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Re: Beraubt
Verfasst: So 14. Feb 2021, 19:03
von Lyris
Lyris hatte schon lange das Zeitgefühl verloren und seit wann er auf der Liege gefesselt war. Wie lange er bereits gefoltert und erniedrigt wurde. Sein Meister beschimpfte ihn als Abschaum, doch sein Speerfaden war nicht mehr nur wütend. Rohe Erregung schwang darin mit und nährte Lyris' Hoffnung, dass der Meister ihn später auch auf diese Weise beanspruchen würde. Dabei war Lyris viel zu schmutzig, als dass er es würdig war dem Meister so dienen zu können.
Er schrie laut auf, als sich die Hand des Meisters um seinen Schaft schloss und dann druckvoll auf- und abrieb. Die Kugeln verschoben sich, dominierten Lyris vollkommen. Mit jedem Ruck nach oben glitt eine der Kugeln fast wieder heraus, wurde gleich darauf wieder reingedrückt. Die kleine Öffnung war mittlerweile gedehnt, hätte auch die dicke Endkugel beinahe in sich gelassen. Er war so widerlich, dass selbst seine Männlichkeit gefickt werden konnte. Der Weißgewandte hustete, schmeckte immer noch Blut. Seine Zunge lag schwer in ihm drin, fühlte sich selbst an wie ein eingedrungener Fremdkörper. Als es wäre es nicht mehr seine.
Der Meister ließ Lyris' gequetschte Männlichkeit los und gewährte Lyris seinen gebettelten Wunsch, dass sein widerlicher Speer weiter durchstochen werden sollte. Die Spitze wurde desinfiziert, dann folgte eine weitere furchteinflößende Nadel. Mit viel Zeit und Gefühl drang sie an der zarten Haut seitlich am unteren Rand der Eichel ein. Lyris hatte das Gefühl er würde vergehen vor Schmerzen. Der Stich war nur kurz, aber umso qualvoller. Dann führte der Meister einen Ring ein, wiederholte das grausame Spiel auf der anderen Seite der misshandelten Speerspitze. Unter Schreien und gegurgeltem Stöhnen bekam Lyris zwei Ringe verpasst. Sie waren zudem groß genug, dass der Meister eine kleine Kette daran befestigen konnte. Mit tränenden Augen sah Lyris mit an wie die Vorhängekette über seine Eichel gespannt wurde. Ein größerer Ring in der Mitte der Kette sollte anscheinend die Kugel am Ende des Metallstäbchens in Position halten. Dafür musste der Meister die Kugel aber stärker gegen das fleischige Loch pressen. So stark, dass Lyris spitz schrie und sich anspannte. Geschafft sah er zu wie sich die Kugel hineinbohrte bis der Meister endlich den Ring darüber stülpte und damit den Stab fest in Lyris verankerte.
Es sah so ausstellend aus, so grob und widerlich. Nichts was man mit jemanden gemacht hätte, den man schätzte. Nein, er war wirklich dreckiger Abschaum und der hatte nichts anderes verdient, als überall gefoltert zu werden. Lyris keuchte. Blut rann von seinen schweren Knospen, zarte Fäden, die über die Muskeln glitten. Sein Körper zitterte kraftlos und jedes Mal spürte er das Metall in sich, spürte die gestochenen Wunden.
Kurz glaubte er, dass der Meister nun fertig mit dem Speer wäre, doch als er ein zweites Stäbchen vom Tisch nahm, erstarrte Lyris. Nein, nein, er konnte nicht zwei auf einmal ertragen. Er war noch nicht genügend geweitet und gedehnt.
Der Meister hatte kein Erbarmen. Das zweite Stäbchen war zwar dünn, doch Lyris kämpfte bereits mit den ausfüllenden, beherrschenden Kugeln. Dennoch flehte er nicht, dass der Meister aufhörte. Bitte, er sollte nicht aufhören. Solange sich der Meister mit ihm beschäftigte, standen sie in Kontakt und teilten intimste Emotionen. Nichts über die Entführung, doch Gier und Schmerz, Abschaum und Verachtung. Niederste Gefühle, die sie beide beschäftigt hielten.
Gnadenlos presste der Meister das Stäbchen in die Öffnung, drängte es gegen die Kugeln. Lyris schrie gellend auf. Grob und schmerzhaft wurde das Loch geweitet bis das Stäbchen hineingezwängt werden konnte. Was Lyris nicht erwartet hatte, war das heftige Vibrieren. Das Metall gab das Vibrieren sofort an die Kugeln weiter, die sich daraufhin ebenfalls zu bewegen begannen. Lyris starrte mit weit aufgerissenen Augen zu seinem dicken Schaft. Er sah richtig fett aus so viel Metall steckte in ihm. Man konnte jedes Pulsieren und Zucken sehen. Es war widerlich faszinierend. Lyris stöhnte benommen vor Lust.
Der Meister verspottete ihn, dass Lyris bereits wahnsinnig vor Geilheit wäre.
*Ja, Meister, ich bin ein dreckiges Ding, das unter eurer Brutalität ganz geil wird*, gab Lyris zu und beschmutzte sich selber.
Immer noch war der Meister nicht fertig mit ihm. Er ging nur kurz zu einem Schrank, ließ Lyris bebend zurück. Er sabberte eklig vor Lust, Blut und Speichelfäden rannen ihm über die Lippen. Er hatte seine Zunge nicht unter Kontrolle. Es war alles so schwer. Der Anblick seines pumpenden Speers so geil. Der Weißgewandte keuchte, als der Meister mit einer Schale zurückkam, die er auf Lyris gepiercten Bauch abstellte. Der Krieger ertrug es unterdrückt stöhnend. Natürlich kannte Lyris Liebeskugeln, aber er bezweifelte, dass diese Kugeln ihrem Namen gerecht wurden. Die waren dazu da ihn zu quälen. Würde ihm der Meister etwa all diese Kugeln reinschieben? Zwar nur walnussgroß waren es doch einige und Lyris hatte eine Heilung hinter sich. Er spürte seinen Kanal vor lauter Wundheit kaum noch. Die feine Haut war permanent gespannt und ausgefüllt.
Der Meister wollte dies nun auch überprüfen. Abrupt schrumpfte das Metall in Lyris zusammen. Der Krieger japste nach Luft, wimmerte. Es schmerzte immer noch. Irgendetwas war vielleicht wieder aufgerissen durch die Dehnung. Das Blut auf dem Metallstab war natürlich kein Hindernis für den Meister und er schien es nicht einmal richtig zu beachten. Bevor sich Lyris' Öffnung zusammenziehen konnte, bekam er unsanft eine der Kugeln hineingedrückt. Nach der ersten Kugel folgte sofort die zweite und so fort. Lyris stöhnte, sah wie sein Hintern so besudelt war, dass er immer mehr von den Kugeln in sich aufnehmen konnte. Er konnte spüren wie sie sich in ihm verschoben und tiefer in ihn hineinrutschten. Erst als der Meister mit der Anzahl der Kugeln zufrieden war, stopfte er ihn mit einem silbernen Kolben.
Lyris keuchte wild und heftig. Ausgerechnet nach dieser herablassenden Behandlung wollte der Meister wissen wie es sich anfühlte.
*Vollkommen in Besitz genommen und-*, begann Lyris und stockte überwältigt. Er stöhnte laut, als sich die Kugeln in ihm zu bewegen begannen. Ein Laut, der sich in einen Schrei wandelte, als er wieder etwas in sich reißen spürte. Die Kugeln vibrierten so stark, dass es Lyris bis in jeder Faser seines Körpers spürte. Bis der Meister sie anschwellen ließ. Lyris konnte sie in sich wachsen füllen, anschwellen bis sie ihn unter grausamen Qualen dehnten.
*Ahhh, Meister, Meister, ihr zerreißt mich. Ich bin zu erbärmlich es auszuhalten. Bitte zerreißt diesen unwürdigen Körper!*
Er schrie spitz, glitt in eine kurze Ohnmacht, kam sofort wieder heraus, als die Kugeln auf eine gewaltige Größe anwuchsen. Sein flacher Körper wölbte sich geschwängert. Die Piercings um den Bauchnabel und in der Lendengegend verschoben sich schmerzhaft, aber Lyris konnte kaum noch etwas anderes fühlen außer entzwei gerissen zu werden. Er würde es nicht aushalten.
Und dann keuchte der Meister und schien beinahe zu stürzen. Lyris lag direkt neben ihm und bekam so den mentalen Schrei unmittelbar mit. Roh und ungefiltert. Der riesige Schmerz, der ihn überwältigte. Größer als das was Lyris gerade ertragen musste. Ein innerer Schrei von maßlosem Leid und Verlust. Lyris' Herz brach. Der Geist des Meisters umhüllte ihn, zog an ihm, hielt ihn fest gepackt. Lyris hatte die ganze Zeit über geglaubt, es wäre ein dominanter Griff, doch es war das einzige was den Meister davor bewahrt hatte in den Abgrund zu stürzen.
Lyris wusste nicht mehr wie er ihm helfen konnte außer auch jetzt an seiner Seite zu bleiben. Er würde ihn nicht allein lassen. Er würde mit ihm fallen und zerbrechen und so immer bei ihm bleiben.
Er war bereit. Als Antwort spürte Lyris die Liebe des Meisters, dieses wundervolle Geschenk. Für den Meister war er selbst jetzt nicht unrein. Er war rein und kostbar und wunderschön. Die innige Liebe umgab Lyris und er sandte die gleiche Liebe und absolute Hingabe zurück. Er war bereit dem Meister zu folgen.
So war Lyris mehr als orientierungslos und benommen als die Türe des Ateliers krachend aufging. Fielen sie bereits? Was passierte? Halb bewusstlos lag der geschwängerte Krieger auf der Liege, fühlte sich innerlich verbluten. Seine Kraft schwandt. Nur schwach bekam er mit wie andere Kunstwerke ins Atelier strömten und Aerys aufgeregt bedrängten.
Es ging um Themion, der aus Mineva zurückgekommen war und eine neue Idee hätte wie sie weiter nach den Entführten suchen konnte. Die Worte glitten langsam durch seinen Geist, doch Lyris konnte sie kaum fassen. Er spürte sich nur aufreißen, aufbohren, bluten, schmerzen, quälen.
War das Themions Stimme? Lyris hatte sie so lange nicht mehr gehört. Es war schön sie noch ein letztes Mal zu hören...
"Meister, ich habe an Königin Heraia Tolarims Hof gehört, dass es dort eine Schwarze Witwe gibt, die darauf spezialisiert ist, vermisste Personen zu finden", erzählte Themion. "Seitdem die Spinnenkönigin tot ist, kann sie wieder ihrer Arbeit nachgehen."
Schwach bekam Lyris mit wie sich alle anderen freuten und den Meister hoffnungsvoll ansahen. Lyris glaubte, dass es diese Hoffnung war, die den Meister nochmal gerettet hatte. Was hatte Lyris selbst dazu beigetragen? Er fühlte sich so schwach. Er blickte auf seinen dicken Bauch, auf die blutenden Piercings und sein angeschwollener Speer. Lyris' Kopf sackte zur Seite.
*Meister... bitte versucht es...* Diese kleine Hoffnung durften sie nicht entgleiten lassen. Egal wie groß die Gefahr war enttäuscht zu werden.
Re: Beraubt
Verfasst: So 14. Feb 2021, 20:19
von Aerys
"Was soll das bedeuten?" herrschte Aerys Fergus grob an, der daraufhin erschrocken zusammen zuckte. Zerknirscht fuhr er sich durchs Haar, grinste gleich darauf aber wieder fröhlich wie ein frecher Junge und wollte mit seinen tollen Neuigkeiten hervorsprudeln. Aerys blickte streng an ihm vorbei zu dem anderen Kunstwerk hinter ihm.
"Themion?" forderte er den Krieger auf, zu erklären, was hier los ist.
"Meister, ich habe an Königin Heraia Tolarims Hof gehört, dass es dort eine Schwarze Witwe gibt, die darauf spezialisiert ist, vermisste Personen zu finden", erzählte Themion. "Seitdem die Spinnenkönigin tot ist, kann sie wieder ihrer Arbeit nachgehen."
Geschockt starrte Aerys Themion an. Eine Schwarze Witwe sollte seine entführten Kunstwerke einfach so finden könnten. Das war doch Irrsinn. Wo sollte sie denn suchen. Es gab keinerlei Anhaltspunkte. Sonst hätte Aerys schon längst eine Schwarze Witwe angefragt ihm zu helfen. Seine Schwester hätte ihm bestimmt eine vermitteln können.
Unbehaglich blickte Aerys von Themion zu Darion, Fergus und Yukarin im Hintergrund. Ihre hoffnungsvollen Blicke waren nicht zu ertragen. Abrupt wandte er sich um, blickte hinunter auf den gemarterten, blutenden und zutiefst loyalen Lyris. Der Krieger war kaum mehr bei Bewusstsein. Sein Kopf sackte schwer zur Seite. Dennoch flehte er ihn innig an, es zu versuchen. Dachte weiterhin nur an Aerys Wohl. Der Prinz war versucht ihn heftig zu ohrfeigen für dieses Aufdrängen. Schlussendlich liess er jedoch nur die Kugeln in seinem Bauch wieder auf ihre ursprüngliche Grösse schrumpfen, stoppte das Rumoren und zog ganz vorsichtig das vibrierende Stäbchen aus Lyris Männlichkeit.
Dabei sah er dennoch immer noch die vier hoffnungsvollen Gesichter seiner Kunstwerke. Das Fergus so aussah, war normal, aber dass selbst Darion und Yukarin mithofften, verlockte Aerys dazu, ebenfalls hoffen zu wollen. Diese beiden Kunstwerke konnte man nicht so leicht betören. Wenn diese Beiden an diese Schwarze Witwe glauben konnten, dann war vielleicht doch etwas an der Geschichte von Themion dran. Erneut drehte er sich abrupt um. Diesmal entschlossen zu seinen Kunstwerken blickend.
"Yukarin! Sammle meine Bilder von den Einbrechern zusammen", wies er ihn zackig an. Der Blutige neigte seinen Kopf und machte sich sofort anmutig an die Arbeit."Danach geh zu Horatio, er soll Kleidung für Darion als meinen Kammerdiener und Lyris als einen weiteren Diener heraus suchen. Eure Gewandung bleibt hier." Es sollte nicht noch jemand auf den Gedanken kommen, Kunstwerke von ihm rauben zu wollen.
"Fergus! Sorg dafür, dass zwei Kutschen angespannt werden und gib den Wachen Bescheid, dass ich vier Begleiter brauche." Der lockenköpfige Krieger quitschte erfreut, klatschte in die Hände und sauste los. Aerys verdrehte die Augen. *Und sag ihnen, dass wir den gefangenen Soldaten mitnehmen werden*, sandte er ihm hinterher.
"Darion, kümmere du dich um Lyris", wies er den schönen Krieger an. "Tuana soll ihn nochmals heilen. Danach zieht euch um." Darion verneigte sich mit einem stillen Lächeln ehrerbietig und trat zu Lyris an die Liege heran.
"Themion, du kommst mit mir", wiess er sein letztes Kunstwerk an. "Ich muss zu Coranis. Er soll mir einige Schriftstücke aufsetzen. Ich will, dass du mir alles über diese Schwarze Witwe erzählst, was du weisst." Aerys war mit Themion schon fast zur Tür hinaus, als er im Augenwinkel sah, wie Darion zwar bei Lyris an der Liege stand, ihn aber noch nicht befreit hatte. Stattdessen schien er auf etwas zu warten. Es war unglaublich dezent und doch wirkte es leicht rebellisch und aufmüpfig. Aerys wusste sofort, auf was Darion wartete.
"Beim Feuer der Hölle, dann fass ihn eben an", knurrte er ungehalten, aber nicht mehr in dem eisigen Zorn gefangen. Darion hatte eindeutig viel zu viel Zeit mit Lilian verbracht und sich schlechte Eigenschaften von ihm abgeschaut.
"Nur beeile dich", befahl er ihm. "Ich will in spätestens einer Stunde abreisen können."
Re: Beraubt
Verfasst: So 14. Feb 2021, 21:19
von Lyris
Er schluchzte erleichtert auf, als er hörte wie sich der Meister für Themions Nachricht zu interessieren begann. Das war gut. Dann hatte der Meister noch Hoffnung...
Abrupt schrumpften die vibrierenden Kugeln in ihm zusammen. Lyris stöhnte gequält, sackte zusammen. Obwohl der Meister bereits längst Anweisungen verteilte und mit den Gedanken schon bei einer Reise nach Mineva war, gab er sich nochmal mit Lyris ab und erlöste ihm von dem zweiten Metallstäbchen in dem angeschwollenen Glied des Weißgewandten.
Lyris konnte ihn nur dankbar anschauen ehe er erneut in eine Ohnmacht driftete und nicht mehr mitbekam was um ihn herum geschah. Er kam erst wieder zu sich, als er in Darions Armen war. Lyris wimmerte gefoltert. Er versuchte etwas zu sagen, konnte nur hilflos schlucken und würgen. Darion sagte ihm beruhigend, dass er ihn zu Tuana bringen würde.
Aber Darion fasste ihn an... er durfte nicht. Lyris war unrein. Der Krieger wurde wieder bewusstlos. Dieses Mal für eine längere Zeit. Ab und zu erhielt Lyris Bewusstsein, sah Tuanas besorgtes Gesicht, spürte ihre heilenden Hände.
*Nicht.. der Meister...*, sandte er schwach.
"Wenn er dich behalten will, dann wird er damit einverstanden sein, dass ich dich heile. Und dieses Mal hoffentlich das Heilnetz respektieren." Sie schnaubte.
Lyris verlor wieder das Bewusstsein, obwohl er versuchte wach zu bleiben. Er wollte doch sehen, was Tuana heilte. Würde sie die Piercings entfernen? Was hatte ihr der Meister gesagt? Lyris bekam es nicht mehr mit. Erst als er irgendwann geweckt wurde und nackt und sauber auf einem Krankenbett lag.
"Wah... argh...", versuchte er seine Zunge mühsam zu bewegen. Die Piercings waren immer noch dick und eingreifend in ihm. Aber es schmerzte nicht mehr. Im Gegenteil. Es war alles taub. Überall. Lyris spürte nur schwachen, pochenden Schmerz dumpf in seinem Inneren und bei seinem Speer. Verwirrt sah er an sich herab. Das Blut war verschwunden, auch die wunden Einstichstellen. Stattdessen war die Haut bereits verheilt und fest mit den Piercings verwachsen. Als hätte er sie schon immer getragen.
Darion stand an seinem Bett. Er trug seine weiße Gewandung nicht mehr, sondern die eines edlen Höflings. Auch Lyris hielt er einen Stapel Kleidung entgegen. Erfolglos versuchte Lyris seine Zunge dazu zu bringen Worte zu formen, doch die Kugeln hielten die Zunge hinten oder bewegten sich leicht. Lyris stöhnte leise.
*Was muss ich tun?*, fragte er, nachdem er sich halbwegs gefangen hatte. Darion erklärte ihm in seiner sanften Stimme, dass der Meister augenblicklich nach Mineva aufbrechen wollte und sie nur auf Lyris warteten. Ob er aufstehen und sich anziehen konnte.
Dann durfte er den Meister begleiten? Aber er war unrein... das stand ihm kaum zu.
*Du hast mich angefasst*, erinnerte sich Lyris. Er richtete sich vorsichtig auf und griff nach den Pants. Leise wimmernd streifte er sich das knappe Stück Stoff über.
Darion erklärte, dass es der Meister erlaubt hätte. War er nicht mehr unrein? Lyris keuchte unterdrückt.
*Danke...*
Darion half Lyris sich anzuziehen. Es war schöne, feine Kleidung. Wacklig rutschte der Krieger vom Bett. Darion bot ihm seinen Arm an und Lyris nahm es dankbar an. Gemeinsam gingen sie nach draußen. Es war bereits dunkel, doch der Meister schien keine Zeit verlieren zu wollen. Lyris wunderte sich über die zweite Kutsche, wurde von Darion aber in die erste geleitet. Der Meister wartete bereits. Lyris senkte demütig den Kopf.
*Es tut mir leid, dass mein schwacher Körper die Abfahrt verzögert hat*, entschuldigte er sich. Lyris wollte sich ungelenk zu den Füßen des Meisters knien, als dieser schnippte und neben sich deutete. Dann bekam er die Anweisung sich auf den Rücken zu legen. Lyris kam dem dankbar nach und dann durfte er sogar seinen Kopf in den Schoß des Meisters betten. Es war wie das größte Glück. Lyris' blaue Augen strahlten glücklich. Ergeben sah er hoch zu dem Meister und genoss wie ihm dieser durchs Haar streichelte.
*Danke, Meister*, sandte er ergriffen.
Wenig später setzte sich die Kutsche in Bewegung. Darion hatte gegenüber von ihnen Platz genommen. Für eine Weile herrschte eine angespannte, erwartungsvolle Stimmung in der Kutsche. Der Meister war ungeduldig so schnell wie möglich anzukommen, doch natürlich würde die Fahrt Stunden dauern. Sie würden mitten in der Nacht ankommen. Lyris fielen immer wieder die Augen zu. Tapfer blieben Darion und er aber wach und gestatteten sich erst zu dösen, als auch der Meister eingeschlafen war. Endlich. Lyris war so erleichtert, dass er beinahe geweint hätte. Er hatte sich solche Sorgen um den Meister gemacht und im Atelier war es so knapp gewesen.
Als der Weißgewandte aufwachte, fuhren sie immer noch durch die Nacht. Er lächelte, als ihm der Meister abwesend durchs Haar kraulte. Er schien mit den Gedanken woanders zu sein. Die Fahrt verlief größtenteils schweigend. Irgendwann rief Darion Proviant herbei und richtete ihn wunderschön und verlockend an. Kleine Häppchen, die Bariol sicher persönlich kreiert hatte. Lyris merkte wie viel Hunger er hatte, doch er war besorgter um das Wohlergehen des Meisters und war froh, dass er wenigstens einen Bissen nahm. Darion machte es auch so wunderbar sinnlich und anmutig vor. Man bekam unwillkürlich Lust darauf etwas zu vernaschen. So aß Lyris mehr als beabsichtigt und der Meister konnte auch etwas zu sich nehmen.
Nachdem Lyris wieder etwas geschlafen hatte, wurde er geweckt, als die Kutsche anhielt. Stimmen waren draußen zu hören. Dann öffnete ihnen ein Bedienster in Tolarimfarben und -wappen. Natürlich stieg der Meister zuerst aus. Es war zwar mitten in der Nacht, trotzdem empfing sie der Oberste Butler. Man erkannte es an seiner kostbaren makellosen Uniform. Er wirkte wach und ausgeruht. Wie als würden sie nicht unangekündigt zu später Stunde auftauchen.
"Guten Abend, Prinz Verden. Willkommen im Geburtssitz der Tolarims. Lord Massimo Ivores, zu euren Diensten." Er verneigte sich formvollendet und führte sie in das große Schloss. Er stellte keine Fragen was sie hier wollten. Vielleicht hatten die Wachen einen Speerfaden vorausgeschickt.
"Königin Tolarim wird euch morgen zur gegebener Zeit empfangen, Prinz Verden.", erklärte er, als sie durch die stillen Gänge schritten. Lyris versuchte Schritt zu halten. Seine Beine fühlten sich bleiern an und inzwischen hatte auch die Betäubung nachgelassen. Er spürte die Piercings bei jedem Schritt.
"In der Zwischenzeit könnt ihr euch jederzeit an mich oder einen meiner Butler wenden." Lord Ivores öffnete eine Türe und ließ den Meister mit einer Verneigung zuerst eintreten. Es war ein großes, luxuriöses Gästezimmer.
"Wo möchtet ihr eure Diener untergebracht wissen? Im Gesindetrakt oder in eurer Nähe?", erkundigte sich der Mann. "Kann ich euch eine späte Mahlzeit aufs Zimmer bringen lassen?"
Re: Beraubt
Verfasst: Mo 15. Feb 2021, 09:26
von Aerys
Heraia Tolarim. Sie war mehr als nur eine gute Kundin von ihm. Gönnerin traf es viel eher. Zudem war sie eine der wenigen Kundinnen, vor denen es ihn nicht scheute, sich mit ihr zu treffen. Im Gegenteil, für sie nahm er sich immer die Zeit, sie zu treffen und sie zu beraten, welches Kunstwerk sie für welchen Anlass ausleiehn konnte. Für den Prinzen stellte die Königin eine faszinierende Mischung aus leidenschaftlicher, lustvoller Lebensfreude und einer genau so leidenschaftlichen und aussergewöhnlich treuen Liebe zu ihrem Ehemann dar. Heraia genoss und bewunderte seine Kunstwerke in vollen Zügen und behandelte sie stets so, wie es angedacht war. Gleichzeitig schaffte sie es, ihrem Mann treu zu bleiben. Aerys bewunderte das, weswegen er seine Kunstwerke jedes Mal streng anwies, die Königin nie so sehr zu verführen, als dass die nicht mehr sie selbst gewesen wäre und ihren Mann betrog.
Nun hoffte er, dass die Königin ihm den selben Gefallen erweisen und sich morgen die Zeit für ihn nehmen würde. Dabei fiel es Aerys schon schwer genug, überhaupt so lange warten zu müssen. Doch ihm war klar, dass er sich hier gedulden musste, bis die Königin ihn zu sich rief. Sonst würde er gar nichts bekommen. Dennoch. Schon alleine die lange Reise nach Mineva fühlte sich quälend unendlich an. Da war es schon fast erlösend, als er irgendwann eindösen konnte. So musste er diese Warterei nicht erleben. Allerdings war er viel zu aufgewühlt, als dass er lange hätte schlafen können. Abwesend ass er von den Häppchen, die Darion ihm erreichte, während er gedanklich sich überlegte, wie er mit Heraia Tolarim sprechen würde, um ihre Hilfe zu bekommen.
Schliesslich war die Reise geschafft und sie erreichten den Landepunkt nahe des Schlosses von Mineva. Hier waren die Wachen überaus gründlich mit der Kontrolle und wirkten nicht im Mindesten bestechlich. Auch wenn sie sehr erschrocken über den Soldaten in der anderen Kutsche waren. Besonders, wo er doch hayllische Farben trug. Ein Eilbote wurde vorgeschickt um Prinz Verden im Schloss anzukünden. Aerys selber kam nicht ganz so schnell vorwärts, da am Eingang zum Schloss die Kutschen erneut kontrolliert wurden. So schwer es ihm auch fiel seine eigene Ungeduld zu zügeln, so konnte er diese Vorsichtsmassnahmen nur gutheissen. Wenn alle Wachen so gewissenhaft handeln würden, dann hätten die Räuber nicht über die Winden entflihen können und hätten keine Chance gehabt, mit ihrer Beute zu entschwinden.
Sie wurden vom Obersten Butler persönlich empfangen. Der Krieger hätte sich ihnen nicht vorzustellen brauchen. Aerys erinnerte sich an den Mann noch gut von seinen letzten Besuchen hier. Egal wie lange die her waren. Massimo war ein wunderschöner Mann. Auf seine eigene Weise ein perfektes Kunstwerk. Der vollkommene Diener. Hätte Aerys Heraia nicht so geschätzt, hätte er diesen schönen Mann längst in seine Villa verführt. Diesmal hatte er jedoch keine Musse, sich länger mit dem perfekten Diener zu beschäftigen. Seine Gedanken waren woanders. Wenn auch stets verzweifelt bemüht, nicht an Lilian und die Kunstwerke zu denken.
"Lord Ivores", grüsste er stattdessen nur mit einem höflichen Nicken den Mann und liess sich von ihm ins Schloss führen. Dabei wartete er nicht, ob Darion und Lyris schnell genug aus der Kutsche gestiegen waren. Die zwei Kunstwerke würden selber zu ihm aufholen können. Im Hintergrund sah er, wie einige Schlosswachen den verletzten Soldaten aus der Kutsche hoben. Einer seiner eigenen Wächter überreichte einem grossen Krieger einen erklärenden Brief, den Coranis zu dem bestechlichen Soldaten geschrieben hatte. Dieser Mann war nun nicht mehr sein Problem. Er konnte nur hoffen, dass die Königin ein Exempel an ihm statuieren würde, damit sich die Soldaten an den Knotenpunkten nicht mehr bestechen liessen. Und das ausgerechnet noch während dieses furchtbaren Krieges.
"Meine Diener sollen in der Nähe untergebracht werden", wünschte er sich von dem Obersten Butler. "Sie können sich ein Zimmer mit meinen Wachen teilen. Ich möchte Königin Tolarim nicht weiter zur Last fallen." Vorallem wollte er alle seine Leute bei sich wissen. Seine Kunstwerke würden ohnehin bei ihm schlafen.
"Ein Frühstück in der Morgendämmerung wird reichen", lehnte er eine späte Mahlzeit ab. Schmerzlich stellte er sich dabei die grossen Augen von Lilian vor, wenn er hier gewesen wäre und mitbekommen hätte, dass Aerys vor hatte, so früh aufzustehen. "Wenn Ihr allerdings eine verschwiegene Heilerin vorbei schicken könntet, sofern sie von keinem lebenswichtigen Fall abgezogen wird. Einer meiner Diener trägt Heilnetze in sich und ich möchte sicher gehen, dass sie von der Fahrt nicht in mitleidenschaft gezogen wurde."
Massimo Ivores konnte eine Heilerin vorbei schicken. Genau wie der Hüne im Hof schien sie auf irgend eine Weise mit ihm verwandt zu sein. Sie war eine selbstbewusste, junge Frau, die gerade so knapp verbergen konnte, dass sie gar nicht damit einverstanden war, was Lyris für Verletzungen hatte erleiden müssen. Dabei hatte Darion dem Krieger vorher sogar noch das Kettchen und das Stäbchen an Lyris Glied entfernt, nachdem er ihm geholfen hatte, sich auszuziehen und in Aerys Bett zu legen. Ganz ähnlich wie Tuana verschrieb sie Lyris viel Ruhe und versprach, am morgigen Tag noch einmal vorbei zu kommen. Aerys dankte ihr und liess Lyris tatsächlich erstmal in Ruhe. Darion und er nahmen ihn in ihre Mitte, um die Nacht gemeinsam im Bett zu verbringen. Der Schlaf überwältigte ihn überraschend schnell und heftig. Auch wenn er alles andere als ruhig war.
So fiel es ihm auch gar nicht so schwer, am nächsten Morgen wieder aufzustehen, als Darion ihn kurz vor der Morgendämmerung wider weckte. Gemeinsam mit seinen Kunstwerken stellte er sich unter die Dusche, reagierte seine morgendliche Erregung jedoch nicht an ihnen ab. Ihm stand der Sinn nicht danach. Egal wie luxuriös und schön das Bad war. Es war für seinen Geschmack ohnehin viel zu oppulent. Seine Gedanken kreisten jedoch schon wieder um das Gespräch mit Heraia Tolarim und ob sie ihm ihre Hilfe gewähren würde. Er zwang Lyris jedoch, sich das Stäbchen selbst wieder in seine Männlichkeit zu schieben und es mit dem Kettchen zu befestigenn. Auch Darion wiess er an, dafür zu sorgen, dass er bei der Audienz bei der Königin hart war. Aerys wusste, dass es ihr gefallen würde.
Es gefiel Heraia Tolarim tatsächlich, als sie im Verlauf des Morgens empfangen wurden. Sie gönnte es sich, genüsslich über die prallen Beulen seiner Kunstwerke zu streicheln. Besonders gefielen ihr jedoch die drehbaren Kugeln in Lyris Zunge, die sie ausführlich erkundete. Ehe sie mit einer gewissen schmollenden Enttäuschung meinte, dass dies wohl eher etwas für Männer wäre, so unbeweglich wie Lyris Zunge dabei wäre. Mit einem sachten Schmunzeln musste Aerys ihr recht geben.
Diese Spielerei dauerte jedoch nicht länger als fünf Minuten. Die sonst so lebenslustige, sinnliche Königin war angespannt und wollte zügig vorwärts arbeiten. Man sah ihr an, dass der Krieg und vorallem die schlimme Vergiftung ihrer Tochter nicht spurlos an ihr vorüber gegangen war. Die Frau musste furchtbares durchgestanden haben, als sie von der Vergiftung ihrer Tochter gehört hatte. Aerys selbst wagte gar nicht daran zu denken, was das für Gefühle in ihr ausgelöst haben mochte. Geschweige denn, wie sehr er sich selbst um seine entführten Kunstwerke sorgte. Dennoch fragte er sich kurz, ob er auch so aussahe, wie die Königin. Schön, aber angespannt. Drängend vorwärts zu arbeiten und zu erledigen, was es zu erledigen gab.
So war die ganze Audienz nicht sonderlich lange. Heraia erklärtei sich sofort bereit, ihm ihre Schwarze Witwe zur Verfügung zu stellen. Sie bebte vor Zorn, als sie von der Entführung hörte und noch mehr, als sie von dem bestechlichen Soldaten erfuhr. Sie wollte sich ganz persönlich um dessen Schicksal kümmern. Da sie jedoch viel zu tun hatte, konnte sie nicht selber mit ihm auf die Schwarze Witwe warten. Stattdessen wiess sie eine ihrer Angestellten an, eine Zusammenfassung und einige Anweisungen an die Schwarze Witwe zu schreiben und sie so schnell wie möglich herbringen zu lassen.
Aerys und seine Kunstwerke wurden derweil in einen Salon geführt, wo sie es angenehm haben sollten, bis die Schwarze Witwe bei ihnen eintraf. Tee und Häppchen wurden serviert. Aerys beachtete es nicht und starrte lieber aus dem Fenster. Wobei er unheimlich froh war, dass dieser Salon keinen Blick auf den Park freigab, sondern auf die Stadt unten in der Bucht. Lyris sollte sich derweil aufs Sofa legen und sich weiter ausruhen. Aerys hatte so eine Ahnung, dass er den Krieger bald schon wieder heftig beanspruchen würde. Selbst jetzt tat es ihm beinahe körperlich weh, den Krieger nicht berühren und dominieren zu können. Diese Warterei, in der man zur Untätigkeit verdammt wurde, war einfach nur schrecklich.
Re: Beraubt
Verfasst: Mo 15. Feb 2021, 10:36
von Tallike
"Wie konntest du ihn nur bei dir verstecken? Das ist mein Fifi!"
"Wir haben ihn gemeinsam gekauft! Du hast ihn dir einfach gierig gekrallt!"
Tallike versuchte ruhig zu bleiben, während sich vor ihr zwei ältere Frauen um ein kleines Hündchen stritten, das aufgeregt um beide herumsprang. Die Mundwinkel der Schwarzen Witwe zuckten, während sie bemühte nicht zu schmunzeln. Die Dienste einer Schwarzen Witwe war hier beinahe unnötig gewesen. Detektivisches Gespür hätte gereicht, doch die Lady gehörte zum ersten Kreis und sie konnte sehr dramatisch sein. Diese Suche war eine der einfacheren gewesen und Talli wurde immer schwach, wenn sie eine schöne Wiedervereinigung sah. Selbst wenn sie so absurd war wie diese. In letzter Zeit hatte es nicht viele Wiedersehen gegeben. Die meisten suchten Geliebte, die in den Krieg gezogen waren. Tallike konnte da nicht viel unternehmen. Zwar war die Spinnenkönigin tot, doch alles was mit Dhemlan zu tun hatte war sehr gefährlich. Sions Stundenglassabbat machte das Verzerrte Reich weiterhin unsicher und wenn man nicht aufpasste, landete man selbst in einen Kampf um seinen eigenen Geist. Geschweige denn, dass Tallike hätte Spurensucher und Bluthunde nach Dhemlan schicken können. So konnte sie diese Auftraggeber nur vertrösten oder ein vages Zukunftsnetz spinnen. Es war nicht sehr befriedigend. Dann lieber verlorene Hündchen finden.
Tallike neigte sich zu der Zofe, die besorgt neben ihr stand und hilflos den Streit mit ansah.
"Empfiehlt eurer Herrin, dass sie ihrer ehemaligen Freundin ein Besucherrecht einräumen soll", sagte sie. "Ich muss mich entschuldigen. Königin Tolarim schickt nach mir."
Tallike verneigte sich vor den streitenden Adeligen, die sie ohnehin ignorierten. Die Schwarze Witwe nutzte die Gelegenheit und schlüpfte aus dem Salon. Ein Diener führte sie aus dem noblen Stadthaus. Die Kutsche, die Talli hergebracht hatte, stand noch bereit und so musste die Schwarze Witwe nur einsteigen.
Als sie auf dem Weg zurück zum Anwesen war, erreichte sie dann auch der Speerfaden der Königin, den Tallike bereits voraus geahnt hatte. Technisch gesehen war es also keine Ausrede gewesen...
Den Inhalt des Speerfadens hatte Talli jedoch nicht erwartet. Ein Prinz Aerys Verden benötigte ihre Dienste dringend. Weitere Anweisungen wären im Schloss. Tallike spürte wie sie aufgeregt wurde. Als sie heute morgen aufgewacht war, hatte sie dieses vage Gefühl gehabt, dass sie heute noch eine besondere Begegnung erwartete. Dass heute etwas außergewöhnliches passieren würde.
Und es war nicht das gefundene Hündchen gewesen.
Nein, definitiv nicht.
Und wieso sagte ihr der Name des Mannes etwas? Natürlich waren die Verdens eine Familie aus Haylls Hundert, doch jede dieser Familien hatte dutzende wenn nicht gar hunderte an Mitgliedern. Aerys..
Dann fiel Talli die schönen Bilder in der Galerie ein. Natürlich. Aerys Verden war der Künstler. Heraia besaß einige seiner Bilder. Der Prinz malte meistens sehr ansehnliche, schöne Männer. Manche würden es vielleicht als oberflächlich bezeichnen, einfach hübsch anzuschauen, aber Tallike hatte den tieferen Blick darin bemerkt. Prinz Verden verstand es die Verletzlichkeit seiner Modelle zu zeigen. Ihren Charakter. Wobei es ein Bild in Heraias persönlichen Gemächern gab, dass sehr... sehr viel Charakter hatte.
Soweit Talli wusste, war der Prinz ein zurückgezogener Künstler. Sie hatte ihn auch noch nie bei einer der Feste im Schloss gesehen. Allerdings war Tallike selbst selten auf diesen Veranstaltungen. Sie hatte nicht vergessen, dass sie keine Adelige war. Sie war im Grunde eine Bedienstete, die rein zufällig auch eine Schwarze Witwe war. Eine, die fähig genug war, dass die Königin sie beschäftigte und ihr im Gegenzug mehr Annehmlichkeiten und Freiheiten gab, als es einem normalen Diener zustand. Die Zeiten, wo Tallike als Zimmermädchen gearbeitet hatte, waren lange vorbei.
Die Kutsche hielt auch vor dem Haupteingang und Aiantes, einer der Butler, half ihr hinaus. Er lächelte gewinnend. Talli lächelte zurück, leicht verlegen, weil sie sich erinnerte, dass es ein großer Fehler gewesen war diesem schönen Lächeln für eine Nacht erlegen zu sein. Sie wünschte, sie hätte bei ihren Beziehungen ein besseres Gespür. Sehr peinlich für eine Schwarze Witwe. Rasch eilte sie die Treppen hinauf. Oben erwartete sie bereits ein Diener von Heraia und reichte ihr eine dünne Akte, die Anweisungen und eine knappe Zusammenfassung enthielten. Die Anweisungen waren Tallike bestens bekannt, denn sie waren meist die gleichen. Hier betonte die Königin aber nochmals, dass Tallike den Prinzen auf jede erdenkliche Weise unterstützen sollte und dass es oberste Priorität hatte. Sprich, Talli sollte alle Fälle mit verlorenen Hündchen schleunigst vergessen. Die Schwarze Witwe las eilig weiter, während sie dem Diener folgte und versuchte nicht gegen die nächste marmorierte und goldverzierte Säule zu rennen.
Die Anweisung fuhr fort, dass Talli dem Prinzen solange mit ihren Fähigkeiten zur Verfügung stehen sollte bis dieser restlos zufrieden und der Auftrag erfüllt war. Wieso... klang das alles so sinnlich? War die Königin abgelenkt gewesen? Talli beschloss es zu ignorieren.
Die Schwarze Witwe warf endlich einen Blick auf die Informationen. Dem Prinzen waren mehrere seiner Kunstwerke entführt worden. Sechs Stück und es gab keine Spur von ihnen. Zuerst dachte Talli an einen Gemälderaub, doch die wären kaum picknicken gewesen und dort überrascht worden. Oh, Sklaven. Ja, das ergab mehr Sinn. Tallike erinnerte sich daran wie die Königin einmal von den Kunstwerken von Prinz Verden geschwärmt hatte. Menschliche Kunstwerke.
Vor dem Salon standen zwei fremde Wachen, eindeutig nicht in der Uniform der Tolarims. Schutz für den Prinzen?
Talli ließ sich den schwarzen Mantel abnehmen. Sie fuhr sich durch die schwarzen, fülligen Haare. Wie sah sie aus? Hoffentlich akzeptabel genug. Es war bei Schwarzen Witwen leider so, dass man den erfahrenen älteren Frauen ihrer Zunft immer mehr Respekt entgegenbrachte und sie für fähiger hielt. Was sie gewiss auch waren. Tallike konnte mit jemanden wie Sorra Tolarim nicht annähernd mithalten. Sie war jung und unerfahren, aber sie hatte ihre Spezialität gefunden. Es gab manche, die kundig in Giften waren, in geistigen Eingriffen, im Verzerrten Reich, bei Schutznetzen, bei Blicken in die Zukunft und so fort. Tallike konnte am besten herausfinden, wo sich eine betreffende Person gerade befand. Oder ein Hündchen.
Nein, das war kein Fall mit dem sie prahlen konnte.
Sie strich ihr dunkelblaues kariertes Wollkleid glatt. Sie hätte sich vielleicht umziehen sollen. Bei Kunden kam das geheimnisvolle Spinnenkleid meist besser an, aber Talli vermutete, dass es dem Prinzen herzlich egal sein würde und trat dann ein.
Drei ausnehmend schöne Männer erwarteten sie. Vielleicht hatte Heraia ihre Anweisungen doch ernst gemeint...
Der Prinz wirkte dunkel und geheimnisvoll, so wie es einem Künstler zustand, doch auch ohne eine Priesterin zu sein, spürte Tallike seine Anspannung und seine Trauer. Sie konnte nicht einschätzen, ob die zwei Krieger Sklaven oder Bedienstete waren. Vielleicht beides.
"Guten Morgen, Prinz Verden. Ich bin Tallike Torres. Die Königin hat mich geschickt", stellte sich Talli vor. Der Prinz und einer der Krieger erhoben sich, nur dem zweiten Krieger bedeutete der Adelige auf dem Sofa liegen zu bleiben. Tallike verneigte sich ebenfalls kurz. Es hatte lange gedauert bis sie verinnerlicht hatte wie tief sie ihren Kopf und ihren Oberkörper neigen musste. Es gab so viele feine Nuancen. Nicht nur die Blutskaste sondern auch der genaue Stand der Person war in Hayll ausschlaggebend. Adelig, welcher Kreis, welcher Einfluss, die Gunst der jeweiligen Königin und so fort.
Der Prinz war adelig, aber in keinem der Kreis, doch er stand hoch in der Gunst von Tallikes Königin. Das würdigte ein leichtes Verneigen.
Talli nahm auf einem der Sofas Platz.
"Ich hoffe, ihr habt nicht lange warten müssen. Ich hatte noch einen Termin in der Stadt." Die Schwarze Witwe rief ein Notizbuch und schwarzen Füllfederhalter herbei. Manche der Auftraggeber schätzten erst noch ein längeres Vorgespräch, doch Talli konnte das Drängen des Prinzen spüren. Sein Körper war angespannt, beherrscht.
"Bitte erzählt mir was vorgefallen ist", sagte sie. "Wer ist entführt worden und wann und wo ist das passiert?"
Re: Beraubt
Verfasst: Mo 15. Feb 2021, 11:28
von Aerys
Wie es aussah, war die Schwarze Witwe direkt aus der Stadt zu ihm gekommen. Ihre Haare waren leicht zerknittert und man sah an ihren Schuhen noch Staub haften. Sie hatte sich also nicht erst noch umgezogen und hatte sich fein gemacht, sondern war sofort zu ihm gekommen, um ihm zu helfen. Aerys schätzte das sehr. Das machte die eben abgesessene Warterei erträglicher. Respektvoll verneigte er sich mit vornehmer Eleganz vor der Schwarzen Witwe. Darion verneigte sich noch viel tiefer und auch Lyris hatte sich vom Sofa erheben wollen. Doch Aerys hatte es ihm mit einem knappen Fingerzeig verboten. Es hatte geheissen, dass er sich ausruhen solle. Also sollte er das auch gefälligst tun, solange er noch die Möglichkeit dazu hatte.
"Guten Morgen, Lady Torres", grüsste er die Schwarze Witwe zurück. "Ich bin Euch überaus dankbar, dass Ihr Euch bereit erklärt habt, mir zu helfen. Bitte verzeiht meinem Diener, dass er liegen bleibt. Er trägt mehrere Heilnetze in sich und eine überaus tempramentvolle Lady Ivores hat ihm befohlen, sich auszuruhen. Ein Gebot, dass man nur in äusserster Not zu übertreten wagen sollte." Charmant, wenn auch mit einem traurigen Unterton, lächelte er der Schwarzen Witwe zu. Er wollte sie nicht mit seinem Zorn über die Entführer erschrecken. Sie wirkte noch so jung. Doch er zweifelte nicht an ihren Fähigkeiten, wenn Heraia Tolarim sie ihm empfohlen hatte.
Lady Torres nahm es nicht übel, sondern setzte sich kurzerhand auf ein anderes, freies Sofa und zückte ihr Notizbuch und Stift. Aerys war angenehm überrascht, dass sie so zügig vorwärts arbeitete und sich nicht noch gross mit Höflichkeiten und Plaudereien aufhielt, wie es an den Höfen oft quälend Brauch war.
"Nicht so lange, wie ich befürchtet habe", antwortete er mit kultivierter Stimme, ob er lange hätte warten müssen. "Ich danke Euch, dass Ihr so schnell hergefunden habt. Wobei ich zugeben muss, dass jede Sekunde sich quälend lang anfühlt." Am liebsten hätte er die Schwarze Witwe in seine Kutsche gepackt und alles unterwegs besprochen. Schliesslich war die Reise lange genug.
"Ich... ich war nicht im Anwesen und kann Euch nur aus zweiter Hand erzählen, was vorgefallen ist", beeilte er sich zu erzählen, auch wenn es ihn stocken liess, dass die Entführung ausgerechnet dann passiert war, als er in der Stadt gewesen war. Etwas, das sehr selten passierte.
"Die Entführer müssen sehr gut organisiert gewesen sein", riss er sich zusammen. "Sie haben in einem der hintersten Winkel des Parkes während der Wachablösung zugeschlagen. Sie sind mit unterdrückten Signaturen eingedrungen, haben die Kunstwerke betäubt, sie daran gehindert, Speerfäden zu senden und sind dann über die Mauer entflohen. Sie hatten eine kastenförmigen Wagen bei sich, indem sie sie transportiert haben. Das war eine genau geplante Aktion. Ihre Spuren haben sie gut verwischt. Einzig, dass wir an einem Landepunkt einen Soldaten gefunden haben, der sich von ihnen bestechen hat lassen, hat uns eine ungefähre Richtung gezeigt. Doch auf den Winden können sie überall hin entschwunden sein." Aerys brach schmerzerfüllt ab. Dieses furchtbare Gefühl der Machtlosigkeit liess ihn verzweifeln.
"Prinz Verden hat Portraits von den Enführern aus den Erinnerungen des Soldaten angefertigt", sprang Darion sanft für seinen Meister ein. Er rief die Mappe, die Yukarin vorbereitet hatte herbei und überreichte sie der Schwarzen Witwe anmutig.
"Vielleicht hilft das, sie aufzuspüren", tat er ihrer aller Hoffnung kund und blickte Lady Torres entsprechend an. "Die Entführung geschah vor drei Tagen mitten am Nachmittag."
"Entführt wurden Priam, Theon und Terim, drei vollkommen ausgebildete, weisses Kunstwerke", zwang sich Aerys wieder in die Unterhaltung einzubinden. Seine Kunstwerke hatten es nicht verdient, dass er sich in seienr Verzweiflung suhlte und nicht einmal mehr ihre Namen aussprechen konnte.
"Marlin, ein angehendes, weisses Kunstwerk, das noch in Ausbildung ist", fuhr er knapp fort. "Lucero, der ein vollkommen ausgebildetes, rotes Kunstwerk ist und..." Aerys ballte seine Hände zu Fäusten, da er merkte, wie sie zitterten.
"Und Lilian Aubry", presste er gequält hervor. "Unser Neuzugang und vollkommen unerfahren."
Re: Beraubt
Verfasst: Mo 15. Feb 2021, 12:32
von Tallike
Prinz Verden entschuldigte seinen Diener, der nicht aufgestanden war, dass er mehrere Heilnetze in sich hätte und eine temperamentvolle Lady Ivores ihn zum Ausruhen gezwungen hätte. Talli unterdrückte ein Schmunzeln. Tessa. Der Heilerin war es oft egal, ob ein Adeliger einen Anspruch auf einen Diener hatte oder nicht. Die Heilung ging vor und sie ließ sich in dieser Hinsicht von den Adeligen nicht reinreden. Mittlerweile war die Heilerin so selbstbewusst und durchsetzungsfähig, dass man sich ihr nicht widersetzen wollte.
Tallike erwiderte das traurige Lächeln des Prinzen. Sie fragte nicht nach, warum der Diener verletzt war. Das ging sie alles nichts an. Es war ihr egal was der Adelige mit seinen Dienern und Sklaven machte solange er ihr nicht wertvolle Informationen über die Entführung vorenthielt. Prinz Verden gab zu, dass er nicht lange gewartet hätte, doch jede Sekunde würde sich quälend lang anfühlen. Tallike war das Drängen ihrer Auftraggeber nicht neu. Sie hatte miterlebt wie kräftezehrend und aufreibend die Warterei sein konnte. Dunkelheit, sie wusste es selbst nur zu gut.
So beschloss Talli sofort zu den Fragen zu kommen. Sie musste einiges an Informationen aufholen. Stockend begann der Adelige zu erzählen und hatte sichtlich Mühe dabei. Tallike erfuhr trotzdem die ersten Details und wo die Entführer zugeschlagen hatten. Prinz Verden bemerkte, dass sie gut vorbereitet gewesen sein mussten und je mehr er erzählte, desto mehr war die Schwarze Witwe geneigt ihm recht zu geben. Das war kein Gelegenheitsraub gewesen, sondern von langer Hand geplant.
Leider machte es auch Tallis Arbeit schwieriger. Gelegenheitsdiebe hinterließen oft Spuren und sie waren nachlässig. Aber wer beim Einbrechen gut vorbereitet war, war meist auch bei der Rückkehr sorgfältig. Prinz Verden erwähnte einen Soldaten, der sich bei einem Landepunkt hatte bestechen lassen, doch dort hätte sich die Spur verlaufen. Sie könnten überall sein. Der Prinz brach ab und wirkte für den Moment überwältigt von der Aussichtslosigkeit.
"Mit der richtigen Vorbereitung kann ich auch auf den Juwelenwinden nach ihnen suchen", versuchte Talli ihm Mut zu machen. Wobei es ein zweischneidiges Schwert war. Tallike war nicht perfekt und manchmal lag es einfach außerhalb ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten jemanden wiederzufinden. Manchmal kam sie auch zu spät. Sie wollte keine Versprechungen machen, die sie nicht halten konnte.
Der Diener, der sich vorhin geschmeidig erhoben hatte, gab ihr eine Mappe, die Portraits der Entführer enthielt. Aus den Erinnerungen des Soldaten angefertigt.
"Ich bin ein großer Bewunderer eurer Bilder, Prinz Verden", sagte Talli und schlug die Mappe neugierig auf. "Dies wird sicher sehr hilfreich sein. Hat dieser Soldat weitere Informationen geliefert? Wenn ihr möchtet, kann ich ihn auch noch einmal untersuchen." Es war zwar nicht Tallikes Stärke, doch manchmal für Ermittlungen unabdingbar.
Die Schwarze Witwe besah sich das erste Bild. Es war eine Bleistift- und Kohleskizze, aber man konnte die Merkmale des Mannes gut erkennen. Während Prinz Verden noch schwieg, erklärte der Diener, dass die Entführung vor drei Tagen passiert sei. Talli notierte es sich. Drei Tage war für Langlebige nicht mehr als ein Augenblinzeln, doch bei Entführungen zählte jede Stunde. Es könnte bereits zu spät sein. Drei Tage waren mehr als genug Zeit, um Sklaven außer Landes zu schaffen, sie aufzuteilen, zu verkaufen oder zu verstecken. Und erst recht genug Zeit um sie zu töten...
Prinz Verden meldete sich zu Wort und zählte auf, wer entführt worden war. Talli begann sich die Namen aufzuschreiben, wobei sie nicht wusste was ein vollkommen ausgebildetes, weißes Kunstwerk war. Der Adelige rang mit sich, während er über die Sklaven sprach. Es schien ihn sehr zu belasten und man merkte, dass er die Männer innig liebte. Für die Schwarze Witwe war es nichts neues, dass Adelige nach geraubten oder entflohenen Sklaven suchen ließen. Dabei verhielten sich die Adeligen sehr unterschiedlich. Einige interessierte nur der verlorene Profit oder sie regten sich mehr über die Entführer auf als dass sie an die Sklaven dachten, doch einige wenige hingen tatsächlich sehr an den Sklaven und ihnen war anzuhören, dass sie sich ehrlich um ihr Wohlergehen sorgte.
Tallike arbeitete eindeutig lieber für letztere.
Besonders beim letzten Namen hatte Prinz Verden große Schwierigkeiten und klang schmerzvoll. Lilian Aubry. Talli war sich bei dem Namen nicht sicher, ob es eine Frau oder ein Mann war. Geschweige denn hayllisch.
"Was bedeutet für euch unerfahren, Prinz Verden, und wofür wurden eure Kunstwerke ausgebildet?", erkundigte sich die Schwarze Witwe. Der Adelige erklärte Lilian sei unerfahren in Bezug auf das ganze Leben und die Welt. Das andere würde ihr Darion später erklären, da es zu lange dauern würde.
Gut, es konnte Tallike recht sein. Sie wusste bereits jetzt, dass sie zum Anwesen des Prinzen fahren musste. Daran führte kein Weg vorbei. Darion war anscheinend der schöne, anmutige Krieger, der ihr die Mappe gegeben hatte.
"Es ist hilfreich, wenn ich von euren entführten Kunstwerken auch Portraits bekommen könnte, falls ihr welche von ihnen besitzt. Ich benötige so viele Informationen über sie wie möglich. Angefangen mit der Blutskaste und der Juwelenstärke."
Tallike betrachtete sich das nächste Bild. Ein Mann mit verschlagenem Blick und Hackennase. Die Schwarze Witwe stockte. Für den Moment hatte sie das untrügliche Gefühl, dass sie einen Toten anschauen würde.
"Oh. Ich glaube dieser Mann ist verstorben", entfuhr ihr. Sie legte das Bild auf den niedrigen Couchtisch zwischen ihnen. "Das war nur ein erster Eindruck, keine Garantie." Aber darum ging es Tallike gerade auch. Erste Eindrücke. Bauchgefühle hätten es andere genannt, aber für eine Schwarze Witwe war es weit mehr als ein Bauchgefühl.
Interessiert ging Talli über zum nächsten Bild, aber das war kein Portrait. Das Papier war beinahe komplett schwarz von dem Kohlestift. Tallike stockte und verfiel in Schweigen. Sie betrachtete das Bild länger und langsam schälten sich Umrisse heraus, Kanten und Formen wurden sichtbar.
"Was ist das?", fragte sie und hielt das Bild hoch. Der Prinz wirkte irritiert und bemerkte, dass das Bild nicht dazu gehöre und es aus Versehen eingepackt worden sei. Es komme manchmal vor, dass er sich so aufs Zeichnen konzentrieren würde, dass er nicht bemerkte was genau er malte. Gewisse Bilder müssten einfach erschaffen werden. Das war eine Antwort wie sie auch nur ein Künstler geben konnte. Tallike wollte das Bild schon als Versehen abschreiben und beiseite legen, aber darunter war ein ähnlich seltsames Bild. Es wirkte wie eine dunkle Höhle. Nur aus einer merkwürdigen Perspektive. Tallike brauchte etwas bis sie herausfand was es war. Als würde jemand liegen und von dort über den Boden schauen.
Irgendetwas an diesen Bildern ließ sie nicht los. Versehen hin oder her.
"Ihr habt diese Bilder zwischen den Portraits der Entführer gezeichnet?", fragte sie und der Adelige bestätigte es. Tallike kam dies bedeutsam vor.
"Es kann sein, dass dies auch aus den Erinnerungen des Soldaten ist und er mehr weiß als er zugegeben hat", spekulierte sie. Das kam ihr am wahrscheinlichsten vor, obwohl sich der Adelige ziemlich sicher schien, dass sie aus ihm alle Informationen herausbekommen hatten. Die Art wie er dies sagte, ließ Talli kurz erschaudern.
Wieder hob sie das erste Bild an. "Diese Kanten... das könnte das Innere einer Hütte sein. Oder eines Wagens. Und hier scheint jemand zu liegen. Wer ist das?"
Sofort antwortete Prinz Verden, dass es Lucero sei. Talli stutzte verwirrt. Sie hatte eigentlich nicht wirklich eine Antwort erwartet.
"Eines der entführten Kunstwerke? Wie kommt ihr darauf?" Doch der Adelige schien es selbst nicht zu wissen.
"Etwas an diesen Bildern kommt mir bedeutsam vor, aber ich muss sie genauer studieren." Konnte es mit dem Fall zu tun haben oder waren es bloß Sehnsüchte des Prinzen? Er könnte sich auch einfach vorstellen, dass seine Sklaven irgendwo in einer dunklen Höhle oder Hütte waren.
"Informiert mich, solltet ihr noch etwas derartiges zeichnen." Tallike sah sich den Rest der Portraits an. Zwei Frauen waren dabei, ansonsten alles Männer.
"Ich denke, ihr habt recht, Prinz, dass dies Profis waren. Gut informiert, gut vorbereitet. Das wird nicht einfach. Habt ihr eine Vorstellung, wer dahinter steckt? Ein persönlicher Feind, ein Konkurrent, eine alte Fehde?", fragte sie, denn Adelige waren oft Ziel von ebenso mächtigen Personen.
Re: Beraubt
Verfasst: Mo 15. Feb 2021, 13:50
von Aerys
Aerys lächelte schwach, als die Schwarze Witwe beteuerte, dass sie eine grosse Bewunderin seiner Bilder wäre. Er glaubte ihr das, denn Lady Torres wirkte auf ihn nicht wie jemand, der es darauf anlegte, anderen zu schmeicheln. Dennoch hatte er gerade nicht wirklich interesse daran zu erfahren, was die Schwarze Witwe mochte. Vielmehr interessierte es ihn, was sie zu den Bildern sagen konnte. Ob sie den Fall als hoffnungslos bezeichnen würde, oder ob ihr Ideen kamen, wie man weiter vorgehen konnte. Es kostete ihn so viel Anstrengung, sie nicht einfach an der Hand zu packen und zu den Kutschen zu zerren. Auch wenn er wusste, dass es nicht hilfreich war. Es half viel mehr, wenn er ihr die Namen seiner Kunstwerke nannte. Egal wie sehr es ihn schmerzte. Lyris erschauderte derweil auf dem Sofa. Er musste noch immer sehr eng spüren, wie es ihn Aerys aussah, nachdem er es qualvoll geschafft hatte, in sein Innenleben einzubrechen.
"Lilian ist im Bezug auf das Leben und die ganze Welt unerfahren", antwortete er rau. Der Junge hatte so klare, idealisierte Vorstellungen, die manchmal so gar nichts mit der Realität zu übereinstimmten. "Über die Art und Ausbildung meiner Kunstwerke, wird euch Darion nachher aufklären. Es würde zu lange dauern, das jetzt durchzugehen." Er hoffte, dass Darion ihr alles auf der Fahrt zurück zum Anwesend erklären konnte. Die Frage blieb nur, ob die Schwarze Witwe mitkommen wollte, oder ob sie lieber von hier aus arbeitete. Es drängte ihn, sie zu fragen. Entsprechend erschienen die Portraits seiner Kunstwerke auf dem Tisch, ehe Lady Torres, ihren Satz zuende gesprochen hatte. Natürlich hatte er Portraits von ihnen bei sich. Besonders schöne und in Farbe. Er hatte Portraits von all seinen Kunstwerken bei sich. Immer. Nicht nur bei Treffen mit Kunden.
Als die Schwarze Witwe die Portraits der Entführer durchging, geschahen mehrere seltsame Dinge. Bei einem besonders hässlichen, hakennasigen Mann vermutete Lady Torres, dass dieser bereits verstorben sei. Sie konnte es nicht bestätigen und noch weniger wusste jemand der Anwesenden, ob das etwas gutes sei, oder nicht. Natürlich fühlte es sich grandios an, dass einer der Entführer seine gerechte Strafe bekam. Doch Aerys wollte seine Rache nicht auf Kosten der Entführten haben. Die zweite Merkwürdigkeit war, dass die Schwarze Witwe ausgerechnet bei zwei Bildern stutzte, die keine Portraits zeigten.
"Diese Bilder gehören eigentlich nicht dazu", antwortete Aerys etwas irritiert auf ihre Frage. "Die müssen aus Versehen eingepackt worden sein." Es war seltsam, dass Yukarin da nicht besser aufgepasst hatte.
"Beim intensiven Zeichnen kommt es manchmal vor, dass ich nicht so genau merke, was ich zeichne", versuchte er der Schwarzen Witwe zu erklären. "Es gibt Bilder, die müssen einfach erschaffen werden. Die zeichnen sich nahezu selber." Als Schwarze Witwe konnte sie das vielleicht verstehen. Es schien ganz so, denn sie betrachtete das und ein weiteres dunkles Bild noch länger, ehe sie wissen wollte, ob er diese Bilder zwischen den Portraits gezeichnet hätte. Aerys bestätigte das und war gespannt, ob sie darin einer Verbindung sah.
"Oh, ich bin mir absolut sicher, dass der Soldat alles mitgeteilt hat, was er wusste", musste Aerys dann aber mit ruhiger Gewissheit widersprechen. Niemand hätte so gefoltern noch lügen können. Es musste an etwas anderem liegen, weswegen er die Bilder gezeichnet hatte. In Gedanken versunken versuchte er das Rätsel zu entschlüsseln.
"Das ist Lucero", antwortete er abwesend, auf die Frage der Schwarzen Witwe, wer das auf dem Bild sei. Er musste gar nicht hinschauen, um das zu wissen. Das war doch offensichtlich. Er wusste gar nicht, warum Darion und Lyris so überrascht zu ihm sahen. Es war dann Lady Torres, die ihn zurück ins hier und jetzt holte. Stimmt, er hatte Lucero gezeichnet und das obwohl er sich sehr Mühe gegeben hatte, nicht an die Entführten zu denken.
"In Ordnung", versprach er Lady Torres, ihr die Bilder zukommen zu lassen, wenn er noch einmal etwas derartiges zeichnete. Verwirrt holte er die beiden Bilder zu sich heran und starrte ebenfalls darauf.
"Das ergibt keinen Sinn", murmelte er nachdenklich. "Ich zeichne Lucero nicht auf diese Weise. Das passt nicht zu ihm. Und das... das hier ist der Kragen von Lilians Wintermantel. Warum beim Feuer der Hölle sollte ich so etwas zeichnen?" Das war genau so verrückt, wie da, wo er auf der verzweifelten Suche nach diesem Kastenwagen auf einmal furchtbar erregt gewesen war und das Gefühl gehabt hatte, Lilian würde vor ihm auf dem Pferd sitzen. Zwei mal war ihm das passiert und es hatte ihn beide Male beinahe aus dem Sattel geworfen. Er hatte es darauf geschoben, dass er sich wahnsinnige Sorgen um die Entführten machte und deswegen schon viel zu lange keinen Sex mehr gehabt hatte. Doch das erklärte nicht, warum er Lucero auf diese Weise zeichnen sollte, oder der Wintermantel von Lilian. Wenn dann doch Lilian selbst.
"Nein, ich habe keine alte Fehde oder einen persönlichen Feind", schüttelte Aerys abwesend den Kopf. "Ausserdem bin ich konkurrenzlos." Niemand sonst war so gut wie er oder arbeitete derart hochpreisig.
"Aber ich verkaufe, meine Kunstwerke nicht an jeden", gab er zu. "Noch nicht einmal die Gemälde oder Plastiken. Selbst vermietet werden sie nicht an jeden. Ich suche mir meine Kundschaft sehr sorgfälltig aus. Die Liste der Verschmähten ist sehr lang. Mein Verwalter kann euch eine Liste schreiben." Aerys seufzte. Das hier hielt er nicht mehr länger aus.
"Lady Torre, bitte begleitet mich zu meinem Anwesen", bat der die Schwarze Witwe innig. "Ich weiss, dies hier ist Euer Zuhause und von hier aus seid ihr es gewohnt zu arbeiten. Aber ich versichere Euch, dass es Euch in meiner Villa an nichts mangeln wird und ihr aufs Beste versorgt sein werdet. Es drängt mich, wieder zurück zu meiner Familie zu kommen. Ausserdem werde ich euch dort viel mehr Unterlagen zur Verfügung stellen können und ihr könnt den Ort der Entführung und den Landepunkt selbst inspizieren." Zu seiner grossen Erleichterung stimmte die Schwarze Witwe zu und erklärte, dass Königin Tolarim sie angewiesen hätte, ihm exclusiv zur Verfügung zu stehen.
"Vielen Dank", stiess Aerys erleichtert aus und bekam nicht mit, wie sich die Wangen der Schwarzen Witwe rot färbten oder wie Darion ein Zucken seiner Mundwinkel nicht verhindern konnte. "Ihr werdet aufs grosszügigste belohnt werden. Egal wie..." Aerys konnte hier nicht weiter sprechen. Abrupt stand er auf. "Ich bin abfahrbereit, wenn Ihr es seid. Möchtet Ihr noch eine Zofe oder einen Begleiter mitnehmen? Ich habe genügend Platz in den Kutschen."
Re: Beraubt
Verfasst: Mo 15. Feb 2021, 14:56
von Tallike
Der Adelige musste nicht lange überlegen und verneinte einen persönlichen Feind. Stolz wie Adelige nunmal waren verkündete er, dass er konkurrenzlos wäre. Tallike hatte das nicht gemeint. Eher, dass es vielleicht jemand gab, der ebenfalls Sklaven ausbildete und sich als selbsternannter Konkurrent sah. Prinz Verden hatte jedoch noch eine andere Vermutung. Es könnte jemand gewesen sein dem er kein Kunstwerk verkauft oder ausgeliehen hätte. Er würde sich seine Kundschaft gut aussuchen und die Liste der Verschmähten wäre lang.
"Danke, Prinz Verden", erwiderte Tallike, wobei sie nicht wusste, ob es ein lohnender Weg war den Verantwortlichen zu finden. Sie musste sich zunächst voll und ganz auf die entführten Sklaven konzentrieren. Der Adelige hatte bald keine Geduld mehr und bat sie eindringlich ihn zu seinem Anwesen zu begleiten. Sie würde bestens versorgt werden und es sollte sie an nichts mangeln. Im Anwesen könnte er ihr auch mehr Unterlagen geben und sie könnte den Ort der Entführung untersuchen.
Tallike nickte. Allein deswegen musste sie mit dem Adeligen reisen. Je nachdem wie lange die Suche dauerte, konnte sie dort Tage oder Wochen zubringen. Und sie wusste nichtmal wo dieses Anwesen lag. Damit gingen gleich mehrere Pläne, die sie selbst gemacht hatte, den Bach hinunter. Aber die Anweisungen der Königin kamen zuerst.
"Selbstverständlich begleite ich euch", stimmte Talli zu. "Königin Tolarim hat mich angewiesen euch exclusiv zur Verfügung zu stehen."
Huch, hatte sie das gerade so gesagt? Das klang falsch sobald es ihren Mund verlassen hatte. Die Schwarze Witwe kämpfte gegen Röte in ihren Wangen, doch zum Glück bemerkte es der Prinz nicht und wirkte erleichterter über ihre Zustimmung. Dieses Mal kam es Tallike zugute, dass Männer eine Tendenz hatten ihre Avancen zu übersehen. Nicht, dass sie etwas von Prinz Verden wollte.
Egal wie verboten gut und geheimnisvoll er aussah...
Der Adelige versprach eine großzügige Belohnung. Dann erhob er sich bereits und wollte sofort aufbrechen. Tallike war etwas überrumpelt. Sie verzieh dem Adeligen, dass er vor einer Schwarzen Witwe aufstand. Das war ihr nicht so wichtig und zudem war sie es gewohnt, dass sich ihre besorgten Auftraggeber weniger mit Etikette und Protokoll aufhielten. Es war manchmal nur hinderlich.
"Ich arbeite allein. Eventuell werde ich später einen Bluthund hinzuziehen, wenn wir ihn brauchen. Zum Aufspüren von Signaturrückständen." Ein Bluthund war mitnichten ein Hund, sondern meist ein Mann, der sich darauf spezialisiert hatte schwächste Rückstände von Signaturen ausfindig zu machen. Tallike war selbst sehr gut darin, aber manchmal stieß sie an ihre Grenzen.
"Ich benötige aber etwas Zeit zu packen. Ich muss mehrere Utensilien einpacken." Prinz Verden hatte gesagt, dass er mehrere Kutschen dabei hatte, was gut war, da die großen Webrahmen und Karten viel Platz einnahmen. Tallis Gepäck war da eher verschwindend gering.
"Ich kann in.. hmm, vielleicht zwei Stunden fertig sein." Sie wollte auch noch etwas essen und sie musste sich von ihrer Familie verabschieden. "Sagen wir nach dem Mittagessen? Ich beeile mich." Sie verstand, dass der Prinz keine Geduld hatte, aber es blieb ihm nichts anderes übrig als zu warten.
"Wie weit ist euer Anwesen entfernt, Prinz?"
Der Adelige klärte sie auf, dass es mehrere Stunden waren. Talli nickte und erhob sich ebenfalls, nahm die Portraits der Kunstwerke an sich und gab sie zu den anderen.
"Ich lasse ausreichend Proviant organisieren." Sie konnte nicht hier weg ohne Adelitas wahnsinnig leckeres Essen. Die Schwarze Witwe verabschiedete sich von den Männern. Dann begann sie loszueilen. Oh, sie hatte noch so viel zu tun. In ihrem Zimmer packte sie sofort zwei ihrer Koffer mit Kleidung, Nachtwäsche, Schuhe, Kosmetik und andere Utensilien. Dann kam der schwere Kasten, wo sie das meiste ihrer Ausrüstung unterbrachte. Vieles davon, was sie sorgsam einpacken und mit einem Schutznetz versehen musste, damit es nicht brach. Keuchend setzte sich Tallike auf den Deckel bis die Schnallen zugingen. Zu guter letzt einen ganzen Stapel an feinen silbernen Webrahmen, die ihr die Königin zur Verfügung gestellt hatte. Danach folgten Rollen um Rollen von Landkarten. Beides war zu sperrig um eingepackt zu werden, weswegen sie das ganze nur verschnüren und von Dienern nach draußen tragen lassen konnte.
Talli schlang danach ein kurzes Mittagessen hinunter, während sie im Gesindetrakt war und mit ihrem Vater sprach. Ihre Mutter war leider als Heilerin in der Stadt tätig und so konnte ihr Talli nur einen Speerfaden zum Abschied schicken. Die Schwarze Witwe verzichtete auf eine schnelle Dusche und beschloss im Anwesen des Prinzen zu baden. Nach dem Tag hätte sie das sicher nötig.
Etwas früher als verabredet kam Tallike aus dem Schloss und ging zu den zwei Kutschen. Diener versuchten noch alle Koffer zu befestigen und schnürten die Webrahmen aufs Dach der zweiten Kutsche. Zwei große Körbe mit Proviant wurden in die Kutschen getragen. Adelita hatte mal wieder heillos übertrieben.
"Ich bin abreisebereit, Prinz Verden", informierte Talli den Adeligen, der bereits wartete. Er hatte es wahrscheinlich nicht mehr ausgehalten. Der Prinz überließ ihr die zweite Kutsche und erklärte, dass ihr Darion Gesellschaft leisten und sie über alles grundlegende informieren würde. Tallike hatte nichts dagegen einzuwenden. Bereits im Salon hatte sie gemerkt, dass der Krieger das Reden übernommen hatte, wenn Prinz Verden es nicht mehr geschafft hatte.
Die Schwarze Witwe stieg in die Kutsche und Darion folgte ihr, setzte sich ihr gegenüber. Tallike hatte sich kaum zurücklehnen können, da setzte sich die Kutsche bereits in Bewegung. Die Schwarze Witwe vermutete, dass sie erst abends ankamen. Heute würde sie nicht mehr viel ausrichten können, doch sie konnte die Reise nutzen, um sich über alles zu informieren.
"Darion, ja?", fragte sie den schönen Mann. Viel zu schön, um alleine mit ihm in einer Kutsche zu sitzen. Talli strich sich ihr Kleid etwas zurecht. "Ihr seid einer von Prinz Verdens Diener oder.. auch ein Kunstwerk?", vermutete sie. Der Adelige hatte keinen Nachnamen genannt, was für gewöhnlich auf einen Sklaven deutete. Allerdings gehörten zu Tallis besten Freunden Sklaven und so war die Schwarze Witwe mehr als aufgeschlossen.
"Danke, dass ihr mir Gesellschaft leistet."
Der Krieger erwiderte mit samtener Stimme, dass er ihr gerne Gesellschaft leistete und obwohl er es eigentlich in einem ruhigen Tonfall sagte, spürte Tallike prompt wie es zwischen ihren Beinen zog. Süße Dunkelheit. Rasch widmete sie sich den Portraits der entführten Kunstwerke. Alles ausnahmslos hübsche Männer und man sah wieviel Liebe in die Bilder geflossen war. Es war sehr ungewöhnlich. Die Portraits waren mit einem Bewahrungszauber belegt, was vermuten ließ, dass sie der Adelige oft bei sich hatte und sie oft ansah.
Beim letzten Bild stockte Talli. Es schien das neuste zu sein und zeigte ein zartes Geschöpf mit rosafarbenen Augen und schwarzen, schulterlangen Haaren. Jung und zierlich. Lilian Aubry.
"Ich kann es auf dem Bild nicht erkennen, aber ist Lilian ein Mädchen oder ein Junge?", erkundigte sich die Schwarze Witwe. Da sich Prinz Verden nur mit Männern umgab, lag der Gedanke nahe, dass es ein feminin wirkender Jüngling war. Verdammt jung, aber Tallike wollte nicht urteilen. Der Sklave war sicherlich legal.
"Welche Blutskaste?"
Re: Beraubt
Verfasst: Mo 15. Feb 2021, 15:44
von Darion
Tallike Torres war erstaunlich jung für so einen gewaltigen Auftrag. Damit meinte Darion nicht nur, das Finden seiner Familie, was sich schon schwierig genug gestalltete. Vielmehr dachte er an die schwere Aufgabe mit den aufgebrachten Auftragsgebern umgehen zu können. Ganz besonders, wenn sie traurige Nachrichten zu überbringen hatte. Während des Gesprächs zeigte sich jedoch relativ rasch, dass die junge Schwarze Witwe klug und sehr methodisch vorging. Sie hielt sich nicht mit Geplänkel und Eigenlob auf, sondern erkundigte sich zielstrebig und versprach keine Wunder.
Darion war beeindruckt von ihrer Fachlichkeit und er spürte, wie es dem Meister ebenso ging. Erleichtert wagte der Krieger zu hoffen. Alles wäre besser, also so wie jetzt die Suche abbrechen zu müssen. Selbst wenn die Kunstwerke inzwischen tot waren. Wenn sie es erführen wäre es noch immer besser, als wenn sie im Ungewissen leben müssten. Wobei Darion am vergangenen Tag einmal die tiefe Angst gepackt hatte, dass sie alle nicht mehr lange zu leben hatten. Da als der Schmerz den Meister zu überwältigen gedroht hatte. Darion wäre da auch in das Atelier gestürmt, selbst wenn Themion kein Wissen um Tallike Torres gehabt hätte. Er wäre nicht der einzige gewesen. Alle Kunstwerke in der Villa hatten da bang gezittert und waren rasch näher gekommen.
Dass die Einbrecher jedoch so organisiert vorgegangen waren, dass sie gewusst hatten, was es in der Villa zu stehlen gab, liess Darion hoffen, dass seine sechs entführten Familienmitglieder noch am Leben waren. Vielleicht verkauft oder misshandelt. Aber noch am Leben. Das hiess, sie konnten sie irgendwie finden und retten.
Zu ihrer aller Überraschung erklärte Lady Torres, dass sie in zwei Stunden bereit zur Abreise wäre. Nach dem Mittagessen. Darion wusste genau, dass der Meister befürchtet hatte, dass eine Lady, die am Hofe arbeitete, noch Stunden brauchen würde, um alles zusammen zu packen. Stattdessen kam sie sogar schon vor der verabredeten Zeit in den Hof zu den Kutschen, wo der Meister mit ihnen beiden stand und fasziniert beobachteten, wie die Diener all das unhandliche Gepäck der Lady auf den Kutschen zu verstauen. Dabei trug Lady Torres selber noch zwei grosse Körbe mit irgend etwas scheinbar ganz wichtiges darin. Galant nahm Darion sie ihr ab.
"Ich danke Euch, für Eure Eile, Lady Torres", schätze der Meister das Bemühen der Schwarzen Witwe ehrlich wert. "Darion wird euch während der Fahrt Gesellschaft leisten und euch über alles informieren, was ihr über mein Zuhause und meine Kunstwerke wissen müsst." Darion verneigte sich auf diese Worte hin sachte. Er übernahm die Aufgabe gern, auch wenn er sich sorgen um Lyris machte, der mit dem Meister zurück fahren würde. Der Meister war alles andere als ausgeglichen und Lyris noch sehr schwach.
"Ja, Lady Torres", bestättigte Darion, als er mit der Schwarzen Witwe in der Kutsche sass und diese losfahren konnte. "Ich bin ein Kunstwerk. Eines der Weissgewandeten." Er schmunzelte leicht. "Zumindest dann weiss gewandet, wenn nicht ein Auftrag ein andere Garderobe fordert. Prinz Verden hat keine Diener bei sich zu Hause. Wir Kunstwerke übernehmen diese Aufgaben." Die Schwarze Witwe nahm es wahr und bedankte sich dafür, dass er ihr Gesellschaft leistete.
"Es ist mir ein Vergnügen, Euch Gesellschaft leisten zu dürfen", versicherte er ihr sanft. Er würde noch viel mehr tun als das, wenn sie es wünschte. Lady Torres sollte es an nichts mangeln. Der Meister hatte ihn noch genau instruiert, was er von ihm erwartete und was er ihr alles erklären durfte. Es war unglaublich viel. Der Meister war bereit, sich der Schwarzen Witwe vollkommen zu öffnen, wenn sie dafür nur die Entführten wieder fände. Darion erschauderte unter der Intensität, mit der der Meister sie alle liebte. Und ganz besonders Lilian.
"Ihr habt ein scharfes Auge", bewunderte Darion die Schwarze Witwe, die zielsicher an Lilians Portrait hängen geblieben war und nun wissen wollte, ob Lilian ein Mädchen oder ein Junge sei. Ehe sie sich korrigierte und nach der Blutskaste fragte. Darion lächelte anerkennend ob dieses Scharfsinns.
"Allerdings ist das eine Frage, die ich Euch erst später beantworten sollte", weigerte er sich dennoch einfach so zu gehorchen. "Denn die Antwort ist zu komplex für den Beginn eines Gespräches." Selbst diese Antwort war an sich schon verwirrend genug. Warum sollte Darion auch nicht sagen können, welcher Blutskaste Lilian angehörte.
"Wenn Ihr bei uns in der Villa wohnt, Lady Torres, wird vermutlich vieles anders sein, als Ihr es Euch gewohnt seid", erklärte er behutsam, warum er nicht mit Lilians Blutkaste beginnen wollte. "Manches mag Euch überaus befremdlich erscheinen. Ich habe das schon öfters bei Gästen erlebt, die nicht wissen, was für Kunstwerke mein Meister erschafft. Mir ist auch durchaus bewusst, dass es sehr leicht passiert, ein Urteil zu fällen. Das geschieht oft, ehe man darüber auch nur nachdenkt. Werdet Ihr das tun, wird Euch das auch niemand vorwerfen. Ich möchte Euch nur bitten, Lady Torres, Euch wieder ins Bewusst sein zu rufen, wenn euch etwas befremdlich erscheint, dass es für uns, die wir in der Villa leben, so absolut stimmt. Es ist unser Zuhause und wir sind glücklich so wie es war." Ein trauriger Schatten huschte über sein schönes Gesicht. Sie waren glücklich gewesen, bis zu der Entführung.
"Besonders Prinz Verden gegenüber bitte ich Euch, sein Heim nicht zu verurteilen", bat er die Schwarze Witwe hingebungsvoll. "Er hat sich nicht umsonst aus dem Leben des Hochadels zurück gezogen, um abgeschieden zu leben. Dennoch wird er Euch einen Einblick in sein Leben gewähren, den sonst kaum jemand ausserhalb der Villa je zu sehen bekommen hat. Ich hoffe, Ihr könnt das würdigen Lady Torres und verletzt den Meister nicht noch mehr, als es ohnehin schon wurde."
Re: Beraubt
Verfasst: Mo 15. Feb 2021, 16:45
von Tallike
Tallike blickte etwas verwundert auf, als ihr Darion nicht antworten wollte, ob Lilian ein Mann oder Frau war. Nichtmal welche Blutskaste Lilian angehörte. Es kam der Schwarzen Witwe sehr mysteriös vor. Gäbe es da nicht etwas zu verheimlichen, hätte der Krieger ihr längst etwas darüber gesagt. Tallike bohrte nicht weiter nach, da Darion versprach, er würde es später erklären. Es wäre nur nichts für den Beginn des Gespräches.
"Ich muss so viel wie möglich über die entführten Kunstwerke wissen. Je mehr desto genauer meine Netze", erklärte Talli. "Aber ihr habt vielleicht recht, dass wir beim Anfang beginnen sollten. In eurem eigenen Tempo." Sie hatten mehrere Stunden Zeit sich darüber zu unterhalten. Im Gegensatz zu dem Adeligen hatte es Tallike gerade nicht eilig. Wie vermutet war Darion auch eines dieser Kunstwerke. Ein Weißgewandtes, was auch immer das hieß. Er war wohl eine Mischung aus Diener und Gesellschafter wie Talli vermutete.
Und höchst wahrscheinlich sehr gut im Bett, kam ihr ein Gedanke. Kostbare speziell ausgebildete Sklaven wurden meist für eine bestimmte Sache ausgebildet und da hatten die Adeligen die gleichen Gelüste wie alle anderen. Tallike versuchte nicht länger darüber nachzudenken.
Sie ließ den Krieger reden, während sie aufmerksam zuhörte. Es klang erst einmal wie eine lange, umständliche Warnung, dass Prinz Verden etwas wunderlich war. Das überraschte Talli bei Adeligen nicht mehr länger. Sie hatte genügend... wunderliches gesehen. Darion fuhr fort, dass sie es im Anwesen verstehen würden, wenn Tallike sie verurteilen würde, da ihr sicherlich vieles befremdlich vorkommen könnte. Danach bat sie der Krieger, dass sie sich in diesem Fall ins Bewusstsein rufen sollte, dass es für die Bewohner der Villa normal war und sie so glücklich wären wie es war. Der schöne Krieger wirkte kurz melancholisch und dachte gewiss gerade daran, dass die Entführung dieses Glück gestört hatte.
Die Schwarze Witwe fragte sich was sie befremdliches in der Villa des Prinzen erwarten würde, dass Darion sie so gründlich vorwarnte und glaubte, sie müsse entsprechend gewarnt werden, dass es in der Villa garantiert auch alle so wollten. Es wunderte Talli nicht, dass Darion glücklich mit seinem Dasein war. Es war nicht der erste Sklave, den Talli kennenlernte, der glücklich war Sklave zu sein. Kosta allen voran. Kurz wanderte Tallikes Gedanken zu ihrem Freund. Ob es ihm gut ging? Von dem was Talli aus zweiter Hand von den Ivores mitbekommen hatte, hatte er irgendwie mit Eneas gebrochen und war bei Timaris Tolarim geblieben. Aber Talli hatte schon lange nichts mehr von ihm gehört.
Die Schwarze Witwe schob die Gedanken beiseite. Sie hatte einen anderen Krieger von sich. Und genauso schön...
Nein, auch falsche Gedanken.
Darion bat Tallike, dass sie Prinz Verdens Zuhause nicht verurteilte. Er hätte sich bewusst vom Adel zurückgezogen und lebte sehr abgeschieden. Nur wenige bekamen so einen tiefen Einblick in sein Leben. Der Krieger sprach seine Hoffnung aus, dass Tallike es entsprechend würdigte und den Meister nicht weiter verletzte. Talli hob fragend eine Augenbraue. Der Meister? Nein, nicht nachfragen. Das ging sie wirklich nichts an.
"Ich arbeite oft mit Adeligen zusammen und ich gebe mir Mühe niemanden zu verurteilen. Es ist mir einerlei, was meine Auftraggeber für Vorlieben haben, welche Kontakte sie pflegen, welche Geheimnisse sie in ihren Kammern aufbewahren oder in welche dubiosen Geschäfte sie verwickelt sind. Solange ich über alles informiert werde was die Entführung betrifft, kümmert mich der Rest nicht. Es ist mir wichtig Prinz Verdens Kunstwerke zu finden. Ich kann sehen, dass er sie sehr liebt und ich werde alles tun was ich kann, um ihm zu helfen."
Sie schlug die Beine übereinander, legte die Portraits neben sich.
"Ich lebe in einem Tolarim Schloss. Glaubt mir, ich habe einiges befremdliches gesehen." Talli schmunzelte leicht. "Aber es wäre vorteilhaft wenn er mir keine wichtigen Informationen vorenthält aus falscher Verlegenheit oder Befürchtung, ich würde etwas verurteilen oder an Königin Tolarim herantragen. Sie gibt mir meine Aufträge, aber alles was dabei passiert, bleibt bei mir." Leider hatte Tallike es aber schon öfter erlebt, dass ihr nicht alles über die verschwundenen Personen oder die Ereignisse und Gründe rund um das Verschwinden gesagt worden war. Sie konnte ihre Arbeit nicht machen, wenn sie von falschen Tatsachen ausging und das kostete wertvolle Zeit.
Die Schwarze Witwe schwieg kurz. Das dürfte ein interessantes Gespräch werden. "Also... ich bin ganz offen. Was sind rote und weißgewandte Kunstwerke?"
Re: Beraubt
Verfasst: Mo 15. Feb 2021, 17:35
von Darion
Selbstbewusst stellte Lady Torres klar, dass sie oft mit Adeligen zusammen arbeitete und sich Mühe geben würde, niemanden zu verurteilen. Es wäre ihr egal, was hinter den Türen verborgen sei. Sie wollte nur über alles informiert werden, was die Entführung beträfe. Denn es wäre ihr wichtig, dass sie die Kunstwerke zu finden, da sie sehen könne, dass der Prinz sie sehr lieben würde. Sie würde alles tun, was sie könne, um Prinz werden zu helfen. Darion lächelte die Schwarze Witwe herzlich an. Er glaubte ihr ihre Worte sofort. Er besass genügend Menschenkenntnis, um zu wissen, dass sie es ehrlich meinte. Darion bewunderte sie für ihre Hilfsbereitschaft und Stärke.
Um ihre Erfahrung zu unterstreichen, erzählte sie, dass sie in einem Tolarim Schloss lebe. Da hätte sie genügend befremdliches gesehen. Nun musste Darion ebenfalls schmunzeln. Das klang ganz so, als wären die Tolarims besonders anders, als das, was in der Gesellschaft als die Norm galt.
"Oh, Königin Tolarim ist eine hochgeschätzte Kundin meines Meisters", beruhigte er Lady Torres, dass sie keine Geheimnisse vor ihrer Auftragsgeberin haben musste. "Er wäre nicht mit dieser Bitte an sie heran getreten, wenn er ihr nicht vertrauen würde." Zu gross war die Angst des Meisters, erneut enttäuscht und verletzt zu werden.
"Ich werde vollkommen offen und ehrlich zu Euch sein, Lady Torres", versicherte er der Schwarzen Witwe innig. "Und ich bitte Euch, dass Ihr es Prinz Verden gegenüber ebenfalls seid. Selbst wenn..." Darion erschauderte leicht unter dem traurigen Gewicht seiner Worte. "Selbst wenn ihr nur schlechte Nachrichten für ihn habt. Er wird die viel besser verkraften können, als lieb gemeinte Lügen."
Die schwarze Witwe sammelte sich kurz, ehe sie ihn neugierig anschaute. Sie wäre ganz offen, meinte sie gut gelaunt. Was sind rote und weissegewandete Kunstwerke. Darion lächelte verführerisch. Ja, das war eine bessere Frage, um ihr Gespräch zu beginnen. Der Krieger wollte ihr die lange Fahrt so angenehm wie möglich machen.
"Rot- und weissgewandet beschreibt ganz offensichlich, wie wir in der Villa gekleidet sind", bekam Lady Torres erst einmal eine ganz banale Antwort, ehe Darion doch etwas frech grinste. "Aber natürlich bedeutet es noch viel mehr. Es zeig die Art an, wie wir mit dem Umgehen, was wir bei unserer Erschaffung gelernt haben. Ihr habt Prinz Verden im Schloss gefragt, wofür wir Kunstwerke ausgebildet werden. Eine Eurer vielen, klugen Fragen." Erneut lächelte er sie bewundernd an.
"Wir werden zu allem möglichen ausgebildet, Lady Torres", erklärter offen. "Zu Musikern, Köchen, Schneider, medizinischen Gehilfen, zu Sportlern oder Kämpfern. Je nach dem, was uns liegt. Der Meister findet unser Talent und fördert es bis zur Perfektion. Sei es nun Bäcker oder Sänger, dazu werden wir ausgebildet. Aber auch zu Ehemännern, Huren, Lustdienern oder Lustsklaven. Je nach dem, was der Kunde begehrt. Wobei man uns nicht mit gewöhnlichen Dirnen vergleichen darf. Vielleicht, Lady Torres, kennt Ihr den Unterschied von einem Strassenstricher im schäbigsten Viertel einer Stadt zu dem bestverdienendsten Lustdiener im Haus des roten Mondes. Wenn Ihr Euch diesen Unterschied vorstellen könnt, dann nehmt diese Grösse und setzt sie über das Mass des Lustdieners. Dann könnt ihr ungefähr erahnen, auf welchem Niveau sich die Kunstwerke des Meisters befinden." Er wollte nicht prahlen. Es war schlicht so. Darion wusste es aus eigener Erfahrung.
"Die Weissgewandeten lassen sich dabei gerne von ihren Kunden führen", offenbarte er auch noch dieses neckische Detail. "Sie sind überaus fügsam und devot." Er schmunzelte kurz. "Es sei denn, es gehört zu der Rolle, aufzubegehren, damit man dafür bestraft werden kann. Manche von uns lieben es, sich regelrecht darin zu verlieren. Andere werden lieber behütet und gehätschelt." Aber natürlich konnten alle ein gewisses Mass von allem ertragen und ihre Lust daraus gewinnen.
"Die Rotgewandeten hingegen sind, wie ihr bestimmt schon erraten habt, dominanter", führte Darion mit leicht belegter Stimme weiter aus. "Sie führen die Begegnung. Wobei es auch da viele verschiedene Varianten gibt. Wie bei uns Weissgewandeten. Einige geniessen es, nur zu beherrschen, andere ziehen es vor, mit ihrem Gegenüber zu spielen. Es zu fesseln und zu triezen, bis es nach Erlösung bettelt. Und wieder andere, lieben die rohe, hemmungslose Gewalt des Aktes." Darions Augen funkelten verheissungsvoll. Wie als wolle er Lady Torres fragen, was sie denn gerne hätte. Wie er sie am Besten verwöhnen könne.
Re: Beraubt
Verfasst: Mo 15. Feb 2021, 18:56
von Tallike
Darion bat sie zuletzt, dass Tallike ebenso ehrlich zu Prinz Verden sein würde. Auch wenn es schlechte Nachrichten waren. Das würde der Adelige besser verkraften als lieb gemeinte Lügen. Die Schwarze Witwe nickte. Sie mochte es nicht Überbringerin schlechter Nachrichten zu sein, aber es blieb leider bei ihrer Arbeit nicht aus. Es tat ihr jedes Mal selbst weh, wenn sie nur noch berichten konnte, dass die vermisste Person gestorben war. Oder noch schlimmer, für immer verschollen. Es war wie ein persönliches Versagen und viele dieser Fälle blieben Tallike noch Jahre danach schmerzhaft in Erinnerung. Sie hoffte, dass es für Prinz Verden gut ausging.
Was Darion leider verschwieg war wie der Prinz auf schlechte Nachrichten reagierte. Erfahrungsgemäß reagierten Adelige sehr ungnädig auf den Boten schlechter Nachrichten. Mehr als einmal hatte Talli nur gerettet, dass sie eine mächtige Königin in ihrem Rücken hatte. Tallike hoffte soweit käme es nicht, um Heraia mit einbeziehen zu müssen. Laut Darion war die Königin auch eine sehr gute Kundin. Nein, darüber wollte Tallike nichts wissen.
Lieber fragte sie was es genau mit den Kunstwerken auf sich hatte und Darion war in der Tat so vollkommen offen wie er es angekündigt hatte. Tallike bekam mehr Details zu hören als sie erwartet hatte. Der Krieger erklärte zunächst, dass die Kunstwerke unterschiedliche Kleidung im Anwesen tragen würde und daran konnte man ihre Art erkennen. Rot- oder Weißgewandt. Die Kunstwerke würden zu verschiedenen Dingen ausgebildet und laut Darion würde der "Meister" ihre natürlichen Talente fördern.
Das klang wirklich sehr exzentrisch. Wieso sollte man sich einen teuren Sklaven kaufen, um ihn dann zu einem Bäcker auszubilden? Anderseits war Kosta zu einem Chirurg ausgebildet worden und das allein, weil es sich Kosta gewünscht hatte und Timaris es ihm ermöglicht hatte. Vielleicht war es bei Prinz Verden so ähnlich. Wenn man viel Geld hatte, war so gut wie alles machbar. Darion kam dann endlich auf das zu sprechen, was sich Tallike bereits gedacht hatte. Dass diese Ausbildung auch sexuelle Dienste beinhaltete. Er klang dabei zwar nicht prahlerisch, doch es war schon eine Ansage zu behaupten, dass die Kunstwerke überragend besser als die Arbeiter im Haus des roten Mondes waren. Tallike vermutete, dass die Kunstwerke wahrscheinlich besonders gute Lustslaven war. Mit zusätzlichen Facetten.
Nur dann hörte Darion gar nicht mehr auf über die sexuellen Fähigkeiten der Kunstwerke zu reden und auf welche Weise sie sich unterschieden. Talli wurde langsam etwas warm. War das wichtig für die Entführung? Nun, bevor sie nicht alles angehört hatte, konnte sie das schlecht entscheiden.
Also musste sie sich zwangsläufig anhören, worin die Männer besonders gut waren. Genau.
So erfuhr Tallike, dass die Weißgewandten eher devot waren und sich führen ließen. Die Rotgewandten wären dominanter und würden ihren Partner beherrschen oder fesseln. Es gäbe viele Varianten und jedes Kunstwerk würde etwas anderes genießen. Die Schwarze Witwe presste ihre Schenkel unwillkürlich zusammen. Ein Haus voller Männer, die sich blendend gut im Bett machten. Oder anderswo. Kein Wunder war Prinz Verden zurückgezogen und verließ sein Anwesen nur noch selten. Das hätte sie an seiner Stelle auch getan.
"Also... er teilt euch nach euren Vorlieben ein", erkannte Talli nach einem viel zu langen Moment des Schweigens. Sie wusste nicht wie sie an diese detaillreiche Aussage anknüpfen konnte ohne rot zu werden. "Habe ich das richtig verstanden? Ihr seid, ganz simpel ausgedrückt, auch fürs Bett, aber so wie es euch zusagt und gefällt? Ungewöhnlich." Normalerweise gaben Sklavenbesitzer nichts darauf was ihre Sklaven mochten. In der Regel war ein Lustsklave dazu ausgebildet alle zu bedienen und alles zu mögen.
Aber welcher Mensch war schon so?
"Und was ist mit denen, die gerne wechseln? Führen oder geführt werden. Oder gibt es das nicht?", rutschte ihr eine Frage aus, die bestimmt nichts mit dem Fall zu tun hatte. Aber Talli hatte mal wieder ihren Freund als Vergleich und sie wusste inzwischen, dass dieser beides genoss.
Darion bestätigte, dass es in der Villa nicht vorkäme. Sie hätten Kunden, die beides mochten, aber keine Kunstwerke. Vielleicht hatte es Prinz Verden gerne so sauber aufgeteilt, überlegte die Schwarze Witwe. Weitere Gedanken spukten in ihrem Kopf herum. Darion hatte gesagt, er wäre ein Weißgewandter. Hieß das, er war unterwürfig?
Talli rief ihr Notizbuch herbei.
"Ich weiß nicht wie nützlich die Informationen sind, aber es kann sein, dass es die Entführer gezielt auf bestimmte Kunstwerke abgesehen haben. Oder auf eine der beiden Farben. Es waren eindeutig mehr Weißgewandte, die sie entführt haben. Aber es könnte Zufall gewesen sein. Wie viele Kunstwerke waren zu der Zeit im Park unterwegs?"
Talli nahm an, dass Prinz Verden alle Kunstwerke befragt hatte, auch ob jemand etwas gesehen hatte. Darion antwortete, dass es aufgrund des kalten Wetters wenige gewesen wären und niemand wäre so nahe an die Parkmauer gegangen wie die sechs Entführten.
"Das spricht alles für einen Zufall welche Kunstwerke entführt wurden. Ich vermute aber, dass die Entführer oder ihr Auftraggeber sehr genau über euch bescheid gewusst hat. Jemand wusste, dass es im Anwesen etwas sehr wertvolles gibt und war bereit dafür viel Zeit und Ressourcen zu investieren." Es waren gleich sieben Entführer gewesen, sie hatten einen Wagen dabei gehabt und hatten ihre Spuren schnell verwischt. Sie musste sich unbedingt die Einbruchsstelle ansehen.
"Dennoch.. es lässt sich bis jetzt nicht ausschließen, dass die Entführer so lange gewartet haben bis gewisse Kunstwerke greifbar waren. Erzählt mir über sie."
Re: Beraubt
Verfasst: Mo 15. Feb 2021, 20:15
von Darion
Lady Torres schien seine Erzählung über die Kunstwerke eindeutig zu gefallen. Darion entging es nicht, dass der Schwarzen Witwe wärmer wurde und sie unwillkürlich ihre Schenkel zusammen presste. Was er noch nicht herausgefunden hatte war, ob sie sich eher den Weiss- oder den Rotgewandeten zugeneigt fühlte. Sollte sie Interesse an ihm haben, würde er ihr jedenfalls gerne, alle Freuden schenken, die sie sich wünschte und die er ihr bieten konnte. Doch die Schwarze Witwe war zu professionel, um sofort ihrer Lust nachzugeben und widmete sich stattdessen wieder ihrer Arbeit. Wenn auch nach einem langen, sinnlichen Moment des Schweigens.
"Sehr vereinfacht ausgedrückt, stimmt das so", schmunzelte er über die Zusammenfassung. "Wobei das ziemlich viele Facetten ausser acht lässt. Und auch die Möglichkeit über sich hinaus zu wachsen oder etwas neues kennen zu lernen. Doch ich denke, für den Anfang ist es die richtige Sichtweise." Manchmal wurde man auch zu etwas gezwungen, dass man nicht mochte. Aber auch das konnte sehr reizvoll sein. Es war jedoch schwer zu erklären. Manche Dinge musste man erleben, um sie zu verstehen. Deswegen war es auch gut, dass Lady Torres in der Villa wohnen wollte. So konnte sie ein besseres Gefühl für die Kunstwerke bekommen.
"Einige unserer Kunden sind so, dass sie ganz gerne mal wechseln", nickte Darion verständig, obwohl diese Frage wohl kaum hilfreich dabei war, seine Familie wieder zu vereinen. Andererseits kostete die Frage kaum Zeit oder Kraft. Dafür war sie gestellt und lenkte die Schwarze Witwe nicht weiter ab.
"Unter den Kunstwerken gibt es jedoch keines, das diese Vorliebe teilt." Sie konnten es zwar zur Not bieten, aber längst nicht auf dem Niveau, auf dem sie es sich gewohnt waren zu agieren.
Es war nur eine kurze Abschweifung gewesen. Die Schwarze Witwe zückte nun wieder ihr schwarzes Büchlein und stellte ihre Überlegungen an. Sie waren denen, die sie alle selbst schon angestellt hatten, sehr ähnlich.
"Es waren nur wenige Kunstwerke unterwegs, da es so kalt war", erzählte Darion und gab ihr die genaue Zahl und Namen der Kunstwerke, der Kunstwerke, die sich draussen befunden hatte. Zudem den Ort, an dem sie sich befunden hatten, sowie die Wachen, die Dienst gehabt hatten und denen, die den Dienst angetreten hatten.
"Für Euch ist es womöglich noch wichtig zu wissen, dass es ohnehin mehr weissgewandete Kunstwerke gibt, als rotgewandete. Die roten sind bedeutend schwerer zu erschaffen. Wir sind etwa zehn Rotgewandete und in etwa dreissig Weissgewandete. Dazu wohnen auch noch zwei Frauen bei uns. Eine Heilerin und eine Priesterin." Es war also wirklich gut möglich, dass es Zufall war, wer entführt worden war. Andererseits waren die Entführer so geduldig gewesen, dass es auch gut möglich war, dass sie expilizit auf ein besonderes Kunstwerk gewartet hatten.
"Gerne", nickte Darion hilfsbereit. "Lucero ist der Rotgewandete und er ist ein hayllischer Prinz. Er trägt sein grünes Aufstiegsjuwel wie ein Amulett mitten in der Brust. Er sieht aus und ist gekleidet wie ein lieber, artiger Junge. Vertrauenswürdig wie der nette Nachbarsjunge. Was er in gewisser Weise auch ist. Er ist hilfsbereit und gütig." Und bis vor kurzem war er auch sehr einsam gewesen. Doch das hatte sich zum Glück geändert.
"Gleichzeitig ist er ein wahrer, kleiner Teufel. Er ist ein meisterlicher Manipulator und kann Euch glauben lassen, dass Ihr alles begierig wollt, was er mit euch macht. Und er kann, wie die meisten Rotgewandeten, wundervoll mit Seilen und Knoten umgehen." Ihm wurde schon ganz warm, wenn er nur daran dachte.
"Priam und Theon, sind beides hayllische Krieger und in inniger Liebe zueinander verbunden. Worüber man jedoch nicht spricht", vergass er nicht, die Schwarze Witwe zu warnen. "Beide sind gute Tänzer. Priam liebt es, heiss gefingert zu werden und trägt deswegen zwei erregende Piercings in seinem Lustkanal, während Theon es absolut geniesst, kunstvoll mit Seilen gefesselt und mit den dazu passenden Knoten in die höchsten Sphären der Lust getrieben zu werden. Er trägt sein Juwel genau wie Terim genau über dem Steiss."
Re: Beraubt
Verfasst: Mo 15. Feb 2021, 21:40
von Tallike
Tallike notierte sich rasch die Anzahl der Personen, die sich im Park aufgehalten hatte. Wachen sowie Kunstwerke. Darion war sehr gut informiert. Es hatte wahrscheinlich seine Gründe, dass er seinen Herrn begleitet hatte und jetzt auch bei Talli in der Kutsche saß. Die Schwarze Witwe bekam den Eindruck, dass Darion so etwas wie die rechte Hand des Adeligen war. Zumindest in der Suche nach den anderen Kunstwerken. Der Krieger informierte sie, dass es weniger Rotgewandte als Weißgewandte gab, da die Roten schwieriger zu erschaffen waren. Letzteres verstand Tallike nicht so recht, aber sie war ja auch keine adelige, reiche Künstlerin. Die Verteilung erklärte aber warum nur ein Rotgewandter bei den Entführten gewesen war. Alles deutete auf eine zufällige Verteilung hin.
Erstaunt war Tallike jedoch darüber, dass es nur zwei andere Frauen in der Villa geben sollte. Zwei Frauen und mehr als vierzig gut aussehende, gut ausgebildete Männer, nicht zu vergessen die Wächter. Eine sehr interessante Mischung. Ja, sie konnte Prinz Verden immer besser verstehen.
Interessiert erkundigte sich die Schwarze Witwe nach den entführten Kunstwerken. Diese waren erst einmal am wichtigsten und Darion begann auch sofort die ersten zu beschreiben. Er fing mit dem einzigen Rotgewandten an. Lucero, ein Prinz. Talli schrieb sich die Charaktereigenschaften und Beschreibungen auf, wobei sie zusehends ins Stocken geriet. War es in der Kutsche immer so heiß gewesen? Es war vermutlich nicht wichtig, dass dieser Lucero einen gut fesseln konnte. Aber natürlich riefen die Beschreibungen Bilder in ihrem Kopf hervor. Nein, das war nicht sehr hilfreich.
Leider wurde es bei den folgenden Kunstwerken nicht besser. Talli bekam rote Wangen, als sie hörte, dass es dieser Priam mochte heiß gefingert zu werden, weil er dafür zwei Piercings hatte. Dunkelheit, das klang verbotener als eine von Prinz Sastres Geschichten.
Die Schwarze Witwe suchte in dem Proviantkorb nach etwas zu trinken. Eine viel zu winzig kleine Flasche Weißwein. Ah, aber sie sollte besser nicht. Das war ein Arbeitsgespräch. Tallike zog stattdessen die Wasserflasche hinaus. Bevor sie auch nur einen Gedanken nach Gläsern formulieren konnte, hielt Darion ihr eines hin.
"Oh, danke.." Tallike trank hastig einen Schluck und auch der Krieger goss sich etwas ein.
"Was meint ihr damit, dass man nicht über Priams und Theons Beziehung spricht?", hakte sie nach. Darion erklärte, dass es nicht üblich in der Villa wäre. Andernfalls könnte es den Eindruck erwecken, dass der Liebespartner wichtiger wäre als der Meister. Aha und das durfte anscheinend nicht sein. Tallike stellte es nicht in Frage. Es war auch äußerst unwahrscheinlich, dass sie sich hatten befreien lassen, um irgendwo anders ihre Beziehung auszuleben. Nicht wo noch so viele andere Kunstwerke entführt worden waren.
"Wenn ihr sagt, Theon trägt sein Juwel über dem Steiß... dann muss ich mir das wie vorstellen?" Denn es war eine sehr ungewöhnlicher Ort, um Schmuck zu tragen. Vielleicht als Kettchen um die Hüfte? Dann erfuhr sie von Darion jedoch, dass Prinz Verden die Juwelen der Kunstwerke in ihre Körper einsetzte.
Tallike sah überrascht zu dem Krieger.
"In die Haut? Permanent?" Davon hatte sie noch nie gehört und konnte es sich kaum vorstellen. Aber diese exzentrische Vorliebe des Adeligen war ein großer Glücksgriff. Das bedeutete, dass die Sklaven alle deutliche Erkennungsmerkmale trugen, die man nicht so schnell entfernen konnte. Man würde sie nicht regulär verkaufen können. Außerdem hatten die Kunstwerke ihre Juwelen fest in sich verankert. Es könnte es extrem erleichtern sie zu orten.
"Das ist eine sehr gute Neuigkeit. Es wird die Suche erleichtern und die Chance erhöhen, dass alle Kunstwerke noch zusammen an einem Ort sind", sagte Talli. Sie notierte sich die Juwelenstärke und auch wo die Juwelen eingearbeitet waren.
"Und ihr... tragt ihr auch so ein Juwel? Ich kann mir noch nicht vorstellen wie es mit der Haut verbunden sein könnte", gab Talli zu. Darion bestätigte es in seiner wunderschön verführerischen Stimme. Dann fragte er, ob Tallike es sehen würde. Die Schwarze Witwe zögerte.
"Sofern es nicht an einer prekären Stelle ist", wandte sie ein. Als Antwort begann Darion sinnlich langsam sein Hemd zu öffnen. Knopf für Knopf, während er es lässig beiseite strich. Oh, das war eine sehr prekäre Stelle. Talli sah das Juwel längst, doch Darion war noch nicht fertig damit das Hemd bis ganz unten hin zu öffnen. Die Schwarze Witwe leckte sich kurz über die Lippen, dann hatte sie sich wieder im Griff. War das ein Angebot von ihm?
"Es sieht sehr interessant aus...", schaffte sie nur zu sagen. Süße Dunkelheit, wie konnte ein Mann nur so heiß aussehen? Tallike bemühte sich das Juwel anzuschauen und nicht den Rest, der auch zur Schau gestellt wurde. "Danke. Oh, aber bitte schließt euer Hemd wieder. Ich brauche meine Konzentration und ihr seht viel zu gut aus", gab sie offen zu, grinste leicht.
"Bitte erzählt mir noch von den restlichen Entführten." Dann würde sie sich hoffentlich wieder konzentrieren können.
Re: Beraubt
Verfasst: Di 16. Feb 2021, 07:59
von Darion
So ganz alles schien Lady Torres sich doch noch nicht von ihren bisherigen Besuchen bei adeligen gewöhnt zu sein. Die Beschreibung von Lucero liess sie immer mal wieder beim Schreiben in ihr Notizbuch stocken und als Darion dann anfing Priam zu beschreiben, bekam sie verführerisch rote Wangen. Um davon abzulenken, begann sie hektisch in einem ihrer riesigen Körbe, der sich als Proviantkorb herausstellte, nach etwas trinkbarem zu suchen. Weiterhin blieb sie jedoch sehr vernünftig und zog die Wasserflasche anstelle des Weissweines heraus. Hilfsbereit rief Darion ihr ein Glas herbei. Um sie nicht in ihrer Verlegenheit alleine zu lassen, bat Darion ebenfalls um etwas Wasser. So konnte sie sich von einem Moment von der Sinnlichkeit erholen.
"Es gibt einige solcher mehr oder weniger versteckten Beziehungen in der Villa", erklärte Darion offen. Auch wenn ihm Unwohl dabei war, es anzusprechen. Wichtiger war jedoch, dass es keine Geheimnisse vor der Schwarzen Witwe gab. Auch keine Sinnlichen, Prickelnden. "Doch es ist nicht üblich darüber zu sprechen. Niemand möchte den Eindruck erwecken, dass der Liebespartner wichtiger als der Meister wäre." Der Meister war immer der Wichtigste. Das hiess jedoch nicht, dass man nicht noch jemand anderen lieben konnte. Es war schwer zu erklären. Lady Torres nahm seine Erklärung jedoch einfach und und Darion blickte sie dankbar an, dass sie ehrlich nicht urteilte. Sie war wirklich eine bemerkenswerte Frau.
"Theons Juwel wurde ihm vom Meister da eingesetzt", erzählte er mehr über Theons Juwel. "Terim trägt sein Juwel ebenfalls dort. Mit der Fertigstellung eines Kunstwerkes, öffnet der Meister unser Fleisch und setzt das Juwel ein. Manchmal mit einer Fassung, manchmal ohne." Es war ganz ähnlich wie das stechen eines Piercings. Nur bedeutend schmerzhafter, eindringender und erregender. Für Lady Torres war es , wie für die meisten Menschen, eine ganz fremdartige Weise, das Juwel zu tragen. Sofort setzte sie das mit den Entführten in Verbindung und erklärte, dass das eine sehr gute Neuigkeit wäre. Es würde die Suche erleichtern und die Chancen erhöhen, dass alle Kunstwerke noch zusammen an einem Ort wären. Hoffnungsvoll hörte Darion dem zu. Er war der Schwarzen Witwe ungemein dankbar, dass ihre Gedanken immer wieder zu den Entführten glitten, obwohl sie nun viele Dinge erfuhr, die sie etwas aus dem Rhythmus bringen konnten.
"Ja, ich trage auch so ein Juwel", lächelte er sanft. "Möchtet ihr es sehen, damit Ihr Euch besser vorstellen könnt, wie es bei den anderen aussehen könnte?" Die Schwarze Witwe zögerte, ehe sie unter der Bedingung zustimmte, dass das Juwel sich nicht an einer prekären Stelle befinden dürfe. Darion lächelte sanft. Nein, bei ihm war das ganz harmlos. Anmutig öffnete er sein Hemd, wobei er sich Mühe gab, es möglichst neutral zu tun und nicht sinnlich verführerisch wie es ihm sonst in Fleisch und Blut übergegangen war. Damit sie das Juwel gut begutachten konnte, öffnete er sein Hemd so weit runter wie möglich und schob es dann sanft beiseite, damit sie sein in Silber eingefasstes Juwel auf seiner Brust anschauen konnte. Viele Kunden wollten das Juwel dann auch anfassen und fühlen wie der Übergang von Silber zu Fleisch war. Doch mehr als sich kurz über die Lippen zu lecken, dann Lady Torres nicht. Sie war wirklich sehr professionel. Wobei sie dann schon zugab, dass er viel zu gut aussehen würde. Darion musste leise lachen.
"Ich... wir alle stehen euch gerne voll und ganz zur Verfügung, Lady Torres", offenbarte er der Schwarzen Witwe, dass die Kunstwerke sie nur zu gerne in allen Bereichen bedienen würden, um ihr ihren Dank für Ihre Hilfe zu zeigen. In gewisser Weise, war es auch eine behutsame Warnung davor, was die Lady in der Villa erwarten würde. Jetzt machte er jedoch gehorsam sein Hemd wieder zu. So gern er der Lady alle Vergnügen der Welt schenken wollte, wollte er sie doch nicht von ihrer Arbeit ablenken.
"Terim ist ein Mischling", erzählte er artig weiter von seinen entführten Familienmitgliedern. "Dhemland und Glacia. Er hat wunderschöne, graue Augen, die stets sehr melancholisch schauen. Seine Haut ist selbst für einen Dhemlaner unglaublich hell. Er trägt sein weisses Juwel ebenfalls auf dem Steiss. Um den Hals ist ihm eine Seilschlinge tätowiert, deren Ende über seinen Rücken hinunter zum Juwel baumelt. Es erregt ihn sehr, wenn er gewürgt wird. Das ist eine sehr gefährliche Art, Lust zu empfinden. Terim musste als Kind, bevor der Meister ihn gefunden hat, in einem schäbigen Viertel in Amdarh auf dem Strich arbeiten. Er war beinahe tot, als er schliesslich zu uns kam. Doch Terim ist unglaublich zäh. Er sieht so zart und traurig aus, so verletzlich, aber er besitzt unendlich viel Hingabe. Ich glaube, dass es kaum etwas gibt, was ihn brechen kann." Höchstens, wenn dem Meister etwas passieren würde oder dieser sich von ihm abwenden würden. Doch körperliche Gewalt würde er von den Entführten am Besten verkraften können.
"Marlin trägt noch kein Juwel", fuhr er mit dem nächsten Kunstwerk. "Bis vor kurzem war er unser Nesthäkchen. Er ist ebenfalls ein Mischling. Hayll und Shalador. Seinen Sonnenschein, nennt ihn der Meister. Einerseits wegen seiner goldenen Augen und seinem goldenen, lockigen Haar, andererseits weil er so ein fröhliches, freundliches Gemüt hat. Er ist unermüdlich und überaus hilfsbereit. Er wird einmal ein wundervoller Ehemann und Vater. Marlin ist zudem bereits an eine Kundin versprochen. Sozusagen eine Auftragsarbeit. Allerdings ist er noch nicht fertig. Das macht ihn und Lucero zu den verletzlichsten Kunstwerken, die entführt wurden. Die Beiden werden mehr unter möglicher Gewalt und Misshandlungen zu leiden haben, als die anderen. Sie könnten daran zerbrechen." Darion schwieg besorgt. Lucero und Marlin würden zwar tapfer versuchen, es auszuhalten, würden warten wollen, bis der Meister sie rettete, irgendwann würden sie es nicht mehr ertragen können. Nicht zum ersten Mal wünschte Darion sich, er wäre anstatt der anderen entführt worden.
Re: Beraubt
Verfasst: Di 16. Feb 2021, 09:22
von Tallike
Was sollte das denn heißen? Sie standen ihr alle voll und ganz zur Verfügung? Nein, bestimmt nicht das, was Tallike kurz durch den Kopf ging. Allerdings hatte es Darion gesagt kurz nachdem sie ihm gebeten hatte seine sehr ablenkende Brust wieder zu verdecken. Ob Prinz Verden seinem Sklaven, nein vielmehr Kunstwerk, aufgetragen hatte sich ihr anzubieten?
"Danke.. aber.." Sie räusperte sich verlegen. "Ich konzentrier mich zunächst besser auf das Finden der entführten Kunstwerke."
Rasch versuchte sie einen Themawechsel herbeizuführen und fragte nach Beschreibungen der anderen Männer. Trotzdem hatte ihr das Betrachten von Darions Juwel geholfen. Es schien wirklich fest im Fleisch verankert und konnte nicht leicht entfernt werden. Wenn, dann nur äußerst brutal und selbst dann würde eine große tiefe Wunde zurückbleiben, die nur von einer professionellen Heilerin verschlossen werden könnte. Ansonsten würde gewiss eine hässliche Wunde oder große Narbe zurückbleiben. Beides Merkmale, die natürlich auch Wiedererkennungswert hatten. Wobei Tallike hoffte, dass man bisher noch nicht so weit gegangen war bei den Entführungsopfer. Leider war es eine ernst zunehmende Möglichkeit. Es hing alles davon ab zu welchem Zweck die Kunstwerke entführt worden waren. Prinz Verden hatte nichts von einer Lösegeldforderung gesagt. Es war möglich, dass die Entführer die Sklaven alle separat verkaufen würden oder dass sie überhaupt erst unter einem Auftraggeber agiert hatten, der die Sklaven für sich haben wollte. Es wäre immer noch besser als eine Person, die Prinz Verden so schwer wie möglich schaden wollte. Dann würde es sehr gefährlich für die Kunstwerke.
Tallike brauchte mehr Informationen.
Darion beschrieb ihr den nächsten Sklaven. Ein Mischling mit grauen Augen. Talli notierte sich alle Merkmale, insbesondere die skurrile Tätowierung. Ein weiteres Erkennungsmerkmal. Darion erzählte jedoch auch woher Terim kam und dass ihn Prinz Verden vom Straßenstrich geholt hätte. Bisher hatte Tallike angenommen, dass alle der Männer Sklaven waren.
"Vom Straßenstrich? Das heißt.. Terim war nicht von Anfang an Sklave? Sind alle im Sklavenregister eingetragen oder befinden sich unter den Kunstwerken auch Männer, die.. theoretisch freie Männer wären?", fragte Tallike. "Ich frage nur, weil viele Sklavenjäger sich leider am Sklavenregister orientieren." Prinz Verden konnte genausogut ein zufälliges Ziel gewesen sein. Schlicht ein Adeliger mit vielen Sklaven. Es gab noch so viele Möglichkeiten und Ungewissheiten.
Darion betonte auch, dass Terim kaum zu brechen wäre und er sehr zäh sei. Ganz anders als bei Marlin, dem Kunstwerk, das noch in Ausbildung war und kein Juwel eingesetzt hatte. Tallike notierte sich es. Darion schien die Männer sehr gut zu kennen, ihre Eigenarten und auch wie viel sie aushalten konnten. Es mussten seine Freunde sein. Die Stimme des Kriegers blieb zwar ruhig und sachlich, doch er schwieg immer mal wieder, wie um sich zu sammeln.
Besonders nachdem er davon gesprochen hatte, dass Marlin und Lucero die verletztlichsten Kunstwerke seien. Sie würden an Gewalt und Misshandlungen zerbrechen. Tallike unterstrich die Namen der beiden Kunstwerke.
"Sollte sich herausstellen, dass die entführten Kunstwerke getrennt worden sind, so werde ich mich auf diese beiden konzentrieren", versprach sie. Leider hatte Darion recht, dass die Sklaven womöglich gerade jetzt unter Gewalt und Missbrauch litten. Sie vermutete, dass die Kunstwerke wegen ihren sexuellen Fähigkeiten entführt worden waren. Und dass die Entführer leider weniger daran interessiert waren welche Vorlieben die Männer hatten. Oder wie belastbar sie waren.
"Ich weiß nicht, ob es nicht schon zu dunkel ist, wenn wir ankommen, um die Schauplätze zu untersuchen", begann Talli nachdenklich, "Aber ich kann ein erstes Netz weben, das uns sagen kann, ob sie noch am Leben sind." Es war nur eine kleine Momentaufnahme, doch Tallike wusste, dass es den Wartenden sehr helfen konnte. Es war leider nicht hundertprozentig genau, es würde Tallike keinen Aufschluss darüber geben, ob jemand verletzt war oder wo sich die Entführten befanden. Dennoch lächelte sie Darion zuversichtlich zu. Sie würden heute etwas neues in Erfahrung bringen, ganz bestimmt. Tallike hoffte, dass es gute Neuigkeiten waren.
"Dann erzählt mir von Lilian Aubry", bat die Schwarze Witwe. "Gehört Lilian zu den Weiß- oder Rotgewandten?", fragte sie. Anderseits hatte Prinz Verden gesagt, dass Lilian vollkommen unerfahren war. Aber dann nur vage erklärt, das bezöge sich auf die Lebenserfahrung. "Auch ein Kunstwerk in Ausbildung?", spekulierte die Schwarze Witwe. Und würde sie jetzt endlich erfahren welches Geschlecht Lilian hatte und wieso das so kompliziert zu erklären war?
Re: Beraubt
Verfasst: Di 16. Feb 2021, 15:58
von Darion
"Nein, Terim war nicht von Anfang an Sklave", unterbrach Darion seine Beschreibung der Kunstwerke, als Lady Torres, ganz überrascht nachhakte. "Tatsächlich waren die wenigsten von uns von Anfang an Sklaven. Hingegen ist niemand mehr von uns das, was Ihr als freien Mann bezeichnen würde. Wir sind all eim Sklavenregister eingetragen." Darion schmunzelte kurz. "Das hat für den administrativen Bereich vieles vereinfacht." Freie Männer einfach so zu verleihen war viel komplizierter, als es das mit Sklaven war.
Lady Torres machte sich eifrig weiter Notizen. Darion bekam mit, wie sie die Namen von Lucero und Marlin unterstrich. Gleich darauf versprach sie ihm, dass sie, sollsten die entführten Kunstwerke getrennt werden, würde sie sich auf Lucero und Marlin bei ihrer Suche konzentrieren. Das war sehr lieb von ihr. Und auch sehr tapfer. So eine grausame Entscheidung treffen zu müssen, egal wie rational sie war, war nicht leicht.
"Wir haben im Anwesen genügend Juwelenkraft, um euch die Schauplätze in so hellem Licht zu zeigen, als wäre es der schönste Sommertag", versicherte Darion ihr, als sie überlegte, ob es schon zu dunkel wäre, wenn sie ankämen. "Allerdings weiss ich nicht, ob das Anwenden der Kunst die Geschichte des Ortes durcheinander bringt." Dazu kannte er sich mit der Arbeit von Schwarzen Witwen zu wenig aus.
"Wenn ihr jedoch heraus finden könntet, ob sie noch am Leben sind, wäre das wunderschön", flehte er hoffnungsvoll. "Selbst... selbst wenn sie es nicht mehr sein sollten. Einfach nur zu wissen, dass sie nicht einfach aus der Welt verschwunden sind." Wie eine Art Beweis, dass sie nicht nur Fantasiegestalten gewesen waren, sondern geliebte Familienmitglieder.
"Ja, Lilian Aubry", nickte Darion dazu, Lady Torres auch von Lilian zu erzählen. Das war nicht leicht. Er atmete einmal gefasst durch, um seine Gedanken zu sammeln. "Lilian ist in vielerlei Hinsicht vollkommen anders als die restlichen Kunstwerke. Lilian wurde auch noch nicht zugeteilt, da beidese möglich scheint, denke ich. Auch wenn zu Anfang viele angenommen haben, dass Lilian zu den Weissgewandeten gehören würde." Darion merkte, dass er weiter ausholen musste, um Lilian zu erklären.
"Lilian ist ein dhemlanischer Männername und Lilian diente in der Armee von Sion, als er in Raej von Hayll gefangen genommen wurde", begann er bei der Zeit, bevor Lilian zu ihnen gekommen war. "Aufgrund seiner Jugend und seiner Schönheit wurde er nicht einfach nur versklavt, sondern auch gleich ausgemustert für Händler, die sich auf solche Sklaven spezialisiert haben. So kam Lilian zu Lady Uleste, die eine Gartenfeier gegeben hatte und es als interessante Attraktion sah, Lilian sowohl für die Ladies als süsser unberührter Junge zur Entjungferung zu versteigern, als auch als unberührtes, süsses Mädchen für die anwesenden Männer. Mein Meister war jedoch derart fasziniert von Lilians Namen und seinem Aussehen, dass er die Versteigerung verhindert und Lilian gekauft hat. Coranis hat eine Gästeliste dieser Feier aufgelistet. Sollte es eine Auftragsentführung gewesen sein, dann gibt es auf dieser Liste eine Menge Menschen, die meinem Meister grollen, weil er ihnen Lilian vorenthalten hat." Einige von ihnen hatte der Meister bereits bestrafen lassen, dafür, was sie mit Darion gemacht hatten.
"Das überaus feminine Aussehen von Lilian, gefiel meinem Meister so gut, dass er beschlossen hat, das weiter zu verfolgen", erzählte Darion weiter. "So bekam Lilian viele süsse Mädchenkleidung geschenkt und keine spezifische Gewandung. Lilian wurde der Unterricht eines adeligen Mädchens zuteil und in der Villa werdet Ihr die Kunstwerke immer von einer sie anstatt von einem er sprechen hören. Auch wenn Lilian ein Junge ist. In der Villa ist er das Mädchen. Eine ganz aussergewöhnliche Besonderheit. Auch die Art, wie der Meister und Lilian miteinander umgehen habe ich so noch nie beobachten können, wenn jemand neues zu uns kam. Lilian bekam sogar ein eigens für ihn eingerichtetes Zimmer mit angrenzendem Bad und Ankleidezimmer." Selbst die Blutigen lebten nicht so feudal, wie Lilian es tat.
"Doch diese Verkleidung, wie Ihr es vielleicht nennen mögt, ist noch nicht alles, was Lilian betrifft", gab Darion zu und beobachtete Lady Torres genau. Bis jetzt hatte sie noch alles ganz gut verkraftet. Um ihrer allen Willen hoffte er, dass das so bleiben würde.
"Es gab gewisse Ereignisse, die dazu führten, dass Lilian auf eine äusserst genaue, medizinische Untersuchung seines Körpers bestand. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind neben dem Meister nur ganz wenigen Menschen in der Villa bekannt. Ich bitte Euch, auch dies sehr vertraulich zu behandeln." Lady Torres stimmte dem sofort zu. Sie war offensichtlich neugierig, worauf Darions langatmige Einleitung hinaus laufen solle.
"Bei dieser Untersuchung stellte sich heraus, das Lilian durchaus ein Mann ist, allerdings nicht nur", offenbarte Darion sachte. "Er hat auch mehrere weibliche Attribute in sich. Genug, dass er einem Mädchen zum Verwechseln ähnlich ist. Genug, damit, wenn er sich besonders feminin fühlt, seine Signatur flackert und zu die einer Hexe wird. Lilian ist also sowohl Krieger, als auch eine Hexe."
Re: Beraubt
Verfasst: Di 16. Feb 2021, 17:59
von Tallike
Es war mehr als seltsam, dass sich freie Männer freiwillig ins Sklavenregister eintragen ließen, aber Tallike sagte besser nichts dazu. Das Leben für einen ehemaligen Strichjungen war in einem noblen Anwesen wahrscheinlich weit besser. Dazu kam ein sehr exzentrischer und vermutlich auch äußerst verführerischer, schöner Prinz und sie verstand, dass sich die anderen Männern dem nicht hatten entziehen können. Nicht dem Retter, der sie aus einem schrecklichen Leben herausgeholt hatte. Es hatte fast etwas von einem Kult. Die Schwarze Witwe wurde immer neugieriger auf dieses Anwesen.
Waren dort wirklich alle Kunstwerke glücklich und zufrieden? Konnte mehr hinter der Entführung stecken, vielleicht gar Familienmitglieder, die ihre Angehörigen scheinbar retten wollten oder ging es schlicht um kostenlos, geraubte Sklaven für jemand anderen? Tallike wusste noch zu wenig und sie vergaß nicht, dass sie ihre Informationen gerade von jemanden innerhalb dieses Kultes bekam. Das durfte sie nicht aus den Augen verlieren. Aber Darion wirkte ehrlich und er schien ihr alles mitzuteilen, was sie an Informationen rund um die Entführung benötigte. Wenn die entführten Männer auch so glücklich und zufrieden wie er bei Prinz Verden gewesen waren, dann wollte Tallike nichts unversucht lassen sie zu finden und zurückzubringen.
Die Schwarze Witwe bot an am abend ein erstes Netz zu weben, um erste Lebenszeichen festzustellen. Darion wirkte sehr erleichtert und voller Hoffnung. Er wollte wissen was mit seinen Freunden war, auch wenn es bedeuten konnte, dass sie nicht mehr am Leben waren. Tallike hoffte natürlich, dass sie gute Nachrichten hatte. Sie konnte nicht garantieren, dass alle Entführten überlebten, aber wenn es den Entführern um Profit ging, so standen die Chancen nicht schlecht, dass sie noch lebten. Nur in welchem Zustand?
Darions Angebot den Schauplatz der Entführung zu erhellen, musste Talli leider ablehnen, da er recht hatte, dass sie die Juwelenkunst von anderen stören konnte. Es war besser wenn sie es sich am nächsten Morgen ansah. Die Schwarze Witwe befürchtete, dass es sowieso nicht viel hergeben würde. Nicht wenn die letzten Tagen bereits mehrere der anderen Männer über den Ort getrampelt und ihre eigenen Signaturen verbreitet hatten. Aber sie würde sehen was sich machen ließ.
Für jetzt fehlten ihr Information über das letzte Kunstwerk. Das schien etwas schwieriger oder aufwühlender zu sein, da Darion tief durchatmete. Der Krieger korrigierte, dass Lilian kein Kunstwerk sei. Jedenfalls noch nicht und es war auch nicht klar wozu Lilian gehören würde. Schließlich erfuhr Tallike wenigstens, dass Lilian ein dhemlanischer Soldat gewesen war bevor er in Raej gefangen genommen worden war. Die Schwarze Witwe stockte.
Es war untersagt mit dhemlanischen Kriegsgefangenen zu handeln. Aber ihr war auch bewusst, dass es dort genügend Grauzonen gab und sich Adelige mit ausreichend Geld auch Menschen aneignen konnten, die nie Sklaven hätten werden sollen. Talli zweifelte nicht daran, dass sich Lilian Aubrys Name mittlerweile längst legal im Sklavenregister befand und nichts mehr auf seine dubiose Herkunft verwies. Wenn man einmal in diesem System war, war es schier unmöglich zu beweisen, dass man eigentlich ein freier Mensch sein sollte. Ausführlich erzählte Darion darüber wie Lilian bei Prinz Verden gelandet war. Eine Versteigerung bei Lady Uleste, um Lilian zu entjungfern. Tallike starrte auf das Alter des Jungen und schluckte.
Und wieder war Prinz Verden scheinbar als Retter aufgetreten, hatte die Versteigerung verhindert und Lilian für sich gekauft. Talli erkannte das Muster.
Darion erwähnte, dass viele der Besucher der Versteigerung wütend darüber geworden waren, dass sie Lilian nicht hatten bekommen können. Coranis hätte eine Liste von ihnen. Das war der Verwalter oder? Talli machte sich eine entsprechende Notiz. Es war gut möglich, dass sich einer dieser Gäste gerächt hatte.
"Wann war diese Versteigerung?", fragte Tallike und Darion nannte ihr das Datum. Erst ein paar Monde her. Nicht lange genug, um solch einen Groll zu vergessen. Adelige konnten lange grollen. Sie hatten die Freizeit und das Geld dafür.
Darion fuhr fort, dass Lilian auch in der Villa weiterhin Mädchenkleidung tragen musste und als ein adeliges Mädchen erzogen wurde. Tallike blickte den Krieger verwundert an. Prinz Verden war in der Tat sehr exzentrisch.
"Das heißt auch bei der Entführung trug er.. Mädchenkleidung?", fragte Tallike. Was sollte das überhaupt heißen? Vermutlich Kleider und Röcke. Darion erklärte, dass man in der Villa über Lilian nur von einer 'sie' reden würde. In der Villa würde er als Mädchen behandelt. Es wäre etwas sehr besonderes, ebenso wie Prinz Verden und Lilian miteinander umgehen würden. Das hätte Darion so noch nie gesehen. Lilian besäße auch ein eigenes Zimmer mit Bad und Ankleidezimmer.
"Wieso ist das besonders? Wo seid ihr untergebracht?", erkundigte sich Tallike. Die Schwarze Witwe erfuhr, dass es für die Weißgewandten große Schlafsäle gab und für die Rotgewandten einzelne Zimmer. Anscheinend gab es für diesen Lilian eine Sonderbehandlung, die es so noch nie gegeben hatte. Ob das zu Spannungen geführt hatte?
"Weiß jemand außerhalb der Villa von dieser speziellen Behandlung? Ich meine, dass Lilian Prinz Verden besonders wichtig ist. Jemand, der Prinz Verden schaden möchte, könnte es deswegen auf Lilian abgesehen haben."
Der Krieger sagte, dass es noch etwas über Lilian gäbe, was sie wissen musste. Lilian hätte auf eine intensive medizinische Untersuchung seines Körpers bestanden und die Ergebnisse dieser Untersuchung wären nur sehr wenigen bekannt. Tallike sollte es vertraulich behandeln.
"Natürlich. Ich verstehe. Danke, dass ihr es mir sagt", erwiderte sie. Wenn es ein Geheimnis um Lilian gab, wollte es Tallike wissen. Vielleicht war es wichtig. Allerdings hatte sie niemals mit dem gerechnet, was Darion ihr dann verriet.
"Lilian ist also sowohl Krieger, als auch eine Hexe."
Tallike blinzelte. Was, was, was? Sie zweifelte aber stark daran, dass Darion sie anlügen oder darüber scherzen würde. Es war nur so ungeheuerlich.
"Ich dachte, das gäbe es nur in Mythen", entfuhr ihr. Talli musste an den Verzerrten Prinzen denken. Dieses Wesen in den Tiefen des Verzerrten Reiches. Manchmal sah sie den Prinzen dort und sie konnte spüren, dass er auch eine Schwarze Witwe war. Nur zerbrochen. Aber sie glaubte nicht, dass er gleichzeitig auch eine Frau war. Er hatte nur einige der Fähigkeiten einer Schwarzen Witwe. Eine männliche Schwarze Witwe.
Was Darion ihr da beschrieb war etwas komplett anderes.
"Er ist beides?" Sie griff nochmal nach dem Portrait. Es ließ sich tatsächlich schwer sagen was er war. "Sieht man ihm das an? Ich meine.. äußerlich irgendwo... oder sollte ich sie sagen? Was für eine Ansprache bevorzugt er... sie?"
Darion erklärte, dass Lilian äußerlich nur Merkmale eines Geschlechtes hätte. Nach einigem Zögern fügte der Krieger hinzu, dass Lilian die männliche Anrede bevorzuge. Tallike spürte, dass es da einige Ungereimtheiten gab. Verkleidete sich Lilian gerne als Mädchen? Was hatte dazu geführt, dass herausgekommen war, dass er wirklich beides war?
Oh, es war immer noch so überwältigend.
"Aber er kann seine Signatur wechseln?"
Darion verneinte dies. Es hätte bisher gewechselt, wenn sich Lilian bei Prinz Verden befunden hätte. Tallike schrieb rasch alles auf, nahm ein Schluck Wasser.
"Das ist... damit habe ich nicht gerechnet. Das könnte vieles ändern." Sie seufzte. "Ich denke, ihr wisst besser als ich wieviel jede Seltenheit auf dem Sklavenmarkt wert ist." Die Schwarze Witwe mochte nicht sich in diese Denkweise zu versetzen, aber sie musste darüber nachdenken was die Entführer wollten. Wenn es wertvolle Sklaven waren, hatten sie gerade ausgesorgt. Tallike machte sich eine Notiz.
"Ich habe eine Kontaktperson, die sich im Schwarzmarkt bewegt und ich werde ihn danach Ausschau halten, ob Sklaven mit diesen Beschreibungen angeboten werden oder ob er Gerüchte über einzigartige Sklaven hört. Ohne ihm Details zu verraten", versicherte Talli. Sie wusste selbst wie brisant das war.
Die Chance war zwar gering, doch bei einer Suche war es besser mehr als einen Weg zu verfolgen.
"Das ist etwas delikat, aber ich nehme an, Lilian ist keine Jungfrau mehr oder?", fragte sie.
Re: Beraubt
Verfasst: Di 16. Feb 2021, 19:41
von Darion
Um von Lilian zu erzählen, brauchten sie eindeutig mehr Zeit. Lady Torres hatte so einige Fragen. Einge davon stellte sie, andere, das konnte Darion ihr ansehen, behielt sie für sich. Wie versprochen hielt sie sich tapfer an ihr Versprechen, nicht zu urteilen.
"Ja, Lilian trug bei seiner Entführung Mädchenkleidung", bestätigte Darion sanft. "Wenn ihr möchtet, kann ich bei Horatio unserem Schneider den Entwurf zu den Sachen holen, die Lilian an dem Tag trug, damit Ihr auf einem Bild sehen könnt, was er an hatte. Von allen anderen Entführten auch, wenn Ihr möchtet und das hilft. Die Gewandung jedes Kunstwerkes ist einzigartig. Ausserdem trug Lucero an diesem Tag nicht seine Gewandung sondern das, was Ihr wohl als normale, edle Kleidung bezeichnen würdet." Vielleicht war das ja wichtig. Erst einmal ging es jedoch um Lilian und seine besondere Position in der Villa.
"Die Rotgewandeten besitzen eigene Einzelzimmer die sich alle in einem Gang in einem Seitentrakt befinden", beantwortete Darion die neugierige Frage nach ihrer Unterbringung. "Wir Weissgewandeten schlafen in zwei grossen Schlafsälen alle beieinander." Darions Meinung nach, war das viel schöner. Besonders seit er die Erfahrung eines Einzelzimmers hatte machen müssen, als er verletzt und beschädigt gewesen war. Kein Wunder holten die Blutigen sich regelmässig jemanden von ihnen zu sich oder schlichen sich in der Nach in ihre Schlafsäle. So ein Einzelzimmer war furchtbar einsam.
"Ich glaube nicht, dass jemand von Ausserhalb überhaupt weiss, das Lilian bei uns lebt", überlegte Darion nachdenklich. "Geschweige denn, dass man über die Sonderbehandlung bescheid weiss. Die Gäste von Lady Uleste wissen von Lilian. Aber sonst wüsste ich nicht wer von ihm wissen sollte." Selbst, dass der Meister in der Stadt Dinge für ein Mädchen eingekauft hatte, war nicht ungewöhnlich. Guten Kundinnen liess er manchmal eine kleine Aufmerksamkeit zukommen, die nichts mit seiner Kunst zu tun hatte.
Darion rückte nach langer Vorbereitung schliesslich mit der Sprache heraus und offenbarte Lady Torres, dass Lilian sowohl ein Junge, als auch ein Mädchen war. Scharf beobachtete er dabei die Schwarze Witwe, um herauszufinden, ob sie das annehmen konnte, oder ob sie mehr eine Gefahr für Lilian werden würde, als eine Hilfe. Erst einmal war sie jedoch nur masslos überrascht. Allerdings hatte sie schon davon gehört. Wenn auch nur aus den Mythen. Aber immerhin. Dann kamen die Fragen. Darion lächelte. Er mochte die Art von Lady Torres sehr, besonders wie sie klug über alles nachdachte.
"Ja, er... sie ist beides", bestätigte Darion freundlich. "Man sieht es ihm jedoch nicht an. Rein äusserlich und nicht bekleidet sieht Lilian wie ein sehr femininer Junge aus." Die zweite Frage liess ihn jedoch etwas zögern. Was Lilian bevorzugte, war etwas ganz anderes, als das, was der Meister wünschte. Aber um seine Familie zu retten, musste er alles offenbaren, auch wenn es ihm bei einigen Dingen sehr unbehaglich war.
"Lilan bevorzugt die männliche Ansprache", gab er schliesslich zu. Lady Torres schien zu spüren, dass da noch etwas im Verborgenen lag, hakte jedoch nicht nach. Vielleicht kam das später.
"Nicht bewusst", schüttelte Darion seinen Kopf auf die Frage nach dem Signaturwechsel von Lilian. "Bisher geschah es meistens dann, wenn Lilian dem Meister Nahe war." Soweit Darion das verstanden hatte, immer dann, wenn Lilian erregt gewesen war. Oder vielleicht dann, wenn sie seinen Höhepunkt gehabt hatte. Wenn sie Sex gehabt hatte, konnte Darion schlecht sagen. Denn so wie es sich bei Lilian angehört hatte, hatte sie keinen mehr gehabt seit der Zeremonie.
Auf Lady Torres Vermutung, dass Darion selber am Besten wisse, wieviel eine Seltenheit auf dem Sklavenmarkt wert war, konnte der Krieger nur schwermütig nicken. Lilian würde in den richtigen Kreisen unglaublich viel Wert sein. Die Frage war nur, ob die Entführer das wussten. So gut, wie sie organisiert waren, vermutlich schon. Das erhöhte natürlich Lilians Chance auf ihre Unversehrtheit, bedeutete aber auch, dass Lilian wohl besonders gut bewacht werden würde.
"Ihr kennt jemanden, der sich im Schwarzmarkt der Sklavenhandels bewegt?" musste Darion dann doch staunen, ehe er leise lachte. Diese Schwarze Witwe steckte voller Überraschungen. Und das in ihrem Alter. Der Respekt, den er für sie hegte, wuchs immer mehr.
"Ja, ihr habt recht, Lilian ist keine Jungfrau mehr", antwortete offen und lächelte leicht belustigt. "Aber so gut wie. So wie ich ihn verstanden habe, hatte er erst einmal so richtigen Sex. Ansonsten gab es da nur Küsse und Streicheln." Der Meister hielt sich bei Lilian ausserordentlich zurück. Ganz zum Genuss der Weissgewandeten. Das brachte Darion jedoch noch auf ein weiteres Thema.
"Es gibt da noch etwas, das Ihr wissen müsst, Lady Torres", begann er wieder ernst geworden. "Etwas, dass Euch in der Villa niemand sagen wird, auch wenn es offensichtlich ist. Offensichtlich für alle, bis auf den Meister. Entweder weil er es nicht sehen will, oder es sich nicht eingestehen kann. Und auch ich werde es ausserhalb dieser Kutsche nie wieder sagen." Es kam ihm selbst jetzt viel zu vermessen vor. Doch es war wichtig, dass es gesagt wurde, damit Lady Torres die Prioritäten richtig setzen konnte. Ausserdem vertraute er der Schwarzen Witwe und darauf, dass sie ihnen nur gutes wollte.
"Ihr verspracht vorhin, dass ihr, sollten die Kunstwerke getrennt werden, Euch auf Marlin und Lucero konzentrieren würdet, da sie die Verletzlichsten von allen wären", erinnerte er sie. "Das ist sehr lieb von Euch. Duch ich bitte Euch, Euch vorallem auf Lilian zu konzentrieren. Er ist am Verletzlichsten von allen. Aber ganz davon abgesehen, wenn..." Darion atmete tief durch.
"Wenn wir Lilian nicht finden, so fürchte ich, dass wir alle verloren sind", offenbarte er der Schwarzen Witwe. "Lilian ist noch nicht lange bei uns und seine Position ist vollkommen undefiniert. Aber Lilian ist ganz klar das Herz des Meisters. Wenn Lilian verschollen bleibt, wird der Meister daran zu Grunde gehen." Und sie alle mit ihm.