die, die dem Sake bereits kräftig zugesprochen hatten, auch etwas davon mitbekamen.
Mit letzten Flügelschlägen der großen gemusterten Fächer wurde die Darbietung beendet. Lexes stand dicht bei seinem Cousin, den Mund nah an seiner Wange, einen Arm um ihn gelegt, den Fächer im Rücken.
"Sehr gut", sagte er ihm leise. Es war eine gute Vorführung gewesen. Kein Fehler. Wie angespannt und beherrscht er gewesen war, fiel Lexes erst jetzt auf, als es langsam von ihm abfiel.
Königin Kimura winkte sie huldvoll näher, nachdem sie sich gelöst und vor ihr verneigt hatten.
"Der goldene und silberne Stern Dharos. Sie sind schon seit Jahrhunderten im Besitz der Königin des Reiches. Eine wahre Zierde des Landes." Sie lächelte. "Sie sind in allen schönen Künsten bewandert."
Lexes und Yukarin kamen näher.
"Setzt euch zu Prinz Verden", lud die Königin sie ein und sie durften um die Tische herumgehen, um neben dem Hayllier Platz zu nehmen. Lexes hoffte, dass sein Cousin nun wieder beruhigt war, als er diesen Ehrenplatz einnehmen durfte. Die Musiker spielten im Hintergrund weiter und ein weiterer Gang Essen wurde gebracht. Dieses Mal durften sie auch daran teilnehmen.
Ihm fiel auf, dass man dem Adeligen und seinen Gästen Messer und Gabel gebracht hatte. Vielleicht hatten sie den Fremden die Blamage ersparen wollen mit Stäbchen essen zu müssen, aber nicht einmal die Option anzubieten es auszuprobieren war ebenso herablassend. Lexes hätte es vermutlich genauso gehandhabt, doch er bemerkte die Andeutung eines kritischen Blickes von Yukarin.
"Wie mundet euch das Essen, Prinz Verden?", fragte Lexes und bemühte sich die hayllische Sprache so fehlerfrei wie möglich auszusprechen. Jedenfalls hoffte er das. Er vertraute dem Dolmetscher nicht ganz.
"Nur wenig hayllisch", erklärte er. Nicht dass der Fremde glaubte Lexes beherrsche die Sprache. Der Prinz wechselte wieder auf dharoisch.
"Möchtet ihr einmal probieren mit Stäbchen zu essen?", fragte er und schob seine eigenen hinüber zu dem Hayllier.
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Aerys
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Aerys »

Nach dem kunstvollen zerschneiden der Bambusstäbe folgte ein Schaukampf mit diesen schlanken, sanft geschwungenen Schwertern. Ein Schaukampf, der fast mehr wie ein Tanz anmutete. Elegant und wunderschön. Selbst das Geräusch, wenn die Klingen aneinander prallten klang anmutig. Die Bewegungen waren schnell und überaus akkurat. Das mussten sie sein. Denn wie gerade eben noch demonstriert worden war, waren die Klingen überaus scharf. Doch trotz all der Schau, der Anmut und der Ähnlichkeit zu einem Tanz, wirkten die Bewegungen nicht einstudiert, sondern wie die Bewegungen zweier echter Kämpfer. Ein kurzer Blick zu Alazier, bestätigte ihm, was er selbst vermutete. Der Kriegerprinz nickte knapp, hatte die Frage in Aerys Blick verstanden. Auch er ging davon aus, dass die beiden Sterne hervorragende Kämpfer waren. Das wurde immer interessanter.

Anders als in Hayll wurde nach der Darbietung nicht geklatscht, um das können der beiden Sklaven zu würdigen. Als Aerys sich umsah, wirkte es so, als wäre es selbstverständlich, dass die zwei Sterne diese Künste perfekt beherrschten. Einige der Gäste nickten zwar anerkennend, doch vorallem schien man mit sich selbst und dem Abendessen beschäftig zu sein. Es war seltsam, doch Aerys störte sich nicht daran. Er hatte die Darbietung trotzdem geniessen können.
Nach dem nächsten Gang folgte zu seiner Freude eine weitere Darbietung. Wieder war es eine Mischung aus Tanz und Kampf. Diesmal jedoch nur mit den Körpern als Waffe und beinhaltete eine Art von Akrobatik. Es war weich, fliessend, geschmeidig und doch wirkungsvoll. Diesmal war es vorallem Darions Augen, die begeistert leuchteten. Aber auch Aerys liess seine Blicke nicht von den beiden Sternen, sog jede ihrer Bewegungen in sich auf. Auch wenn er verpflichtet war, sich gleichzeitig noch charmant mit der Königin zu unterhalten. Wobei er sich fest hatte Mühe geben müssen, nicht aufzulachen, als der silberne Stern in seinem weissen Gewand sah. Das passte so gar nicht. Nicht zu seinen wunderschönen, silbernen Haaren, nicht zu seiner reinen, hellen Haut und schon gar nicht zu seiner Körperhaltung und Ausstrahlung.

Die faszinierendste Darbietung folgte jedoch erst einen Gang später. Diesmal ging es nicht um eine Kampfvorführung, auch wenn Aerys durchaus einen Kampf beobachten konnte. Gekleidet in fliessende Seidengewänder tanzten die Sterne mit grossen, kunstvollen Fächern eine anrührende Geschichte. Ihre Geschichte, wie ihm nach einer Weile aufging. Ein Leben voller Leid, Liebe, Verlust und Einsamkeit. Ein Leben als Langlebige unter Kurzlebigen, die sie nicht verstanden. Sie nicht verstehen konnten. So wie sie auch die Geschichte im Tanz nicht verstehen konnten. Einfach weil sie zu kurzlebig waren. Weil sie nicht so allumfassend und weit denken konnten.
Aerys schaffte es nur kurz, seinen Blick von diesem gefühlvollen Tanz zu lösen, um die Zuschauer zu betrachten. Es tat ihm beinahe körperlich weh, als er es tat und es schmerzte gleich noch mehr, als er sah, dass die Anwesenden nicht hörten, was ihnen erzählt wurden. Fast schon etwas trostsuchend blickte er in die Mienen seiner Kunstwerke. Naeran folgte ergriffen jeder Bewegung, noch zu jung um das Schicksal der beiden Sterne zu begreifen. Iphis kluge Augen waren voller Trauer und Mitgefühl, während Bariol wohl schon zu überlegen schien, welche Leckereien er den Sternen zubereiten würde, sobald sie bei ihnen wäre. Darions melancholischer Blick war hingegen voller Zuversicht und Vertrauen, als sich ihre Blicke kurz trafen. Er wusste, dass sein Meister die beiden Sklaven retten würde. Während Alaziers Miene für Aerys gut geschulten Blick finstere Wut austrahlte.
Rasch schaute Aerys wieder zurück zu seinen zukünftigen Kunstwerken, die bisher nur sich selbst hatten und alles taten, umeinander zu beschützen. Selbst wenn schmerzte, sie alles kostete und es sie sogar manchmal gegeneinander aufbrachte. Sie waren alles, was sie hatten. In Aerys brannte es vor Verlangen. Er wollte die beiden Sterne zu wahren Kunstwerken formen. Dazu, wofür sie geboren worden waren. So wie es ihr Schicksal war. All seine Sinne waren geschärft. Hoch konzentriert auf die beiden Sklaven. Es würde nicht leicht sein, sie sich anzueignen. Das war Aerys jetzt schon bewusst. Denn die beiden Sterne gehörten nicht einfach nur der herrschenden Königin, sondern ganz Dharo. Mit der Zeit schien es so geworden zu sein, dass derjenige, der die Sterne besass, Dharo regierte. Doch Aerys wollte nicht Dharo. Er wollte nur diese beiden Männer, die ihren Tanz in einer zarten, sinnlichen und beschützenden Pose beendeten.

"Jede Königin in Hayll würde Euch Euren Besitz neiden, Königin Kimura", versicherte er der Königin charmant, als sie ihre Sklaven nach ihrem Tanz noch einmal vorstellte und sie sie zu sich gewunken hatte. "Hier scheinen Dharo und Hayll Verwandte im Geist zu sein. Auch wir kultivieren unseren Besitz, damit wir uns in allen Facetten an ihm erfreuen können." Königin Kimura schien zufrieden mit dieser Vorstellung und beteuerte gleich, dass die Sterne in allen schönen Künsten bewandert seien.
"Ich bin ein grosser Bewunderer und Liebhaber von schönen Künsten", erwiderte Aerys erfreut. Es machte ihn natürlich neugierig, was in Dharo alles zu den schönen Künsten zählte und ob die Königin auch die Schlafzimmerkünste meinte. So sehr Aerys sich tatsächlich für Malerei, Musik, Poesie und Tanz interessierte, so waren die Sterne doch viel zu verlockend, um nicht auch über die sinnlichen Freuden im Bett mit ihnen nachzudenken.

Nun stellte sich heraus, warum es so einen weiten Abstand zwischen den Sitzkissen am Tisch der Königin gegeben hatte. Aerys wurde die Ehre zuteil, dass sich die Sterne links und rechts neben ihn setzten. Unauffällig rückte Darion etwas zurück, gönnte seinem Meister diese Aufmerksamkeit von Herzen. Ein weiterer Gang wurde aufgetragen, Sitzkissen und Geschirr für die Sterne rasch aber dezent herbeigebracht. Links von ihm liess sich der silberne Stern anmutig nieder, rechts der goldene. Aerys saugte ihre Anmut in sich auf, beobachtete jede Regung. Sie waren so wunderschön. Selbst in dem Moment, als dem silbernen Stern etwas nicht zu gefallen schien.
Der goldene Stern lenkte ihn sanft davon ab, indem er demütig fragte, wie ihm das Essen mundete. Auf hayllisch. Natürlich hatte man diesen besonderen Sklaven auch hayllisch beigebracht. Oder ihnen zumindest einige Sätze zum Auswendig lernen gegeben. Denn so anmutig die Frage noch geklungen hatte, so war die Erklärung des goldenen Sterns, dass er nur wenig hayllisch sprach schon weniger korrekt und geschmeidig ausgesprochen. Bestimmt war ihm dieser Satz nicht beigebracht worden, sondern eine Eigeninitiative des Prinzen, damit sich niemand von ihnen blamierte. Warmherzig lächelte Aerys ihn an.

"Das Essen ist ein faszinierendes, wohlschmeckendes Abenteuer", antwortete er ihm sinnlich auf hayllisch. Vieles davon war ihm fremd und manchmal fragte er sich, ob die Speise tatsächlich kalt oder so heiss sein musste. Manches davon schmeckte ihm ausgezeichnet, an anderes musste er sich erst ein wenig gewöhnen. Doch zum Glück war ihm bis jetzt noch nichts untergekommen, was er gar nicht mochte. Sowas war immer ungünstig bei so einer Tafel.
"Es klingt schön, dich hayllisch sprechen zu hören", erzählte er dem goldenen Stern, auch wenn er vermutete, dass der Prinz ihn nicht gänzlich verstand. Das machte nichts. "Ich freue mich darauf, dich noch mehr hayllisch sprechen zu hören." Er würde Iphis damit beauftragen, es den beiden Sternen beizubringen, sobald sich die Gelegenheit dazu ergab. Iphis hatte ein Talent für Sprachen. Sowohl sie zu lernen, als auch sie zu lehren.

"Wenn du es mir beibringst", schäkerte er weiter mit dem goldenen Stern wieder auf dharoisch, der seine eigenen Essstäbchen zu ihm herüber schob, damit Aerys sich an ihnen bedienen konnte. Es war ein wunderbares Instrument, ein Gespräch und zumindest körperliche Nähe herzustellen. Allerdings war es seltsam, dass der goldene Stern dafür auf seine eigenen Stäbchen und damit wohl auch auf sein verzichten Essen verzichten musste. Kurz blickte Aerys nach links zum silbernen Stern. War es womöglich das gewesen, was sein Missfallen erregt hatte? Dass einer von ihnen auf sein Abendessen verzichten musste? Dafür würde Aerys schon eine Lösung finden. Erst einmal konzentrierte er sich jedoch wieder auf den Prinzen neben sich und hielt locker seine Hand über die Stäbchen, ehe er den goldenen Stern auffordernd anblickte. Dieser verstand und formte mit seinen schlanken Händen Aerys Hand sanft und so verführerisch in die richtige Haltung, damit er ihm anschliessend die Stäbchen richtig zwischen die Finger legen konnte. Unter der sachten Führung des goldenen Sterns klemmte Aerys ein Gemüsestückchen zwischen die Spitzen, führte es dann aber nicht an seinen Mund, sondern an die elegant geschwungenen Lippen des Prinzen.
"Es sind deine Stäbchen", erklärte er sanft. "Du solltest nicht meinetwegen auf dein Besteck verzichten müssen."
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Lexes »

Der fremde Adelige antwortete auf hayllisch und Lexes hatte Mühe ihn zu verstehen. Etwas über das Essen, doch die Art wie der Prinz es aussprach klang äußerst sinnlich oder genussvoll. Es war gut, dass ihm das Essen schmeckte. Dann sagte er leider noch mehr auf hayllisch, dass Lexes erst rechts nicht sagte. Er lächelte nur sachte. Vor allem weil er wusste was für eine Strafe drohen würde, wenn er den Fremden verärgerte oder irgendwie beleidigte.
So begann Lexes den Mann leicht zu verführen und in ein unverfängliches Gespräch zu verwickeln. Die Essstäbchen boten eine gute Gelegenheit den Adeligen das erste Mal zu berühren. Gewiss nur die erste Berührung von vielen. Er hatte gemerkt, dass der Hayllier ihre Vorführungen genau beobachtet hatte. Ob ihm tatsächlich die Darbietung gefallen hatte oder vielmehr ihre Körper war noch schwer zu sagen.
„Gerne, Prinz Verden“, erwiderte Lexes, als der Mann auf das Angebot einstieg. Er war froh, dass sie wieder auf dharoisch sprachen. Dann hielt ihm der Adelige die Hand, sah Lexes durchaus leicht auffordernd an. Lexes verstand den Blick, legte dem Mann sachte die Stäbchen zwischen die Finger und schob sie in die richtige Haltung. Leicht streichelte er am Ende über den Handrücken des Mannes, als er seine Finger über der Hand des Adeligen ruhen ließ.
Gemeinsam konnten sie die Stäbchen zu einem Gemüsestück bewegen.
„Ihr haltet es so.. dann leicht die Finger zusammen.. gut..“, sagte er leise. Der Hayllier lernte schnell. Aber statt selbst zu essen, hielt er Lexes das Gemüsestück an den Mund und erklärte, dass er nicht auf sein Essen verzichten sollte.
Lexes verstand und schob seine glänzend geschminkten Lippen um die Stäbchen, pflückte das Stück davon. Dabei sah er den Adeligen innig an.
Lexes aß bedächtig.
„Euer dharoisch ist sehr gut“, machte er dem Adeligen danach ein Kompliment und lächelte. „Sie hätten euch ein eigenes Set geben sollen.“
Er winkte einen Diener herbei. „Wo sind Prinz Verdens Essstäbchen?“, fragte er. Der Mann wurde blass, sah zu dem Besteck des Haylliers, dann wieder zu Lexes. Dieser hielt den auffordernden Blick bis der Diener sich mehrmals verbeugte und zurückzog.
Wenig später kam er mit einer Schatulle wieder, kniete sich gegenüber vor den Tischbereich des Fremden, klappte die Schatulle auf und hielt ihm zwei kunstvoll verzierte Essstäbchen aus rotem lackierten Holz entgegen.
„Darf ich euch weiterhin zeigen wie man damit umgeht oder wollt ihr bei eurem Besteck bleiben?“, fragte Lexes.
„Sehr gerne. So einer Anmut kann ich unmöglich widerstehen“, stimmte der Adelige zu. Lexes lächelte geschmeichelt, nahm die Essstäbchen aus der Schatulle und platzierte sie wieder sanft zwischen die Finger des Adeligen.
Während sie übten, blickte Lexes hinüber zu Yukarin, der bisher geduldig gewartet und sich seinem eigenen Essen gewidmet hatte. Doch er wusste, dass Yukarin nur auf eine Gelegenheit wartete mit dem Adeligen zu reden.
„Mein Cousin ist besonders erfreut über euer Kommen“, lenkte er den Blick auf Yukarin. „Wir haben noch nie jemanden aus Hayll zu Gast am Hof gehabt und er ist immer begierig von fremden Reichen zu erfahren. Er ist der belesenere von uns beiden.“
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Aerys »

Es war ein Genuss seine eigene Hand in den schlanken Händen des goldenen Sterns zu spüren und sich von ihnen führen zu lassen. Nebst dem zarten, einladenden Streicheln mochte Aerys es, welche Konzentration und Aufmerksamkeit der Sklave in sein Handeln legte. Als gäbe es für den Moment nichts anderes. Es war ansteckend. Für den Moment gab es für Aerys auch nichts anderes, als den goldenen Stern, er selbst und das üben mit den Stäbchen. Fasziniert schaute er dabei zu, wie der Prinz seine sorgsam geschminkten Lippen über die Stäbchen schob und das Gemüsestückchen von den Stäbchen pflückte. Aerys versank dabei in dem innigen Blick, der es heftig in seinen Lenden ziehen liess. Eine süsse Qual.

"Danke", lächelte er wohlwollend auf das Kompliment, dass er gut dharoisch sprach. Ihm war schon bewusst, dass die Sklaven wohl den Auftrag bekommen hatten, ihn zu verführen und dass dieses Locken und Schäkern jetzt noch lange nicht hiess, dass er sie auch tatsächlich in sein Bett einladen durfte. Es machte trotzdem Spass sich darauf einzulassen und sich verführen zu lassen. Zumal sein dharoisch tatsächlich ganz passabel war. Er verstand viel mehr, als er angenommen hatte.
"Ich habe mich sehr auf meine Reise nach Dharo gefreut", erklärte er offen. "Und da ich davon ausging, mehr über dieses Territorium zu erfahren, wenn ich die Sprache kann, habe ich mich eben daran gemacht, sie etwas zu lernen. Wer hätte gedacht, dass sich das so schnell auszahlen würde." Charmant erwiderte er das Lächeln des goldenen Sterns. Ohne diese Sprachkenntnisse, hätte wohl kaum so schnell diese prickelnde Situation entstehen können.

Dienstbeflissen organisierte der goldene Stern ihm seine eigenen Essstäbchen. Vielleicht war es ihm peinlich, von ihm gefüttert zu werden. Er wirkte wie ein stolzer Mann. Oder vielleicht wollte er ihm auch einfach nicht zur Last fallen. Was auch immer es war, nachdem ein armer Diener erschreckt zum Erbleichen gebracht worden war, bekam Aerys seine eigenen, kunstvoll verzierten Essstäbchen überreicht. Zusammen mit dem Angebot, ihm weiter zu zeigen, wie man damit umging.
"Sehr gerne", nahm Aerys das Angebot genüsslich an. "So einer Anmut kann ich unmöglich widerstehen." Dem goldenen Stern schienen die lobenden Worte zu gefallen. Er hatte ein atemberaubendes Lächeln. Genüsslich badete Aerys darin und gab sich wohlig den zarten Berührungen an seiner Hand hin.

Wie Aerys bei der Tanzvorführung schon erkannt hatte, passten die beiden Sterne aufeinander auf. So lenkte der goldene Stern Aerys Aufmerksamkeit auf den silbernen Stern. Seinen Cousin. Das war also die verwandschaftliche Beziehung. Er tat es nicht, um Aerys Aufmerksamkeit zu entfliehen, sondern weil er wusste, dass sein Cousin sich brennend dafür interessierte, etwas neues zu lernen.
"Oh, über Hayll und seine Gebräuche gibt viel zu erzählen", lächelte Aerys und wandte sich dem anmutigen, silbernen Stern zu. Wobei es ihm so vorkam, als würde sich der Krieger leicht vor Verlegenheit winden, weil er ihm nun seine Aufmerksamkeit schenkte.
"Sie können mitunter ziemlich komplex sein", fuhr Aerys unbeirrt fort und genoss es einfach, wie schön der silberne Stern aussah. "Wenn die Möglichkeit besteht, dass wir demnächst Zeit miteinander verbringen, erzähle ich dir gern mehr davon." Nur nicht hier beim Abendessen. Das war der falsche Zeitpunkt dafür.
"Was liesst du denn, silberner Stern?" wollte er stattdessen wissen.
"Alles, was in die Hofbibliothek gelangt, Prinz Verden", antwortete der Krieger mit kultivierter Stimme. "Ich finde Wissen grundsätzlich interessant. Einfach um seiner selbst willen. Doch gerade lese ich ein Buch über die Architektur von dharoischen Schreinen im Wandel der Zeit." Ein Wandel der Zeit, den der Krieger hier in Dharo wohl am eigenen Leib mitbekam. Deswegen schaute er ihn jedoch nicht überrascht und dann um so interessierter an. Sein brennender Blick erforschte alles an dem silbernen Stern, der daraufhin unwillkürlich erschauderte. Aerys lächelte. Er hatte von Anfang an gewusst, dass diese zwei Sterne zu ihm gehörten.
"Es ist selten, jemandem zu begegnen, der das Wissen um seiner selbst willen liebt", meinte Aerys samten. "Für mich ist das ein überaus attraktiver Charakterzug." Nun war es an den klugen Augen des silbernen Sterns, sich leicht zu weiten und wenn Aerys sich nicht schwer täuschte, färbten sich seine Wangen ganz zart rosa.
"Ich mag Wissen auch", erklärte er schmunzelnd, um den silbernen Stern aus seiner Verlegenheit zu holen. "Deswegen muss ich nun auch zugeben, dass ich auch bereits Zuhause etwas geübt habe, mit den Stäbchen zu essen." Verschmitzt zwinkerte er Lexes zu. "Ich hoffe, du bist mir nicht böse, dass ich dir das nicht gleich gesagt habe. So oder so kannst du mir hier sowieso noch viel beibringen, damit ich mit den Stäbchen vielleicht irgendwann so anmutig umgehen kann, wie ihr zwei es könnt." Ausserdem war es viel zu schön, seine Hand vom goldenen Stern umfasst zu bekommen.
"Apropos Wissen", hakte er neugierig nach. "Goldener und silberner Stern von Dharo. Sind das eure Titel oder eure Namen?" Wer wusste schon, wie das in Dharo mit Sklaven gehandhabt wurde. Vielleicht bekamen sie keine Eigennamen oder es ziemte sich nicht, Sklaven damit anzusprechen.
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Lexes »

Der Adelige erklärte, dass er schon länger nach Dharo hatte reisen wollen und er hätte die Sprache ‚etwas‘ lernen wollen, da er glaubte so mehr über das Land erfahren zu können. Es hätte sich schnell ausgezahlt.
Lexes nickte huldvoll. Die wenigsten Fremden machten sich die Mühe die komplexe dharoische Sprache zu erlernen. Sie vertrauten auf die Dolmetscher. Der Hayllier war klug dies nicht zu tun, denn so würde er ein für ihn einträchtigeres Handelsabkommen schließen können. Wer von den Dolmetschern der Königin abhängig war, verlor schnell. Dennoch war es ungewöhnlich, dass der Adelige die Sprache erlernt hatte. Und nicht nur ‚etwas‘, wie er behauptete. Lexes hatte sofort die Übung dahinter gehört. Nicht perfekt, aber um einiges besser als Lexes holprige hayllische Phrasen. Er nahm sich vor bald mehr hayllisch zu erlernen. Nur für den Fall, dass Prinz Verden noch einmal wiederkam oder sie jemand anderer aus Hayll besuchte.
Sie hatten leider so wenig Gelegenheit die Sprachen zu üben, wenn es nicht gerade dhemlanisch oder eyrisch war. Wobei die Eyrier aus Terreille sicherlich einen anderen Dialekt sprachen.
Vielleicht war Yukarins hayllisch besser und da sein Cousin schon geduldig wartete sich mit dem Gast zu unterhalten, lenkte Lexes die Aufmerksamkeit des Mannes dorthin. Yukarin war sofort absolut verlegen, wobei es vielleicht auch daran lag, dass Lexes extra viel Betonung in das Wort ‚begierig‘ gelegt hatte. Dem Hayllier war es nicht aufgefallen, schließlich war es nicht seine Muttersprache, doch Yukarin hatte es natürlich sofort bemerkt.
Der hayllische Prinz bemerkte, dass die hayllische Gebräuche mitunter sehr komplex sein könnten, doch er würde gerne mit dem silbernen Stern darüber reden. Falls die Möglichkeit bestand, dass sie mehr Zeit miteinander verbringen könnten.
Ah, natürlich. Lexes verstand die versteckte Andeutung und Yukarin sicherlich auch, doch er schien froh genug zu sein über seine Bücher reden zu können. Wenn es ein Ort im Palast gab, der seinem Cousin heilig war, dann die Bibliothek. Der Palast selbst war oft ein Ort gewesen, wo große Schriftsteller und Poeten ihre Werke verfasst hatten, nicht wenige unter Yukarins Aufsicht. Diese Bücher wurden auch jetzt noch von vielen Dharoern gelesen und verehrt und waren Yukarins ganzer Stolz. In gewisser Hinsicht konnte es Lexes nachvollziehen. Die Verfasser waren fort, doch das Wissen, die Kultur und die Philosophien waren geblieben.
Dennoch erwähnte Yukarin ungefähr das langweiligste Buch, das Lexes sich hatte vorstellen können (wobei die Abfassungen über die Ernteerträge der Yin Dynastie da ganz oben waren...). Wieso kein feingeistiger Poetikband? Oder eine der vielen guten Märchentragödien? Darin kamen wenigstens Drachen vor.
Es war dem Hayllier hoch anzurechnen, dass er trotzdem interessiert wirkte. Dann bemerkte er, dass er es sehr attraktiv fand, wenn jemand das Wissen um seiner selbst liebte. Yukarin versuchte es zwar zu verbergen, doch er wurde noch verlegener. Es war nur eine zarte Röte und eine Veränderung in der Mimik, doch Lexes kannte seinen Cousin so gut, als wäre er gerade tiefrot angelaufen. Natürlich war Yukarin hin und weg. Dabei sollte er besser vorsichtig sein. Tozawa Kimura konnte sich auch kultiviert geben. Hinter den Türen sah es dann ganz anders aus.

Der Hayllier erklärte freundlich, dass er Wissen auch mögen würde, ehe er mit einem verschmitzten Lächeln zu Lexes hinüber sah und dann zugab, dass er zuhause bereits mit Stäbchen geübt hatte. Der Adelige verpackte das Geständnis in ein weiteres Kompliment über Lexes‘ Anmut und dass er hoffte, er würde ihm noch mehr beibringen.
Lexes lächelte geschmeichelt.
„Ich hätte euch fragen sollen, verzeiht“, bot er an den Fehler bei sich zu suchen. Es wunderte ihn, dass der Adelige diese Verheimlichung überhaupt zugab. Lexes hatte den Mann nicht gefragt, ob er das Essen mit Stäbchen beherrschte, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen seine Unkenntnis einzugestehen. Genauso kam es ihm normal vor, dass ihn Prinz Verden nicht über seine Fehleinschätzung aufgeklärt hatte, damit Lexes‘ sein Gesicht wahren konnte. Diesen komplizierten Tanz wurde all um sie herum gerade an dieser Festtafel begangen, ein vorsichtiges Taktieren den anderen ja nie zu beleidigen.
Aber Hayllier schienen um einiges direkter zu sein. Vielleicht nicht so direkt wie die ungehobelten Glacier. Es war ein Wunder, dass Yukarin glacianisches Blut hatte.
„Ihr habt euch sehr gut vorbereitet.“
Lexes hatte das nicht erwartet. Das war kein gutes Zeichen für Königin Kimura. Sie würde gewiss den Fehler machen den Hayllier zu unterschätzen. Es war Yukarins und Lexes‘ Pflicht ihr von allen Beobachtungen bezüglich ihres Gastes zu berichten, doch oft genug verschwiegen sie ihren Besitzern gewisse Informationen. Je nachdem was ihnen dienlicher war.
Momentan behielt Yukarin recht. Der Besuch war eine angenehme Abwechslung.
Dieser fragte sie dann nach ihren Namen. Wieder eine sehr direkte Frage. Es hatte sie schon seit Jahrzehnten niemand mehr nach ihren Namen gefragt.
Lexes und Yukarin tauschten einen Blick aus. Speerfäden brauchten sie kaum, um sich abzusprechen.
„Wir haben Namen, Prinz Verden, aber es wäre nicht angebracht sie in diesem Rahmen zu verwenden. Goldener und silberner Stern sind unsere Titel und Namen zugleich“, erklärte Lexes.
Dennoch ließ der Adelige nicht locker und erkannte, dass sie andere Namen hätten. In welchem Rahmen er denn diese Namen benutzen könnte. Wieso interessierte ihn das so sehr?
„In einem sehr privaten Rahmen“, erklärte Lexes. „Doch wir sind vollkommen zufrieden damit, wenn ihr uns goldener und silberner Stern ansprecht.“ Oder wollte er ihre Titel nicht benutzen? Lexes wurde misstrauisch. Er wusste nicht, ob Respekt oder Respektlosigkeit hinter der Anfragte des Adeligen stand.
Dieser meinte, dass es doch gut wäre, wenn er für diese Situationen bereits ihren Namen wüsste und nicht erst nachfragen müsste. Gefährlich. Aber Lexes ahnte, dass sie früher oder später in diese Situationen geraten würden. Er wollte den Mann auch nicht zurückweisen und ihn weiter zufriedenstellen, selbst wenn er sehr direkt war.
Irgendwie war Lexes versucht dies Prinz Verden auch zu sagen, doch er beherrschte sich. Das wäre selbst viel zu direkt gewesen. Egal wie reizvoll es wäre. Er fragte sich wie es in einem Land zuging, wo die Menschen nicht ständig Angst hatten ihr Gegenüber zu beschämen.
Wieder tauschte er einen Blick mit Yukarin aus. Dieser war längst bereit dem Hayllier ihre Namen zu verraten. So nickte Lexes lächelnd, beugte sich vor zu dem Mann, nah an sein rechtes Ohr. Yukarin tat es ihm auf der anderen Seite gleich.
Leise, als wäre es ein Geheimnis, flüsterten sie ihre Namen in sein Ohr. Es war so gut wie ein Geheimnis und ihre Familiengeschichte schon lange untergegangen. Die Aufzeichnungen welchen Besitzern sie angehört hatten, waren um einiges umfangreicher. Woher sie kamen, wollte niemand mehr wissen. Die Dharoer schienen lieber zu glauben, dass die Sterne des Reiches auf magische Weise nicht älter wurden, als dass ein paar dhemlanische Gäste ihren Samen dazu hergegeben hatten. Unwissentlich soweit Lexes wusste.
Langsam zog er sich zurück, wobei seine Lippen kurz noch die Wange des Haylliers streiften. Ein leichtes Versehen, wenn auch alles andere als unwissentlich.
„Und wie sagt euch Dharo bisher zu?“, fragte Lexes danach, nahm etwas von seinem eigenen Essen zu sich. Bloß ein paar Häppchen, der Höflichkeit halber. Vielleicht würde er sich nachher noch körperlich betätigen müssen...
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Aerys »

Aerys schüttelte huldvoll seinen Kopf, als der goldene Stern die Schuld auf sich nehmen wollte, weil er nicht gefragt hatte, ob er bereits mit den Essstäbchen umgehen könne. Woher sollte ein Sklave bei Hofe auch auf die Idee kommen, dass ein Fremder aus einem anderen Reich sich so eine Mühe gemacht hatte. Davon abgesehen wusste Aerys nicht, wie sehr seine Bemühungen von Erfolg gekrönt waren. Da liess er es sich lieber noch einmal frisch von einem Einheimischen beibringen. Besonders wenn er so verführerisch wie der goldene Stern war.
"Ach, was, ich finde bestimmt bald eine Möglichkeit, in ein Fettnäpfchen zu treten", wehrte er charmant lachend ab, dass er sich gut vorbereitet hätte. "Wir Hayllier sind berühmt für unser Temperament. Da passiert so etwas ganz leicht." Die Sprache zu lernen und versuchen mit den Stäbchen umzugehen, würde ihn nicht davor bewahren. Zumindest nicht, wenn die Sitten am Hof hier ähnlich komplex waren wie in Hayll. Je nach Laune der Königin wurde man da regelrecht in ein Fettnäpfchen gestossen. Sein Vorteil war, dass Königin Kimura etwas von ihm wollte. Allerdings wollte Aerys noch etwas viel gewaltigeres von ihr.

Von den Sternen wollte er jetzt erst einmal ihre Namen wissen, so sie denn welche hatten. Es schien sich hierbei prompt um eines der besagten Fettnäpfchen zu handeln. So wie die beiden Sklaven ihre Blicke tauschten. Aerys schämte sich jedoch nicht wegen der Frage. Auf irgend eine Weise musste er doch herausfinden, was ihn interessierte und auch wenn er langlebig war, hatte er dann doch keine Lust, zwanzig Jahre hier zu leben, in der Hoffnung, alle Gebräuche ohne Fragen mitzubekommen. Der goldene Stern war dann auch so höflich, ihm die Situation zu erklären. Goldener und silberner Stern waren Titel und Namen zugleich. Ihr Geburtsnamen würde man nicht in diesem Rahmen verwenden. Aerys nickte verstehend. Er kannte diese Objektifizierung von Sklaven. Es war nicht nach seinem Geschmack. Aber unbekannt war es ihm keineswegs. Dafür machte ihn die Erklärung um so neugieriger, in welchem Rahmen der Geburtsname denn verwendet werden würde.
"In welchem Rahmen werden denn eure Eigennamen verwendet?" fragte er vorwitzig, auch wenn er schon ahnte, dass die Frage unangemessen war. Da er jedoch mit Sklaven sprach, hoffte er, dass ihm eine gewisse Unhöflichkeit verziehen wurde. Dafür wurden sie ja schliesslich vorgeschickt. Um ihn zu verführen und auszuhorchen und um ihm verstohlen beizubringen, wie man sich am Hof benahm. So zumindest vermutete es Aerys. So scheute er sich auch nicht danach, weiter nach den Namen zu drängen. Einerseits wollte er wissen, ob es angedacht war, dass er mit den Sternen in so einen sehr privaten Rahmen kam und andererseits reizte es ihn mittlerweile hinter dieses gut gehütete Geheimnis zu kommen. Es war fast ein bisschen wie wenn er die Seidenmäntel etwas beiseite schieben und nackte Haut entblössen würde.
"Nun, sollte ich in so einen sehr privaten Rahmen mit euch geraten, dann wäre es doch sicherlich gut, wenn ich eure Namen dann bereits wüsste und nicht erst nachfragen müsste", gab er samten lockend zu bedenken. "Es wäre doch schade, wenn das die Stimmung trübte." Erneut wechselten die Sterne ihre Blicke aus. Ihren eigenen Namen zu verraten schien eine grössere Sache zu sein. Dabei hatte Aerys bei all den lockenden Zeichen gedacht, dass die zwei sich früher oder später deutlich für in sein Bett anbieten würden. Aber vielleicht geschah es nun nicht in dem Rhythmus, den Königin Kimura sich vorgestellt hatte.
Schlussendlich nickte der goldene Stern jedoch lächelnd und beide Männer beugten sich gleichzeitig anmutig zu ihm vor und flüsterten einer nach dem anderen ihre exotischen Namen leise in sein Ohr. Aerys kam es vor, als wären die zwei vor ihn getreten, hätten die Gürtel ihrer Gewänder gelöst und die Seide an ihrem nackten Körper entlang zu Boden gleiten lassen. Der Adelige erschauderte und das lag nicht allein daran, dass Lexes mit seinen Lippen seine Wange streifte. Gütige Dunkelheit! Er war ja nicht unerfahren, doch er hatte nicht damit gerechnet, dass das Enthüllen eines Namens etwas derart Intimes, Sinnliches und Verführerisches sein konnte.

"Es ist atemberaubend", schmunzelte er nachdem er sich wieder etwas gefangen hatte auf die Frage des goldenen Sterns, die so locker gestellt worden war, als wäre nicht eben etwas überaus Intimes geschehen. "Ich schätze das enorme Vertrauen, das mir entgegengebracht wird sehr. Diese intimen, geheimnisvollen Details, die so viel bedeuten und viel zu schön sind, als dass sie nicht genannt werden sollten, geschweige denn in Vergessenheit geraten." Die zwei Sterne hatten wirklich sehr schöne Namen. Wenn er nachher wieder in seinen Gemächern war, würde er versuchen, sie auszusprechen.
"Besonders gut hat mir der eindrückliche Fächertanz gefallen", lobte er weiter. "Wer hat diese exquisite Choreographie entworfen?" Wobei Aerys schon eine sehr klare Ahnung hatte, von wem die stammte.
"Ihr seid zu grosszügig, Prinz Verden", antwortete diesmal Yukarin mit wohlmodulierter Stimme, aber eindeutig erfreut. "Diese Choreographie durften mein Cousin und ich selbst entwerfen."
"Das habe ich mir gedacht", nickte Aerys wissend. "Beeindruckend mutig."
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Lexes »

Prinz Verden bemerkte, dass Dharo atemberaubend wäre. Er würde das Vertrauen schätzen, dass ihm entgegen gebracht wurde. Die intimen, geheimnisvollen Details. Er sprach nun eindeutig über ihre Namen. Sie wären zu schön, als dass sie in Vergessenheit geraten sollten.
„Die Schätze Dharos werden gut behütet“, erwiderte Lexes. Es war aber auch eine versteckte Warnung. Sicherlich würde Königin Kimura nichts dagegen haben, wenn sie den Gast in sein Schlafzimmer begleiteten und vertraulich mit ihm wurden, doch es war kein Vertrauen was sie dem Hayllier entgegen brachte. Es war einstudiertes Kalkül. Er vertraute dem Mann gewiss nicht, fühlte sich nicht wegen ihm sicher, sondern weil sie ohnehin genau bewacht wurden. Es gab immer Palastwachen, die sie beobachteten und in ihrer Nähe waren. Die Gefahr war viel zu groß, dass man sie entführen würde, wie es schon oft geschehen war. Nicht, dass ein Außenstehender diese komplexen Verstrickungen kannte, doch er könnte trotzdem gefährlich werden. Gerade weil er um ihre Kostbarkeit für das Reich nicht wusste. Er konnte trotz seiner Unwissenheit etwas anrichten, was die Sterne noch eine Weile zu spüren bekommen würden. Wie einen Kiesel, den man in einen stillen Teich war, und der dennoch tausendfache Wellen verursachte.
Bisher schien Prinz Verden sie nur verführen zu wollen und lobte ihre Darbietungen. Der Fächertanz hätte ihm besonders gut gefallen. Wer ihn denn entworfen hätte?
Yukarin gab zu, dass sie die Choreographie selbst entwickelt und einstudiert hätten. Der Hayllier bemerkte, dass sie beeindruckend mutig gewesen wäre. Lexes unterdrückte rasch seine Überraschung bevor sie in seiner Mimik erschien. Woher wollte der Fremde wissen, dass es mutig gewesen war? Er hatte wohl kaum die verborgene Geschichte dahinter erkannt. Ihr Leben wie es sich in ihrer Heimat darstellte, von einem Besitzer zum nächsten, die Sterne gefangen in ihrem Status als Insignien des Herrschers des Reiches. Und wie sehr sie beide aufeinander angewiesen waren und gerade diese Abhängigkeit fürchteten und daher bekämpften. Es war ein ewiger Reigen von dem keiner von ihnen beiden wusste wie sie ihn je durchbrechen sollten. Außer durch den Tod. Aber da keiner von ihnen den anderen allein zurücklassen wollte und sie nie über diese Möglichkeit sprachen, war auch dieser Weg kein Ausweg.
Aber wie hätte der Fremde dies in ihrem Tanz alles sehen können?
Wahrscheinlicher war, dass er auf dharoisch nicht ‚mutig‘ sondern ‚aufreizend‘ meinte.
„Ihr seid zu großzügig“, erwiderte Lexes mit sachtem Lächeln.
„Wir leben, um zu gefallen“, fügte er auf hayllisch hinzu, eine der einstudierten Phrasen. Lexes mochte sie nicht, doch das bedeutete nicht, dass die Worte nicht der Wahrheit der entsprachen. Er neigte leicht den Kopf.
„Was hat euch denn bisher an Dharo gefallen?“, fragte er und erfuhr, dass dem Fremden besonders die Architektur des Palastes gefiel, die kunstvolle Harmonie. Wobei er außer dem Palast bisher noch nicht viel gesehen hätte.
„Anmar hat viele prächtige Gebäude aus den vorherigen Dynastien. Der große Tempel der Dunkelheit, das vierstöckige Teehaus am Marktplatz“, zählte er auf. „Das Dojo. Die Bibliothek und Universität“, fügte er mit Blick zu Yukarin hinzu, der diese Einrichtungen natürlich besonders schätzte.
„Wenn ihr möchtet, so können wir euch eine Tour durch Anmar organisieren.“ Der Hayllier würde sicher länger hier bleiben, nachdem die Reise nach Dharo so lang gewesen war. Lexes würde es nicht überraschen, wenn der Adelige mehrere Wochen blieb, doch es lag sicherlich an seinen Möglichkeiten und Geschäften, die er in Hayll hatte. Da Königin Kimura jedoch einen erträglichen Handel und viel Gold wollte, würden die Verhandlungen gewiss länger dauern. Zunächst galt es den Hayllier zu umgarnen und empfänglich für die Verhandlungen zu machen.
„Aber auch das Umland von Anmar ist sehr schön", fuhr Lexes fort. „Es gibt einen alten Tempel am Berghang oder heiße Quellen in einem Bambushain, die euch gefallen könnten. Vielleicht wird uns die Königin erlauben euch zu begleiten.“ Genügend Gelegenheiten den Fremden weiter zu verführen.
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Aerys »

Lächelnd nickte er brav dazu, dass die Schätze Dharos gut behütet würden. Das glaubte er sofort. Bei seiner Vorbereitung für die Reise hatte er auch etwas die Geschichte des Territoriums studiert. Es hatte schon öfters Kriege um die Sterne gegeben, zusammen mit Entführungen der Beiden. Wer die Sterne besass, hatte die Macht in Dharo inne. Irgendwann waren die Sterne als Statussymbol wichtiger geworden, als der Thron selbst. Ja, Lexes und Yukarin würden gut bewacht werden, damit sie keinesfalls beschädigt oder entführt werden würden. Doch das schreckte ihn nicht. Aerys würde einen Weg finden, sie zu sich zu holen.

Auf sein Kompliment, dass die Choreographie des Tanzes beeindruckend mutig gewesen wäre, bekam er von den Sternen eine seltsame Reaktion. Yukarin, dessen ruhige Gesichtszüge durch nichts aus der Ruhe gebracht werden zu können schien, neigte nur höflich seinen Kopf, währen Lexes, der extrovertiertere von beiden, sich mit einem sachten Lächeln bedankte, dass er zu grosszügig sei. Es war, als hätten sie sein Kompliment nicht verstanden. Aber vielleicht hatten sie es auch ganz genau verstanden, wollten aber hier oder mit ihm nicht darüber sprechen. Aerys vermeinte eine Aufgewühltheit zu verspüren. Doch es war schwierig zu sagen, bei so viel anwesenden Menschen. Demütig erklärte Lexes ihm auf hayllisch, dass sie lebten, um zu gefallen.
"Ja, das tut ihr in der Tat", antwortete Aerys nachdenklich ebenfalls auf hayllisch. Einen Moment lang musterte er den goldenen Stern noch eindringlich, ehe er sich ein Lächeln abrang. "Und ihr gefallt mir ausnehmend gut." Es war zwar kein Geheimnis, trotzdem erklärte er das auch noch auf hayllisch. Es fühlte sich passend an.

Der goldene Stern wechselte wieder auf dharoisch und wollte wieder ein leichteres Gespräch führen. Was ihm denn bisher an Dharo gefallen hätte. Aerys musste schmunzeln. Er war doch eben erst angekommen.
"Da ich noch nicht lange hier bin, konnte ich ausserhalb des Palastes noch kaum etwas sehen", erklärte er nun auch auf dharoisch. "Hier im Palast gefällt mir besonders die harmonische, kunstvolle Architektur. Es wirkt alles so ausgewogen und friedlich." Was es wohl kaum war. So naiv war Aerys nicht. Doch die ruhige Eleganz lud dazu ein, selbst ruhig und gelassen zu werden. Lexes hingegen war vollauf motiviert ihm Anmar schmackhaft zu machen. Leidenschaftlich zählte er einige schöne Plätze auf, wobei er sich wieder um seinen Cousin kümmerte und auch Orte nannte, die ihm offensichtlich gefielen. Aerys rührte diese Führsorge.
"Unbedingt", stimmte er gut gelaunt zu, dass die Sterne ihm eine Tour durch Anmar organisieren sollten. "Schon nur, damit ich weiss, was ein Dojo ist. Doch auch das Teehaus und die Bibliothek klingen sehr interessant. Nun eigentlich alles. Ich bin sehr neugierig darauf." Das spornte den goldenen Stern an, ihm auch das Umland von Anmar anzupreisen. Zum Beispiel einen alten Tempel am Berghang, womit Aerys noch nicht so viel anfangen konnte, doch heisse Quellen in einem Bambushain klangen überaus verlockend. Besonders mit der Aussicht, dass die Sterne ihn dahin begleiteten.

"Nun, dann sollten wir dafür sorgen, dass sie uns gewogen ist", zwinkerte er Lexes verschmitzt zu, ehe er sich der Königin zuwandte, um einen guten Moment abzupassen, damit er seinen Charme spielen lassen konnte.
"Königin Kimura, ich möchte mich herzlichst für die Ehre bedanken, die Gesellschaft der eindrucksvollen Sterne Dharos geniessen zu dürfen. Sie sind wirklich von exquisiter Einzigartigkeit", lobte er begeistert seine Gesellschaft. Die Königin schenkte ihm ein huldvolles Lächeln, das zeigte, dass sie durchaus wusste, wie beeindruckend ihre Sterne selbstverständlich wären. Aber Aerys merkte auch, dass sie sein Zuspruch doch freute.
"Wenn Ihr mir erlaubt, wäre es mir eine grosse Freude, mich für diese Ehre erkenntlich zu zeigen", schlug er vor. "Wie gesagt bin ich ein Liebhaber und Bewunderer der schönen Künste. So sehr, dass ich es mir gestatte, in meiner Freizeit zu malen. Da ich mittlerweile etwas Übung darin habe, würde ich Euch gern ein Bild Eurer Sterne malen." Das schien die Königin etwas zu verblüffen, doch sie wirkte interessiert. Wenn auch überrascht, dass er die Tuschezeichnung beherrschte. Das tat er nicht, doch er hoffte, bald eine Möglichkeit zu finden, sie zu erlernen.
"Diese Fähigkeit besitze ich leider nicht", gab er bedauernd zu. "Meine Übung liegt in Ölgemälden." Es wäre etwas, was die Königin ebenfalls prahlerisch ausstellen konnte. Bisher hatte er nichts vergleichbares im Palast gesehen, weswegen er annahm, dass Ölgemälde allgemein nicht in Dharo bekannt waren.
"Wie in Klein Terreille?" fragte die Königin auch prompt nach. "Ich fürchte nur, dass wir die dazu benötigten Materialien nicht hier am Hof haben."
"Wie in Klein Terreille", bestätigte Aerys freundlich. "Ich hätte es Euch nicht angeboten, führte ich nicht alle benötigten Materialien mit mir. Das einzige, was mir noch fehlt, ist Eure Zustimmung." Die ihm dann auch huldvoll gewährt wurde.
"Habt Dank, Königin Kimura", neigte er respektvoll seinen Kopf. "Ich bin schon gespannt, welche Kleidung und welche Posen ihr für Eure Sterne für Euer Bild aussuchen werdet." Damit hatte die Königin etwas, worüber sie nachdenken und träumen konnte, während Aerys sich nun hoffentlich weiter mit den Sternen unterhalten durfte.

"Ich finde eure jetztigen Seidengewänder, sehr ansprechend", raunte er Yukarin zu, der daraufhin höflich den Blick senkte. "Ich würde euch darin malen. Wie dieser besondere Kragen eure Nacken freilässt. Es ist überaus neckisch." Bei keinem anderen Gewand zuvor, war ihm so ein Kragen aufgefallen. Auch von den Anwesenden trug niemand einen solchen Ausschnitt um den Hals herum. Es schien etwas zu bedeuten. Was es auch war, es bewirkte, dass der silberne Stern diesmal wirklich zartrosa Wangen bekam. Aerys lachte leise und entzückt, konnte seinen Blick nicht davon abwenden.
"Du bist bezaubernd, wenn du errötest, silberner Stern", erklärte er ihm mit samtiger, verführerischer Stimme. "Du solltest das öfters zulassen." Ihm wurden die Knie ganz weich davon und er hatte gut Lust mit dem Finger sanft über so eine zart errötete Wange zu streicheln und diesen dann den Hals hinunter in den Kragen gleiten zu lassen. Er war neugierig, was passierte, wenn man etwas an diesem Kragen zupfte. Die Form war wirklich überaus verlockend.
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Lexes
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Lexes »

Der Hayllier schien allem zugeneigt und meinte, dass er neugierig auf alles wäre. Sie sollten dafür sorgen, dass die Königin ihnen gewogen war. Daraufhin wandte er sich der Königin zu und lobte sie erneut für ihre Sterne. Es wäre eine Ehre sie genießen zu dürfen. Königin Kimura nahm das Lob zufrieden entgegen, während sie sich von einem Diener Häppchen mit frischem Fischgebäck reichen ließ.
„Wir sind zufrieden, dass sie euch zusagen. Sie werden euch gerne euren Aufenthalt versüßen“, versprach ihre Besitzerin.
Dann wollte sich Prinz Verden für die Ehre erkenntlich zeigen und erklärte, dass er in seiner Freizeit malen würde. Er bot an, dass er ihr gerne ein Gemälde von ihnen beiden schenken würde.
„Ein Gemälde?“, fragte die Königin. Der Hayllier verwendete nicht ganz das richtige Wort, es war wohl schwer zu übersetzen. „Wie diese?“ Königin Kimura wies auf zwei kunstvolle Tuschezeichnungen, die an Seilen an der Wand hingen, doch der Hayllier verneinte und erklärte, dass er mit Ölfarben malen würde.
„Wie in Klein-Terreille?", fragte Königin Kimura. "Wir wären sehr gespannt auf das Ergebnis. Ich fürchte nur, dass wir die dazu benötigten Materialien nicht hier am Hof haben“, schränkte die Königin ein. Anscheinend hatte Prinz Verden aber alles dabei was er brauchte und bat erneut um die Zustimmung. „Dann erlauben wir euch sie zu malen und uns zum Geschenk zu machen.“
Sie nickte zufrieden und der Hayllier bedankte sich für die Erlaubnis, bot ihr sogar an die Kleidung und Posen für die Sterne auszusuchen. Dabei würde Prinz Verden die Arbeit haben.
Lexes fragte sich was der Adelige damit bezweckte. Vielleicht wollte er die Königin einfach weiter umgarnen. Oder er wollte einen Vorwand, um mehr Zeit mit Yukarin und ihm verbringen zu können. Es wäre nicht das erste Mal, dass man sie malte. Dennoch war Lexes neugierig wie fähig der Adelige war und wie der Stil seiner Bilder aussehen würde.
Yukarin hatte wieder seinen Blick gesenkt, doch der Adelige lobte sein Seidengewand und dass er ihn darin malen würde, bemerkte auch das Detail am Nacken, woraufhin Yukarin prompt wieder errötete. Nicht viel, nur ein Hauch, doch es schien dem Fremden zu gefallen und er lachte leise. Er konnte ja nicht wissen, dass diese Kleidungsform für Kurtisanen war und sie als solche kennzeichnete.
"Du bist bezaubernd, wenn du errötest, silberner Stern. Du solltest das öfter zulassen", machte ihm der Adelige ein Kompliment. Es musste Yukarin sehr gefallen. Lexes wusste nicht, warum sein Cousin von dem Hayllier so angetan war. Ja, er schien ganz kultiviert und war freundlich, doch das konnte auch alles Fassade sein. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie getäuscht würden.
„Ihr seid ein Künstler?“, fragte Lexes, um die Aufmerksamkeit wieder von Yukarin wegzulenken. Bevor sich sein Cousin noch mehr verführen ließ. „Wir wären geehrt, wenn ihr uns malen wollt.“ Dabei konnte er sich besseres vorstellen, als für ein Gemälde zu posieren. Yukarin dagegen wirkte einigermaßen geehrt.
Lexes beendete die letzten Bissen seiner Speise. Die Diener brachten bereits den ersten Nachtisch Gang hinein. Und natürlich weiteren Sake. Ihnen war untersagt zu viel zu trinken, so dass sie keinesfalls das Reich blamierten. Lexes blieb ohnehin lieber beim Tee. Yukarin goss dem Adeligen gerade besonders kunstvoll nach und sie beiden waren es auch, die ihm den neuen Gang auf den Teller gaben und es raffiniert präsentierten. Es war ein Mochibällchen, darin eine glasierte Erdbeere eingearbeitet, mit grünem Matchapulver war ein kunstvolles Muster oben bestäubt.
Yukarin erklärte ihm, was er vor sich hatte.
„Es ist sehr weich, ihr könnt es mit den Stäbchen sanft zerteilen und das süße Innere enthüllen“, erklärte Lexes ihm. Sanft legte er seine Finger wieder über die Hand des Adeligen und erinnerte ihn an die richtige Haltung der Stäbchen.
„Hayllisches Essen ist gewiss sehr anders“, vermutete er.

Prinz Verden begann ihnen etwas vom hayllischen Essen zu erzählen und den dortigen Gewürzen, beschrieb ein paar Gerichte. Es klang alles sehr fremd. Sie erfuhren, dass er seinen Koch dabei hatte, der sehr interessiert am dharoischen Essen war.
Der Abend schritt weiter fort und sie plauderten annehmlich mit dem Hayllier. Sie wechselten auch ein paar Worte mit dem Begleiter des Adeligen, Darion, doch welche Funktion er innehatte, war schwer zu sagen und natürlich fragten sie nicht nach.
Irgendwann war auch der letzte Gang serviert und die Diener brachten nur noch Getränke. Aber erst als die Königin sich erhob und sich mit ihrem Gefährten verabschiedete, durften auch andere Gäste das Festmahl verlassen.
Der Hayllier schickte sich dann auch an zu gehen. Yukarin und Lexes erhoben sich ebenfalls anmutig.
"Erlaubt uns euch zu begleiten. Die Gänge im Palast können sehr verwinkelt sein", erklärte Lexes. Prinz Verden ließ es - nicht wenig überraschend - zu. Ein Diener hätte ihn auch zu seinem Zimmer bringen können. Während sie zu den Gästequartieren ging, zeigten sie dem Adeligen noch ein paar schöne versteckte Details der Architektur. Insbesondere der Mondkorridor, der zu einer Seite hin offen war und von Mondlicht geflutet wurde. Es war ein kleiner Umweg, doch der Adelige schien es zu schätzen.
Lexes war sich ziemlich sicher, dass sie gleich in seinem Schlafgemach landen würden und bereitete sich geistig schon einmal darauf vor, was er gleich würde tun müssen, aber als sie die Schiebetüren öffneten, bedankte sich der Adelige nur bei ihnen für den wunderbaren Abend.
"Natürlich, Prinz Verden. Wir möchten, dass es euch hier gefällt." Seine Stimme nach einen sinnlich dunklen Tonfall an. Er lächelte ihn sachte an, eine Hand noch an der Schiebetüre.
Doch dann erklärte der Hayllier, dass es ein sehr langer Tag gewesen wäre und wünschte ihnen nur eine angenehme Nacht.
Die beiden Sterne verneigten sich huldvoll ehe sie vor einer verschlossenen Türe standen. Nur die Begleiter des Prinzen hatten sich hinein begeben dürfen.
"Waren wir zu subtil in unseren Andeutungen?", überlegte Lexes, als sie von Wachen begleitet zu ihrem eigenen Zimmer gingen. "Diese Hayllier sind sehr direkt." Vielleicht hatte Prinz Verden das Angebot nicht gesehen. Dabei hatte er sonst eine scharfe Beobachtungsgabe besessen.
Sie begaben sich in das Herz des Palastes. Ihr Zimmer befand sich in einem oberen Stockwerk in der Mitte. Keine Fenster. Dafür ringsherum ein Gang um ihr Schlafgemach, wo stets mindestens sechs Männer Wache hielten. Der Holzboden knarrte bei jedem Schritt. Niemand hätte sich anschleichen können. Die Schatzkammer wurde ihr Zimmer auch oft genannt.
Wenigstens war es groß und annehmlich eingerichtet. Lexes blickte zu dem großen Wandbild, das einen stilisierten Himmel und darunter einen Zedernhain und etwas Küste zeigte. Er hätte gerne ein Fenster gehabt, doch Königin Kimura wollte nichts riskieren und es war zu unsicher.
Der Prinz trat zu seinem Cousin und gegenseitig halfen sie sich aus den Kimonos.
"Die Königin wird morgen wissen wollen was wir in Erfahrung gebracht haben", bemerkte er, "Und er hat uns nicht zu sich eingeladen."
Lexes war einerseits froh darum, anderseits wusste er, dass es von ihnen erwartet wurde.
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Yukarin
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Yukarin »

"Schwer vorstellbar", entgegnete Yukarin auch einigermassen verblüfft, dass Lexes und er nicht mit in die Gemächer des Gastes eingeladen worden waren. "Du warst so forsch und deutlich in deinem Angebot." Selbst wenn diese Hayllier sehr direkt waren, so wie Lexes Tonfall zum Schluss bei Prinz Verden gewesen war, musste der Prinz die Einladung doch wahrgenommen haben. Lexes hatte sogar die Hand an die Schiebetür gelegt. Es wäre so leicht gewesen, ihn am Handgelenk zu packen und ihn in die Zimmerflucht zu ziehen. Der Adelige auch hatte den ganzen Abend immer mal wieder sinnlich mit ihnen geschäkert. Yukarin konnte kaum glauben, dass der Fremde mit diesem klugen, alles durchdringenden Blick Lexes Angebot nicht realisiert hatte.

"Womöglich ist er wirklich nur müde von der langen Reise und dem langen Tag", gab er zu bedenken, als sie zurück schlenderten. "Er kam letzten Abend erst sehr spät an und heute sind so viele neue Eindrücke auf ihn eingestürmt, das muss er auch erst einmal alles verarbeiten. Er wirkt auf mich wie ein Mann, der den Respekt besitzt, allem seine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Auch wenn er sehr direkt ist." Dies sagte er vorallem für mögliche Zuhörer, die der Königin, ihrem Onkel oder sonstwem Bericht erstatten würden. Er wollte nicht, dass der Gast wegen Lexes und seiner Worte in Misskredit kam.

Lexes schien es ähnlich zu gehen, denn er sagte erstmal auch nichts weiter, bis sie sich in die Schatzkammer begeben hatten. Ihr goldener Vogelkäfig. Ihr Schlafgemach, das eines der am Besten bewachten Zimmer des Palastes war. Nicht weil man Angst hatte, dass sie fliehen und die Königin damit beschämen würden. Nein, vielmehr hatte man Angst, dass sie geraubt oder zumindest geschändet werden könnten, um die Königin zu Beschämen und ihr ihre Macht zu nehmen. Es war nicht unbegründet. Und doch vertraute Königin Kimura sie einer Person an, die in gewisser Weise beides tat.

"Was haben wir denn erfahren?" fragte Yukarin ruhig nach, als sie in ihrem Zimmer waren und sich gegenseitig damit halfen, die Kimonos auszuziehen. "Prinz Verden hat viel erzählt und wirkte sehr offen." Yukarin lächelte sacht. "Direkt." Wie Lexes es genannt hatte. Gleichzeitig hatten sie noch so viel mehr über den Prinzen erfahren, was nichts damit zu tun hatte, was er selbst offen berichtet hatte. Es lag mehr an der Art, wie er etwas gesagt hatte, seine Stimme, sein Blick, seine Ausstrahlung. Yukarin schwirrte der Kopf ob all der Eindrücke. Er musste das alles sich erst noch einmal durch den Kopf gehen lassen und analysieren. Sollte es dem Hayllier ähnlich gehen, konnte er das gut nachvollziehen. Nachdenklich schenkte er Lexes anmutig frisches Wasser in eine Waschschüssel, damit sein Cousin sich reinigen konnte, bevor sie zu Bett gingen.

"Wir wissen nicht, wie die Gebräuche in Hayll sind und er weiss nicht, wie sie in Dharo sind", gab er zu bedenken, weswegen sie nicht zu dem Gast in die Gemächer eingeladen worden waren. "Vielleicht ist er nur vorsichtig und will niemanden beleidigen. Oder er hat jemandem, dem er treu sein will. Oder es ist schlichtweg eine Beleidigung für ihn, auch nur daran zu denken, zwei Palasthuren in sein Bett zu holen. Es wäre absolut anzunehmen, dass das für edle Charakteren eine unzumutbare Handlung wäre." Seine Stimme war bitter geworden. Tozawa Kimura redete immer viel von Ehre. Dennoch schaffte er es, die Widersprüchlichkeit regelmässig zu ignorieren, dass Ehre nicht damit vereinbar war, was er ihnen antat. Vielleicht hatte Prinz Verden also nur eine gute Miene zum bösen Spiel gemacht und sich höflich und freundlich mit ihnen unterhalten, um die Königin nicht zu brüskieren, während er sich in Wahrheit davor ekelte, in was für eine Situation er gedrängt worden war.
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Lexes
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Re: Der silberne und der goldene Stern von Dharo

Beitrag von Lexes »

Zu forsch und deutlich... das war mal wieder typisch Yukarin, der selbst viel zu zurückhaltend war. Wobei Lexes diese Eigenschaft seines Cousins durchaus schätzte. Allgemein war man in Dharo vorsichtiger und zurückhaltender, auch Lexes verbarg seine wahren Gedanken und Gefühle meist. Yukarin war der einzige dem er sich anvertraute. Und natürlich Yuki. Lexes hoffte, das Häschen hatte es auch warm in dem kleinen Häuschen.
Während er Yukarin half sich aus dem Kimono zu entkleiden, fasste sein Cousin zusammen was sie über den fremden Gast erfahren hatten. Dabei stimmte ihm Yukarin zu, dass Prinz Verden sehr direkt wäre. Yukarins Vermutung war, dass der Mann schlicht müde von der langen Reise und dem langen Tag gewesen wäre. Er würde vielleicht erst alle Eindrücke verarbeiten müssen, wo er so respektvoll war und allem seine volle Aufmerksamkeit schenkte.
Ja, vor allem Yukarin, was diesem sicher geschmeichelt hatte.
"Nur weil er freundlich beim Festmahl ist, bedeutet das nicht, dass er freundlich hinter verschlossenen Türen ist", warnte Lexes. Die Vorurteile über die Verschlagenheit der Hayllier waren natürlich auch bis nach Dharo gedrungen. Lexes konnte noch nicht abschätzen, ob es bei dem Adeligen zutraf oder nicht.
Sie hatten sich bis auf die Unterwäsche ausgezogen und Yukarin schenkte ihm frisches Wasser in eine der Waschschüsseln. Lexes nickte dankbar, setzte sich im Schneidersitz vor den niedrigen Tisch und reinigte sich mit einem feuchten Tuch sorgsam von der Schminke ehe er eine wohltuende Nachtsalbe auf sein Gesicht auftrug.
Währenddessen dachte Yukarin weiter über ihren Gast nach. Vielleicht wollte der Adelige niemanden beleidigen oder er wäre jemandem treu. Lexes schüttelte leicht den Kopf.
"Bei dem Gefolge an hübschen Männern ist er niemandem treu", entgegnete er. Obgleich es solche Männer gab, die einer Frau die Treue schworen, doch sich bei den Männern weniger verpflichtet fühlten.
"Ja, vielleicht war er einfach nur müde."

Aber Yukarin hatte noch eine andere Möglichkeit im Sinn. "Oder es ist schlichtweg eine Beleidigung für ihn, auch nur daran zu denken, zwei Palasthuren in sein Bett zu holen." So vulgär sprachen sie es selten so aus, doch es stimmte nunmal und es war auch Yukarins bitterem Tonfall anzuhören. Über die Jahrhunderte waren sie sehr bitter geworden.
"Wann haben wir je einen Mann kennengelernt, der so edel gewesen wäre?", fragte Lexes zurück. Außer Akechi Harukore. Er hatte sie nie angerührt, er war ein Mann voller Ehrgefühl gewesen. Manchmal zu viel, als gut für ihn gewesen wäre, doch geliebt hatten sie ihn trotzdem. Lexes blickte seinen Cousin an und wusste, dass er auch kurz an den Kriegerprinzen dachte. Es war lange her, inzwischen eine Narbe.
"Was immer es ist, wieso sich Prinz Verden zurückhält, wir werden diese Zurückhaltung beseitigen müssen", warf Lexes ein. Die Königin würde von ihnen erwarten, dass sie dem Hayllier nach dem Bettenspiel gewisse Geheimnisse und Zugeständnisse entlockten.
"Vielleicht bekommen wir in den nächsten Tagen Gelegenheit dazu. Schließlich will er uns malen."
Er erhob sich geschmeidig, nachdem er fertig war sich zu reinigen und für die Nacht vorzubereiten. Lexes ging hinüber zu dem wahrlich riesigen Bett. Es hatten vier Personen problemlos darin Platz wie sie aus eigener Erfahrung wussten. Insgeheim sehnte sich Lexes nach einem Schlafzimmer als Rückzugsort und wo sie nicht gezwungen wurden ihre Dienste anzubieten.
Aber für diese Nacht war nur Yukarin hier und mit ihm in einem Bett zu schlafen war tröstlich. Manchmal hatten sie auch Sex alleine in diesem Bett, doch es war länger her. Das Verhältnis zwischen ihnen erlaubte es nicht immer, besonders wenn sie auf den anderen wütend waren. Viel zu oft kamen dann schlechte Erinnerungen hoch, dunkle Gefühle und Schmerzen. Es war meist besser es nicht zu tun. Sie hatten ihre eigenen Affären und Ablenkungen.
Der Prinz zog sich auch noch die Unterwäsche aus und legte sich nackt zwischen die kühlen seidigen Laken.
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