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Re: Zurück zuhause
Verfasst: Mi 8. Feb 2023, 10:38
von Lilian
Der Adelige sagte leise, dass es ihm viel länger als eine Woche vorgekommen wäre. Er wäre aus einem Albtraum erwacht und er wollte einfach nur genießen, dass er aufgehört hätte. Lilian konnte das nur zu gut vorstehen und er wollte das auch. War es wirklich nur eine Woche gewesen? Jeder einzelne Tag hatte sich wie der schlimmste angefühlt, immer voller Angst, ob heute der Tag war, wo man getötet oder zerbrochen wurde. Lilian kam es vor, als wäre er ein Jahr fortgewesen. Als hätte es nie enden wollen. Natürlich war er überglücklich, dass sie so schnell gerettet worden waren, doch es war als wäre er plötzlich aus einem furchtbaren Albtraum herausgerissen worden. Entsprechend orientierungslos fühlte sich Lilian. Aerys nannte es auch einen Albtraum.
Aber Träume waren nicht echt.
Lilian verspürte ebenfalls den Drang so zu tun, als wäre alles bloß ein böser Traum gewesen. Aber er wusste nicht, ob es wirklich möglich war. Es war ja trotzdem passiert. Und jetzt wieder hier zu sein, in seinem Zimmer, es machte ihm irgendwie noch deutlicher, dass es passiert war. Es war einfach zu viel. Er wollte einfach nur noch in Tränen ausbrechen.
Aerys nahm ihn in den Arm bevor es passierte, doch die Geste war auch so rührend, dass der Jüngling dennoch leise zu schniefen und zu schluchzen begann. Verzweifelt klammerte er sich an den Adeligen, der ihm liebevoll über den Rücken streichelte und ihn zu beruhigen versuchte.
Alles was zählte, wäre, dass sie wieder zuhause und in Sicherheit wären. Lilian sollte sich darauf konzentrieren. Auf diesen schönen Moment.
Lilian wollte das gerne tun und er war auch sehr erleichtert und glücklich wieder hier zu sein. Trotzdem kamen die frischen Erinnerungen an die Burg immer wieder hoch, wie eine Wunde, die nicht aufhören konnte zu bluten. Aerys beschwor ihm, dass alles wieder gut werden würde. Es sei vorbei.
"Der Rest wird sich ergeben und die vergangene Woche wird zu einem Albtraum, der langsam verblasst", sagte er.
Lilian wollte es nur zu gerne glauben.
Der zierliche Jüngling wischte sich über die nassen Wangen. "Es fühlt sich an wie ein Albtraum..", stimmte er leise zu. "Aber.. aber es war keiner. Es ist alles passiert. Wozu uns die Räuber gezwungen haben.. es war so schrecklich, ich war nicht bereit.. die Dinge, die.. die wir machen mussten", brachte er stockend hervor und begann abermals zu weinen. Er hatte das alles nicht gewollt. Die Räuber waren so eklig und gemein gewesen. Trotzdem hatte es Lucero irgendwie schön gemacht.. hatte ihn dazu gebracht Lust zu empfinden, obwohl Nedan oder Vekras direkt daneben gewesen und ihnen zugeschaut hatten. Diese ekligen Blicke... ihre grässlichen Worte.. sie hatten alles kaputt gemacht und Lilian und Lucero etwas weggenommen. Lilian konnte es kaum in Worte fassen.
Nein, es war nicht vorbei.
Lilian presste sich an den Adeligen. Seine Tränen netzten den Pullover an der warmen Brust. Die starken beschützenden Arme um ihn herum. Die vertraute Signatur. Lilian versuchte sich darauf zu konzentrieren und konnte sich langsam beruhigen.
Mit verheulten Augen blickte er nach oben.
"Vielleicht wird es bald besser..", hoffte er leise. "Aber vielleicht geht es den anderen schlimmer als mir... Sie haben mich doch vor dem schlimmsten beschützt. Lucero hat so viel für mich getan. Ihr kümmert euch doch auch um sie oder?"
Lilian löste sich von dem Adeligen, bemerkte den nassen Fleck am Pullover.
"Oh.. tut mir leid." Er strich dort über die Brust um es zu trocknen.
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Do 9. Feb 2023, 06:45
von Aerys
Natürlich musste Lilian erst recht leise schluchzen, als Aerys ihn in den Arm nahm. Gerade wegen des Trostes, den er ihm bot. Aerys wusste, dass dieses Weinen vor Erleichterung und dem Abfallen der Anspannung kam und nicht von einer verzweifelten Einsamkeit. Natürlich waren da noch die Gefühle des Schmerzes und des Verlustes. Aber auch das Gefühl, wieder in Sicherheit zu sein. Daran klammerte Lilian sich nun ganz fest. Er schien ihn nie wieder loslassen zu wollen. Aerys war das nur recht. Er wollte Lilian auch nie wieder loslassen. Und er wollte, dass Lilian wieder glücklich sein konnte. Fest nahm er ihn in den Arm und streichelte ihm beruhigend über den Rücken. Sanft versuchte er ihm schöne Gedanken zu machen, damit er sich wieder beruhigen konnte.
"Nein, leider war es kein Albtraum", musste Aerys gestehen. "Aber auch Albträume fühlen sich manchmal so echt an, als wäre es wirklich passiert. Trotzdem, irgendwann wird es besser und sie verblassen. Wir werden uns wieder zurück holen, was die Räuber uns genommen haben, Lilian. Du machst das schon sehr gut. Ich weiss, du warst nicht bereit. Für so etwas ist niemand bereit. Ich bin nur froh, dass du es überstanden hast. Dass du hier sein und dich über Dinge wie Schnee und das Basteln und Vorbereiten für Winsol freuen kannst. Dass du dich für Lexes über Mika freuen kannst. Das sind alles Dinge, die mir zeigen, dass du es überstehen kannst und noch immer du selbst bist. Auch wenn es jetzt noch sehr schwer ist. Es wird besser werden."
Ganz allmählich konnte sich Lilian wieder etwas von dem Schrecken beruhigen. Bestimmt würde es noch weitere solche Ausbrüche geben. Aerys würde dann wieder für Lilian da sein und ihn halten, bis die es weniger und weniger wurde. Es war eine gute Art zu heilen. Eine, von der Aerys wusste, dass sie normal und gesund war. Und er war froh, dass wenigstens Lilian so reagieren konnte. Wie es um die anderen stand, musste er erst noch genauer in Erfahrung bringen. Etwas, was jedoch nicht ging, wenn er sich gleichzeitig um Lilian kümmern wollte. Eine Überlegung, die Lilian auch durch den Kopf zu gehen schien, denn er überlegte nun leise, ob es den anderen schlimmer als ihm gehen würde, wo sie ihn doch vor dem schlimmsten beschützt hätten. Gerade Lucero hätte so viel für ihn getan. Innig bat er ihn, sich um sie zu kümmern. Nur um ihm gleich darauf eifrig über die Brust zu streichen, um die Tränenflecken zu trocknen.
"Schon in Ordnung, Lilian", schmunzelte Aerys und nahm Lilians Hände in die seinen. "Alles gut. Der Pullover darf gerne nass werden, wenn ich dir damit helfen kann." Behutsam führte er Lilians Hände an seinen Mund und küsste sie sacht."
"Natürlich werde ich mich um die anderen kümmern", versprach er sanft. "Morgen, wenn du Unterricht bei Yukarin hast, fange ich damit an. Es wird seine Zeit brauchen. Ich kann nicht bei allen gleichzeitig sein und ich glaube, alle wollen noch immer tapfer sein, weswegen sie mich ihren Schmerz nicht gleich spüren lassen wollen. Doch ich werde ihnen helfen so gut es geht und für sie da sein. Und du kümmerst dich derweil um die Winsolvorbereitungen, Lilian. Wir werden gemeinsam allen helfen, diese schreckliche Zeit hinter sich zu lassen."
Diese aufmunternden Worte gaben Lilian die Kraft, sich für die Nacht vorzubereiten. Er wollte rasch die Zähne putzen und sich umziehen gehen. Aerys nickte und liess ihn ziehen. Er wollte daselbe tun. Also wandte er sich um und ging wieder zurück in seine Gemächer. Wo ihn wie ein Schlag seine eigenen, so sorgsam verdrängten Gefühle einholten. Er hatte sein Zimmer dunkel gelassen. Das Licht vom Gang und von Lilians Zimmer reichte, dass es hell genug war, um durchzugehen. Doch nun wo er von Lilians hellem Zimmer in sein eigenes, dunkles Zimmer trat, das so leer und verlassen wirkte. Noch genau so, wie er es verlassen hatte an dem Tag, als er in die Stadt gefahren war, um Geschenke zu besorgen. Seitdem hatte er es nicht mehr betreten können. Zu sehr hatte es ihn daran erinnert, wie in sein Zuhause eingedrungen und ihm seine Kostbarkeiten geraubt worden waren.
Überwältigt von dem imensen Verlust, von dieser Verletzungk, die kaum in Worte zu fassen war, wankte er einige Schritte auf das Bett zu. Er wollte sich zusammen reissen. Wollte seine Schlafsachen holen, die seine Kunstwerke ihm immer bereit legten, seit er so bei Lilian schlief. Lilian war doch jetzt wieder da. Sie alle waren wieder da. Er sollte es geniessen. Doch die vernünftigen Gedanken erreichten nicht sein Herz, das sich noch immer so wund und damit so wütend anfühlte. Zitternd sank er vor dem Bett auf dem flauschigen Teppich auf die Knie. Bebend versuchte er sich zu fassen und seinen Atem zu beruhigen. Nur kurz hier bleiben, damit er wieder zu Kräften kam. Dass dieses nur kurz, überhaupt nicht kurz war, merkte er erst, als Lilian umgezogen wieder zu ihm trat. Voller tiefem Schmerz in den Augen blickte er verloren zu ihm hoch, als er vor ihm stand. Er hatte es gar nicht gut verkraftet, dass man seine geschütztes, kleines Reich so geschändet hatte.
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Do 9. Feb 2023, 13:55
von Lilian
Aerys gab auch zu, dass es kein Albtraum gewesen wäre. Trotzdem würde es irgendwann besser werden und sie würden sich zurückholen, was ihnen die Räuber genommen hätten. Lilian hörte ihm schluchzend zu und sog die liebevollen Worte auf. Er war auch froh, dass er es überstanden hatte. Er wollte sich über den Schnee und die Winsolvorbereitungen freuen, über Mika und allesandere. Aber manchmal war es nicht so einfach und er wurde von den Erinnerungen an die Entführung eingeholt. Es war noch so frisch. Es tat noch so weh. Aerys war zuversichtlich, dass Lilian es würde überstehen könnte. Er wäre immer noch er selbst.
Bei den Worten war sich Lilian längst nicht so sicher. Er hatte keine Ahnung mehr wer er war und er fühlte sich, als müsste er nochmal komplett neu herausfinden wer er eigentlich war. Aber er wollte auch daran glauben, dass es besser würde.
Selbst wenn es jetzt noch sehr schwer war.
Die Tränen trockneten langsam und Lilian bemerkte, dass er Aerys' weichen Pullover erneut mit Tränen benetzt hatte. Den Adeligen kümmerte es nicht viel und sanft griff er nach Lilians Händen, beruhigte sie, dass der Pullover ruhig nass werden dürfte, wenn es Lilian half. Aerys gab einen sachten Kuss auf Lilians Hände. Der Jüngling lächelte ergriffen. Es tat so gut, dass Aerys sich um ihn kümmerte und für ihn da war. Aber es hatte Lilian auch an die anderen erinnert und dass sie es womöglich noch schlimmer hatten. Schließlich hatten sie sich quasi geopfert, um Lilian vor dem schlimmsten abzuschirmen.
Aerys versprach sich auch um die anderen zu kümmern. Wenn Lilian morgen bei Yukarin war, würde er nach den anderen sehen. Allerdings könnte er nicht bei allen gleichzeitig sein und die meisten würden sich noch tapfer zusammenreißen.
"Ich glaube, Marlin ist ganz schlimm dran", sagte Lilian nachdenklich. Vielleicht konnte Aerys zuerst nach ihm sehen. "Vielleicht mag er mir später bei den Winsolvorbereitungen helfen.."
Und er selbst musste jemanden finden, der ihm überhaupt sagen konnte, wie man die Villa für Winsol vorbereitete, denn eigentlich hatte er keine Ahnung. Vielleicht wusste es Coranis.
"Ich möchte den anderen auch helfen. Ich tue was ich kann", versprach Lilian. Aerys' zuversichtliche Worte hatten auch ihn angesteckt. Sie konnten es schaffen. Selbst wenn es schwer war und man manchmal weinen musste.
"Ich ziehe mich um, ja? Und gehe kurz ins Bad..", sagte Lilian. Der Adelige wollte sich vielleicht auch umziehen und für die Nacht vorbereiten. Aerys ließ ihn gehen und Lilian eilte an seinem Himmelbett vorbei und ins Ankleidezimmer. Es war noch genauso wie er es zurückgelassen. Nein, nicht ganz. Horatio oder Licus hatten neue Kleidung geschneidert. Winterkleidung. Lilian fand auch ein neues Nachthemd. Jedenfalls nahm Lilian an, dass es für die Nacht war, da es bei der neuen Unterwäsche lag.
Er nahm es mit ins Bad, wusch sich zunächst und cremte sich mit wohl duftender Salbe ein ehe er begann das Nachtgewand anzuziehen.
Es war ein blassblaues Kleidchen aus zwei Lagen. Die unterste war ein dichter, warmer Stoff, der knapp bis zu den Oberschenkeln ging. Darüber war eine halb durchsichtige Lage aus dünnerem, ebenso blauem, Stoff, die bis knapp zu den Knien ging. Sie war mit Blumenstickereien versehen und schwang locker hin und her. An der Brust war es gerafft und mit einem Bändel zu einer Schleifer gebunden. Die bestickten durchsichtigen Träger ruhten auf den Oberarmen. Dünnere Träger des dicheren Stoffs führten über die Schultern. Es deutete sehr viele weibliche Formen an und saß tief.
Lilian besah sich unsicher im Spiegel. Es fühlte sich bequem an, aber es sah auch wieder sehr mädchenhaft aus. Er hatte doch keine Brüste..
Lilian zupfte noch eine Weile an dem Ausschnitt herum und riss sich dann von dem befremdlichen Anblick los. Zum Glück gab es eine kleine weiße Jacke, die er überstreifen konnte. Auch zog er weiße Strümpfe an. Und ganz bestimmt ließ sie ihr Höschen an!
Das Mädchen schlüpfte in flauschige blaue Pantoffeln, entfernte die rote Schleife aus dem Haar und putzte sich noch schnell die Zähne. Dann kam eine Salbe für das Gesicht und sie musste sich noch die Haare kämmen. Lilian versuchte sich zu beeilen, denn Aerys wartete bestimmt schon. Es war viel umfangreicher sich als Mädchen für die Nacht zurecht zu machen. Hoffentlich würden die anderen den Anblick nicht komisch finden.
"Aerys, ich bin fertig." Lilian eilte zur Türe.
"Aerys.."
Das Mädchen stockte, stand in dem hellen Türrahmen. Licht fiel von ihrem Zimmer in die Dunkelheit von Aerys' Gemächern. Im Halbdunkeln kniete der Adelige vor seinem Bett auf dem Teppich davor. Er hatte sich nicht umgezogen. Er schien nichts gemacht zu haben als dort vor seinem Bett zusammenzusinken.
Lilian wusste, dass sie eigentlich nicht so tief in das Zimmer hineingehen durfte. Sich nicht einmal umschauen durfte.
Aber das ging jetzt nicht mehr. Wie von selbst schienen sich seine Füße zu bewegen. Aerys hob den Blick und sah zu Lilian hoch. Seine goldenen Augen schimmerten im Halbdunkeln voller Schmerz. Sein Körper zitterte. Es gab noch jemanden in der Villa, der sich die ganze Zeit über zusammenriss und seinen Schmerz nicht zeigte. Lilian hatte es nicht gesehen. Vielleicht weil er auch so viel Schmerz in sich spürte.
Sie ließ sich neben Aerys auf dem flauschigen Teppich nieder, streckte die Arme aus und zog den älteren Prinzen in eine Umarmung, schloss ihre Arme ganz fest um ihn, um den bebendden Körper vielleicht irgendwie zu beruhigen.
"Mein Nachthemd darf auch gerne nass werden..", flüsterte sie.
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Fr 10. Feb 2023, 06:54
von Aerys
Schwach beschienen stand Lilian vor ihm. Wunderschön stand sie in dem zartblauen Kleid vor ihm mit ihrer wechselnden Signatur, die so fremd und gleichzeitig doch so passend war. Seine einzigartige, kostbare Lilie. So rein und unverdorben. Das Mitgefühl in ihren Augen liess ihn erschaudern. Es war beinahe zuviel, es zu ertragen. Anmutig kniete sie sich neben ihn und zog ihn in eine innige, tröstende Umarmung. Überwältigt von all den Gefühlen liess Aerys es geschehen. Es tat gut die schlanken Arme um seine Schultern zu spüren. Die Sicherheit, die ihm Lilian bot.
Liebevoll flüsterte sie ihm zu, dass ihr Nachthemd auch gerne nass werden durfte. Das war so süss. Aerys lachte leise. Oder wollte es. Schlussendlich war es nur ein krächzender Laut, der seine Kehle verliess. Er konnte weder lachen noch weinen. Der Schmerz überwältigte gerade alles. Also zog er Lilian in seine Arme, hob den schlanken Körper auf seinen Schoss, um Lilian in eine noch engere Umarmung ziehen zu können. Um Lilian ganz fest an sich gepresst zu spüren.
"Ich bin das erste Mal hier seit...", begann er mit rauer Stimme leise zu erklären. Sein Gesicht in Lilians seidenes Haar verborgen. "Hier... mit deinem leeren Zimmer nebenan... hier hätte ich es noch viel heftiger gespürt... es war zuviel. Sie sind in mein Zuhause eingedrungen. Haben meine Liebsten geraubt. Ich konnte nicht... Es gibt Gründe, warum ich so abgeschieden lebe. Das hätte hier nicht passieren dürfen. Das hier war meine Zuflucht." Ein Schütteln seines Körpers unterbrach seine ohnehin schon nur mühsam hervorgepressten, stockenden Worte. Dennoch hielt er Lilian behutsam in seinen Armen, quetschte sie nicht, obwohl er sie ganz fest an sich drücken mochte.
"Ich bin nicht gut darin", gestand er unwillig. "All diese negativen Gefühle. Du weisst, dass ich nicht damit umgehen kann." Auch Lilian hatte schon darunter zu leiden gehabt. Gerade weil sie sie überhaupt erst ausgelöst hatte.
"Lyris... er... er hat sie mir abgenommen", erklärte er weiter. Lilian würde es ohnehin irgendwann erfahren. "All diese ungewollten Gefühle. All den Schmerz, der Verlust, die Scham, die Erniedrigung. Er hat es für mich gefühlt, damit ich nicht musste. Damit ich mich dem Zorn hingeben konnte." Wobei das so nicht ganz stimmte. Aerys hatte all die Gefühle dennoch gespürt. Nur war er nicht mehr alleine damit gewesen und hatte so tun können, als wären es nicht seine. Als wäre nicht ihm das angetan worden.
"Er tat es freiwillig, doch er musste einen sehr hohen Preis dafür zahlen", beichtete Aerys weiter. "Du hast keine schlimmen Dinge getan, Lilian. Du hast getan, was du tun musstest, um zu überleben. Ich war es. Ich war derjenige, der ganz schlimme Dinge getan hat. In meiner Wut, habe ich sehr grausame Dinge getan. Und diese Wut, sie ist noch immer da. Sehr gedämpft durch die Freude, dass ihr alle wieder da seit. Doch sie ist noch immer da, bereit wild hervorzubrechen, wann immer ich sehe, wie sehr ihr alle leidet. Du, Marlin, Priam, Theon und auch Terim. Und Lucero sowieso."
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Fr 10. Feb 2023, 17:26
von Lilian
Aerys weinte nicht, er gab nur einen einzelnen krächzenden Laut von sich, der Lilian erschaudern ließ, weil er all den Schmerz darin spürte, den der Adelige kaum zurückzuhalten vermochte. Dafür zog ihn Aerys auf seinen Schoss und in eine innige Umarmung. Lilian hielt ihre Arme um den Prinzen geschlungen, um ihn zu trösten. Leise vertraute ihr Aerys nach einer Weile an, dass er seit der Entführung das erste Mal wieder in diesen Zimmern wäre. Lilians leeres Zimmer nebenan wäre zu viel gewesen.
Das Mädchen erinnerte sich, dass sie Aerys bei den seltsamen Begegnungen nie hier gesehen hatte, sondern in den "dunklen Gemächern" wie Lucero sie genannt hatte. Die Zimmer, die Aerys bewohnte, wenn es ihm richtig schlecht ging oder er in einer unguten Stimmung war. Lilian konnte es verstehen. Stockend erzählte Aerys weiter, dass es Gründe gäbe wieso er so abgeschieden lebte. Es wäre seine Zuflucht. Er könnte nicht ertragen, dass sie seine Liebsten von dort geraubt hatten.
Lilian fragte sich, ob Aerys schon einmal jemanden Liebstes verloren hatte. Irgendjemand musste dem Prinzen früher furchtbar weh getan haben, dass er sich so vor allem zurückzog. Aber Lilian traute sich nicht zu fragen. Schweigend streichelte er über Aerys' Rücken. Es war schon kostbar genug, dass Aerys sich ihm so offen anvertraute. Leise gestand dieser, dass er nicht gut mit diesen negativen Gefühlen umgehen könnte. Er wäre nicht gut darin.
"Ihr werdet besser darin", versuchte Lilian ihn aufzumuntern. Das glaubte er fest. Es war ein gewaltiger Unterschied wie Aerys jetzt mit ihm umging und wie er es zu Beginn getan hatte. Er hatte auch Darion erlaubt für seine Genesung zu kämpfen, obwohl Aerys dies nicht hatte erleben wollen. Er hatte viel zu viel Angst etwas zu verlieren. Lieber stieß er es vorher von sich. Dann war es wenigstens seine Entscheidung gewesen.
Lilian verstand es nicht alles, aber sie glaubte, dass es daher kam, dass der Adelige alte Wunden in sich trug. Irgendetwas was ihm so viel Angst und Schmerz gemacht hatte.
Der Prinz fuhr fort, dass ihm Lyris die ungewollten Gefühle abgenommen hätte. Er hätte den Schmerz, den Verlust und die Erniedrigung für ihn gefühlt, so dass Aerys es nicht hätte tun müssen. Lilian verstand nicht recht wie das gehen sollte. Man konnte seine Gefühle doch nicht abgeben. Vielleicht meinte er, dass er sie mit Lyris geteilt hatte.
"Es ist doch gut, dass ihr sie mit ihm habt teilen können.." Lilian wusste selbst, dass es sich besser anfühlte, wenn man sich jemanden anvertrauen konnte. Wenn man es nicht alles alleine ertragen musste. Denn alleine hätte er bestimmt nicht die letzten Tage überstanden. Er hatte sein Leben den anderen zu verdanken. Aerys schien jedoch etwas anderes zu meinen und sprach davon, dass Lyris einen sehr hohen Preis hätte zahlen müssen.
"Was für einen Preis?", fragte Lilian verwirrt.
Aerys erklärte, dass Lilian getan hätte was er musste, um zu überleben. Aerys wäre derjenige, der in seiner Wut ganz schlimme Dinge getan hätte. Diese Wut wäre immer noch da und wollte hervorbrechen, wenn er sah wie sehr sie litten.
Lilian streichelte dem Adeligen zärtlich über die Wange. "Ihr müsst nicht mehr wütend sein", brachte er hervor. Was hatte Aerys für schlimme Dinge getan? Meinte er die Räuber?
"Und die Entführer haben es verdient.. ihr musstet doch gegen sie kämpfen und sie töten, um uns zu befreien." Es war so chaotisch gewesen, dass Lilian nicht wusste, ob der Adelige auch einen der Räuber getötet hatte, doch es konnte schon sein. Lilian wusste nichtmal, ob er geschafft hätte, was Lucero gemacht hatte. Wobei er Nedan sehr stark gebissen hatte.. das war auch Selbstverteidigung gewesen.
Lilian war sich nicht sicher, ob Aerys dies mit schlimmen Dingen gemeint hatte. Liebevoll streichelte er den Prinzen, während er sich an ihn schmiegte.
"Ihr habt doch selbst gesagt.. wir sollten uns freuen und uns auf den schönen Moment konzentrieren. Das ist besser als wütend zu sein.. oder sich zu schämen für das was man hat machen müssen.." Lilians Stimme brach ab. Sie wusste selbst, dass das nicht immer klappte. Sie?
"Meine Signatur ist wieder komisch oder?" Dieses Mal war es ihr aufgefallen.
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Fr 10. Feb 2023, 20:56
von Aerys
Aerys erschauderte unter dem sanften Streicheln von Lilians zarten Händen. Unter ihren Lieben Worten, dass er besser darin werden würde, schlechte Gefühle zu ertragen und dass es doch gut wäre, dass er seine Gefühle mit Lyris hätte teilen müssen. Wie er ihm versicherte, dass er nicht mehr wütend sein müsste. Es fühlte sich an, als würde Lilian ihn auffangen und in ein sicheres, fluffiges Federbett stecken. Es war ein seltsames Gefühl. Aerys wusste nicht so recht, ob er sich darauf einlassen sollte, oder doch besser davor fliehen. Dabei sehnte sich alles in ihm, sich darin fallen zu lassen.
Gleichzeitig verstand Lilian kaum, was er ihr zu sagen versuchte. Verwirrt fragte sie nach, verharmloste seine Aussagen und konnte nicht verstehen, was alles schreckliches hinter seinen Worten lauerte. Lilian war viel zu unschuldig, als dass sie verstehen konnte, was Aerys behutsam andeutete, in dem Versuch sich ihr zu nähern. Lilian glaubte, er spräche von den Entführern, die es verdient hatten. Ausserdem hätte er gegen sie kämpfen und sie töten, um sie zu befreien. Lilian konnte sich nicht vorstellen, dass Aerys es genossen hatte, einem Unschuldigen Gewalt anzutun. Wenn er das begreifen würde, würde Lilian nie wieder etwas mit ihm zu tun haben wollen. Augenblicklich riss sich Aerys zusammen. Er wollte es nicht missen müssen, dass Lilian sich so vertrauensvoll an ihn schmiegte.
"Deine Signatur ist wundervoll", widersprach er Lilian, die fragte ob ihre Signatur wieder komisch wäre. "Aber falls du meinst, dass sie wieder von einem Krieger zu einer Hexe gewechselt hat, ja, das ist eben passiert." Sanft drückte Lilian einen Kuss auf die Stirn. "Es fühlt sich schön an, wie natürlich das inzwischen hin und her wechselt. Und du hast recht. Wir sollten und freuen und den schönen Moment geniessen und ich stelle es mir sehr schön vor, sich mit dir und den anderen gemütlich ins Bett zu kuscheln." Mit Lilian in den Armen erhob sich der Prinz vom Teppich, ehe er Lilian behutsam auf seinem Bett absetzte.
"Warte hier auf mich." Sachte gab er Lilian ein Küsschen auf die Stirn. "Ich geh mich schnell umziehen. Dann können wir wieder zurück zu den anderen und es uns gemütlich zu machen."
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Fr 10. Feb 2023, 21:57
von Lilian
Der Adelige erklärte, dass Lilians Signatur wundervoll wäre. Aber ja, seine Signatur hätte soeben hin und hergewechselt.
"Es fällt mir immer noch schwer es zu erkennen", murmelte Lilian. Wie Aerys treffend bemerkte, es fühlte sich natürlich an, weswegen Lilian es kaum bemerkte. Er fragte sich nur wieso es mittlerweile so oft passierte. In der Burg hatte es Lucero und ihn oft in Schwierigkeiten gebracht und mit Nedan bloß alles noch schlimmer gemacht...
Lilian vertrieb die Gedanken und genoss lieber den Kuss, den Aerys ihn auf die Stirn gab. Das war immer wunderschön.
Der Prinz schien sich wieder gefasst zu haben. Aber Lilian fiel auf, dass Aerys ihre Fragen nicht weiter beantwortet hatte und nichts mehr darüber sagte wie er sich fühlte. Er bemerkte nur, dass Lilian recht hätte und sie sich freuen und den schönen Moment genießen sollten. Er wollte sich mit Lilian und den anderen gemütlich ins Bett kuscheln. Der Adelige erhob sich langsam mit ihr im Arm und setzte sie dann vorsichtig auf seinem Bett ab.
Lilian nickte. "Es war zwar meine Idee, aber.. ich bin ein bißchen aufgeregt", gestand sie. Aerys berührte sie sachte an der Schulter.
"Wenn du schon aufgeregt bist, was glaubst du, wie aufgeregt die anderen sein werden?", erwiderte er. Lilian sah ihn mit großen Augen an, die Füße leicht baumelnd.
"Aber die anderen schlafen viel öfter als ich in Schlafsälen", wandte sie ein. Lilian verstand da nicht wieso die anderen aufgeregter sein sollten. Aber vielleicht war es auch etwas besonderes, wenn Aerys oder die Blutigen des nachts dabei waren. "Ich hoffe, niemandem ist deswegen unwohl. Es soll doch schön sein."
Lilian war zwar auch aufgeregt, aber er hatte keine Angst davor. Nicht mehr.
Seltsam wie es sich geändert hatte.
Aerys gab ihm noch ein Küsschen auf die Stirn und sagte, dass er sich schnell umziehen würde, damit sie zurück zu den anderen gehen könnten. Lilian sollte hier auf ihn warten.
"Mach ich", versprach die zierliche Hexe. Der Adelige verschwand in einem angrenzenden Raum. Erst als Aerys weg war, ging Lilian auf, dass sie auf dem Bett des Prinzen saß. In seinen Gemächern!
Da wo er bisher nie erlaubt gewesen war, weil Aerys noch nicht soweit gewesen war. Oh, Lilians Herz schlug augenblicklich schneller. Hatte das etwas zu bedeuten? Oder hatte es Aerys bloß in Kauf genommen, damit Lilian ihn hatte trösten können? Das war seltsam gewesen... Aerys so zu sehen. Der Jugendliche hatte das Gefühl gehabt, dass der Adelige ihm noch viel mehr hatte sagen wollen, doch dann hatte er es trotzdem nicht gemacht. Und was hatte das alles mit Lyris zu tun?
Ob sie miteinander geschlafen hatten?
Oh, nein, daran wollte Lilian gar nicht denken. Er zupfte an seinem Nachthemd. Bisher hatte Aerys ihn auch nur auf die Stirn geküsst und nicht auf den Mund...
Lilian hing diesen Gedanken nach, während er im Nebenraum Aerys hörte. Eine weitere Türe wurde scheinbar geöffnet und Lilian hörte Wasserplätschern. Neugierig blickte sich der Jüngling in der Dunkelheit um, doch es kam ihm nicht richtig vor und sie hatten schon öfter Streit wegen den Zimmern gehabt. Lilian strich über das Bett. Die Probleme, die sie vor der Entführung gehabt hatten.. die schienen nun so ewig weit weg.
Der Junge wartete geduldig bis Aerys irgendwann zurückkam. Der Prinz wirkte wie ein geheimnisvoller Schatten in der Dunkelheit. Er trug eine lange, schwarze Seidenhose und darüber ein absolut eng anliegendes schwarzes Shirt. Lilian bekam große Augen. Man sah soo viel von den Brustmuskeln.
Nervös blickte er beiseite und rutschte von dem Bett.
"Seid ihr fertig?", fragte Lilian und griff nach Aerys' Hand.
"Ich hab mich nicht umgeschaut", versicherte der zierliche Jugendliche, während sie hinausgingen.
Sie mussten eine Weile durch den Seitenflügel der Villa gehen bis sie beim großen Ballsaal angelangt waren. Bereits im kleineren Raum davor war viel los und viele der Kunstwerke warteten aufgeregt. Im Vorraum standen weitere Tische mit Getränken bereit, und Truhen mit Decken und Kissen.
Dann betraten sie den Ballsaal und Lilian keuchte. Seine rosa Augen begannen zu leuchten. Er hatte das Gefühl, er wäre in ein Märchenland getreten. Der längliche Saal mit der hohen Decke war vollkommen verwandelt.
Auf dem dunklen Holzboden waren mehrere große Schlafmatratzen ausgelegt, darüber die verschiedensten Decken und Kissen. In der Mitte des Raumes war ein niedriges Podest mit drei besonders großen Matratzen. Sechs dünne Holzstreben gingen nach oben und stützten einzelne weiße Stoffbahnen, die schräg nach oben zur Decke gingen, wo sie an flachen Holzreifen hingen. Es sah aus wie ein offenes Zelt oder ein Basar. Auch um zwei anderen Matratzen im Raum waren diese fein geschnitzten Holzsäulen aufgestellt und Stoffstreifen daran befestigt. Weitere Stoffbahnen, in sternbesticktem Blau und Weiß zogen sich hoch oben durch den Ballsaal. Runde Papierlaternen mit Hexenlicht hingen von den Decken und säumten die Wände. Es machte aus dem großen Saal etwas sehr gemütliches, kleines.
Der Holzboden war warm, dank des heißen Wassers, das in dünnen Rohren unter dem Boden entlang geleitet wurde.
"Es ist wie ein Märchen..", hauchte Lilian.
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Sa 11. Feb 2023, 09:05
von Aerys
"Wenn du schon aufgeregt bist, was glaubst du, wie aufgeregt die anderen sein werden?" schmunzelte Aerys und streichelte Lilian sacht an der Schulter. Er hatte sich wieder gefangen und wollte den Moment geniessen, das Lilian glücklich bei ihm war. Er sah so hübsch aus in seinem zartblauen Kleid, den offenen Haaren und den rosafarbenen Augen, mit denen er ihn gross ansah. Mit leicht baumelnden Beinen konnte er kaum glauben, dass die anderen ebenfalls nervös waren. Sie wären es sich doch vielmehr gewohnt, in einem grossen Schlafsaal zu schlafen.
"Nicht auf diese Weise", lächelte Aerys. Schon nur die Blutigen schliefen normalerweise in ihren eigenen Zimmern. "Das ist heute für alle etwas besonderes. Alle wollen das Selbe wie du. Dass wir glücklich beeinander sein können. Dass wir feiern können, alle wieder hier zu haben." Diese Nervosität, alles richtig zu machen, würden die Kunstwerke ebenfalls haben. Vielleicht in unterschiedlichen Stärken, doch die Aufregung würde da sein.
Nach einem sanften Küsschen auf Lilians Stirn, ging Aerys nun ebenfalls in sein Bad, um sich zu duschen und für die Nacht umzuziehen. Dabei ging er sehr zielstrebig vorwärts. Er wollte sich nicht wieder die Zeit und den Raum geben zu denken. Das war zu aufwühlend. Er hatte jetzt Lilian und die anderen entführten Kunstwerke, um die er sich kümmern konnte. Darauf kam es an. So liess er jetzt keinen Gedanken zu, ausser, seine schwarze, seidene Schlafhose und sein schwerzes Shirt dazu anzuziehen. Ja, es war wirklich für alle ungewöhnlich, so beieinander zu schlafen. So angezogen und ohne Sex.
"Danke", erwiderte er Lilian sanft und drückte Lilian lieb die Hand, die sie ergriffen hatte, nachdem er wieder zu ihr zurück gekommen war und sie ihm beteuert hatte, dass sie sich nicht umgesehen hatte. er hatte gar nicht darüber nachgedacht, Lilian alleine in seinem Zimmer zu lassen. Es war erschreckend, wie sehr er ihr vertraute, dass so etwas geschehen konnte.
Gemeinsam gingen sie zum Ballsaal. Es wirkte fast so, als hätten sie einen Tanzabend organisiert. Aufgeregt drängten sich die Kunstwerke im Vorraum, richteten die bereit gelegten Decken und Getränke, spienzten in den Raum oder blickten Lilian und ihn erwartungsvoll an. Als Aerys mit Lilian den Raum betrat, verstand er auch warum. Die Kunstwerke hatten sich alle Mühe gegeben, aus dem eleganten Tanzsaal eine gemütliche Traumwolke zum Schlafen zu machen. Nebst den Matratzen, Decken und Kissen hatten sie Tücher an Stangen, der Decke und den Wänden aufgehängt. Es wirkte fast ein wenig so, als würden sie ein grosses Zelt betreten. Wie ein Märchen, wie Lilian begeistert hauchte.
"Es ist die Woche vor Winsol", lächelte Aerys glücklich, dass es so gut geworden war, wie Lilian sich das vorgestellt hatte. "Die Zeit von Wundern und Märchen." Es war so verflixt knapp gewesen, die Räuberburg zu finden. Ein Tag später und sie hätten sie wegen dem Schnee nicht mehr erreichen können. Sie hatten sehr viel Glück gehabt, bei der Rettung und er dankte der Dunkelheit dafür.
Sanft zog er Lilian lockend tiefer in ihr Märchenzelt. Aufgeregt drängten ihnen die weissgewandeten Kunstwerke nach in den Raum. Sorgsam darauf bedacht, sich Lilian nicht zu sehr aufzudrängen, während sie gleichzeitig so neugierig waren, ob es Lilian gefiel. Es gab allerdings auch schon Kunstwerke, die es gewagt hatten, sich ein Plätzchen auszusuchen und sich da gemeinsam gemütlich einzukuscheln. Auch Alazier war schon hier. Er war wach und sass mit dem Rücken zur Wand gelehnt da. Darion hatte sich sacht an seine muskulöse Brust gekuschelt und schlief schon längst seelig. Genau wie Lyris hatte er die letzten Tage viel gegeben und kaum geschlafen.
Lyris war ebenfalls hier und schlief bereits wieder. Oder immer noch. Kastor hatte ihn behutsam auf eine Matratze am Rand des Podestes in der Mitte gelegt und ihn zu gedeckt. Kopf an Kopf zu Lyris lagen Theon und Priam aneinander gekuschelt. Müde versuchten sie noch ihre Augen offen zu halten und Lilian und ihn glücklich anzulächeln. Es wollte ihnen kaum mehr gelingen. Daneben lagen Marlin und Terim, die beide mit hoffnungsvoll auf sie warteten, während Lucero scheinbar unbekümmert neben Terim am Rand des Podestes sass und mit einem frechen Grinsen Terims Haar zerwühlte und an ihm herum zupfte. Er hatte eindeutig noch gewartet, sich hinzulegen, damit es leichter für Aerys und Lilian war, sich auf das Podest zu begeben.
"Und? Ist es so, wie du dir es erhofft hast?" fragte er Lilian, während er sie behutsam zu ihrem Schlafplatz zwischen ihm und Lucero führte.
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Sa 11. Feb 2023, 11:11
von Lilian
Neben ihm lächelte der Adelige und erklärte es wäre die Woche vor Winsol und damit die Zeit für Wunder und Märchen. Lilian erwiderte das Lächeln. Ehe ihm einfiel, dass es nur noch eine Woche bis Winsol war.
"Ist es wirklich nur noch eine Woche? Es geht so schnell." Und er hatte weder Geschenke noch irgendetwas vorbereitet. Er hatte einen Socken. Natürlich hatte Aerys gesagt, dass Lilian sich deswegen keine Gedanken machen müsste, trotzdem wollte der Junge nicht mit leeren Händen dastehen. Er wollte etwas schönes für Aerys tun. Der ältere Prinz zog Lilian weiter und sie gingen zwischen den vielen Matratzen hindurch. Ein paar Männer waren bereits im Saal und hatten sich einen Schlafplatz ausgesucht. Lilian entdeckte Alazier, der den schlafenden Darion beschützend in seinen Armen hielt. Das war schön.
Lilian folgte Aerys zu dem niedrigen Podest in der Mitte. Laternen hingen an den hübschen Holzsäulen und verbreiteten ein dämmriges Licht. Auf den Matratzen lagen bereits Lyris, Theon und Priam. Lyris schlief bereits oder immer noch und auch Theon und Priam wirkten sehr müde. Hoffentlich gingen es ihren Verletzungen bald besser. Sie lagen Kopf an Kopf bei Lyris. Marlin und Terim neben ihnen, die aber noch etwas wacher wirkten. Lucero hatte sich an den Rand des Podestes gesetzt, zerwuschelte Terims Haar und zupfte an ihm herum. Der Blutige grinste frech und wirkte wie früher. Lilian wusste aber nicht, ob das wirklich stimmte.
Er schlüpfte aus seinen kleinen Pantoffeln und ließ sich von Aerys auf den Schlafplatz führen. Viele Kissen und Decken lagen bereit. Eine besonders große Decke lag noch unberührt auf einem freien Platz neben Lyris. War es da wo sie schlafen würden? Lilian wurde noch nervöser, kniete sich dann auf die Matratze. Staunend blickte er nach oben zu ihrem Zeltdach.
"Ja, es ist wunderschön", antwortete er Aerys, "So schön hab ich es mir gar nicht vorgestellt." Lilian hatte nur den Schlafsaal der Weißgewandten als Vergleich. "Die anderen müssen den ganzen Tag daran gearbeitet haben." Er dämpfte seine Stimme, um Lyris nicht zu wecken. Aerys setzte sich neben ihn und Lilian merkte wie Lucero auf seiner Seite näher rückte. Oh, sollte Lilian zwischen Aerys und Lucero schlafen?
Das wäre schön... aber der Jüngling musste trotzdem an ihre letzte Begegnung im Turm denken und wurde sehr verlegen. Zum Glück war das Licht so gedämpft, dass man seine roten Wangen hoffentlich nicht sah.
Auch die anderen im Saal waren leise. Nur wenn Kastor versuchte zu flüstern, hörte man es trotzdem. Der Blutige schien es sich unter einem der anderen gespannten Sternendächer gemütlich gemacht zu haben. Oder noch nicht gemütlich genug, denn er forderte von den Schäfchen, wie er sie nannte, zwei weitere Kissen.
"Kastor wird doch nichts machen.. nachts oder?", fragte Lilian ganz leise, während Aerys die Decke höher zog.
Der Adelige versprach es. "Nein, er wird ganz tapfer sein und nichts machen."
Lilian musste bei den Worten etwas kichern. Es klang so, als wäre es eine sehr schwierige Aufgabe für Kastor. Aber das konnte ja nicht sein oder? Der Jüngling kuschelte sich vorsichtig in die Kissen.
"Wieso muss Kastor tapfer sein?", fragte er neugierig. Lilian bemerkte, dass Lucero immer noch am Rand des Podestes saß. Zaghaft schlug Lilian die Decke beiseite, damit Lucero sich dazulegen konnten. In der Zelle in der Burg hatten sie zwar zwei Betten gehabt, zwei sehr schmale, aber später hatten sie nur in einem Bett geschlafen. Es hatte Lilian viel Trost gespendet. Außerdem hatten sie es genutzt, um zu üben...
Nein, lieber nicht daran denken.
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Sa 11. Feb 2023, 11:57
von Aerys
Staunend und glücklich liess Lilian sich zu seinem Schlafplatz ziehen. Er wurde noch etwas nervöser, als er auf die Matratze krabbelte. Doch gleichzeitig war er so vertrauensvoll und genoss einfach die schöne Atmosphäre. Es war sogar viel schöner, als er es sich vorgestellt hatte.
"Du kannst sie morgen ja fragen, wie sie dieses Traumzelt hinbekommen haben", schlug Aerys leise vor, während er sich ebenfalls auf die Matraze niederliess. Schön gemütlich auf zwischen Lyris und Lilian. "Fergus wird dir sicher gern alles ausführlich berichten." Und jeder andere Weissgewandete natürlich auch. Doch Lilian kannte Fergus schon etwas besser und war bei ihm deswegen vielleicht weniger schüchtern.
Verstohlen nickte er Lucero zu, der sich nun auch wagte hinzulegen. Auch der Prinz war sehr nervös, auch wenn er es zu verbergen versuchte. Behutsam legte er sich neben Lilian, darauf bedacht, ihn nicht von sich aus zu berühren. Nicht wenn sein Meister gleich daneben lag. Trotzdem hatten die Bewegungen etwas vertrautes. Als wäre es nur natürlich, dass Lucero Lilian beschützend in seine Arme zog. Aerys war froh, dass Lucero Lilian so gut beschützt hatte. Dennoch fand er, dass Lilian sich nun an ihn kuscheln sollte und nicht an Lucero. An den Jungen, mit dem er schon viel intimer gewesen war, als mit ihm.
Trotz seiner Eifersucht nahm Aerys sich die Ruhe und die Zeit, allen Entführten eine zärtliche Berührung zukommen zu lassen, damit sie sich willkommen fühlten und in Frieden einschlafen konnten. Dass sie sich keine Sorgen wegen ihrer Verletzungen machen mussten und dass es vollkommen in Ordnung war, dass sie so nahe bei ihm lagen. Zum Schluss kuschelte er sich jedoch nah an Lilian heran. Auch wenn er ihn nicht in den Arm nahm, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen.
"Nein, er wird ganz tapfer sein und nichts machen", versprach er Lilian ganz leise, dass Kastor keinen Sex in diesem Raum haben würde. Behutsam deckte er Lilian zu. Zufrieden lächelte er, wie Lilian sich in die Kissen kuschelte und gar leise lachen musste. Mutig schlug er sogar die Decke beiseite, damit Lucero sich noch etwas besser zu ihnen legen konnte. Gleichzeitig wollte er in aller Unschuld wissen, warum Kastor tapfer sein müsse.
"Weil das hier so für ihn ist, als ob man einen kleinen Jungen in einen Süssigkeitenladen sperrt und ihm verbietet von den Süssigkeiten zu naschen", erklärte Aerys breit grinsend und auch Lucero musste sein Gesicht in sein Kissen drücken, damit man nicht sah, wie er sein Grinsen kaum unterdrücken konnte. Es wurde aber auch schwierig, als Lilian in aller Unschuld wissen wollte, um was für Süssigkeiten es denn ging.
"Fluffige Zuckerwatteschäfchen", konnte Aerys es sich nicht verkneifen. "Kastor liebt es Schäfchen zu vernaschen und jetzt hat er ganz viele um sich herum."
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Sa 11. Feb 2023, 12:24
von Lilian
Lucero rutschte etwas näher und kam dann unter die Decke. Lilians Nervosität steigerte sich noch ein wenig mehr. Zwar hatten sie nach der Befreiung der Burg auch in einem großen Bett geschlafen, doch da waren sie alle noch so mitgenommen und erledigt gewesen. Jetzt war sich Lilian sehr bewusst, dass er zwischen zwei Männern lag mit denen er geschlafen hatte. Und beides war mehr oder weniger freiwillig gewesen. Nicht so richtig freiwillig und manchmal doch irgendwie schon...
Es war zu kompliziert für den unerfahrenen Jugendlichen darüber nachzudenken. Außerdem war er dann abgelenkt von Kastors lauter Flüsterstimme und der Befürchtung, dass der Blutige sich vielleicht nicht würde beherrschen können. Lilian wollte auf keinen Fall diese Geräusche hören oder diese ekligen, dreckigen Worte der Räuber wie in der Hütte. So furchtbare Worte und Geräusche...
Aerys lenkte ihn ab indem er ihm so witzig erklärte wie tapfer Kastor diese Nacht sein würde. Lilian musste bei dem Gedanken kichern. Auch weil er es noch nicht richtig verstand was die Tapferkeit des Blutigen auf die Probe stellen würde. Der Jüngling kuschelte sich unter die Decke und spürte die warmen Körper der zwei Männer neben sich. Aerys lag näher bei ihm und erklärte ihm grinsend, dass es für Kastor gerade so wäre als ob man einen kleinen Jungen in einen Süßigkeitenladen sperrte und ihm verbot zu naschen. Das war ein lustiges Bild, denn Kastor war bestimmt kein kleiner Junge. Aber warum sollte der Schlafsaal für den Blutigen wie ein Süßigkeitenladen sein?
"Was denn für Süßigkeiten?", fragte Lilian arglos.
Der Adelige bemerkte, dass es fluffige Zuckerwatteschäfchen seien. Kastor würde es ja lieben Schäfchen zu vernaschen und gerade hätte er so viele um sich herum. Lilian blickte Aerys mit großen Augen an. Was denn für Schäfchen... oh, oh!
Kastor nannte die Weißgewandten oft Schäfchen und die wollte er vernaschen. Also mit ihnen schlafen.
Lilian wurde knallrot, als er es begriff. Wie konnte Aerys das so sagen?
"Oh..", murmelte er nur. Seine Wangen brannten. "Oh.. aber nicht diese Nacht, ja?", bat er Aerys. Also nicht, dass Lilian dies Kastor oder den Schäfchen, nein Weißgewandten, verbieten wollte. "Ich mag es nicht mit anhören", gestand Lilian. "Nicht so wie in der Hütte.."
Zum Glück hatte ihm Lucero irgendwann die Ohren zuhalten können, doch Lilian hatte genug mitbekommen, dass es Spuren hinterlassen hatte. Der Adelige versprach, dass heute alles friedlich sein würde. Lilian bekam noch ein Küsschen auf die Stirn. Das war schön, aber es machte Lilian auch ein bißchen verlegen vor den anderen. Anderseits hatten gerade die um ihn herum bereits viel intimere Momente miterlebt. Die Begegnung im Turm...
Lilian konnte gar nicht glauben, dass er da mitgemacht hatte. Er hatte Aerys' Finger in sich gespürt, die harten Speere von Lucero und Aerys zwischen seinen Schenkeln...
Der Junge rutschte etwas tiefer unter die Decke und schloss die Augen. Bloß nicht daran denken. Er versuchte sich auf die Geräusche um sich herum zu konzentrieren. Das leise Flüstern, sachte Schritte, wenn noch jemand einen Platz im Schlafsaal suchte. Lilian hörte auchmal Fergus' Lachen und dann einen leichten Klaps ehe Lexes' und Yukarins Stimmen quasi gleichzeitig ertönten, dass er leise sein sollte.
Irgendwann dämmerte Lilian allmählich ein. Müde kuschelte er sich an Aerys, doch er war noch eine Weile unruhig und zappelte immer mal wieder, drehte sich hin und her. Es wurde erst besser, als Lucero sachte einen Arm um ihn legte. Lilian schmiegte sich dabei an Aerys' Brust und bald waren nur noch leise Atemzüge von dem zierlichen Jüngling zu hören.
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Sa 11. Nov 2023, 09:30
von Yukarin
Yukarin wusste nicht so recht, was er davon halten sollte, dass sie alle gemeinsam in dem umfunktionierten Ballsaal schlafen sollten. Es war nicht ungewöhnlich, dass sie alle in einem Raum schliefen. Oft, wenn es etwas besonderes zu feiern gab. Oder in diesem Fall, wo es schreckliches zu bewältigen gab. Es war nur so, dass er in diesen Nächten meist nur meditierte oder allerhöchstens einen leichten Schlaf hatte. Yukarin schlief besser, wenn er in seinem Zimmer war. Allein. Höchstens in der Gegenwart von dem Meister und Lexes konnte er sich genug entspannen, um wirklich tief zu schlafen. Ansonsten brauchte er diese besondere Gewissheit eines sicheren Raumes.
So lieb dieses gemeinsame Schlafen in dem Ballsaal auch gedacht war, Yukarin bot es nicht wirklich die Ruhe, die er eigentlich bräuchte, um sich von den Kämpfen, den schrecklichen Bildern und den Anstrengungen der letzten Woche zu erholen. Es gab hier zu viele Unsicherheiten. Doch natürlich wollte Yukarin weder dem Meister, noch Lilian diesen Wunsch verwehren. Sie schienen es zu brauchen. Genau wie viele der Schäfchen. Die Gewissheit, dass sie nun alle beisammen in Sicherheit waren.
Glücklicherweise kannte Lexes ihn gut genug, um ihn ohne Worte in eine Ecke des Schlafbereiches zu dirigieren. Unterweg packte er Fergus am Arm, zog ihn mit sich und bugsierte ihn an seine Seite. So wie man einem Kind sein Kuscheltier in die Arme drückt. Yukarin lächelte sanft, zog Fergus an sich und machte es sich mit ihm unter der Decke gemütlich. Lexes legte sich abschirmend vor sie beide und so gelang es Yukarin trotzdem in tiefen, erholsamen Schlaf zu fallen. Trotzdem schreckte er ab und an in der Nacht hoch. Wenn ein trauriges oder ein erleichtertes Schluchzen zu hören war, leises Wimmern oder gar ängstliche Schreie, wenn ein Albtraum zu heftig wurde. Darauf folgten liebevoll geflüsterte Worte, bis der Schrecken wieder verschwunden war. Auch Fergus bebte ab und an in seinen Armen, während ihm heisse Tränen über die Wangen liefen. Lexes und Yukarin drückten ihn dann ganz fest, streichelten ihn sacht und küssten im die Tränen weg.
Mehr konnten sie nicht tun. Konnte niemand tun. Doch Yukarin hatte so eine Ahnung, dass es genau das Richtige war und dass es genug war. Auch wenn wohl niemand durchgeschlafen hatte. Lilian hatte ganz recht erkannt, dass es wichtig war, einfach nur beisammen zu sein. Ihnen allen war schlimmes angetan worden. Natürlich den Entführten am allermeisten. Doch sie alle hatten gelitten. Sie alle waren beraubt und getrennt worden. Nun waren sie zusammen und konnten gemeinsam heilen. Selbst wenn das hiess, dass sie auch gemeinsam traurig waren und sich an die schrecklichen Erlebnisse Erinnerten. Irgendwann würden sie verblassen und in den Hintergrund treten und viele neue und schöne Erlebnisse würde ihre Herzen füllen.
Yukarin spürte seinen Körper am nächsten Morgen besonders deutlich. Er schrie geradezu nach einem heissen Bad und einer ausgiebigen Massage. Das würde er sich jedoch erst am Nachmittag gönnen, denn er sehnte sich nach etwas anderem noch mehr. Nämlich Lilian als seine Schülerin wieder willkommen zu heissen. Wobei er nicht daran dachte, ihr vor Winsol noch weiteres Wissen zu vermitteln. Viel lieber wollte er ihr ein Geschenk der Zweisamkeit und der Ruhe machen. Respektive Dreisamkeit. Lexes sollte auch dabei sein. Sein Cousin sollte die Gelegenheit bekommen, Lilian näher kennen zu lernen. Zudem schätzte Lexes eine gute Teezeremonie ebenfalls sehr. Dies wollte Yukarin ihm und Lilian schenken. Lilian würde es zu Anfang vielleicht schwer fallen, nicht tausend fragen stellen zu wollen. Doch sie würde klug genug sein, sich bei Lexes abzuschauen, wie sie sich zu setzen und die Tasse zu halten hatte. Mit einem stillen Lächeln bereitete Yukarin alles für die Teezeremonie vor. Dafür hatte er eigens einen kleinen, eleganten Raum, direkt von der Bibliothek zugänglich, mit herrlichem Blick auf den Innengarten.
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Sa 11. Nov 2023, 16:48
von Lilian
Leider blieb sein Schlaf nicht so friedlich wie Lilian es sich gewünscht hätte. Dabei war er nun in Sicherheit, umgeben von Menschen, die ihn beschützten und hielten, doch ungebeten drängten sich Erinnerungen in ihm auf und mitten in der Nacht wachte er verstört auf, leise weinend und im Versuch sich die Ohren zuzuhalten, damit er die hässlichen Worte der Räuber nicht hörte.
"Sie.. sie sagen so schreckliche Sachen..", wimmerte er, "Was sie den anderen antun... wie sie mich beobachten... nicht, bitte.."
Es dauerte etwas bis er begriff wie Aerys ihm gut zuredete und auch Lucero war gleich aufgewacht, wollte einen Arm um ihn legen und seine Ohren abschirmen. Es schien auch für Lucero etwas zu dauern bis er realisierte wo er war und dass Lilian auch bei Aerys Trost suchen konnte. Der Jüngling wusste gar nicht wohin, war aber froh, dass beide Männer versuchten ihn zu beruhigen und zu helfen.
Nach mehreren Versicherungen, dass die Räuber nicht hier waren und Lilian auch merkte, dass die widerlichen Worte nur in seinem Traum gewesen waren, konnte er wieder einschlafen, zwischen Aerys und Lucero gekuschelt.
Leider hatten die schlimmen Träume am anderen Morgen seine Spuren hinterlassen und er wachte entsprechend erschöpft auf, leicht beklommen über die letzten Traumfetzen. Stockend erzählte er Aerys ein wenig davon, nur leise um die anderen nicht zu wecken, während er an die Brust des Adeligen gedrückt war.
"Wir.. waren in einer Hütte und sie haben.. sie haben schlimme Dinge mit den anderen gemacht, die Geräusche... und was sie gesagt haben, so.. so Beschimpfungen und.. andere Dinge." Er wurde rot und schluckte. Lilian bekam diese Eindrücke nicht mehr aus dem Kopf. Er hatte den Blick meist abwenden können, doch er hatte genug mit angehört. "Lucero hat mir irgendwann die Ohren zugehalte und dann wurde es besser..."
Aerys beruhigte ihn, dass es irgendwann besser werden würde, doch er schien dabei auch nachdenklich.
Lilian rappelte sich etwas auf, blickte sich um. Viele andere waren auch schon auf, andere schliefen noch. Fahle Morgenstrahlen drangen nur gedämpft durch die bunten Vorhänge.
Lilian rieb sich die Augen. "Wie spät ist es?", fragte er. Der Adelige erklärte, dass es neun wäre. Er hätte viel Schlaf gebraucht.
"Neun?!" Lilian fuhr auf. "Aber um zehn ist Unterricht und ich muss noch frühstücken und duschen und mich umziehen und-"
Aerys versuchte ihn noch zu beruhigen, dass er Ruhe bräuchte, doch der zierliche Jüngling kämpfte sich bereits aus den vielen Kissen und Decken empor.
"Nein nein, Yukarin erwartet mich. Das darf ich nicht verpassen." Lilian sah sich im Schlafsaal um, doch von Yukarin und Lexes war nichts zu sehen. Vermutlich waren sie schon ganz lange auf.
Aerys wollte ihn zu seinem Zimmer begleiten, nachdem Lilian danach gefragt hatte. Der Jüngling sah noch einmal zu Lucero, der sich aber abgewandt hatte und über Marlins unruhigen Schlaf wachte. Lilian biss sich auf die Lippe. Wie sollte er mit Lucero umgehen? Es war so komisch zwischen ihnen...
Der Jüngling verließ ihre Schlafstätte und ging vorsichtig zwischen den anderen Matratzen und Kissen hindurch.
"Ich glaube.. ich war einmal wach oder? Habe ich niemanden gestört?", fragte er Aerys, als sie den Schlafsaal verließen. Der Adelige erklärte, dass Lilian nicht der einzige gewesen wäre, der aufgewacht war. "Konntet ihr auch nicht gut schlafen? Vielleicht war das eine blöde Idee mit dem Schlafsaal..."
Er hatte nicht alle danach gefragt, nur ein paar in der Villa. Aerys beruhigte ihn jedoch, dass es gut gewesen wäre und sie das gebraucht hätte.
Gemeinsam gingen sie nach oben. Lilian wurde auf dem Weg nervös. Würde Aerys mit ihm duschen wollen? Wie das wohl sein würde? Ob das nicht alles etwas schnell ging?
Sie hatten durchaus schon miteinander geduscht, aber nur in Badekleidung. Das war vielleicht etwas prüde gewesen, doch Lilian hatte sich dabei sicherer gefühlt und Aerys hatte es auch noch mitgemacht... obwohl er ihn auch zu anderem hätte zwingen können.
Und jetzt?
Am Ende stellte sich heraus, dass sich Lilian viel zu viele Gedanken dazu gemacht hatte, denn Aerys lieferte ihn einfach bei seinem Zimmer ab und wollte bei sich duschen gehen. Er fragte nichtmal danach und dann traute Lilian sich auch nicht. Er musste an die seltsamen Besuche denken, an die Begegnung im Turm.. das war so viel gewesen. Aerys hatte sich so echt angefühlt...
Der Jüngling versuchte die Gedanken daran zu vertreiben, duschte sich gründlich und genoss es in "seiner" Dusche zu sein. Mittlerweile war es doch zu seinem Zuhause geworden. Danach cremte er sich ein, genoss all den Luxus, der ihm hier zur Verfügung stand und zog dann auch seine Schuluniform an, obwohl sie besonders mädchenhaft aussah mit dem blauen Rock, der nur bis zur Mitte der Oberschenkel ging und der weißen Bluse mit Ausschnitt. Lilian strich sich über die Brust, glaube immer noch diese kleinen Hügelchen zu spüren. Rasch band er die Krawatte fester. Dann folgten die langen weißen Strümpfe und das blaue Jäckchen.
Aerys holte ihn wieder beim Zimmer ab, hatte sich auch umgezogen. Er sah so elegant aus. Lilian wusste nicht was er zu ihm sagen sollte. Sie frühstückten unten gemeinsam mit einigen der anderen, doch dann musste Lilian sich beeilen rechtzeitig zum Unterricht zu kommen. Oft hatte Aerys ihn schon davon abgehalten pünktlich zu kommen, mit Küssen und Streicheleinheiten...
Aber nicht dieses Mal und Lilian kam aufgeregt in die Bibliothek. Yukarin sah er nicht gleich, spürte ihn aber in der Nähe. Dafür kam ihm ein Kätzchen entgegen, Mika kam wacklig aber neugierig auf ihn zu.
"Awww.. guten Morgen." Lilian begrüßte das mehrfarbige Kätzchen erfreut und streichelte es vorsichtig, nachdem er sich hingekniet hatte. Erfreut wechselte seine Signatur mehrfach hin und her.
Da kamen Yukarin und Lexes aus einem Nebenraum. Sie sahen sich wirklich ähnlich in ihrem Wesen, die gleichen wachen Augen und glatten langen Haare. Lilian lächelte die beiden Blutigen an.
"Guten Morgen. Bin ich zu spät? Ich habe länger geschlafen als sonst." Er erhob sich rasch und strich sich den Rock glatt. Das Kätzchen tappte gegen Lilians Lackschuhe.
"Das ist die Schuluniform?", bemerkte Lexes und lächelte fein, musterte Lilian von oben bis unten. Der Jüngling errötete und wich den Blicken aus.
"Ich konnte mir das nicht aussuchen", verteidigte er sich kleinlaut. Er hätte auch lieber Hosen gehabt, doch mittlerweile hatte er sich an die Kleider und Röcke gewöhnt.
Re: Zurück zuhause
Verfasst: So 12. Nov 2023, 09:14
von Yukarin
Trotz der Strapazen des gestrigen Tages und den Schrecken der vergangenen Woche kam Lilian nicht zu spät zu ihrem Unterricht. Wenn es nach Lilian allein gegangen wäre, wäre sie ohnehin nie zu spät gekommen. Dessen war Yukarin sich sicher. Selbst wenn Lilian fahrlässig ein Buch zerstört hatte. Lilian war ansonsten sehr genau und pünktlich. Doch gegen den Meister kam auch sie nicht an. Wenn dieser noch etwas von ihr wollte, konnte sich Lilian ihm nicht erwehren. Yukarin verstand das. Keiner in dem Anwesen konnte das. Schon gar nicht, wenn man heiss verführt wurde und meistens hatte es nach sinnlichem Anheizen gewirkt, so gerötet, wie Lilians Wangen jeweils gewesen waren. Yukarin fand es nur ungerecht, dass er Lilian dann nicht bestrafen durfte, wenn sie zu spät kam. In dieser verführerischen Schuluniform, das Röckchen leicht aufgebauscht, weil die Hand des Meisters darunter gewesen war, die Wangen lebhaft gerötet und die Lippen feucht glänzend. Das lud geradezu dazu ein, dass Yukarin sie für ihre Ungehörigkeit bestrafte. Es war hart, es nicht tun zu dürfen.
"Guten Morgen, Lilian", begrüsste er das Nesthäkchen, dessen Signatur gerade so schnell hin und her wechselte, so dass man sie gerade keinem Geschlecht zuordnen konnte. Seit der Befreiung schien dies immer öfters zu passieren und wie es den Anschein hatte, geschah dies nicht nur, wenn Lilian Angst hatte und gestresst war, sondern auch, wenn sie sich freute. Es war ein süsses Bild, wie Lilian vor ihm und Lexes kniete und Mika behutsam streichelte.
"Nein, du bist nicht zu spät", beruhigte er seine Schülerin. Um ehrlich zu sein, war er sich nicht sicher gewesen, ob Lilian überhaupt kommen würde. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn die Entführung sie gelähmt hätte, so dass sie sich nicht traute zu ihm zu kommen. Oder dass der Meister sie schlichtweg nicht mehr von seiner Seite lassen wollte, nun da Lilian wieder zurück war. Es war eine grosse Ehre, dass Yukarin die Zeit mit ihr beanspruchen durfte.
"Das war der Sinn dahinter, dass ich den Unterricht so spät angesetzt habe", nickte er zustimmend, dass Lilian länger als sonst geschlafen hatte. Sie, der Meister, die anderen Entführten, sie alle hatten viel Schlaf und Erholung nötig.
Lexes erfreute sich derweil an der Schuluniform von Lilian, musterte sie ungeniert von oben bis unten. Er schien leicht überrascht zu sein. Yukarin fragte sich warum. Lilian sah äusserst verführerisch in der Schuluniform aus. Sehr süss und niedlich. Es war offensichtlich, dass dem Meister dieses Aussehen gefiel. Andererseits gab der Meister Lilian kaum Unterricht, wo diese diese Uniform trug. Er sah sie nur kurz vor und nach dem Unterricht darin, während es Yukarin war, der unter dem verlockenden Anblick zu leiden hatte. Unwillkürlich fragte er sich, ob dies in Wahrheit einfach nur eine Strafe oder ein Test für ihn war.
"Es ist nur recht, dass du zum Unterricht ordentlich und adrett gekleidet erscheinst", stellte er streng klar, ehe seine Miene etwas weicher wurde und er Lilian ein sanftes Lächeln schenkte. "Lass dich nicht verunsichern. Sie steht dir sehr gut. Der Meister hat einen ausgezeichneten Geschmack und gut gewählt." Nicht, dass Lilian beim Meister nun durchsetzen wollte, dass sie diese süsse Schuluniform nicht mehr tragen musste.
"Aber nun komm, es ist Zeit", rief er ihnen allen in Erinnerung. "Leg deinen Schulranzen dort auf den Tisch und dann folge mir. Der heutige Unterricht wird etwas anders verlaufen, als sonst. Ich werde nichts dozieren. Stattdessen kannst du alles, was du wissen musst, bei Lexes abschauen. Heute geht es um die Wahrnehmung und nicht um die Sprache." Geduldigt wartete er, bis Lilian zu ihrem Schreibtisch getippelt war, um ihren Schulranzen abzulegen. Danach wandte er sich um, um sie und Lexes in den Raum zu führen, wo sie die Teezeremonie abhalten würden.
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Mo 13. Nov 2023, 20:32
von Lexes
Lexes hätte es wirklich bevorzugt in seinem Zimmer zu nächtigen, er mochte seine Ruhe und Abgeschiedenheit, doch auf der anderen Seite war es angenehm Yukarin direkt bei sich zu haben. Sein Cousin war auch nicht wohl mit einem so großen Schlafsaal gewesen, aber Lexes hatte ihm einen Platz in einer der Ecken beschafft, wo sie möglichst für sich gewesen waren.
Trotzdem war es keine sehr ruhige Nacht gewesen, unterbrochen von vielen, die weinend oder wimmernd aufschreckten, was auch Lexes jedes Mal anspannen ließ. Am anderen Morgen wirkte der große Ballsaal dennoch relativ friedlich. Die meisten schliefen noch, als Yukarin und Lexes sich erhoben. Der Blutige kümmerte sich als erstes um Mika, gab ihr zu essen und brachte sie auch ins Bad.
Später sah er bei Yukarin vorbei, der bereits dabei war alles für eine Teezeremonie vorzubereiten. Er tat es mit solcher Sorgfalt und stiller Genugtuung, dass Lexes genau spürte, dass sein Cousin sich sehr auf den Besuch seines Schülers - oder Schülerin freute. Lilians Signatur war äußerst seltsam. Lexes hatte es schon abends gespürt. Ab und zu fühlte sich Lilian sehr wie eine junge Hexe an und nicht mehr wie ein Krieger. Zunächst glaubte Lexes an ein Netz, der diesen Effekt herbeirief, doch wieso sollte es so unregelmäßig sein? Zudem wollte es ihm Yukarin nicht erklären, zog sich mit der Begründung aus der Affäre, dass es nicht an ihm wäre darüber zu reden.
Also musste Lexes es wohl selbst herausfinden. Er lehnte sich an die dunkle Holzwand, während er gelassen zusah wie Yukarin alles vorbereitete. Sein Cousin hatte ihm ja bereits erzählt, dass Lilian eine Teezeremonie schätzte, sie aber schon länger wegen einem Zwist zwischen den beiden nicht mehr gegeben hatte. Wohl wegen eines zerstörten Buches. Es war ein Wunder, dass Yukarin überhaupt noch mit Lilian sprach.
Pünktlich kam der Jüngling dann auch in die Bibliothek, jedenfalls spürte man zunächst seine Signatur ehe sie wieder rasch hin- und herwechselte. Lexes folgte dem anderen Blutigen vom Teezimmer in die Bibliothek, wo Lilian Mika streichelte und vor ihr kniete. Ein äußerst ansprechendes Bild. Anscheinend hatte der Meister vor allem die Idee des Unterrichts gefallen - und eine dazu passende Schuluniform. Lexes bezweifelte, dass irgendein anderer hayllischer Jugendlicher solche Uniformen trug, doch es stand Lilian ausgesprochen gut. Lexes hätte seine Hand zu gern unter den kurzen blauen Rock wandern lassen.
Der Blutige konnte sich einen Kommentar nicht verkneifen, woraufhin Lilian errötete und sich verlegen verteidigte. Yukarin bekräftigte sofort die Wahl der Uniform und dass der Meister einen ausgezeichneten Geschmack hatte.
"Einen ausgezeichneten", stimmte Lexes hinzu. Der Jüngling wurde noch röter.
Erst bei Yukarins Anweisungen huschte er adrett hinüber zu einem aufgeräumten, kleinen Schreibtisch, legte säuberlich seinen ledernen Schulranzen ab und kam ihnen dann neugierig hinterher. Ja, Lilian war unbestreitbar süß. Aufgeregt folgte er ihnen in das Teezimmer. Es besaß nicht viele Möbel. In der Mitte der kunstvoll geflochtetenen Strohmatten befand sich ein schmaler niedriger Tisch aus poliertem Kirschholz. Bestickte Kissen waren davor platziert. Das Tablett mit dem Tee stand bereit, eine steierne Schale mit dampfenden Wasser, kleine Schalen und mehr.
An einigen Wänden hingen alte Tuschemalereien, einige von Yukarin oder dem Meister selbst.
Lilian sah sich ehrfürchtig um und schien besonders an einem Bild mit fliegenden Kranichen zu erfreuen.
"Oh, die sind hübsch", sagte er. "Der Raum fühlt sich so ruhig an." Er dämpfte seine Stimme.
Lexes platzierte Mika, die ihm gefolgt war, auf ein Kissen in der Ecke ehe er anmutig auf einem der Kissen vor dem niedrigen Tisch platznahm. War Lilian zunächst abgelenkt von der neuen Umgebung, so begann er dann doch Lexes zu beobachten und versuchte sich ebenfalls im Schneidersitz hinzusetzen, merkte dann, dass der Rock viel zu kurz dafür war und presste sich den Stoff verlegen gegen die Oberschenkel.
"Mit dieser Kleidung solltest du anders knien", riet Lexes und machte es kurz vor, kniete sich hin, die Knie züchtig nebeneinander gedrückt. Lilian beeilte sich es nachzumachen.
"Das ist aber ein schönes Geschirr", lobte er und betrachtete alles, "Danke, dass ich wieder mit dir Tee trinken darf, Yukarin. In.. in der Burg habe ich oft daran gedacht." Seine goldenen Augen wurden etwas wehmütiger. Dann schien ihm etwas aufzufallen. "Wo sind denn die Äpfel?", fragte er.
Lexes hob eine feine Augenbraue. "Es werden keine Äpfel bei Teezeremonien gereicht", erklärte er. Woher hatte der Jüngling diese seltsamen Ideen? Yukarin gab inzwischen den Tee aus der Dose in die Kanne, nahm dazu eine kleine hölzerne Schaufel. Lexes brachte das Wasser in der Schale mithilfe der Kunst zum Kochen. Achtsam gab Yukarin es in die Teetassen, um diese vorzuwärmen. Dabei hielt er die Schale hoch, ließ das heiße Wasser in einem sanften Strahl in die Tassen fließen. Es hatte etwas kunstvolles und Lilian schien die anmutigen Bewegungen ebenfalls zu bewundern.
Schließlich goss Yukarin das Wasser in die Kanne mit dem Tee.
"Was ist das für ein Tee?", fragte Lilian neugierig.
"Aus Dharo. Unserer Heimat", erklärte Lexes.
"Echt? Ihr seid aus Dharo? Aber.. ihr seid doch beide langlebig oder?", fragte der Jüngling weiter.
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Sa 18. Nov 2023, 11:14
von Yukarin
Während er selbst ruhig zu dem niedrigen Tisch im Teezimmer ging und sich anmutig davor nieder liess, gab er Lilian die Zeit sich in dem kleinen und doch so atmosphärischen Raum umzusehen. Sie tat es ehrfürchtig und bewunderte besonders ein Bild mit fliegenden Kranichen. Yukarin wurde es leicht ums Herz herum. Hingebungsvoll begann er das Wasser aufzuwärmen. Er hatte gewusst, dass Lilian dieser Raum gefallen würde und er war froh, ihn ihr in Friede und ohne Groll und Zwang zeigen konnte. Geduldig wartete er, bis Lexes und Lilian sich ihm gegenüber an dem schmalen Tisch niederliessen. Lerneifrig versuchte Lilian sich so wie Lexes hinzusetzen, was aufgrund ihrer Schuluniform nicht wirklich sittsam möglich war. Sein Cousin merkte jedoch rasch, dass Lilian wirklich auf ihn achtete und was er tat und zeigte ihr, wie sie sich besser hinknien konnte.
"Dafür ist das gemeinsame Teetrinken da", antwortete Yukarin gerührt, dass Lilian so an ihn gedacht hatte, als sie Entführt gewesen war. "Dass man in schlechten Zeiten etwas schönes hat, woran man denken kann." Eine warme Erinnerung, die einen tröstet und die einen hoffen liess, dass man das bald wieder erleben durfte. Lilian erinnerte sich jedenfalls ganz genau an ihre Teemomente, den sie wollte auch gleich wissen, wo denn die Äpfel wären. Verständlicherweise verwundert hob Lexes seine Augenbraue und erklärte, dass keine Äpfel bei Teezeremonien gereicht werden. Yukarins Wangen färbten sich hauchzart rosafarben und er konzentrierte sich genau auf das rituelle Zubereiten des Tees.
"Wir hatten bisher nur Lernpausen, Lilian, in denen es Tee und Äpfel gab", konnte er Lilian dann aber doch nicht hängen lassen. Er hatte Lilian Äpfel zum Tee serviert, weil sie dringend Vitamin und etwas Ablenkung gebraucht hatte. "Dies hier ist eine Teezeremonie. Keine Pause zwischen zwei Unterrichtseinheiten. Hier geht es allein um den Tee und darum, ihn gemeinsam zu geniessen." Das schien Lilian verstehen zu können. Mit ihren rosefarbenen Augen schaute sie ihm interessiert zu. Ehe schon die nächsten Fragen über ihre Lippen sprudelten. In den Pausen hatte Yukarin jeweils einfach geschwiegen und Lilian so zu verstehen gegeben, dass sie den Tee in Stille geniessen sollten, um nicht abgelenkt zu werden. Doch Lexes schien selbst in Plauderlaune zu sein und Yukarin wollte gern, dass die zwei sich anfreundeten. Beiden zuliebe. Und Lexes sollte nicht durchmachen müssen, was Yukarin erlebt hatte.
"Heimat ist nicht zwingend gleichbedeutend mit der Herkunft der Vorfahren, Lilian", führte Yukarin ruhig aus und bestätigte damit indirekt, dass sie langlebig waren. "Wie du sehen kannst, habe ich auch glacianische Vorfahren. Aufgewachsen sind wir jedoch in Dharo und wir haben sehr lange da gelebt. Aber genau wie Heimat nicht zwingend gleichbedeutend mit der Herkunft der Vorfahren ist, so ist Heimat auch nicht unbedingt Zuhause." Yukarin liess seinen Blick durch den Raum schweifen. Kurz blieb er bei Lexes hängen, ehe er sich wieder lächelnd an Lilian richtete.
"Unser Zuhause ist hier", erklärte er sanft und doch voller nachdrück. "Beim Meister. Beieinander. Dennoch wissen wir gewisse Dinge aus Dharo durchaus zu schätzen." Yukarin mochte die ruhigen, rituellen Zeremonien. Das sich Besinnen und Meditieren. Hayllier waren dagegen so viel impulsiver und ungeduldiger und das obwohl sie im Gegensatz zu den Menschen in Dharo langlebig waren und mehr als genug Zeit hatten.
Re: Zurück zuhause
Verfasst: Sa 18. Nov 2023, 20:33
von Lexes
Lexes verkniff sich ein Grinsen, als er bemerkte wie Yukarin ganz leicht errötete, als es um die Äpfel bei der Teezeremonie ging. Sein Cousin errötete meist, wenn er etwas getan hatte was von seinen normalen Vorstellungen an Ehre und Anstand abwich. Wie in diesem Fall mit dem Liebling des Meisters Apfelstücke zu teilen, wie sich herausstellte.
Yukarin erklärte Lilian, dass sie keine Teezeremonien gehabt hätten, sondern Lernpausen zwischen den Unterrichtsstunden. Dort hätte es Äpfel gegeben. Aber jetzt würde es nur um den Tee gehen und darum ihn gemeinsam zu genießen.
"Oh.. natürlich." Der Jüngling - oder Mädchen - nickte brav. Er sah zwar ruhig zu wie Yukarin den Tee vorbereitete, hatte dann aber gleich wieder einige Fragen. War Lilian immer so neugierig? Da es jedoch um Tee ging, war Lexes gewillt zu antworten. Er wollte niemanden, der interessiert war, Teekultur vorenthalten. Nur reichte Lilian das nicht und er fragte nach wie es sein konnte, dass Dharo ihre Heimat war.
Yukarin begann es zu erklären. Er hätte glacianische Vorfahren, doch Lexes und er wären in Dharo aufgewachsen und hätten lange dort gelebt. Es wäre ihre Heimat, jedoch nicht ihr Zuhause.
Lexes neigte leicht den Kopf als stumme Zustimmung dieser Erklärung. Sie hatten viel zu lange in Dharo gelebt, es würde für immer ein Teil von ihnen sein, auch vom Blut her. Yukarin fuhr fort, dass ihr Zuhause jetzt beim Meister und beieinander wäre. Ja, er hatte sie aus Dharo gelöst. Würden sie sonst immer noch am Hof leben und zusehen wie eine Königin der nächsten folgte? Es war nicht nur dem Gold, sondern auch dem Verhandlungsgeschick und Manipulation des Meisters zu verdanken, dass er den silbernen und goldenen Stern Dharos hatte erwerben können. Sie waren wie Artefakte gehandelt worden, Familienerbstücke.
Erst der Meister hatte mehr in ihnen gesehen. Lexes würde ihm auf ewig dankbar sein.
"Ich weiß nicht wo mein Zuhause ist..", bemerkte Lilian nachdenklich, "Aber ich glaub, ich verstehe was du meinst. Vermisst ihr Dharo?"
"Nein", antwortete Lexes gleich, erklärte aber nicht mehr dazu, obwohl ihn der Jüngling fragend ansah.
Inzwischen war der Tee fertig gezogen und Yukarin goss ihn kunstvoll in die Tassen ein. Lexes nahm seine in beide Hände und roch genießerisch daran. Aus den Augenwinkeln sah er wie Lilian es ihm in gleicher Gestik eifrig nachmachte, dann auch schnupperte. Lexes schmunzelte.
"Das Schnuppern ist optional", fügte Lexes hinzu.
"Oh.." Lilian ließ die Tasse wieder sinken. "Dürfen wir jetzt trinken?"
"Es gibt verschiedene Varianten der Zeremonie, abhängig vom Tee. Sogar manche bei denen Speisen gereicht werden. Gäbe es einen Gast würde dieser zuerst eine Tasse gereicht bekommen", erklärte Lexes. Er pausierte kurz. "Aber niemand von uns ist ein Gast."
Lilian nickte langsam. Er führte die Tasse an seine Lippen, wartete jedoch aufgeregt und trank erst als auch Yukarin einen Schluck genommen hatte.
"Mmmhh, der schmeckt gut, so zart!", entfuhr Lilian. Seine Signatur schien zu flackern und als der Jüngling einen weiteren Schluck nahm und zufrieden seufzte, war er.. nein sie, eindeutig als Mädchen zu spüren. Lexes blickte sie fragend an. Yukarin schien nichts zu bemerken und genoss in Ruhe seinen Tee. Lexes hob eine Augenbraue.
Hatte der Meister Lilian ein Netz verpasst, weil er ein Mädchen wollte? Irgendwie bezweifelte Lexes das. Normalerweise stand der Meister nicht sonderlich auf Frauen. Doch Lilian lief auch in süßen Kleidern herum.
Lexes nahm noch einen Schluck Tee.
"Hat es einen Grund wieso du dich wie eine kleine Hexe anfühlst?", fragte der Prinz in die Stille hinein.
Die Tasse in Lilians zarten Händen wackelte und sie stellte sie rasch beiseite. Verlegen blickte sie zu Boden. "Ist es schon wieder passiert? Ich kann es immer noch nicht kontrollieren und irgendwie wird es mehr.. ich weiß auch nicht wieso..." Das Mädchen sah leicht hilfesuchend zu Yukarin, dann wieder zu Lexes. Unwohl strich sie sich über den Arm.
"Es ist nur... weil ich beides bin", nuschelte sie. "Ich weiß es erst seit kurzem. Dass ich auch.. so körperliche Anlagen habe.. für ein Mädchen. In ähm.. in mir drin. So.. ein Mutterleib.." Das letzte Wort war kaum hörbar. Lexes' Augen weiteten sich.
"Beides?" Er konnte sich nicht entsinnen so jemanden je getroffen zu haben, doch er glaubte Lilian. Sie schien nicht zu lügen und Yukarin hatte ihm bereits gesagt, dass Lilian es kaum konnte. Es gab zwar manche Frauen mit zwei Blutskasten, aber nie geschlechterübergreifend..
"Das hast du mir also nicht sagen wollen", bemerkte er trocken zu Yukarin. Nun konnte er verstehen wieso sein Cousin ihm darüber nichts gesagt hatte. Verständlicherweise verbreitete Lilian diese Neuigkeit nicht gerne.
"Anlagen von beiden... interessant", sinnierte Lexes und hätte zu gerne den Körper des Mädchens erkundet. Lilian errötete prompt und sah beiseite.
"Nichts was man sieht", beteuerte sie. Lexes fand, dass man durchaus etwas sah. Mit der Signatur, der Frisur und der Kleidung... als Fremder hätte er niemals geahnt, dass Lilian auch ein Junge war.
"Ich weiß es erst seit kurzem. Die Signatur wechselt einfach. Yukarin hat angefangen mir beizubringen es mit Meditation zu steuern, doch wir waren noch nicht soweit. Bitte sag es nicht weiter. Ich.. werde es schon irgendwann allen sagen, aber ich will nicht, dass die anderen mich für seltsam halten", bat die Jugendliche.
Re: Zurück zuhause
Verfasst: So 19. Nov 2023, 10:07
von Yukarin
"Nein", antwortete auch Yukarin auf die Frage, ob sie Dharo vermissen würde. Ruhiger und weniger schnell als Lexes, doch nicht weniger nachdrücklich. Genau wie sein Cousin hatte er dazu nichts weiter zu sagen. Auch wenn er förmlich spüren konnte, wie Lilian noch unzählige weitere Fragen auf den Lippen brannten.
"Sich an einem Ort oder bei jemandem Zuhause zu fühlen kann ein langer Prozess sein", fügte er Lilian zuliebe an. Yukarin wusste, dass sie sich sehr entwurzelt fühlte. Besonders seit da, wo sie herausgefunden hatte, dass sie auch ein Mädchen war. "Man kann auch an verschiedenen Orden und bei mehreren Personen Zuhause sein." Das eine schloss das andere nicht aus. Wobei es sicherlich leichter war, wenn alle Personen, bei denen man sich Zuhause fühlte, an einem Ort lebten. Besonders für Lilian, die alles gern geordnet und den gesellschaftlichen Konventionen entsprechend hatte.
Immerhin war Lilian inzwischen offen genug, sich für das Leben in der Villa zu interessieren. Die Teezeremonie hatte es ihr jedenfall angetan und sie passte eifrig auf. Obwohl es nicht sture Fakten waren, die sie auswendig lernen konnte. Hingebungsvoll bereitete Yukarin für sie und Lexes den Tee zu und freute sich darüber, wie die Beiden miteinander umgingen und Lexes Lilian beibrachte, wie man eine Tasse hielt. Die zwei waren süss zu betrachten. Was natürlich nichts war, was er Lexes gegenüber zugeben würde. Höchstens, dass Lilian niedlich war. Jedoch nicht, dass Lexes genau so niedlich war, wie er mit Lilian behutsam und liebevoll umging. Fast so, als sähe er in Lilian ein Hundewelpen und nicht einen Menschen, vor dem er sich in acht nehmen musste.
Lilian selbst schien sich jedenfalls ganz wohl zu fühlen. Vertrauensvoll sass sie bei ihnen und genoss ihren Tee. Es war erstaunlich anzusehen. für den Moment wirkte es ganz so, als hätte die Entführung nie stattgefunden. Als hätte sie nie schreckliche Angst vor den Blutigen in der Villa gehabt. Für Yukarin wirkte es durchaus so, als wäre Lilian zuhause angekommen. Zu einem sicheren Ort, wo es keine Rolle spielte, was für eine Signatur sie gerade hatte und dass diese zwischendurch wechselte. Ein Wechsel, der sich schon viel ruhiger anfühlte als zu Anfang, als dies begonnen hatte. Yukarin freute sich für Lilian.
Lexes hingegen gab nun endlich seiner Neugierde nach und fragte Lilian direkt, was es mit ihrer Signatur auf sich hatte. Der Wechsel schien schon so natürlich vonstatten gegangen zu sein, dass Lilian es selbst gar nicht gemerkt hatte. Aufmunternd lächelte Yukarin sie an. Wenn sie Lexes davon erzählen wollte, sollte sie es tun. Sein Cousin würde sie nicht auslachen. Nuschelnd und zutiefst schüchtern und unsicher tat sie es schliesslich. Wie erwartet, lachte Lexes sie deswegen nicht aus. Erstaunt war er dennoch.
"Es ist nicht mein Geheimnis", stellte Yukarin gelassen klar und nippte weiter an seinem Tee. "Zudem ist es für dich nicht relevant." Es war etwas Besonderes, kein Zweifel. Doch schlussendlich änderte das nichts an Lilian und wer sie war. Yukarin sah keinen Grund, sie deswegen anders zu behandeln. Ganz im Gegensatz zu Kastor, der nun viel vorsichtiger und respektvoller mit Lilian umging.
"Du musst niemandem etwas sagen, wenn du nicht willst, Lilian", sprach er seiner Schülerin etwas Mut zu, die nun ganz nervös war. "Auch uns Blutigen nicht. Du hättest Lexes die Antwort auf seine Frage verweigern können. Es ist uns jedoch eine Ehre, dass du uns ins Vertrauen ziehst." Yukarin wusste, dass er diesbezüglich auch für Lexes sprechen konnte.
"Davon abgesehen sind wir doch alle etwas seltsam", stellte er gelassen fest. "Das macht und zu etwas besonderem. Es ist unser Recht das zu geniessen. Mach dir keine Sorgen, wegen deiner wechselnden Signatur. Das gehört zu dir und es fühlt sich vollkommen natürlich an. Wenn du willst, können wir nach Winsol mid den Meditationen beginnen, damit du üben kannst, deine Signaturen zu kontrollieren. Doch bis dahin werden wir nicht weiter gehen, als Teezeremonien abzuhalten und die dadurch entstehende Ruhe geniessen?"
Re: Zurück zuhause
Verfasst: So 19. Nov 2023, 17:07
von Lilian
Lilian war so vertieft darin gewesen alles richtig bei der Teezeremonie zu machen und Lexes Bewegungen nachzuahmen, dass ihr gar nicht aufgefallen war wie sich ihre Signatur verändert hatte. Erst als der Blutige sie darauf ansprach, wurde es ihr bewusst. Verlegen sah Lilian beiseite. Wieso passierte es in letzter Zeit so oft? Vielleicht weil so viel aufwühlendes geschehen war.
Nervös und leise erklärte sie Lexes was sie war, wobei es kaum so kurz zu erklären war und es zudem sooo peinlich war es in Worte zu fassen. Aerys hatte ihr zwar gesagt, dass nichts falsches an ihr wäre und sie sich nicht dafür schämen müsste, trotzdem war es intim darüber zu reden und irgendwie komisch über ihr Innenleben zu sprechen.
Lexes verspottete sie zum Glück nicht und fand es stattdessen "interessant". Was immer das bedeutete. Lilian wurde noch röter und konnte den Prinzen nicht lange anschauen. Sie war aber froh, dass Yukarin anscheinend seinem Cousin nichts vorab darüber erzählt hatte. Ihr Lehrer schärfte ihr auch ein, dass sie niemanden etwas darüber sagen müsste, wenn sie nicht wollte. Sie hätte Lexes die Antwort auch verweigern können.
Lilian nickte langsam. "Ja.. aber er wüsste doch trotzdem, dass etwas nicht mit mir stimmt und etwas verheimlichen fühlt sich nicht so gut an."
Lexes lächelte kurz fein und nippte an seinem Tee. "Manche Geheimnisse fühlen sich sehr gut an", sagte er kryptisch und die Art wie er es sagte, klang so erwachsen und veroten, das es in Lilian kribbelte.
Es war irgendwie kribbelnd gewesen als es nur Aerys gewusst hatte...
Yukarin meinte, es wäre eine Ehre, dass Lilian sie ins Vertrauen gezogen hatte und das fühlte sich auch schön an. Das Mädchen lächelte ihn an, hörte neugierig zu, als er davon sprach, dass sie alle etwas seltsam wären und gerade deswegen besonders. Es würde zu Lilian gehören, dass sich ihre Signaturen ab und zu wechselten.
Trotzdem bot Yukarin an, dass sie nach Winsol mit Meditationsübungen beginnen könnten, damit Lilian ihre Signaturen besser kontrollieren könnte.
"Danke. Vielleicht brauche ich das nicht so sehr in der Villa, wenn es alles wissen", überlegte sie, "Aber wenn ich mit Aerys draußen noch einmal einen Ausflug mache. Oder.. in so einer Situation mit den Räubern.." Ihre Stimme wurde leiser.
"Wir werden nicht zulassen, dass du je wieder in solch eine Siutuation gerätst", sagte Lexes entschlossen. Man konnte ihm fast glauben, doch die Blutigen konnten ja auch nicht garantieren, dass es nie wieder geschah. Lilian schauderte.
Nein, es würde nie wieder passieren. Und die Frau, die alles verursacht hatte - Marlins Kundin - war auch tot.
"Gehe ich recht in der Annahme, dass die Entführer von deiner.. Besonderheit nichts wussten?", bemerkte Lexes.
Lilian nickte nervös. "Ein paar Mal war es sehr knapp. Lucero hat es verhindert." Aber darüber wollte sie wirklich nicht reden.
"Ein Glücksfall. Andernfalls wärest du nicht so ungeschoren davon gekommen", fuhr der Blutige fort. Lilian stellte die Teetasse klackernd zurück.
"Es war nicht ungeschoren!", wehrte er sich gegen die Behauptung, dass ihm nichts passiert war. Seine Signatur hatte wieder gewechselt. "Lucero hat nur das allerschlimmste verhindert."
"Du kannst dir das allerschlimmste nicht einmal vorstellen, Nesthäkchen", konterte Lexes. "Und das ist auch gut so", fügte er hinzu bevor Lilian weiter protestieren konnte. Der Blutige goss Lilian noch etwas Tee ein. "Wie Yukarin bereits sagte, du kannst mir die Antwort auch verweigern. Ich wollte nur herausfinden wie es dir geht."
Lilian rümpfte leicht die kleine Nase. Er wollte nicht darüber reden. Es tat zu weh und er kannte Lexes nicht. "Und wie geht es mir?", fragte der Jüngling leicht trotzig.
"Schlimm genug. Besser als den anderen", fasste Lexes recht treffend zusammen.
Lilian sah hilfesuchend zu den beiden Blutigen. "Ich glaube Marlin und Lucero geht es gar nicht gut", sagte er. "Könnt ihr nicht auch nach Lucero sehen? Wo er doch auch ein Blutiger ist und ihr ihn besser kennt", bat er und sah zu Yukarin. Lilian fühlte sich dem nicht gewachsen den anderen zu helfen.
"Ich möchte einfach, dass es wieder wie vorher ist und dass wir gemeinsam Winsol feiern."
Er nahm einen kleinen Schluck von dem köstlichen Tee. Er fühlte sich so weich und zart auf der Zunge an. Außerdem fühlte er sich damit wenigstens ein bißchen so anmutig wie die beiden Cousins dort saßen und gekonnt Tee tranken. Wie konnte es bloß eine Tee Trinken Fähigkeit geben und wie wurde man besser darin?
Re: Zurück zuhause
Verfasst: So 19. Nov 2023, 18:48
von Yukarin
Lilian war so unglaublich unschuldig. Ihr war es schon so unangenehm etwas zu verschweigen, dass ihr das beinahe auch wie Lügen vorkam. Deswegen erzählte sie Lexes lieber, was mit ihr war und riskierte es, von ihm ausgelacht zu werden, anstatt dass sie es verheimlichte. Verführerisch entgegnete Lexes ihr, dass es auch Geheimnisse gäbe, die sich sehr gut anfühlten. So recht schien Lilian jedoch noch nichts damit anfangen zu können. Yukarin neckte sie diesbezüglich nicht weiter und bot ihr stattdessen Hilfe an, die Lilian gerne annahm. Auch wenn sie erfreulicherweise realisierte, dass sie es in der Villa nicht brauchte.
"Du wirst nicht mehr entführt werden, Lilian", versicherte auch Yukarin seiner Schülerin leidenschaftlich. Davon abgesehen, fand er es jedoch gut, dass Lilian ihre Signatur zu kontrollieren lernen wollte. Selbstkontrolle war nie etwas schlechtes.
Neugierig fragte Lexes nach, wie es bei der Entführung gewesen war. Ob die Räuber davon gewusst hatten, dass Lilian beides war. Es machte Lilian nervös. Dennoch schien sie darüber sprechen zu wollen. Lexes tat es ganz ungeniert und mit relativ wenig Takt. Scharf blickte Yukarin seinen Cousin an. Er würde nicht zulassen, dass er Lilian hier weh tat. Selbst wenn er recht hatte und Lilian sich das allerschlimmste nicht einmal vorstellen konnte. Für Lilian war es schlimm genug gewesen. Wie sich zeigte, hatte Lexes Lilian jedoch nur etwas aus der Reserve locken wollen und sprach gleich darauf versöhnlich weiter. So konnte Lilian über die Unverschämtheit die Nase rümpfen, sich dann aber wieder Sorgen um ihre Freunde machen. Yukarin merkte, wie er sich unwillkürlich wieder etwas entspannte.
"Wir werden allen helfen, denen wir helfen können", versprach Yukarin Lilian innig, zögerte dann aber. "Ich fürchte nur, dass wir Lucero nicht unbedingt deswegen helfen können, weil wir ebenfalls Blutige sind. Eher im Gegenteil. Vor uns wird er sich beweisen und keine Schwäche zeigen wollen. Er wird sich vor uns keine Blösse geben und eher verschliessen. Lucero war... Lucero hat erst zu dir und zusammen mit dir zu Marlin und Terim eine engere Bindung aufgebaut. Lexes und ich sind nicht sonderlich vertraut mit ihm. Aber ich denke du hast recht. Marlin und Lucero geht es von allen am Schlimmsten. Lucero sogar noch schlimmer als Marlin. Marlin ist hier angekommen. Voller Schuldgefühle und in Erwartung einer schlimmen Strafe vom Meister, doch er ist hier. Lucero hingegen... Er wirkt so, als wäre er noch immer in der Burg. Als müsse er dich und alle anderen, noch immer beschützen. wenn schon nicht mehr von den Räubern, so doch nun vor allem, was euch daran erinnern könnte. Oder was euch sonst Unannehmlichkeiten bringen könnte. Das ist nicht gesund. Er wird lernen müssen, loszulassen." Besorgt nahm er sich einen weiteren Schluck Tee und liess sich darauf ein, wie die heisse Flüssigkeit in seinen Bauch rann. Es half ihm, selbst loszulassen.
"Lucero wird Zeit brauchen zu heilen", erklärte er Lilian. "Er wird sich nicht gestatten, sich darauf zu konzentrieren, solange er sich nicht sicher ist, dass ihr andere in Sicherheit seid." Yukarin würde es ebenso ergehen. Vielleicht kannte er Lucero doch besser, als er geglaubt hatte. So oder so schwieg er lieber darüber, dass Lucero heilen würde, wenn er sah, dass es Lilian gut ging. Das würde nur Lilian daran hindern, selbst zu heilen. Sie würde sich zu sehr unter Druck setzen und damit alles schlimmer machen.
"Wir alle werden Zeit brauchen und auch Rückfälle erleiden", versuchte er Lilian darauf vorzubereiten. "Wir werden gemeinsam traurig und verletzt sein und das ist auch gut so. Uns allen wurde weh getan und wäre sofort alles wieder gut, würde es unseren Schmerz lügen strafen. So schwer es auch sein mag, diesen Schmerz zu verarbeiten, so gehört das dazu, um wieder gesund zu werden. Es wird niemals mehr wieder so wie vorher werden Lilian. Wir können das Geschehene nicht ungeschehen machen. Doch wir können daran wachsen und es besser werden lassen, als es zuvor gewesen ist. Weil wir nun noch mehr wissen, was wir aneinander haben und wie wichtig wir einander sind. Wir werden gemeinsam lachen und gemeinsam weinen und ganz bestimmt werden wir gemeinsam Winsol feiern. Ich bin mir sicher, dass das Fest uns dieses Jahr alle besonders tief berühren wird."