Erster Unterricht

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Aerys
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Aerys »

Allmählich erschrack Lilian doch und merkte, dass er über das Ziel hinausgeschossen war. Ob Aerys Tonfall wurde er ganz angespannt und als der Adlige ihm klar machte, dass es noch ein gutes Jahr dauern könnte, bis der Krieg vorbei war, wurde er dann ganz leise. Obwohl Aerys ihm mehrmals gesagt hatte, dass es noch länger dauern könnte, hatte er es einfach verdrängt und wohl gedacht, es würde einen Monat dauern, anstatt zwei Wochen, oder so ähnlich. Nun eine konkrete Zahl zu hören und auch gleich noch so eine hohe, verpasste ihm einen ordendlichen Dämpfer.
Trotzdem klammerte er sich an die Hoffnung, dass der Krieg nach einem Jahr vorbei wäre. Ob Aerys das glauben würde. Der Prinz wollte daraufhin am liebsten aufbrausen, dass er nicht dachte, dass sie vor fünf Jahren auch nur eine kleine Möglichkeit hatten nach Amdarh zu fahren, dass es auch hundertjährige Kriege gäbe. Doch Lilian sprach schon weiter und tat seine Hoffnung kund, seinen Eltern schon früher schreiben zu können. Er hätte solches Heimweh und würde seine Eltern so vermissen. Jetzt schien Lilian wieder richtig geknickt zu sein.
Aerys seufzte und sein zorniges Gesicht wurde milder. Das hatte er nicht gewollt. Natürlich hatte er Lilian auf den Boden der Tatsachen zurück holen wollen. Hatte es müssen, um ehrlich zu ihm sein zu können. Er war auch wütend auf ihn, weil er immer jede Überraschung und jedes Geschenk verdarb, das er ihm schenkte. Aber ursprünglich hatte er ihm einfach nur eine Freude machen wollen, weil er ihm Darion zurück gegeben hatte.
"Es wäre viel zu gefährlich, jetzt Briefe nach Amdarh zu schicken, Lilian", erklärte Aerys ruhiger. "Wenn nicht sogar unmöglich. Ich wüsste nicht, wer bereit sein sollte, Briefe den Dhemlanern zu übergeben. Schon gar nicht ohne mich zu verdächtigen, dass ich ein Spion für Sion sei, oder sonst auf dumme Gedanken kommt. Du darfst gerne Briefe schreiben, wenn du möchtest. Aber abschicken werden wir sie nicht können." Dafür hatte er Lilian ja auch ein Tagebuch geschenkt, damit er so jemanden oder eben etwas hatte, dem er sich anvertrauen konnte.
"Und nein, ich glaube nicht, dass dieser Krieg in einem Jahr schon vorbei sein wird", verneinte er traurig. Der Prinz mochte dieses Morden und diese Gewalt auch nicht, auch wenn Lilian durch den Krieg zu ihm gelangt war. "Es ist schwierig dies einzuschätzen. Denn dieser Krieg, den Sion uns aufzwingt, ist so anders als alles andere, was ich bisher erlebt habe. Er will sich nicht einfach nur eine Region erobern. Er will alles haben. Er will alle Territorien, alle Reiche versklaven. Der Dämon führt Krieg in Terreille und Kaeleer und saugt dabei jegliches Leben aus dem Land, was er besetzt hält. Es ist furchterregend. Ich glaube nicht, dass es ein hundertjähriger Krieg wird. Dazu sind die Kräfte zu gewaltig, die aufeinander prallen. Dazu ist der Einsatz zu hoch. Doch genau so wenig glaube ich, dass in einem Jahr alles wieder vergessen ist und Frieden herrscht. Ich glaube dir Lilian, dass du deine Eltern vermisst, Lilian, aber du solltest begreifen, dass dies von nun an dein Heim ist. Je länger du dich dagegen sperrst, desto länger wirst du unglücklich sein."
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Lilian
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Lilian »

Der Adelige seufzte zunächst nur ehe er ihn in einem etwas einfühlsameren Tonfall aufklärte, dass Lilian weiterhin keine Briefe nach Amdarh schicken konnte. Niemand in Hayll würde etwas den Dhemlanern übergeben wollen und Aerys befürchtete, dass man ihn andernfalls für einen Spion halten würde. Lilian sollte Briefe schreiben, wenn er wollte. Nur würden sie nie ihr Ziel erreichen.
Der Jüngling nickte geknickt. Dass er so gar keinen Kontakt zu seiner Familie hatte, zehrte an ihm. Selbst an der Front hatte er ein, zwei Briefe schicken können, doch jetzt war er von allem abgeschnitten. Er war ganz alleine an einem fremden Ort und es war niemand hier, der ihm beistand oder ihn richtig verstand. So fühlte sich der Jugendliche oft sehr einsam und das konnte auch nur Aerys manchmal ändern. Sich mit ihm zu unterhalten, war wertvoll für Lilian, doch gleichzeitig waren die Gespräche meist anstrengend und ein Drahtseilakt, den es zu bestehen galt, um den empfindlichen Mann nicht gegen sich aufzubringen.
"Ich hab schon ein paar geschrieben", sagte er leise. Aber darin hatte er meistens so getan, als wäre er weiterhin Soldat und alles liefe gut. Er konnte nicht darüber schreiben, was er hier erlebte. Wie sollte er das je den Eltern sagen? Das würde er sich noch überlegen müssen, wenn er wieder zurück war. Wenn nur die Wartezeit nicht so lang wäre!
Aber Aerys schränkte das noch weiter ein. Nicht nur ein Jahr, sondern noch lange. Es wäre schwierig, abzuschätzen, wann der Krieg zuende wäre.
"Aber jeder Krieg endet mal", beharrte Lilian und wollte sich die Hoffnung nicht nehmen lassen. Er wollte weiterhin fröhlich und zuversichtlich sein. Damit konnte er das Leben hier schaffen. Er brauchte das. In einem Jahr wäre alles vorbei. Aerys sollte nichts anderes sagen.
Leider redete der Prinz einfach weiter. Wie schrecklich Sion wäre und dass er alle Reiche versklaven wolle.
"In Dhemlan gibt es keine Sklaven mehr", entgegnete der Jüngling leicht trotzig. Der einzige, der hier versklavte, war Hayll. Jetzt konnte er doch nicht anders, als seine Heimat zu verteidigen und wiedergeben, was er dort gehört hatte. "Und Sion will doch nicht Länder aussaugen. Er will die Ordnung und den Fortschritt in Dhemlan auch in andere Länder bringen. Und dann gibt es keine Adeligen mehr und keine Sklaven und die Menschen müssen nicht länger leiden." Für Lilian hatte das alles einleuchtend und nach einem ehrenvollen Ziel geklungen. Er hatte nur nicht selbst in die Armee gewollt, weil es ihm Angst machte, selbst zu kämpfen, doch er hatte natürlich auch nicht gegen sein eigenes Land rebellieren wollen. Es hieß, man hätte ausrücken müssen, um ihre dhemlanischen Werte zu verteidigen. Ob man das in Hayll verstand?

Aerys glaubte nicht, dass in einem Jahr Frieden herrschen würde. Lilian solle besser begreifen, dass hier seine neue Heimat wäre.
"Je länger du dich dagegen sperrst, desto länger wirst du unglücklich sein."
Verwirrt sah der schöne Jüngling zu dem Adeligen. "Aber.. nicht für immer. Und vielleicht wird es dann zwei Jahre.." Das war für Langlebige auch keine Zeit. Er musste nur durchhalten. "Dann bringt ihr mich zurück. In meine richtige Heimat. Die anderen hier hatten vorher vielleicht kein gutes Leben, aber ich hatte eines. Ich hab eine richtige Familie." Nicht was die Kunstwerke hier verdreht für eine Familie hielten.
"Ihr habt gesagt, ihr bringt mich zurück. Dafür dass ihr wieder Darion habt", erinnerte Lilian den Prinzen energisch. Er würde doch jetzt nicht das Versprechen rückgängig machen? "Ihr habt es versprochen."
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Aerys »

Aerys nickte vage, als Lilian beharrte, dass jeder Krieg einmal enden würde. Früher oder später schon. Aber gerade bei langlebigen Völkern konnte es sehr lange dauern, bis wieder Frieden herrschte und noch länger, bis der Hass begraben war. Lilian wollte jedoch nicht daran denken und entgegnete leicht trotzig, dass es in Dhemlan keine Sklaven mehr gäbe. Ausserdem wolle Sion die Länder nicht aussaugen, sondern Ordnung und Fortschritt in andere Länder bringen, damit es keine Adeligen und keine Sklaven mehr gäbe und niemand mehr leiden müsse. Das brachte Aerys dazu Lilian verblüfft anzusehen. Dass der Junge all den Schwachsinn noch glauben konnte, obwohl er selbst im Krieg hatte sein müssen und gesehen hatte, was für Verheerung er angerichtet hatte. Andererseits war Lilian nur Botenjunge gewesen und hatte womöglich nicht viel von dem Morden mitbekommen.

"Lilian, in Dhemlan sind nun alle Menschen versklavt", entgegnete Aerys mitfühlend. "Sion hat euch alle versklavt, zwingt euch seine Gedanken auf und drängt euch einen Krieg zu führen, den ihr gar nicht führen wollt. Er hat Angst und Schrecken in dieses wunderschöne Territorium gebracht und verwüstet es auf grauenhafte Weise. Sie müssen dir in der Armee ganz schön den Kopf gewaschen haben, dass du das nicht erkennst. Raej zum Beispiel ging es wunderbar, bis Sion dort eingefallen ist. Aber er kann nicht anders. Er ist ein Dämon der Hölle entflohen. Es liegt in seiner Natur, alles Leben zu zerstören, bis die Reiche genau so tot wie die Hölle sind." Doch darum ging es jetzt gar nicht. Es ging darum, dass man Lilian nie eine Freude machen konnte. Dass er immer mehr forderte und sich dagegen sperrte, hier zu sein. Streng machte Aerys das dem Jungen klar.

Der Jüngling blickte ihn daraufhin mit seinen wunderschönen, rosefarbenen Augen verwirrt an und erwiderte stockend, dass es doch nicht für immer sei. Dann würde es eben zwei Jahre dauern, anstatt wie er angenommen hatte, nur ein Jahr. Ganz offensichtlich hatte er noch immer nichts begriffen. Weder, dass ein Krieg viel länger dauern konnte, noch dass Aerys nicht vorhatte, ihn für immer frei zu lassen. Eifrig fuhr Lilian fort, dass Aerys ihn dann zurück bringen würde. In seine richtige Heimat. Die anderen hätten vorher vielleicht kein gutes Leben gehabt, doch er schon. Er hätte eine richtige Familie. Aerys runzelte fragend die Stirn, da sich ihm der Sinn von Lilians Worten nicht erschliessen wollte. Er verstand nicht, welche Anderen kein gutes Leben gehabt hätten. Energisch behauptete Lilian, dass Aerys gesagt hätte, dass er ihn zurück brächte. Dafür, dass er Darion wieder hätte. Aerys hätte es versprochen.
"Das habe ich nicht!" platzte es wütend aus dem Adligen heraus. "Das habe ich dir niemals versprochen." Zornig funkelte er Lilian an. "Ich habe dir etwas anderes geschenkt. Es war ein sehr grosszügiges Geschenk, was dir Freude machen sollte. Aber nein, du in deiner undankbaren, nimmersatten Gier lässt wieder einmal nicht zu, dass man dir irgendwie eine Freude machen oder dir etwas gutes Tun kann. Immer forderst du mehr. Willst noch mehr geschenkt bekommen, als man dir schon gab. Du bist so schrecklich undankbar und musst alles verderben. Ich weiss schon gar nicht mehr, warum ich dir ein Geschenk machen wollte. Aber eines kannst du dir gewiss sein. Ich werde dir nie wieder etwas schenken. Denn anstatt Freude und Glück bringt es immer nur Wut, Enttäuschung und Streit. Damit ist jetzt vorbei." Aufgebracht rupfte Aerys seine Serviette vom Schoss und schmiss sie auf den Tisch, damit er sich erheben konnte. Er hatte keine Lust mehr auf ein Frühstück.
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Lilian »

Lilian wusste nicht, was er darauf sagen sollte, als Aerys in allem Ernste meinte, Sion wäre ein Dämon. Der Jüngling hatte dies auch schon gehört, nachdem er in Gefangenschaft geraten war, doch es klang so absurd, dass er dem keinen Glauben geschenkt hatte. Es war ihm wie Propaganda des Feindes vorgekommen. So hatte man es ihnen bei der kurzen Rekrutenausbildung erklärt. Dass man nicht glauben sollte, was Nicht-Dhemlaner über Sion verbreiteten.
Der Jugendliche vergaß die Aussage fürs erste, als es dann um etwas für ihn viel wichtigeres ging. Aerys hatte nun schon die ganze Zeit, die Rückkehr nach Dhemlan weiter hinausgeschoben und stets verlängert, was er glaubte, wie lange der Krieg andauern würde. Auch ein Waffenstillstand galt nicht und wer weiß, wann die Straßen wirklich richtig sicher sein würden. Es machte Lilian sehr nervös und besorgt. Der Adelige sollte keine Ausflüchte vorbringen. Er sollte sein Versprechen halten, das er erst heute morgen im Bett gegeben hatte. Machte er jetzt schon einen Rückzieher? Der Krieg würde nicht ewig dauern! Er sollte so etwas nicht sagen. Lilian wollte zurück in seine Heimat. Er vermisste seine Familie so sehr. Terim, Marlin und andere hatten vielleicht ein schlechtes Leben gehabt bevor der Adelige sie gefunden und gekauft hatte, aber nicht Lilian. Er hatte ein gutes Leben und er wollte es zurück. Das hier war alles falsch und ein Versehen. Lilian sollte überhaupt nicht hier sein. Er gehörte nicht hierher. Der junge Krieger hatte geglaubt, Aerys würde das allmählich einsehen, aber jetzt beharrte der Prinz darauf, dass Lilian sich nicht gegen seine neue Heimat sperren sollte.
Was wiederum Lilian nicht recht verstand, wo er bald hier wegkonnte. Oder vielleicht doch nicht? Aerys erhob immer mehr Einschränkungen, wieso das nicht so schnell ging. Lilian erinnerte ihn energisch an sein Versprechen. Das durfte er nicht zurücknehmen!

Sofort brauste der Adelige auf, dass er es niemals versprochen hätte. Lilian blickte ihn entsetzt an.
"Aber ihr habt gesagt-", versuchte er Aerys zu unterbrechen. Der Prinz fuhr zornig weiter. Er hätte Lilian etwas anderes geschenkt. Es wäre sehr großzügig gewesen, aber Lilian wäre undankbar und unersättlich.
"Nein, ihr habt gesagt, ihr bringt mich zurück!", beharrte der Jüngling, "Darüber hab ich mich gefreut." Warum sagte Aerys jetzt etwas anderes? "Ihr habt es versprochen!"
Und jetzt verdrehte der Adelige irgendwie seine Worte und Lilians mit dazu. Dass er immer mehr wollte und so gierig wäre, dass man ihm nie eine Freude machen könnte. Das stimmte alles nicht. Der Jüngling kannte nichts schöneres, als zu hören, Aerys würde ihn zurückbringen. Er hatte nicht mehr gewollt.
"Ich will doch nur nicht, dass es ewig dauert bis ihr mich zurückbringt", versuchte Lilian zu erklären. "Der Krieg wird nicht ewig dauern."
"Du bist so schrecklich undankbar und musst alles verderben", scholt Aerys ihn mit erboster Stimme. Der Junge verstand nicht, wie er es verdorben hatte. Das war eher Aerys gewesen, der jetzt plötzlich behauptete, er hätte ihm etwas anderes geschenkt. Da drohte ihm Aerys an, dass er ihm ab sofort nie wieder etwas schenken würde. Das wäre alles vorbei. Es würde sowieso stets Wut, Enttäuschung und Streit bringen. Der Adelige erhob sich und warf seine Serviette auf den Tisch.
Lilian schossen die Tränen in die Augen, ob der furchtbaren Worte, die er soeben gehört hatte. Auch er sprang auf. Eine schlanke Gestalt in schwarzem Kleid mit weißer, geschnürter Bluse.
"Ihr habt es versprochen!", wiederholte er, nun eher verzweifelt. Wieso machte der Prinz so etwas? Ihm erst das schönste Glück versprechen und es gleich darauf wieder zu entreißen. Und nun wollte er ihm nie wieder etwas schenken? Oder gar gutes tun?
"Ich hab doch gar nichts gemacht. Ich war nicht unddankbar. Ich bin so dankbar, dass ihr mich zurückbringt", beteuerte Lilian innig. "Bitte, ihr dürft das Versprechen nicht brechen. Ich brauche es." Er brauchte diese Hoffnung und Zuversicht.
"Bitte brecht es nicht", flehte der Junge, Tränen über die Wangen kullernd. "Ich bin dankbarer", beteuerte er, "Ich freue mich mehr." Er wusste überhaupt nicht recht was er machen sollte. Er hatte geglaubt, er hatte sich gefreut. So sehr, dass er es kaum abwarten konnte bis Aerys sein Versprechen einlöste. Aber offensichtlich hatte der Prinz eine ganz andere Reakion von Lilian erwartet und nun wo sich der Junge nicht verhielt wie erwünscht, wurde er wieder böse.
"Ihr werdet immer böse, wenn ich nicht so bin wie ihr wollt", schluchzte Lilian. "Ich wollte nichts verderben."
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Aerys »

"Das habe ich nie gesagt!"explodierte Aerys wütend und enttäuscht, als Lilian beharrte, Aerys hätte gesagt, er hätte ihm versprochen, ihn zurück zu bringen. Das hatte immer nur Lilian gesagt. Es hatte einen Moment gedauert, bis Aerys dies begriffen hatte, doch dann war er sehr enttäuscht gewesen, dass er mit seinem einzigartigen, grosszügigen Geschenk schon wieder nicht Lilian eine Freude hatte machen können. Dabei waren es keine Mädchensachen gewesen, an denen der Junge natürlich so sehr Freude hatte. Es war etwas gewesen, was Lilian ernsthaft gefallen konnte. Doch es war nicht genug gewesen und der Jüngling hatte es sich so zurecht gelegt, dass es etwas wurde, was ihm noch mehr gefiel.

"Ich kann kein Versprechen brechen, dass ich dir nicht gegeben habe", knurrte er Lilian zornig an. Eigentlich hatte er aus dem Zimmer stürmen wollen, doch auch Lilian war nun aufgesprungen. Schlank, zitternd und so verführerisch stand er vor ihm. Tränen traten ihm in die hübschen Augen, während er verzweifelt darum bettelte, dass Aerys sein Versprechen hielt, welches er ihm angeblich gegeben hatte. Er würde es doch brauchen.
"Was du brauchst, ist zu verstehen, wo dein Platz ist", kanzelte Aerys ihn ungnädig ab. Es machte ihn so wütend, dass Lilian nun traurig war, denn das hatte er nicht gewollt. Er hatte ihm wirklich ein schönes Geschenk machen wollen. Und dass Lilian dabei auch noch so zart, anmutig und verletzlich aussah, machte das Ganze nicht besser.
"Ich bin dir böse, weil du mal wieder verderben musstest, was ich dir schenken wollte", stellte er hart klar. "Weil es dir mal wieder nicht genug war und du etwas anderes, grösseres wolltest, als es eigentlich war. Ich habe nie gesagt, dass ich dich zurück bringen werde. Meine Worte lauteten ganz anders. Es ist frustrierend und verletzend, dass man dir nie eine Freude machen kann. Doch es ist wohl meine eigene Schuld." Aerys seufzte. "Ich habe dich von Anfang an viel zu sehr verwöhnt und dir viel zu viele Frechheiten durchgehen lassen. Aber damit ist jetzt Schluss. Ab jetzt gibt es keine Geschenke und keine Extrawürste mehr. Du wirst von nun an immer dein weisses Kleid tragen und bei den anderen, weissgewandeten Kunstwerke leben. Keine Ausnahmen und Sonderbehandlungen mehr, damit du endlich lernst, wo du hingehörst. Los! Geh dich umziehen!"
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Lilian »

Aerys brüllte ihn weiter wütend an und behauptete, dass er nie gesagt hätte, er würde Lilian zurückbringen und freilassen. Der Jüngling verstand die Welt nicht mehr. Er war sich ganz sicher, dass Aerys dies gemeint hatte mit seinem Versprechen. Darüber hatte Lilian sich doch gefreut. Wieso sagte der Prinz jetzt etwas anderes? Das war so gemein! Wo war Lilian denn undankbar und gierig gewesen? Er hätte womöglich nicht so viel fragen sollen, wann der Krieg vorbei war. Vielleicht war das gierig gewesen. Er hätte nicht zu überschwenglich sein sollen, suchte er den Fehler bei sich. Aber undankbar? Hatte Aerys dann doch mehr erwartet als Küssen und Kuscheln? Dass Lilian da zu mehr bereit war, weil er etwas tolles geschenkt bekommen hatte?
Es ergab alles keinen Sinn. Der Jüngling war total überrumpelt über den heftigen Ausbruch des Adeligen. Verzweifelt versuchte er den Mann an sein Versprechen zu binden, aber der wollte davon nichts mehr hören. Es war als hätte es das Versprechen nie gegeben.
"Nein! Ihr habt gesagt, ihr bringt mich zu meinen Eltern!", beharrte der Junge. Dann flehte er den Adeligen an, dass er dies weiter erfüllte. Nicht nur, dass Aerys ihm abrupt wieder das schöne Geschenk entriss, er zerstörte damit auch Hoffnung und Zuversicht in dem Jungen.
Schluchzend beteuerte er, dass er in Zukunft noch dankbarer und erfreuter sein würde, versuchte sich an die Erwartungen des Prinzen anzupassen. Es wollte Lilian einfach nicht gelingen. Aerys wollte auch immer mehr. Wie hätte Lilian sich denn noch weiter freuen sollen? Er verstand nicht, was der Adelige wollte.
Dieser ließ sich nicht erweichen oder umstimmen. Jetzt war er wieder kalt und ungnädig. Lilian solle lernen wo sein Platz sei. Er hätte alles verdorben. Allein diese Worte waren schwer zu hören. Es war nicht das erste Mal, das der Adelige ihm vorwarf, er wäre undankbar und würde alles verderben. Der Jüngling wusste kaum noch wie er sich verhalten sollte, so dass nichts schlimmes passierte. Er durfte nicht er selbst sein. Das wollte Aerys eindeutig nicht.
"E-es tut mir leid", schluchzte der zierliche Jüngling, mit Tränen in den Augen. Er hatte keine Ahnung wofür er sich entschuldigte, versuchte es aber einfach, um den Adeligen doch noch zu besänftigen.

Der Adelige meinte, dass es frustrierend und verletzend wäre, dass man Lilian nie eine Freude machen könnte. Es wäre Lilian ja nie genug. Der Junge schüttelte schwach den Kopf. Das stimmte alles nicht. Wieso verhielt der Adelige sich so?
Statt dass Lilian nun ein schönes Geschenk bekam, wurde alles noch furchtbarer.
Mit weit aufgerissenen, feuchten Augen musste er mitanhören, wie der Adelige entschloss, dass er Lilian nicht weiter verwöhnen würde. Er würde ihm nicht länger seine Frechheiten durchgehen lassen.
"I-ich weiß doch.. doch gar nicht, was ich jetzt gemacht hab..", hickste Lilian am Boden zerstört.
Aerys war noch nicht fertig. In Zukunft würde es keine Geschenke und keine Extrawünsche mehr geben.
"Du wirst von nun an immer dein weisses Kleid tragen und bei den anderen, weissgewandeten Kunstwerke leben", drohte ihm der ältere Mann. Lilian war entsetzt. Er war das Kleid doch erst gestern abend endlich losgeworden. Und jetzt sollte er es wieder anziehen? Für immer?
"Ich zieh das nie wieder an!", schrie er, als Aerys von ihm verlangte, dass er sich umziehen sollte. "Ihr habt mir auch überhaupt nichts durchgehen lassen! Ihr habt mich geschlagen und hungern lassen und in den Kerker geworfen! Ihr habt mich zwei Wochen ganz allein gelassen!", ließ Lilian seinen Frust heraus. "Ihr seid nur nett, wenn es euch gerade passt! Ihr seid nie nett, wenn es schwieriger wird. Ich.. ich war doch dankbar! Ich weiß nicht, was ihr von mir wollt", machte er sich Luft, Tränen über die Wangen strömend. Das war alles ein furchtbarer Albtraum.
"Ihr habt gesagt, ihr bringt mich zu meinen Eltern! Ihr habt alles verdorben!", rief er unglücklich und gleichermaßen frustriert über den unverständigen Sinneswandel des Adeligen.
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Aerys »

Natürlich weigerte Lilian sich, das weisse Kleid anzuziehen. Aerys hatte auch mit nichts anderem gerechnet. Doch damit war es jetzt vorbei. Der Junge würde das Kleid tragen, bis er es liebte. Aerys hatte sich viel zu oft erweichen lassen, für Lilian eine Ausnahme zu machen. Der Jüngling sah dies jedoch anders. Unbeherrscht warf er ihm vor, dass Aerys ihm gar nichts durchgehen lassen würde. Aerys dunkle Miene wurde noch finsterer. Das war doch der beste Beweis, dass Lilian nicht wertschätzte, was Aerys für ihn tat und ihm gab. Dass er gar nicht sah, wie sehr er sich für ihn verbog. Aber nun gut. Wenn Lilian es ohnehin nicht wahrnahm, dann musste Aerys sich auch nicht weiterhin unangenehm für ihn verbiegen. Für Lilian sollte das ja dann keinen Unterschied mehr machen.

"Du warst nicht für das dankbar, was ich dir geschenkt habe", wies er ihn zornig zurecht und wurde um so wütender, je trauriger Lilian war. Dem schönen Jüngling rannen inzwischen Tränen über die Wangen. Aerys wollte ihn einfach nur in den Arm nehmen, ihn trösten und ihm die Tränen von den Wangen küssen. Gleichzeitig wollte er ihn schütteln und ihn schlagen, weil er es wieder einmal geschafft hatte, ein so schönes Geschenk zu ruinieren. Das grösste Geschenk, was Aerys ihm überhaupt geben konnte, ohne ihn zu verlieren. Das ärgerte Aerys besonders. Er war in seinem Glück viel zu überschwänglich gewesen, das Lilian zu versprechen. Er würde ihm nie wieder etwas so besonderes, grosszügiges schenken können. Lilian hatte alles verdorben.

"Diese Worte habe ich nie gewählt", zischte er Lilian so unendlich wütend zu, als dieser ihm zum wiedholten Mal erklärte, dass er ihm angeblich versprochen hätte, ihn zu seinen Eltern zu bringen. Doch es war nicht Aerys gewesen, der alles verdorben hatte, sondern Lilian. Eisern packte Aerys ihn hart am Oberarm und zerrte ihn kraftvoll mit sich in Lilians Ankleidezimmer. Schon einige schöne Kleider hingen da in den Schränken. Viel zu viele Geschenke. Viel zu viele Ablenkungen von Lilians eigentlichem Kleid. Für den Moment hatte Aerys gut Lust, sie alle zu zerstören. Sie zu zerreissen oder in Flammen aufgehen zu lassen. Stattdessen liess er sie einfach verschwinden. Stapelweise bis nur noch zwei von Lilians Leinenkleidern im Schrank hinten. Aerys rupfte es grob vom Bügel und schlug es Lilian vor die Brust.
"Zieh es an", befahl er dem Jüngling aufgebracht. "Zieh es an, oder bei der Dunkelheit, ich werde dich nackt zu den Anderen schleifen. Du weisst, dass ich keine leere Drohungen ausspreche." Entsprechend machte er sich auch gleich grob daran, Lilians schwarzes Kleid zu öffnen, das eigentlich eine süsse Dienstmädchenuniform war. Aber auch das hatte der Junge verderben müssen. Dazu musste Aerys Lilians Arm loslassen und konnte ihn nur noch am Kleid festhalten. Die Wahrscheinlichkeit war gross, dass Lilian sich so nun loszureissen versuchte. Aerys war es nur recht. Er würde den Jungen windelweich prügeln, wenn er nicht gehorchte. So konnte er ihm wenigstens deutlich zeigen, wie masslos enttäuscht er von ihm war.
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Lilian »

Aerys ließ sich nicht beruhigen. Stattdessen wurde er noch wütender. Lilian wäre nicht für das eigentliche Geschenk dankbar gewesen.
"War ich doch!", wehrte sich der Jüngling aufgewühlt gegen diese Anschuldigung. Er war doch dabei gewesen. Er wusste genau, es war darum gegangen, dass Lilian seine Familie wiedersah. Als Dank dafür dass er dem Prinzen Darion zurückgegeben hatte. Der Jugendliche war vollkommen perplex und entsetzt, wie abrupt sich der Adelige gewandelt hatte. Weiterhin verstand Lilian nicht wieso. "Ich hab mich gefreut!", rief er nochmal. War das nicht gut genug gewesen? Was sollte er denn noch alles machen? Was wollte Aerys von ihm? Lilian wurde immer verzweifelter, ob dieser unlösbaren Aufgabe. Er konnte nicht so sein wie Aerys ihn haben wollte.
Der Adelige zischte ihm zu, dass er nie gesagt hätte, er würde Lilian zu seinen Eltern bringen.
"Doch!", beharrte der Junge schluchzend, "Ich hab das gehört. Ahh!" Der Adelige hatte ihn hart am Arm gepackt, als Lilian sich geweigert hatte, das Kleid anzuziehen. Das wollte er nie wieder tragen. Darin fühlte er sich stets so verloren und unglücklich. Es machte alles noch hundertmal schlimmer. "Ihr tut mir weh! Hört auf!", rief er und versuchte sich loszureißen, während der Prinz ihn zum Ankleideraum schliff. Lilian stolperte hinterher, mit den schlanken Beinen austretend.
"Ich hab mich gefreut!", beteuerte er hell, "Ich bin dankbar! Nicht das Kleid!" Der Jüngling schluchzte. In der Ankleide sah er mit aufgerissenen Augen zu wie ein Kleid nach dem anderen verschwand. Die amethystfarbenen Augen schimmerten vor Tränen. Nicht, dass Lilian an den Kleidern hing. Doch Aerys hatte sie schon einmal alle verschwinden lassen und Lilian gezwungen, nur das weiße Kleid zu tragen. Dort, wo er tagelang nichts zu essen bekommen hatte. Lilian hatte geglaubt, die Zeiten wären vorbei. Aerys hatte gesagt, er hätte ihn lieb. In seiner Unerfahrenheit hatte der Jugendliche angenommen, dass dies auch bedeutete, der Adelige würde ihm nicht mehr in dieser Art weh tun. Aber es stimmte alles nicht. Der Prinz war weiterhin ein furchtbarer Mensch und er würde Lilian auch weiterhin weh tun, sobald er etwas tat, was dem Adeligen nicht gefiel. Er war verdammt dazu, eine Puppe zu spielen. Die Erkenntnis tat richtig weh in der Brust.

Der Adelige drückte ihm fast schmerzhaft eines der weißen Kleider gegen die Brust und forderte, dass Lilian es anzog. Sonst würde er Lilian nackt zu den anderen schleifen. Der Jugendliche schüttelte entsetzt den Kopf.
"Ich will nicht zu den anderen!", wehrte sich Lilian. "Ich gehöre nicht dorthin." Das hatte ihm die Wartezeit erst recht gezeigt. Er war keines dieser Kunstwerke. Er hatte sich dort nicht wohl gefühlt und das lag nicht nur an dem Kleid.
"Nicht!" Aerys hatte begonnen, Lilians schwarzes Kleid zu öffnen. Der schmerzhafte, schraubstockartige Griff hörte auf. Für den Moment hatte Aerys ihn losgelassen. Zu Beginn wäre Lilians erster Instinkt gewesen, wegzulaufen. Fort von der Gefahr.
Aber mittlerweile war der Prinz auch derjenige, der Nähe spenden konnte. Trost, manchmal sogar Fürsorge. In seltenen Fällen gar Unbeschwertheit.
Lilian sah verwirrt zu Aerys, suchte etwas davon in ihm, wenigstens das kleinste Anzeichen. Es schien dort nur noch Zorn zu geben und Lilian wusste nicht, wie er das wieder ändern konnte. Ängstlich riss sich der Jugendliche nach einem kleinen Zögern los. Er hatte das Gefühl, er steckte in einem Albtraum fest.
Lilian wollte aus der Ankleide flüchten, doch er prallte verwirrt gegen einen Schild, das sich direkt vor der täuschend geöffneten Schiebetüre befand. Nein!
Bevor der Junge sich noch umdrehen konnte, war der Adelige bei ihm und riss ihn herum. Eine Hand fuhr herunter, traf Lilian heftig ins Gesicht. Knallender Schmerz auf der Wange. Lilians zierlicher Körper flog herum. Er prallte wie eine Puppe ohne Fäden gegen das Schild und sackte daran herunter. Wimmernd hielt der Jüngling sich die Wange. Er verstand kaum was ihm gerade zustieß. Der Adelige kam bedrohlich näher. Lilian versuchte seinen Kopf mit den Armen zu schützen, als er dort am Arm wieder gegriffen und grob hochgezogen wurde. Aerys zerrte hinten an dem Kleid, riss es ihm beinahe auf. Der schwarze Stoff rutschte halb von Lilians flacher Brust. Vielleicht wurde ihm wieder das weiße Kleid entgegen gedrückt, Lilian bekam es kaum noch richtig mit. Er hatte einen Tränenschleier vor den Augen.
"Nein! Nein, hört auf!", rief er verzweifelt. Er wollte nichts hiervon. Aerys sollte aufhören. Warum tat er ihm das an?
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Aerys »

Aerys ignorierte Lilians Geschrei, dass er ihm weh tun täte und dass er das Kleid nicht tragen wollte. Der etwas harte Griff am Arm war noch gar nichts, im Vergleich zu dem, was er ihm gerne antun wollte, für das, was Lilian ihm angetan hatte. Und wegen dem Kleid jammerte er ohnehin immer. Selbst wenn er es nur für fünf Minuten tragen oder einfach nur darüber reden sollte. Auch Lilians Beteuerung, dass er nicht zu den anderen Kunstwerken gehörte und deswegen nicht zu ihnen wollte, beachtete Aerys ebenfalls nicht. Lilian sollte nicht so herablassend sein. Er sollte lieber froh sein, dass es so viele liebe Menschen um sich hatten, die sich um ihn kümmerten und um ihn sorgten. Die wollten, dass es ihm gut ging. Nun, Aerys würde es Lilian schon lehren, es zu schätzen.

Wütend zerrte der Prinz an dem Kleid des Jünglings, um es ihm auszuziehen. Erst als Lilian doch noch zu flüchten versuchte, beachtete Aerys dessen Rebellion. Rasch verschloss er das Zimmer mit Hilfe der Kunst. Gerade noch rechtzeitig, denn gleich darauf rannte Lilian gegen den Schild. Aufgebracht eilte Aerys ihm hinterher. Lilian glaubte, er würde keine Sonderbehandlung bekommen? Gut, dann würde Aerys ihm zeigen, wie das war. Hart packte er ihn wieder am Oberarm und riss ihn herum, damit er ihm zur Strafe für seine Rebellion eine kräftige Ohrfeige verpassen konnte. Voller Zorn schlug seine Hand auf die zarte Wange.
Härter als beabsichtigt, denn Lilian flog wie eine Puppe gegen den Schild, der ihn im Ankleidezimmer gefangen hielt, prallte erneut dagegen und sackte dann wimmernd daran herab. Schluchzend hielt er seine Wange, wimmerte kläglich und versuchte seinen Kopf mit seinen Armen zu schützen, als Aerys nach ihm griff und ihn erneut hochzerrte. Ja, er sollte nur Angst haben, dass Aerys ihn erneut schlug. Er hätte es mehr als verdient. Dann lernte er endlich, wie gut er es bisher gehabt hatte. Wütend rupfte Aerys grob an dem Kleid, bis es endlich offen war und ihm von den Schultern rutschte.

"Hier, zieh das an, oder ich schleife dich nackt nach draussen", drohte Aerys erneut und drückt ihm das weisse Kleid gegen die flache, nackte Brust. Oh, wenn er nur nicht so wütend auf Lilian wäre, dann würde er jetzt genüsslich über die weiche Haut streicheln und ihm die Tränen von den Wangen küssen. Aber es ärgerte ihn zu sehr, dass Lilian nun traurig war, obwohl er ihm eigentlich eine Freude hatte machen wollen. Zornig schüttelte er den Jüngling, damit er endlich das Kleid annahm. Doch dieser wirkte wie betäubt und reagierte nicht, weinte einfach nur weiter.
"Also gut, dann eben nicht", fauchte Aerys aufgebracht und zerrte weiter an dem schwarzen Kleid, bis es endlich zu Boden fiel. Anschliessend hatte er keine Geduld mehr. Lilian noch immer am Arm haltend, liess er den Schild um das Ankleidezimmer fallen und zerrte den Jüngling mit durch dessen Schlafzimmer zur Eingangstür, ignorierte dabei das Schluchzen, Betteln und Schimpfen des Jünglings. Bis dieser ihn, kurz bevor sie die Eingangstür auf einmal anflehte, dass er ihm sagen sollte, dass er ihn lieb hätte. Da geriet Aerys doch ins Stocken. Allerdings nicht weil seine Wut auf einmal besänftigt gewesen wäre. Eher im Gegenteil.
"Ich dachte, du bekommst keine Sonderbehandlung mit Samthandschuhen", stauchte er den Jüngling zornig zusammen. "Du sagst, ich würde nicht nett zu dir sein. Also nein, ich du wirst nicht von mir zu hören bekommen, dass ich dich lieb habe. Keine Geschenke mehr, schon vergessen. Das hast du dir nicht verdient." Ausserdem hatte er Lilian gerade gar nicht lieb. Dazu war zu sehr wütend auf ihn.
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Lilian »

Das weiße Bündel Stoff gegen seine Brust gedrückt, wurde er angefaucht und bedroht. Heftig schüttelte der Adelige an ihm. Lilians lange Haare fielen ihm ins Gesicht, versperrten ihn zusätzlich zu den Tränen die Sicht. Dann flog sein Kopf erneut nach hinten, als Aerys ihn nochmal erbost schüttelte.
"H-hört auf", schluchzte der Jüngling, "Ich freue mich mehr. Ich freue mich mehr", beteuerte er verzweifelt und wusste kaum noch wie er jetzt in diese Situation geraten war. Er erkannte den Prinzen nicht mehr wieder. Das war nicht die Person, die mit ihm Weintraubenwerfen gespielt hatte, oder die, die gemeinsam mit ihm gestrickt hatte, oder mit der er gemeinsam durch die Herbstblätter gelaufen war. Es konnte nicht die gleiche Person sein. Der Jugendliche verstand das alles nicht. Was hatte er denn schreckliches gemacht? Unkoordiniert versuchte er sich zu wehren, als der Prinz weiter an ihm riss und zog. Lilian war zu benommen von dem heftigen Schlag vorhin und schaffte es nicht, den Adeligen davon abzuhalten ihn auszuziehen. Dann glitt das schwarze Kleid doch von dem zierlichen Körper. Lilian versuchte sich irgendwie zu bedecken und eine Hand schützend vor sein weißes Höschen zu halten, damit er dieses nicht auch noch verlor. Aber Aerys hielt ihn weiterhin hart am Arm, ließ ihn nicht los. Er drohte, dass er Lilian nackt nach draußen schleifen würde, wenn er nicht das weiße Kleid anzog.
Der Jüngling schluchzte. Er wollte nicht nach unten. Was hatte es zu bedeuten, dass Aerys ihn zu den Weißgekleideten schickte? Dass ihm jetzt auch die Blutigen weh tun würden? Aber derjenige, der ihm gerade Schmerzen zufügte, war Aerys. Es konnte aber nicht die gleiche Person sein, die ihn schützend vor einem Blitzeinschlag abgeschirmt hatte. Das konnte nicht alles wirklich passieren. Es war ein Albtraum.
"Ich... ich will nicht", flehte Lilian ängstlich. Er stemmte sich mit den Füßen, die weiterhin in dünnen, weißen Strümpfen steckten, gegen den Teppichboden, als der Prinz ihn aus dem Raum zerrte. "Bitte nicht", bettelte der Jüngling. Mit der freien Hand versuchte er sich vergeblich am Türrahmen festzuhalten und das unvermeidliche aufzuhalten. "Ich will nicht! Bitte, ich bin jetzt dankbar. Ich f-freue mich jetzt." Natürlich freute er sich gerade nicht, doch er sah keine Logik mehr in dem Handeln des Adeligen. Er hatte ihm etwas versprochen und dann einfach zurückgezogen, weil Lilian es verdorben hatte. Es war, als wäre oben und unten vertauscht.
"Ahh, nicht!" Seine Finger kratzten vergeblich an der Wand entlang, als der Prinz ihn unbarmherzig losriss und weiter zur Eingangstüre schliff.

Lilian wusste nicht, wie er den furchtbaren Albtraum stoppen sollte. Das sollte alles nicht passieren. Darion war doch jetzt gerettet. Sie sollten sich freuen. Aerys war dankbar dafür gewesen, dass Lilian ihm Hoffnung gegeben hatte. Es war dem Jugendlichen so vorgekommen, als hätte sich der Adelige revanchieren wollen indem er ihm ebenfalls Hoffnung gab.
Das war nun alles dahin. So flüchtig war die Hoffnung gewesen. Sie hatte nichtmal bis zum Frühstück gehalten. Aerys hatte sie in Stücke gehauen und durch hässliches ersetzt.
Kurz vor der Eingangstüre, versuchte der zarte Jüngling sich auf den Boden fallen zu lassen, damit der Adelige ihn nicht weiter zerren konnte. Dort wo die kräftige Hand war, pochte es furchtbar schmerzhaft. Lilian gingen trotz der brutalen Taten, nicht die schönen Momente mit Aerys aus dem Kopf. Was war denn jetzt davon echt? Die Schläge oder das Schöne?
"Bitte... bitte...", stammelte der Jüngling. Mit verheulten Augen blickte er hoch zu dem Mann. "Sagt mir, dass ihr mich lieb habt", flehte er aus einem plötzlichen Impuls heraus. Mit einem Rest Hoffnung, damit auch die schönen Erinnerungen in dem Prinzen zu wecken. Aerys hatte gesagt, er hätte ihn lieb. Das war echt gewesen oder? Und das hier war es nicht. Das war alles ganz falsch. Aber Aerys, der ihm sagte, er hätte ihn lieb, das war richtig gewesen. Lilian hatte es gespürt.
Tatsächlich, der Adelige hielt inne. Gleich würde er es sagen und der Albtraum würde aufhören.
Aber die goldenen Augen zogen sich nur dunkel zusammen. Das ebene Gesicht verzerrte sich weiter vor Zorn. Nichts, was der unerfahrene Jugendliche versuchte, schien zu funktionieren. Der Adelige warf ihm vor, dass Lilian ja glaubte, er würde keine Sonderbehandlung mit Samthandschuhen erhalten. Das schöne Antlitz des Jünglings zeigte nur Verwirrung. Er wusste nicht, was Aerys meinte. Welche Samthandschuhe? Dass Aerys ab und zu nett zu ihm war, bis er es plötzlich nicht mehr war?
"Du sagst, ich würde nicht nett zu dir sein. Also nein, du wirst nicht von mir zu hören bekommen, dass ich dich lieb habe", schmetterte der Adelige ihn gnadenlos ab. Lilian sah ihn fassungslos an. Die Hoffnung war fort. Das tat so weh. Seltsamerweise fast mehr als die Schläge. Die schlanken nackten Schultern, über die sich einige der schwarzen Locken kringelten, bebten unter Tränen.
"I-ihr.. ihr h-habt gesagt... ihr sagt m-mir das immer, wenn ich e-es hören will", heulte der Junge enttäuscht und verletzt. Wenn der Adelige ihn nicht mehr lieb hatte, hatten sie rein gar nichts mehr zusammen. Aerys nahm alles zurück. Der Prinz hielt ihm vor, dass Lilian keine Geschenke mehr bekäme. Die hätte er sich nicht verdient. Er musste sich verdienen, dass Aerys ihn lieb hatte?
"L-lasst mich los!", rief Lilian und versuchte aufzubegehren. "Ihr sollt mich nicht anfassen! Ihr seid ein Scheusal!" Aerys sollte ihn in Ruhe lassen. Es tat viel zu weh, den Mann zu mögen. Der Jüngling versuchte nach ihm zu treten und dann von ihm fortzukriechen, um sich in Sicherheit zu bringen.
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Aerys »

Lilian wehrte sich mit Händen und Füssen dagegen, nach draussen zu den anderen Kunstwerken. Er versuchte sich am Türrahmen und am Bett fest zu halten, stemmte sich mit den Füssen gegen den Boden und bettelte schluchzend darum, dass er nicht nach draussen müsste. Eifrig beteuerte er, dass er sich mehr freuen würde, weil er wohl beführchtete, dass es das war, was Aerys ärgerte. Was den Prinzen natürlich nur noch wütender machte, weil Lilian absolut nicht begriff, was er wieder einmal angerichtet hatte. Zornig ignorierte er das Betteln und Wehren und zerrte den Jüngling einfach kraftvoll mit sich.
Bis dieser sich vor der Eingangstüre kurzerhand einfach zu Boden fallen liess und schwer wie ein Kartoffelsack wurde. Das liess Aerys schon etwas aus dem Takt kommen. Er überlegte sich schon, Lilian kurzhand mit beiden Händen zu packen und sich über die Schulter zu werfen, damit er ihn so zu Coranis tragen konnte. Als der Jüngling ihn unverhofft darum anflehte, ihm zu sagen, dass er ihn lieb hätte. Natürlich hatte er das. Aber gerade wollte er ihn nicht lieb haben. Er war wütend auf ihn. Lilian sollte das nicht so hemmungslos ausnutzen. Ausserdem warf Lilian ihm ja ohnehin dauernd vor, er sei gemein und würde ihn nicht als etwas besonderes behandeln. Also stauchte er Lilian wütend zusammen, dass er ihm das nicht sagen würde.

Für einen Moment starrten sie einander still an. Aerys wütend und Lilian fassungslos, bis der Junge urplötzlich aufheulte und unter Tränen bebte. Verletzt warf er ihm vor, dass er ihm gesagt hätte, er würde ihm immer sagen würde, dass er ihn lieb hätte, wen er es hören wollte. Aerys runzelte die Stirn ob des heftigen Ausbruchs. Er merkte, dass Lilian dieses Versprechen sehr wichtig war, wenn er deswegen so intensiv darauf reagierte. Nur entsann der Prinz sich nicht, dass er Lilian so ein Versprechen gegeben hatte. Das hatte er doch nicht. Da... Ein Bild blitzte in seiner Erinnerung auf. Lilian, wie er in überaus neckischer, schwarzer Unterwäsche vor ihm stand. Stimmt, da war etwas gewesen. Aber sicher doch kein Versprechen.

Lilian schrie ihn an, dass er ihn loslassen sollte. Dass er ihn nicht anfassen sollte und dass Aerys ein Scheusal sei. Dabei versuchte er ihn zu treten. Er traf ihn sogar unangenehm am Oberschenkel. Doch Aerys spürte es in seinem Zorn erstmal nicht wirklich. Gleich nachdem Lilian ihn Scheusal genannt hatte, reagierte sein Körper wie von selbst. Hart schlug er Lilian aus Reflex erneut ins Gesicht, auf die Wange, die Hand diesmal zur Faust geballt und für einen Atemzug lang war Lilian angenehm still.
"Also gut, du quengelndes Gör", schrie Aerys ihn zornig an. "Du sollst wieder mal deinen Willen bekommen. Ganz unverdient. Ich hab dich lieb, du ungezogenes Balg. Was denkst du, warum ich sonst deinetwegen so verletzt und wütend werde." Ah, beim Feuer der Hölle, das hatte er nicht sagen wollen. Lilian trieb ihn mit seiner Heulerei zur Weissglut. Aerys hatte gut Lust, den Jüngling hemmungslos als Sandsack zu missbrauchen, bis kein verdammtes Widerwort mehr aus ihm heraus kam. Nur mit aller Mühe beherrschte er sich, und griff nach Lilian, um ihn sich kurzerhand über die Schultern zu werfen. Allerdings nahm er dazu die Kunst zur Hilfe, damit Lilian nicht weiter nach ihm treten oder schlagen konnte. Und knebeln tat er ihn sicherheitshalber ebenfalls mit der Kunst. Er wollte nichts mehr von ihm hören. Er würde ihn jetzt bei Coranis abliefern, dem alten Verwalter die Spielregeln erklären und Lilian dann einfach einmal vergessen. Der undankbare Bengel hatte es nicht verdient, dass Aerys Gedanken sich dauernd um ihn drehten.
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Lilian »

Dieses Mal war Aerys nicht schnell genug, einen Tritt gegen seinen Oberschenkel abzuwehren und Lilian glaubte schon, er könnte sich dadurch befreien und von seinem Peiniger davonkriechen, nachdem der Junge ihn maßlos verletzt und enttäuscht ein Scheusal genannt hatte. Die Reaktion und damit auch der Schlag kamen praktisch sofort. So wuchtig und schnell, dass Lilian ihn nichtmal recht kommen sah. Er hatte seine Arme kaum schützend anheben können, da war der Schlag bereits wieder vorbei. Die Faust war von oben herab gedonnert und hatte seinen linken Wangenknochen getroffen. Heftiger Schmerz, der im ganzen Gesicht rang. Lilian sackte getroffen zu Boden, sein Kopf fühlte sich ganz dusig an und bunte Flecken tanzten vor seinen Augen. Die ganze linke Gesichtshälfte brannte und zog. Halb benommen blinzelte er aus einem verquollenem Auge nach oben. Der Adelige schrie ihn furchtbar laut an. Er sei ein quengelndes Gör, aber er sollte seinen Willen bekommen.
Dass Aerys ihm nicht mehr länger weh tat? Lilian hatte Mühe ihm zu folgen.
"Ich hab dich lieb, du ungezogenes Balg. Was denkst du, warum ich sonst deinetwegen so verletzt und wütend werde", schrie der Prinz. Die Worte klangen dumpf in Lilians Ohren. Sein Gesicht tat so weh. Er weinte vor Schmerzen, versuchte ungelenk sich auf die Seite zu drehen, um sich irgendwie vor den Schlägen abzuschirmen.
"W.. w-warum tut ihr mir dann weh...?", schluchzte der Junge leise. "Bitte.. aufhören..." Er verstand nicht, was gerade hier passierte und warum sich der Adelige so verhielt. Warum er ihn jetzt schlug und so rasend wirkte, dass Lilian Angst hatte, er würde noch viel mehr Schläge erhalten. Aber Aerys hatte ihn lieb? Und er beschimpfte ihn dabei als ungezogenes Balg? Das passte doch alles nicht zusammen. Lilian hatte gehofft, dass wenn er Aerys dazu brachte, ihm zu sagen, er hätte ihn lieb, er damit auch... lieber wurde? Praktisch das Gegenteil war eingetroffen.
Es war ein Albtraum und unten war oben. Vielleicht hatte Lilian es sich auch eingebildet, dass Aerys doch gesagt hatte, er hätte ihn lieb. Man schlug doch nicht jemanden ins Gesicht, nur um demjenigen danach zu sagen, man hätte ihn lieb.
Ohh, es tat so weh. Alles. Die Schläge und jetzt auch dass Aerys so wütend mit ihm war. Zu Anfang in der Villa hatte Lilian nur die Misshandlungen gefürchtet, aber jetzt schmerzte es auch, dass der Prinz ihn ablehnte.
"Nicht! Nicht... nicht anfassen", wehrte sich der Jugendliche angeschlagen, als Aerys ihn packte und hochhob. Es war nicht gerade sanft. Lilian wurde über die Schulter geworfen wie ein Sack Mehl. Zuerst hoffte der Junge dennoch widersinnig, dass der Adelige ihn vielleicht jetzt zum Bett trug und wieder lieb zu ihm sein würde, doch als Lilian merkte, dass dieser mit ihm zur Türe ging, versuchte er sich nochmals zu wehren.

"Nein! Nein, ich will nicht!", schrie er. "Es tut mir leid! Ich bin jetzt brav, ich bin brav!" Er wusste kaum was er da alles rief. Lilian war sich nicht sicher, was er falsch gemacht hatte und der Adelige hatte es auch nicht genau erklärt. So versuchte der Jüngling alles mögliche zu rufen in der Hoffnung, dass irgendetwas davon Wirkung zeigte. Er wusste sich keinen anderen Rat. Tränen voller Unglück netzten das Hemd des Prinzen vorne.
Lilian versuchte nochmal Kraft zu sammeln und sich loszumachen, als sich plötzlich Fesseln um seine Fuß- und Handgelenke schlangen.
"Nein, bitte-", setzte der Junge ein weiteres Mal verzweifelt an, als ihn etwas unsichtbares auch den Mund knebelte. Frustriert versuchte er einfach mit beiden gefesselten Beinen Schwung zu holen und den Adeligen in den Rücken zu treten. Lilian trieb pure Not. Er wollte nicht nach unten! Aerys hatte angedroht, dass Lilian dort wie ein normaler Weißgekleideter leben sollte und der Jugendliche musste sofort daran denken, was die Blutigen mit denen machten. Er wollte von diesen Männern nicht missbraucht werden. Das konnte Aerys doch nicht ernst meinen. Wieso machte er das alles? Wenn er ihn immer noch lieb hatte? Aerys würde ihn denen doch nicht ausliefern oder? Er würde ihn beschützen...
Aber unten war oben und der Junge war sich nicht mehr sicher.
Lilian Tretversuche verpufften wirkungslos an einem Schild und sie gingen bereits durch Aerys' Gemächer. Der Junge schrie in den Knebel, sich aufbäumend. Ein Auge zugekniffen sah er nur verschwommen wie sie dann außerhalb der Gemächer auf dem Gang standen. Lilian wollte Aerys den Weg so schwer wie möglich machen.
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Aerys »

Aerys glaubte Lilians Beteuerungen nicht mehr. Dass er jetzt brav wäre und gehorchen würden. Lilian hatte es noch nicht einmal dann geschafft brav zu sein, als Darions Leben davon abgehangen hatte. Höchstens einmal einen Abend lang. Doch Lilian sollte nicht nur für einen Abend gehorsam, höflich und adrett sein, sondern immer. Aerys wollte ihn nicht immer wieder daran erinnern müssen, denn das war nicht wirklich brav. Es lag wohl daran, dass er den Jüngling von Anfang an, nach Strich und Faden verwöhnt hatte. Er wusste gar nicht, wie gut er es hier hatte. Die paar Stunden im Kerker waren viel zu schnell wieder vergessen, wenn Lilian gar nicht sah, was für eine Vorzugsbehandlung er hier bekam.

Deswegen trug Aerys Lilian nun entgültig aus seinem Zimmer. Wie einen Kartoffelsack hatte er ihn über die Schulter gewuchtet, da der Junge begonnen hatte, gegen ihn anzukämpfen. Aerys schützte sich sogar mit einem Schild und fesselte und knebelte Lilian alsbald mit Hilfe der Kunst. Doch auch so machte der es ihm noch sehr schwer, ihn zu tragen. Einfach indem er zappelte und heftig mit den Beinen ausholte. Er tat Aerys dabei zwar nicht weh, wenn er ihn traf, doch es war sehr unbequem, den Krieger zu tragen, wenn er sich dauernd aufbäumte. Es war anstrengend und er bekam Lilian gerade mal aus seinen eigenen Gemächern in den Gang hinaus. Aerys hätte Lilian vorher doch ohnmächtig prügeln sollen. Konnte er eigentlich auch jetzt noch. Er müsste den Jungen nur zu Boden fallen lassen und einige Male ordentlich zutreten.

Stattdessen rief er das nächst beste, starke und grosse Kunstwerk, welches in der Nähe war über einen Speerfaden zu Hilfe. Kastor kam gleich erfreut und neugierig herbei geeilt, verzog dann aber leicht enttäuscht sein Gesicht, als er gesandt bekam, dass er Lilian nur in die Schreibstube zu Coranis tragen sollte und nicht mehr machen durfte. Trotzdem gehorchte er natürlich widerspruchslos. Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken pflückte der kräftige Krieger ihm den bockenden Jüngling von der Schulter und klemmte ihn sich kurzerhand unter den Arm. Aerys atmete erleichtert auf, als er die Last los war. Er streckte sich und besah sich anschliessend Lilians Kleid, welches er noch immer in einer Hand hatte. Es war etwas zerknittert, aber zu Lilians Glück war es nicht zerrissen und durchaus noch tragbar. Rasch übergab der Prinz aus dies dem rotgewandeten Kunstwerk. Wenn er schon dahin ging, konnte er auch das in Coranis Schreibstube bringen und Aerys konnte dem Verwalter gerade so gut senden, was er mit Lilian tun sollte. Der Adelige hatte gerade absolut keine Lust mehr darauf, sich mit Lilian zu beschäftigen. Er wollte jetzt verwöhnt und lieb gehabt werden. Lilian konnte ihm gerade gestohlen bleiben.
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Lilian »

Vergeblich versuchte Lilian, dass Aerys doch noch damit innehielt, nach unten zu tragen. Lilian wollte nicht zurück in den Kerker oder den Blutigen ausgeliefert werden. Wieso tat ihm Aerys dies an? Darion war doch gerettet worden, es war alles gut ausgegangen. Und jetzt war alles falsch und schlimm und Lilians Gesicht tat weh von den Schlägen. Seine linke Gesichtshälfte pochte schmerzhaft. Aerys hatte ihn wirklich wieder geschlagen. Die Erkenntnis war noch nicht ganz eingesackt. Zu beschäftigt war der Jüngling damit sich weiterhin zu wehren und irgendwie freizukommen. Er bäumte sich auf, trat mit gefesselten Beinen in den Rücken, wandt sich und schrie gedämpft in den Knebel.
Endlich hielt der Adelige an. Sie waren noch nichtmal unten. Der Prinz müsste sich nur umdrehen und ihn zurückbringen. Wann war der Albtraum vorbei? Irgendwann musste Aerys doch aufwachen und realisieren, dass Lilian nicht so undankbar und gierig war wie er behauptete. Dass er sich doch wirklich über das Geschenk gefreut hatte. Es war Aerys, der das Versprechen wieder weggenommen hatte. Es war so gemein. Wieso tat er so etwas gemeines? Lilian verstand es nicht und es war besonders schwer zu ertragen, gerade weil er die Freundlichkeit und Güte des Mannes kennengelernt hatte. Der Junge hatte nicht für möglich gehalten, dass Aerys ihm wieder so etwas antun konnte, obwohl er ihn lieb hatte. Nun wurde er brutal eines besseren belehrt. Und doch... der Junge gab naiverweise die Hoffnung nicht auf. Gleich würde Aerys umdrehen und ihn zurück ins Zimmer bringen.
Es passierte nicht. Stattdessen sah Lilian trotz geschwollenen, blauen Auges, dass einer der Blutigen auf dem Gang erschien. Groß, breitkantig und mit kräftigen Oberarmen. Ausgerechnet Kastor. Lilian erbleichte und strampelte umso doller, als der Mann näher kam.
*Nein, bitte nicht. Bitte nicht!*, schickte er verzweifelt einen Speerfaden an Aerys. Lilian sandte dem Prinzen nur sehr ungern, da es sich jedesmal sehr seltsam anfühlte. Als wäre da nur eine hauchdünne Distanz zwischen ihren Geistern. Es war einschüchternd. Das letzte Mal hatte er Aerys gesandt, als dieser ihn in den Kerker gesteckt hatte.
*Nein, ich will nicht. Bitte, ich bin dankbarer. Es tut mir so leid. Ich wollte euch nicht verletzen*, beteuerte Lilian zutiefst verängstigt und panisch. Seine Gedanken schwappten damit über. Angst, Verwirrung, Panik, Verlust und Schmerz. Aufkommende Hoffnungslosigkeit und Enttäuschung, als Aerys immer noch nichts unternahm. Nichtmal, als Kastor seine groben Pranken ausstreckte und nach Lilian griff. Der zierliche Junge wandt und bog sich, schrie in den Knebel, dass er nicht wollte und hier bleiben wollte.
Kastor hielt ihn fest gepackt. Mit lädiertem Gesicht sah Lilian fassungslos zu Aerys, die rosafarbenen Augen gerötet und tränennass. Aerys konnte ihn doch nicht wirklich Kastor überlassen? Nein, das passierte nicht. Er hatte den Blutigen verboten, dass sie Lilian anfassten. Aber jetzt hatte der Adelige auch gedroht, dass es ab sofort keine Sonderbehandlungen und Ausnahmen mehr für Lilian gäbe. Der Junge weinte entsetzt, strampelte und bockte mit den Beinen.
Aerys schien sich so schnell wie möglich von der Szene entfernen zu wollen. Er gab Kastor das weiße Kleid und wandt sich danach sofort ab.
*Nein, bitte nehmt mich zurück! Ich bemüh mich mehr!*, sandte Lilian verzweifelt, *Es tut mir leid! Ich bin dankbarer.* Er wusste weiterhin nicht genau was er falsch gemacht hatte, doch er hätte so gut wie alles gesagt, damit Aerys ihn vor Kastor beschützte. Der zarte Jüngling schluchzte erstickt. *Aerys!*, versuchte er es nochmal. Hilflos musste er mitansehen wie sich der Prinz weiter entfernte und ihm den Rücken kehrte. Weitere Hoffnung zerbröckelte. Lilian fühlte sich nun durch und durch verlassen. Jetzt hatte er nichtmal mehr Aerys. Er war ganz allein.

Lilian wandt sich in Kastors Griff, fürchtete sich davor, dass dieser ihn jetzt betatschte, so wie es Javier zu Beginn gemacht hatte. Doch erstmal passierte nichts. Der Blutige trug ihn nach unten und nur wenn Lilian zu sehr aufbockte, wurde der Griff zu dem unerbittlichen Quetschen eines Schraubstocks. Es tat richtig in den Seiten weh. Der Junge heulte und kniff die Augen zusammen. Er wollte jetzt aufwachen.
Kastor brachte ihn in ein Zimmer und erst da ließ er ihn auf einem Sofa fallen wie einen Kartoffelsack. Der halbnackte Jüngling versuchte sich überhastet von dem Blutigen in Sicherheit zu bringen und fiel dabei prompt vom Sofa. Ängstlich und mit rasendem Herz robbte er unter einen Schreibtisch, der sich im Raum befand. Der Blutige versuchte ihn aber nicht zurückzureißen und wieder einzufangen. Lilian hörte ihn kurz mit jemanden reden und ihm das weiße Kleid gebend. Dann verließ Kastor den Raum. Lilian wagte trotzdem nicht unter dem Schreibtisch hervorzukommen. Zusammenkauernd hockte er da und schluchzte herzzerreißend.
Was hatte er denn gemacht? Er hatte sich gefreut. Er war nicht undankbar gewesen..
Hatte er sich vielleicht doch zu sehr gefreut und Aerys war verletzt, weil Lilian lieber von ihm wegwollte? Wenn es stimmte und Aerys ihn weiter lieb hatte... aber er hatte ihn auch ein ungezogenes Balg genannt. Der Jugendliche verstand das alles nicht. Wenn das alles eine grausame Prüfung gewesen war? Um zu sehen wie lieb Lilian den Adeligen hatte?
Er hatte ihn lieb gehabt... aber nicht wenn dieser ihn schlug und anbrüllte und so scheußlich behandelte. Wieso war Aerys so? Lilian konnte die Tränen darüber nicht stoppen. Er war auch enttäuscht und verletzt. Er wusste nicht was er jetzt machen sollte. Alles wirkte wieder sehr trostlos und mit einer schrecklichen Zukunft in Aussicht.
Da blickte ein älterer Mann unter den Schreibtisch. Er hatte graumeliertes kurz geschnittenes Haar und trug einen weißen Anzug. Neben Falten im Gesicht war da ein gütiges Lächeln. Lilian sah ihn verstört und verschwommen hinter Tränen und geschwollenen Auge an.
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Coranis »

Es kam überraschend früh, dass der Meister Lilian zu ihm schickte. Coranis hatte sich gedacht, dass Aerys den Jüngling sicherlich noch Monate nicht aus seinem Bett lassen würde. Schon gar nicht so kurz, nachdem Darion wieder aufgenommen worden war. Coranis wusste, wieviel dies dem Adeligen bedeutete, wie gern er jeden von ihnen hatte und wie sehr es ihn geschmerzt hätte, Darion zu verstossen. Also nahm er an, dass Aerys das mit Lilian feiern wollte. Dass er nun schon am nächsten Morgen einen wütenden Speerfaden erhielt, was Coranis alles mit Lilian tun sollte, kam entsprechend unerwartet. Weniger überraschend hingegen war, dass es sehr viele Einschränkungen gab, was Lilian oder respektive sie andern tun durften. Es schien, als wolle der Meister seinen Neuerwerb wütend in eine Ecke pfeffern, ihn dann aber doch nicht ganz loslassen und für die anderen freigeben.

Nach dem aufgebrachten Speerfaden, auf den er ergeben versichert hatte, dass er sich gut um Lilian kümmen würde, dauerte es nicht lange, bis Kastor den Jungen unter den Arm geklemmt herein brachte. Er trat kurzerhand zum Sofa und liess da das strampelnde, zappelnde und wimmernde Bündel einfach fallen. Lilian landete weich, bewegte sich jedoch so heftig, das er trotzdem vom Sofa fiel. Nur um gleich darauf rasch und Coranis Schreibtisch zu krabbeln. Wahrscheinlich um sich vor Kastor in Sicherheit zu bringen. Auch wenn das nicht wirklich etwas genutzt hätte, wenn Kastor Lilian sich wirklich hätte greifen wollen.
"Hier ist noch ihr Kleid", erklärte ihm der Hüne und überreichte ihm sehr behutsam und vorsichtig die weisse Leine. Coranis nahm es genau so vorsichtig entgegen. Sie alle hatten viel Respekt vor der Gewandung anderer. Schon nur, weil ihnen ihre eigene so wichtig war.
"Danke, Kastor, dass du Lilian zu mir gebracht hast", bedankte sich der ältere Prinz mit einem freundlichen Lächeln. "Lilian und das Kleid." Kastor lächelte erfreut zurück, deutete eine unbeholfene Verneigung an und zog sich dann wieder zurück.

Coranis schüttelte das bezaubernde Kleid aus und legte es behutsam über das Sofa, so dass es nicht noch mehr Falten abbekam. Danach ging er zu seinem Schreibtisch und seuzfte innerlich, da er sich nicht so recht entscheiden konnte, ob er sich nun bücken oder auf den Boden setzen sollte. Keines von beidem erschien ihm als eine sehr angenehme Option. Nicht in seinem Alter. Er entschied sich schlussendlich fürs Bücken, da ihm das als weniger anstrengend erschien.
"Guten Morgen, Lilian", grüsste er den bitterlich weinenden Jungen, der für sie alle eigentlich ein Mädchen darstellen sollte. Er war aber auch wirklich sehr zierlich und feminin. "Du kannst wieder raus kommen. Kastor ist gegangen. Wir werden für eine Weile unsere Ruhe haben."
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Lilian »

Der alte Mann wünschte ihm einen guten Morgen, doch Lilian wusste weder wieso das ein guter Morgen sein sollte noch was er darauf antworten sollte. Es war der schrecklichste Morgen seit einer seltsam längeren Zeit. Der Jüngling verstand immer noch nicht ganz was soeben passiert war. Es war alles so schnell geschehen und nun saß er hier unter einem unbekannten Schreibtisch und seine Wange und sein Auge taten weh. Lilian hielt sich entsprechend die schmerzende Wange. Schniefend sah er den Fremden an. War das nicht Coranis? Der Jugendliche war sich nicht sicher, da er den Verwalter des Anwesens nur kurz durch den großen Gemeinschaftsraum hinweg gesehen hatte.
Der alte Mann sagte, dass Lilian wieder rauskommen könnte. Sie würden eine Weile ihre Ruhe haben. Lilian schüttelte unglücklich den Kopf. Er wollte nicht rauskommen. Dort draußen wartete eine furchtbare Welt darauf ihn zu misshandeln und zu zerreiben bis nichts mehr von ihm übrig war. Er wusste sowieso kaum noch wer er war. Wieso hatte Aerys ihn so heftig geschlagen? Wieso war er so.. hässlich gewesen?
Der Junge begann wieder zu schluchzen und hicksen. Die zarten in den weißen Strümpfen steckenden Beine angezogen, bettete er seine gute Wange auf die Knie, machte sich so klein wie möglich. Er wollte zurück nachhause. Jetzt sofort. Das Leben hier war zu schwer, er würde das nicht schaffen und Aerys hatte unmögliche Ansprüche an ihn.
Der alte Mann richtete sich wieder ächzend auf. Lilian hickste klein. Vorsichtig sah er dem Mann hinterher, aber dieser verließ nicht den Raum, sondern schien sich nur setzen zu wollen. Der Junge steckte scheu den Kopf unter dem Schreibtisch hervor. Glänzend rosafarbene Augen sahen hoch zu dem Verwalter.
"Seid ihr Coranis?", fragte er leise. "Meine Wange tut weh..." Lilian hielt sich jene, das linke Auge zugekniffen. "Aerys hat.. mich geschlagen...", sprach er aus was passiert war. Erst allmählich begann es zu sacken. Aerys hatte ihn wirklich geschlagen. Richtig heftig ins Gesicht. Er war so wütend geworden. Wieso? Es war so unfair gewesen... Lilian hatte doch nichts gemacht. Er hatte sich genug gefreut. Die Gedanken des Jünglings kreisten nur um das Erlebte. Tränen rollten abermals über seine Wangen.
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Coranis »

Leider schüttelte Lilian nur heftig seinen Kopf und wollte nicht unter dem Tisch hervor kommen. Er hatte den Schrecken, von Kastor hier herunter getragen zu werden, offensichtlich noch nicht verdaut. Oder die Wut des Meisters. Einer von Beiden schien ihn auch ziemlich heftig ins Gesicht geschlagen zu haben. Lilians Auge war schon beinahe ganz zugeschwollen. Da gehörte dringend eine Packung Eis darauf, damit die Schwellung zurück ging. Ah, aber das würde er nicht mit Lilian diskutieren, während er da in der gebückten Haltung vor dem Schreibtisch stand. Erst einmal musste er seinen Rücken wieder gerade bekommen. Sich mit einer Hand an der Schreibtischplatte abstützend richtete er sich wieder auf. Es tat nicht weh, aber so ganz ohne Ächzen ging es dann doch nicht, da es schon ziemlich anstrengend und nicht geraded angenehm war.

Besser er setzte sich auf das Sofa. Das war nahe dem Kamin, in dem ein gemütliches Feuer prasselte. Ausserdem war es zufälligerweise weit genug vom Schreibtisch entfernt, so dass Coranis, trotzdem unter das Möbelstück schauen konnte, um mit Lilian zu sprechen, der da unbedingt drunter bleiben wollte. Nackt und weinen. Der alte Prinz liess ihm erstmal seinen Willen. Der Jüngling brauchte wohl einfach einen Moment, um zur Ruhe zu kommen. Also bestellte der alte Verwalter erst einmal in aller Ruhe einen beruhigenden Tee in der Küche, zusammen mit ein paar Knabbereien und einem Eisbeutel. Das rief die etwas verwunderten Fragen auf, ob er Kopfschmerzen hätte und zur Heilerin müsse, ob ihn jemand begleiten solle. Es dauerte einen Moment, bis er die fürsorglichen Küchenleute beruhigen konnte, dass alles in Ordnung war.

Inzwischen kam Lilian doch etwas unter dem Schreibtisch hervor gekrochen. Nicht weit. Doch genug, damit man die grässliche Schwellung in dem ansonsten so hübschen Gesicht deutlich sehen konnte. Tränen hingen ihm in den langen, geschwungenen Wimpern und die Farbe seiner Iris war ganz rosa. Lilian sah wirklich wie ein bezauberndes Mädchen aus. Scheu fragte der Jüngling, ob er Coranis sei und erklärte auch gleich, dass seine Wange weh täte. Aerys hätte ihn geschlagen. Aerys? Es kam unerwartet den Vornamen des Meisters aus Lilians Mund zu hören und es fühlte sich schon fast ein wenig vermessen an. Entsprechend überrascht blickte der alte Mann auch für einen Herzschlag lang.
"Ja, ich bin Coranis", nickte er dann aber gleich darauf und schenkte Lilian ein warmherziges Lächeln. "Es freut mich, dich endlich kennen lernen zu dürfen, Lilian. Dass deine Wange weh tut, glaube ich gern. Es sieht ganz scheusslich aus. Deswegen habe ich schon etwas Eis zur Kühlung bestellt, damit du deine Schmerzen lindern kannst. Nachher können wir zu Tuana gehen, damit sie dich heilt. Der Meister ist ganz schön wütend geworden, dass er dich so geschlagen hat. So habe ich ihn noch selten erlebt. Aber keine Angst, er wird jetzt nicht hereinkommen und weiter wüten. Du kannst unter dem Tisch hervor kommen und dich anziehen. Dann unternehmen wir etwas gegen deine Schmerzen."
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Lilian
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Lilian »

Als er unter dem Schreibtisch hervorblinzelte, sah er den alten Mann auf dem Sofa sitzen. Er schien überrascht davon, dass Aerys Lilian geschlagen hatte. Als wäre das noch nie vorgekommen, dachte der Jüngling unglücklich. Der Mann lächelte ihn ruhig an und bestätigte, dass er Coranis war. Lilian war auch froh, den Verwalter kennenzulernen, wo er ja etwas arbeitete, das Lilian lag, doch er hatte gehofft, dass sie andere Umstände zusammenbrächten. So wollte Lilian momentan gar nicht hier sein. Er wollte zurück in sein Zimmer. Nein, das war ein genauso bescheuerter Gedanke, scholt er sich selbst. Er wollte zurück nach Hause. Nach Dhemlan. Das hier würde nie sein Zuhause werden. Es war furchtbar. Wieso hatte die Dunkelheit so ein grausames Schicksal für ihn auserkoren? Das konnte nicht wirklich sein Schicksal sein... durfte es nicht!
Der Junge schniefte leise und hielt sich weiterhin die geschwollene Wange. Coranis fühlte ein bißchen mit und erzählte, dass er nach etwas Eis für die Wange gesandt hatte. Später würde ihn Tuana heilen. Lilian nickte sacht. Da es sehr schmerzte, hatte er nichts dagegen, geheilt zu werden, obwohl er nicht unbedingt zu der Heilerin wollte. Sie war keine richtige Heilerin... nicht so, wie Lilian sie sich immer vorgestellt hatte. Sie heilte einfach die körperlichen Wunden und alles andere war ihr egal. Und dann sollte Lilian auch noch so ein komisches Mischwesen sein...
Der Jugendliche starrte zu Boden, während Coranis sich wunderte, dass der Meister so wütend geworden wäre. Das gäbe es selten.
"Ich hab nix gemacht...", murmelte Lilian, da er befürchtete, dass alle sofort ihm die Schuld geben würden. Es wäre sein eigener Fehler, dass er geschlagen worden war. Aber die wussten nicht wie das war, wenn Lilian allein mit Aerys war und wie schnell selbst ein simples Gespräch kippen und zu einem Albtraum werden konnte. Von einen Moment auf den anderen. Lilian fühlte sich vollkommen machtlos dagegen. Ein Blatt im Wind.

Da half auch die Versicherung des Verwalters wenig, dass Aerys ihm nicht nachfolgen und weiter zusetzen würde. Der Adelige hatte gesagt, es gäbe keine Sonderbehandlungen mehr. Musste Lilian nun hier bleiben? Wollte Aerys ihn nicht mehr? Aber er hatte auch gesagt, er hätte ihn weiterhin lieb. Und dass Lilian ungezogen war, undankbar, gierig... der Junge schluchzte verletzt. Es war schwerer geworden, zu ertragen, wenn Aerys ihn so heruntermachte. Dabei war das dumm. Er sollte überhaupt nichts auf die Meinung des Prinzen geben. Es sollte ihm egal sein.
Lilian verbarg das Gesicht zwischen den Händen. Er wusste, dass ihn der alte Verwalter beobachtete und so war es dem Jungen nun unangenehm, vor ihm zu weinen. Verzweifelt versuchte er sich zusammenzureißen. Coranis hatte gesagt, dass Lilian unter dem Tisch hervorkommen und sich anziehen könnte. Der Blick des Jungen ging hinüber zu dem verhassten Kleid und so rührte er sich kein Stück. Der Schreibtisch versprach wenigstens einen kleinen Rückzugsort, einen Moment Ruhe. Etwas was es in Lilians Zimmer nicht gegeben hatte. Er hatte versucht zu fliehen... aber das Schild.. und dann hatte Aerys ihn das erste Mal geschlagen. Zitternd hielt der Jüngling sich die Wange. Wieder und wieder spielte sich die grässliche Szene vor seinen inneren Augen ab.
Es dauerte eine Weile bis er sich weiter beruhigte und nochmal zu Coranis sah.
"Was... passiert denn jetzt mit mir?", fragte er leise. Unglücklich bedachte er das weiße Kleid neben dem Mann auf dem Sofa. "Ich mag das nicht anziehen... kann ich etwas anderes anziehen?", fragte er.
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Coranis »

Lilian beteuerte sofort, dass er nichts gemacht hätte. Coranis lächelte milde. So hastig wie Lilian das vorbrachte, klang er wie ein kleines Kind, das sehr wohl wusste, dass es etwas ausgefressen hatte. Und irgendetwas würde er schon getan haben müssen, da Aerys sonst nicht so wütend geworden war. Man hatte seinen Zorn durch die ganze Villa fegen gespürt. Etwas, was öfters geschah, seit Lilian bei ihnen war. Der Jüngling reizte den Adeligen offenbar sehr. Es liess sie alle ganz angespannt sein. Denn niemandem von ihnen gefiel es, wenn sie spürten, dass der Meister zornig war. Gerade war es nicht leicht. Aber wenigstens war Darion wieder bei ihnen, was sie auch Lilian zu verdanken hatten.
"Der Meister ist sehr empfindsam", erklärte Coranis dem Jüngling, der noch ganz durch den Wind war. "Es kann gut sein, dass er sich über etwas geärgert hat, was du selbst als vollkommen normal und harmlos ansiehst. Er ist immer sehr verletzlich, wenn er mit Herzblut bei der Sache ist. Entsprechend braust er auch gleich tempramentvoll auf, wenn er unglücklich ist. So war er schon immer. Aber zum Glück beruhigt er sich genau so schnell wieder und hat bald alles wieder vergessen. Du wirst sehen. Bald ist er dir nicht mehr böse und schliesst dich wieder lieb in seine Arme." Bis dahin konnte Lilian bei ihm sein. Coranis würde ihn bei der Arbeit so einteilen, dass er Aerys nicht begegnete und der Adelige Zeit bekam, sich zu beruhigen.

Allerdings war der Jüngling noch immer sehr traurig, weinte zwischendurch wieder, auch wenn er es hinter seinen Händen zu verstecken versuchte. Sein Schluchzen war nicht zu überhören. Coranis liess ihn in Ruhe. Er blickte zwar ab und an hin, schaute ansonsten jedoch in das hübsche Kaminfeuer. Nach einer Weile erschien dann auch Tee, Gebäck und der Eisbeutel auf dem kleinen Tisch neben der Couch. Behutsam legte Coranis den Eisbeutel in eine Stoffserviette und faltete sie sanft darum, damit Lilian sich nicht weh tat, wenn er das Eis zur Kühlung auf sein Auge hielt. Bedachtsam legte er das Stoffbündel neben Lilians Kleid auf das Sofa. Anschliessend schenkte er ihnen beiden Tee ein. In seine eigene Tasse gab er noch etwas Milch und Zucker. Lilians Tee liess er unberührt, da er nicht wusste, wie der Junge ihn haben wollte.

Coranis überlegte sich gerade noch, ob er Lilian fragen sollte, was er in seinen Tee haben mochte, vielleicht wollte er ja noch etwas Ruhe haben, als der Jüngling sich von sich aus bei ihm meldete. Leise wollte er wissen, was denn jetzt mit ihm passierte. Traurig blickte er zu dem weissen Kleid und maulte, dass er das nicht anziehen mochte, ob er nicht etwas anderes anziehen könne. Das überraschte Coranis nun doch ein wenig. Sie alle waren stolz auf ihre eigene Kleidung.
"Nein, Kind, ich habe nichts anderes für dich zum Anziehen", schüttelte der Verwalter seinen grauenhaarigen Kopf. "Ausserdem ist dies deine Gewandung. Du solltest sie mit Stolz tragen." Immerhin hiess das, dass der Meister ihn für etwas ganz besonderes hielt.
"Was mit dir passiert?" hakte er nach. "Was meinst du damit? Also erstmal werden wir etwas Tee trinken und wenn du dich etwas beruhigt, werde ich dich für die Arbeiten in den nächsten Tagen einteilen. Anschliessend gehen wir zu Tuana, bevor ich dir zeigen werde, wo du schlafen kannst."
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Re: Erster Unterricht

Beitrag von Lilian »

oranis erklärte ihm, dass der Meister sehr empfindlich wäre. Das hatte Lilian schon selbst herausgefunden. Er hatte auch geglaubt, er würde den Prinzen langsam besser kennen und wissen wie man am besten mit ihm umging, so dass er nicht zornig wurde, doch er hatte sich in allem gewaltig getäuscht. Er wusste überhaupt nichts über Aerys. Er wurde einfach wütend und schlug einen...
Der Verwalter meinte, das läge daran, dass Aerys verletzt gewesen sei. Unglücklich sogar. Dann würde er immer besonders temperamentvoll. Der Jüngling sagte nichts dazu. Wütend und lauter zu werden war eine Sache, aber dann zu schlagen und einen zu verstoßen, das war etwas ganz anderes. Aerys hatte überhaupt nicht reden wollen. Er hatte ihm nur Schaden zufügen wollen...
Der Jugendliche war weiterhin überrumpelt davon, da er nicht geglaubt hatte, Aerys würde ihm nochmal so weh tun.
Der Verwalter fuhr fort, dass der Zorn des Adeligen bald wieder verrauchen und er Lilian zurück in seine Arme schließen würde. Der Jüngling blickte ihn verletzt an.
"Aber ich kann so schnell nicht vergessen", wandte er trotzig und auch etwas enttäuscht ein. Es war schwer genug, alles andere zu vergessen, was Aerys ihm bereits angetan hatte. Dinge für die der Prinz sich nie entschuldigt hatte. Dinge, die er genossen hatte... Lilian hatte sich fest daran geklammert, dass dies jetzt anders war. Dass Aerys so etwas nicht mehr machen würde, nun wo er ihn besser kennengelernt und lieb gewonnen hatte. Aber nichts hatte sich geändert. Jederzeit konnten Lilian wieder schreckliche Dinge zugefügt werden. Durch Aerys' Hände...
Er biss sich auf die Lippen, gegen die Tränen kämpfend. Was sollte er bloß tun? Immer alles vergessen und ertragen? Und wenn er versuchte, etwas an seinem Schicksal zu ändern, wurde ihm gleich vorgeworfen, er wäre zu fordernd und undankbar. Lilian konnte überhaupt nicht gewinnen.
Aerys hatte gesagt, Lilian dürfe mit ihm schimpfen, aber es war nie dazu gekommen und vielleicht war das auch nur ein Test gewesen. Lilian wäre blind drauf reingefallen so wie mit dem Versprechen und Aerys hätte ihn doppelt so viel geprügelt. Tränen glänzten wieder in den Augenwinkeln. Hastig wischte der zierliche Junge sie weg.

Inzwischen war das Eis erschienen, aber da war auch eine Kanne mit Tee und ein Teller mit.. Keksen? Lilian erinnerte sich wieder daran wie hungrig er war. Zum Frühstücken waren sie ja nicht wirklich gekommen. Über die Kekse wunderte sich der Junge nicht. Es gab immer Kekse, nachdem Aerys gemein zu ihm gewesen war...
Coranis tat die Eisbeutel in ein Tuch und goss danach den Tee in die Tassen. Lilian wagte wieder etwas unter dem Schreibtisch hervorzuschauen. Der Verwalter hatte leider keine andere Kleidung für Lilian. Er war auch überrascht wieso Lilian überhaupt etwas anderes haben sollte. Man sollte stolz auf die weiße Gewandung sein.
Der Junge ließ entmutigt die Schultern hängen. Coranis verstand ihn auch nicht. Niemand wollte sehen, wieso Lilian das Kleid nicht mochte. Niemand. Vielleicht lag der Fehler dann bei Lilian. Würde er das Kleid irgendwann mögen? Dann, wenn Aerys ihn so umgeformt hatte wie er ihn haben wollte? Es war ein entsetzlicher Gedanke. Lilian schauderte.
Einmal hatte Aerys gefragt, was Lilian denn für ihn sein wollte außer ein Kunstwerk. Und wenn er das nie wieder fragen würde? Wenn Lilian seine einzige Chance vertan hatte? Aber was hätte er antworten sollen? Was konnte er für Aerys sein? Es war schwierig darüber nachzudenken.
"Das Kleid erinnert mich an die.. Jungfernnacht und.. dass er ein Kunstwerk aus mir machen will", versuchte Lilian trotzdem vergeblich zu erklären. Er glaubte nicht mehr an Verständnis. Denn alle in der Villa schienen zu glauben, dass... Sex mit dem Adeligen etwas tolles war und es die höchste Ehre war, ein Kunstwerk sein zu können.
Coranis schien auch nicht zu wissen, was mit Lilian passieren sollte. Der Jüngling kroch vorsichtig etwas unter dem Schreibtisch hervor. Erschrocken hielt er inne, als er hörte, dass er zum Arbeiten eingeteilt werden sollte und einen Schlafplatz sollte er auch bekommen. Lilian erblasste.
"Arbeiten? Was für Arbeiten?", fragte er ängstlich. Bettendienste, wie Aerys einmal Unterricht dieser Art angedroht hatte? Danach hatten sie auch furchtbar gestritten und Aerys hatte ihn hungern lassen...
Aber der Prinz hatte diesen Unterricht nicht wieder angesprochen. Aerys würde ihn doch nicht wirklich dazu zwingen, glaubte Lilian. Nein, er hatte es versprochen. Und er hatte ihm auch gesagt, er hätte ihn lieb. Gut, er hatte es gebrüllt und ihn dabei beschimpft, aber er hatte es gesagt. Und was war dann mit dem Versprechen, ihn zu seinen Eltern zu bringen? Das hatte er auch versprochen... nicht?
Lilian traute sich nicht mehr, den Mann richtig einzuschätzen.
"Was für ein Schlafplatz? Kann ich nicht zurück in mein Zimmer?", fragte der Junge. Er wollte nicht in den Schlafsaal. Die anderen hatten gesagt, die Blutigen würden die auch manchmal aufsuchen und... sich den Weißgewandten nähern. So genau wollte Lilian sich das gar nicht vorstellen.
Coranis erklärte ihm ruhig, dass es verschiedene Arbeiten gäbe. Wäsche waschen, kochen, putzen und mehr. Lilian hatte nichts dagegen etwas zu tun zu bekommen. Es war oft sehr langweilig im Zimmer, aber es kam ihm so vor wie der nächste Schritt auf seinem Weg zu einem Kunstwerk gemacht zu werden. Er musste das verhindern! Nur wie? Niemand konnte oder wollte ihm Rat geben...
"Kann ich bei euch arbeiten?", fragte Lilian. "Ich bin nämlich eigentlich Notarslehrling. Ich hatte eine Ausbildung angefangen, zuhause..." Er war vorsichtig unter dem Schreibtisch hervorgekrabbelt gekommen, hockte nun davor, die feinen Beine unsicher angezogen. "Ich bin wirklich gut in Formulare aufsetzen, etwas abschreiben oder diktiert bekommen, und wenn ich einmal etwas lese, merke ich es mir sofort." Lilian wartete schon länger auf eine Gelegenheit zu zeigen, was seine wirklichen Talente waren und das war sicher nicht adrett in einem Kleid auszusehen.
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